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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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Februar-Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0454

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der Zeit, die redenden und fönenden, durch den Um-
fang die übrigen bildenden: Nur Musik ist ihm in
jeder Hinsicht nahe."
„Man muh in Georg Bährs Frauenkirche in Dres-
den die Orgel durch alle Register haben rauschen
hören, um zu ahnen, zu welchen Höhen gotisdrer
Drang und barockes Kraftgefiihl den zentralen Kuppel-
bau noch auszuweifen und aufzugipfeln vermag."
„Bei genialen Architekten spürt man unabweisbar
die nahen Beziehungen zur Musik, so individuell verschie-
den sie sidr auch äußern mögen. Endeil mag sidr mit zart-
klingendem, scharfgespannfem Monokord begnügen.
Volle Baijakkorde würden seine zarten Melodien iiber-
tönen und verschlingen. Poelzig liebt die breite, rau-
schende Fülle der Orgel, weil er auch als Ardritekt
den Massen brausenden Klang abzuzwingen vermag
und mit vollem Atem in umspringenden Stürmen
Stand zu halfen weilj. In Obrists Hause steht ein
Harmonium. Einem Baumeister wie Ludwig Ber-
noully, dem Harmonieausgleich dissonierender Span-
nungen viel näher, entspricht der Zusammenklang tem-
perierter, in der Tonfülle beschränkter Saiten des
Klaviers oder der Harfe. Sein Künsflerfraum ist der
in lichtem Garten von stillen Wassern umgebene Tenr-
pieffo, der den Klängen dieser Instrumente geweiht
wäre."
„Ich denke mir, dalj Billing mit Instrumenten sehr
verschiedener Art zeitweilig sich befreundet: Trompeten,
Trommeln und der breite Sdrlag des Beckens müßten
wediseln mit jäh abbredrendem Lauf der Flöte. Audi
Pankok dürfte den rausdrenden Wirbel aller Instru-
mente und das Vibrieren der Saiten lieben, van de Velde
durch die Süßigkeit von Geigen und Oboen beseligt
sein. Olbrich hat vermutlich den Zusammenklang im
Ordiesfer am meisten gesdräßt, Patriz Huber die
Okarina gespielt. Peter Behrens mag wohl einmal
an seinem Flügel das Metronom eingesdralfet und die
Tasten anzuschlagen vergessen haben, weil er von
dem sdiarfenTakf beglückt und architektonisch sdröpfe-
risdi inspiriert war. Von Kreis kann idr mir nur
vorsfeilen, dalj er mit der Faust auf den Tisdr sdrlägf
und dies ihm befriedigender Wohlklang bedeutet. Von
gewissen Baufirmen rnulj man wohl annehmen, dalj
sie an einem Ordresfrion Gefallen finden.“
Ein Bekenntnis Renoirs. „Es ist ein groljer
Irrtum, wenn man glaubt, idr sei ein Gegner von Aus-
stellungen. Ich bin im Gegenteil der Meinung, dalj
Malerei dazu da ist, um gezeigt zu werden.

Wenn man sich darüber wundert, dalj meine Bilder
fast nie in den Salons zu sehen waren, rnulj man sidr
die Sache weif einfadrer erklären. Sie wurden eben
zurückgewiesen. Die Jury nahm sie jedesmal mit einer
Ladrsalve auf. Und wenn einmal zufällig die Herren
weniger zur Heiterkeit geneigt waren und sich ent-
schlossen, ein Bild anzunehmen, so hingen sie meinen
armen Lappen hodr unter der Decke auf, damit er so
wenig wie möglich gesehen werden konnte. Idr habe
wohl zwanzig Jahre hindurch die Ausstellungen be-
sdrickf. Zehnmal mindestens bin idr unbarmherzig
zurückgewiesen worden, die übrigen Male nahm man
von drei Bildern vielleidrt eines und hing es, wie idr
eben erzählt habe, zu Tode. Sie sehen, mein Leben
ist gerade das Gegenteil dessen gewesen, was es
hätte sein müssen, und es ist die konrisdrsfe Sadre
von der Welf, dalj idr als Revolutionär dar gestellt
werde, der idr der friedlidrsfe Graubarf unter allen
Malern bin. Aber das Mißverständnis hat mich von
der Ecole des beaux arfs an verfolgt. Ich war ein
außerordenflidr beflissener Sdriiler. Idr büffelte auf der
Akademie, idr studierte Klassiker mit Wut, aber idr
habe nie die geringste Auszeidrnung erhalten, und
meine Lehrer sind immer darin einig gewesen, meine
Arbeiten sdrauderhaft zu finden. Dann besdrickfe idr
die Ausstellung und wurde refüsiert und refüsierf und
wieder refüsierf. Doch — um nidrf undankbar zu sein,
— einmal ist ein Bild von mir gut gehangen worden.
Es war allerdings das Porträt der Mdme. Charpenfier.
Mdnre. Charpenfier wollte in guter Nachbarsdraft
hängen, und sie kannte einige Mitglieder der Jury,
denen sie kräftig zu Leibe rückte. Das hat aber nicht
gehindert, daß man mir bald darauf die Kinder von
Mendes, die idr hingesdrickt hafte, wieder an den
Plafond hing, wo niemand sie hat sehen können.
Im Jahre 1874 gründeten Pissarro, Monet, Degas
und idr den Salon der Impressionisten. Wir stellten die
Bilder audr anders geridrfefer Maler aus, weil wir
unsere Wände dodr behängen mußten. Wir haften
einen sehr hübsdren Erfolg. Das Publikum kam zahl-
reich, aber nachdem es einmal durdr die Säle gegangen
war, verlangte es seine fünfundzwanzig Sous Eintritts-
geld zurück und stob mit Pfauengekreisch auseinander.
Berthe Morisof, Sisley, Monet und idr veranstalteten
darauf einen Verkauf unserer Bilder. Das wurde wiede-
rum ein Unheil! Die Schüler des beaux arfs ersdrienen
wie ein Mann, um gegen unsere Malerei zu prote-
stieren, und zum Sdrluß mußte die Polizei ehrsdrreifen."
Deutsdi von H. E.
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