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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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Juli-Heft
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Trakl, Georg: Dichtungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0834

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falter verbrannte daran, O die Flöte des Lichts; o die Flöte des Tods, Was
zwang dich still zu stehen auf verfallener Stiege, im Haus deiner Väter? Drunten
ans Tor klopft ein Engel mit kristallnem Finger.
O die Hölle des Schlafs; dunkle Gasse, braunes Gärtchen. Leise läutet im blauen
Abend der Toten Gestalt. Grüne Blümchen umgaukeln sie und ihr Antli^ hat sie
verlassen. Oder es neigt sich verblichen über die kalte Stirne des Mörders im
Dunkel des Hausflurs; Anbetung, purpurne Flamme der Wollust; hinsterbend
stürzte über schwarze Stufen der Schläfer ins Dunkel.
Jemand verlieb dich am Kreuzweg und du schaust lange zurück. Silberner Schritt
im Schatten verkrüppelter Apfelbäumchen. Purpurn leuchtet die Frucht im schwarzen
Geäst und im Gras häutet sich die Schlange. O! das Dunkel; der Schweif der
auf die eisige Stirne tritt und die traurigen Träume im Wein, in der Dorfschenke
unter schwarzverrauchtem Gebälk. Du, noch Wildnis, die rosige Inseln zaubert
aus dem braunen Tabaksgewölk und aus dem Innern den wilden Schrei eines
Greifen holt, wenn er um schwarze Klippen jagt in Meer, Sturm und Eis. Du,
ein grünes Metall und innen ein feuriges Gesicht, das hingehen will und singen
vom Beinerhügel finstere Zeiten und den flammenden Sturz des Engels. O! Ver-
zweiflung, die mit stummem Schrei ins Knie bricht.
Ein Toter besucht dich. Aus dem Herzen rinnt das selbstvergessene Blut und in
schwarzer Braue nistet unsäglicher Augenblick; dunkle Begegnung. Du — ein
purpurner Mond, da jener im grünen Schatten des Olbaums erscheint. Dem folgt
unvergängliche Nacht.




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