Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/1920
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0706
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Mai-Heft
DOI article:Keyserling, Hermann: Schule der Weisheit
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Einfluß der Führenden, der als solcher lebendig fortzeugt, die lebendige Fühlung-
nahme unter den Gleichgesinnten und als erstes äußeres Ergebnis Polarisation
der Persönlichkeiten* Dem Typus nach wird die Schule der Weisheit auf die Dauer
wohl einer Refraife (im katholischen Wortverstand) am ähnlichsten sehen. Deshalb
wird der äußerlichen Organisation unter allen Umständen nur eine nebensächliche
Rolle zukommen. Auch größere und allgemeine Veranstaltungen können beim
Darmstädter Unternehmen nichts wesentliches bedeuten. Aber zur Sammlung, zur
Einführung, zur Krönung werden soldre freilich am Plaße sein, zumal am Anfang,
wo der ganze Sinn der Sache nur wenigen bewußt erscheint. Deshalb sind zu-
nächst je eine Festwoche im Frühjahr und im Herbst in Darmstadt in Aussicht
genommen, während welcher die Gönner, Freunde und Schüler der Weisheits-
schule untereinander persönliche Fühlung nähmen und Vorträge und Kurse ver-
anstaltet würden.
Die Hauptbedeutung der Idee liegt wohl auf symbolischem Gebiet. Es muß einen
Mittelpunkt geben, der höchste Kultur allein pflegte und nicht Massenbefriedigung,
der das aristokratische Prinzip im echten Sinne verträte inmitten der immer mehr
nach unten zu sich nivellierenden Demokratie; dem es auf das Ewig-Bedeutsame
ankäme und nicht das bloß Zeit-Gemäße. Während der größte Teil der Menschheit
sich bolschewisiert, Gesinnung, Form und Sinn in gleichem Maß verloren gehen,
müssen die Besten sich unter dem Banner sammeln, das nicht allein Fortbestand,
sondern Fortschritt und Vertiefung der Kultur bedeutet. Aus dem Chaos von
heute kann noch ein schönerer Kosmos hervorgehen, als es je einen unter Menschen
gab. Dessen Vorbereitung soll Darmstadts symbolische Aufgabe werden.
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nahme unter den Gleichgesinnten und als erstes äußeres Ergebnis Polarisation
der Persönlichkeiten* Dem Typus nach wird die Schule der Weisheit auf die Dauer
wohl einer Refraife (im katholischen Wortverstand) am ähnlichsten sehen. Deshalb
wird der äußerlichen Organisation unter allen Umständen nur eine nebensächliche
Rolle zukommen. Auch größere und allgemeine Veranstaltungen können beim
Darmstädter Unternehmen nichts wesentliches bedeuten. Aber zur Sammlung, zur
Einführung, zur Krönung werden soldre freilich am Plaße sein, zumal am Anfang,
wo der ganze Sinn der Sache nur wenigen bewußt erscheint. Deshalb sind zu-
nächst je eine Festwoche im Frühjahr und im Herbst in Darmstadt in Aussicht
genommen, während welcher die Gönner, Freunde und Schüler der Weisheits-
schule untereinander persönliche Fühlung nähmen und Vorträge und Kurse ver-
anstaltet würden.
Die Hauptbedeutung der Idee liegt wohl auf symbolischem Gebiet. Es muß einen
Mittelpunkt geben, der höchste Kultur allein pflegte und nicht Massenbefriedigung,
der das aristokratische Prinzip im echten Sinne verträte inmitten der immer mehr
nach unten zu sich nivellierenden Demokratie; dem es auf das Ewig-Bedeutsame
ankäme und nicht das bloß Zeit-Gemäße. Während der größte Teil der Menschheit
sich bolschewisiert, Gesinnung, Form und Sinn in gleichem Maß verloren gehen,
müssen die Besten sich unter dem Banner sammeln, das nicht allein Fortbestand,
sondern Fortschritt und Vertiefung der Kultur bedeutet. Aus dem Chaos von
heute kann noch ein schönerer Kosmos hervorgehen, als es je einen unter Menschen
gab. Dessen Vorbereitung soll Darmstadts symbolische Aufgabe werden.
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