Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0500
DOI issue:
März-Heft
DOI article:Schardt, Alois: Lyonel Feininger
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Mellingen V: Das Erlebnis einer Strafe, einer Gasse, Die Seele einer
Gasse ist hier gegeben. Gerade die Häuser gestalten den merkwürdigen Raum
und sind dabei doch nicht die Hauptsache. Die Häuser sind da, um dem Leeren
Form zu geben, dem zwischen Tag und Nacht Zeitlosen. Jedes Haus hat seine
Seele, seine uralte Vergangenheit, seine eigene verbogene phantastische Gestalt,
und sein Leben sieht heraus in den Raum, sieht aus den Fenstern heraus, und aus
diesen Blicken ist der Raum gestaltet. Das ist die Seele des Raumes, die zwischen
den Häusern schwebt, verhalten, nicht sichtbar, nicht greifbar und doch so klar.
Das Kennzeichen dieser ganzen Epoche ist ein Ringen um den Ausdruck tief
innerlich schwerer Gefühlssymbole, hauptsächlich in Form und Raumgestaltung,
die Farbe wird mit hineingezogen, wird dadurch schwer und durchgeistigt. In seinen
ersten Bildern, in denen er sich hauptsächlich in der Farbe ausdrückte, hatte er
ungebrochene, klanggesättigte, frohe und volle Farben, und in allen Bildern, in
denen er seine Natur am eigensten ausspricht, ist etwas von diesen Jugendfarben.
Jeht, nachdem er die Sdiwere der Zeit überwunden hat, sehnt er sich zurück nach
diesen trüben Klängen, und wir können für die Folgezeit Bilder von ihm erwarten,
die aus dem gleichwertigen vollen Zusammenklang von Form und Farbe entstanden
sind.
BRÜCKE III 1916— 17 im Besibe von Herrn Dr. Kaesbach, Erfurt PEININCER
440
Gasse ist hier gegeben. Gerade die Häuser gestalten den merkwürdigen Raum
und sind dabei doch nicht die Hauptsache. Die Häuser sind da, um dem Leeren
Form zu geben, dem zwischen Tag und Nacht Zeitlosen. Jedes Haus hat seine
Seele, seine uralte Vergangenheit, seine eigene verbogene phantastische Gestalt,
und sein Leben sieht heraus in den Raum, sieht aus den Fenstern heraus, und aus
diesen Blicken ist der Raum gestaltet. Das ist die Seele des Raumes, die zwischen
den Häusern schwebt, verhalten, nicht sichtbar, nicht greifbar und doch so klar.
Das Kennzeichen dieser ganzen Epoche ist ein Ringen um den Ausdruck tief
innerlich schwerer Gefühlssymbole, hauptsächlich in Form und Raumgestaltung,
die Farbe wird mit hineingezogen, wird dadurch schwer und durchgeistigt. In seinen
ersten Bildern, in denen er sich hauptsächlich in der Farbe ausdrückte, hatte er
ungebrochene, klanggesättigte, frohe und volle Farben, und in allen Bildern, in
denen er seine Natur am eigensten ausspricht, ist etwas von diesen Jugendfarben.
Jeht, nachdem er die Sdiwere der Zeit überwunden hat, sehnt er sich zurück nach
diesen trüben Klängen, und wir können für die Folgezeit Bilder von ihm erwarten,
die aus dem gleichwertigen vollen Zusammenklang von Form und Farbe entstanden
sind.
BRÜCKE III 1916— 17 im Besibe von Herrn Dr. Kaesbach, Erfurt PEININCER
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