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Feuer: Monatsschrift für Kunst und künstlerische Kultur — 1.1919/​1920

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September-Heft
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Elwenspoek, Curt: Die Verewigung der Bewegung: Grundsätzliches zum Filmproblem
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https://doi.org/10.11588/diglit.29152#0959

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Daß er ein gefährliches Spielzeug ist, ward längst erkannt, daß er weit mehr
als Spielzeug ist, im lebten Grunde nur von wenigen verfochten.
. II
Des heutigen Volkes wahrer Himmel ist das Kino. Ein Spielzeug, aus Zirkus,
Theater und Kolportageroman in lasterhafter Kreuzung geboren. Aber in seiner
nach Breite und Tiefe gleich befrädrflichen Wirksamkeit alles andere als quantite
negligeable. Auch mühte zu denken geben, daß stärkste Massensympathie, wie
das Kino sich ihrer erfreut, in ihrer instinktiven Unbeirrbarkeit immer irgendwie
recht hat.
Paul Wcgener knüpft eine Betrachtung über die Zukunft des Films an den
hübschen Sah: „Dat liegt nich an dem Ding, dat Ding is jut“. Dat Ding, der
Film, steckt in den Kinderschuhen, ist sich seiner, seiner Eigenart, seiner Möglich-
keiten noch unbewußt, unbewußt vor allem seiner innersten Verguickung mit dem
Geist der Zeit. Alles Bedeutenden Bedeutung ruht lebten Endes darin, dah es
kommt, „da die Zeit erfüllet ist“, zu seiner Zeit.
Dah die Kinematographie historisches, naturgeschichtliches, bühnenmäßiges Ge-
schehen wiederzugeben vermag, wissen, sehen wir seit 15 Jahren. Ein technischer
Kniff, dessen man müde zu werden beginnt. Es erbittert nachgerade, ewige
Wiederholung oder rein quantitative Steigerung eines einzigen technisch - me-
chanischen Einfalls erleben zu müssen. Die neugegründete durch das Gewicht
ihrer Namen beachtliche Filmliga ist zunächst nur ein Ausfluß eben dieser
Erbitterung.
Was not tut, dürfte zunächst klare prinzipielle Erkenntnis sein vom Wesen und da-
mit von den durchaus neuen und durchaus selbständigen Möglichkeiten des Films.
III
Das grundsätzlich Neue, was der Film bedeutet, ist dies: D i e Ve r e w i g u n g d e r
Bewegung, — Das Bewegungsproblem, seit Zeno und den Eleaten heiß um-
strittener Gegenstand des erkenntnistheoretischen Denkens und durch Einsteins
Relativitätstheorie weiteren Kreisen wieder als Problem zum Bewußtsein gebracht,
kann und soll hier nicht entrollt werden. Es genüge die Erinnerung an den
fundamentalen Gegensah zwischen dem — sei es denkend, sei es vorstehend —
betrachtenden Geiste und der Wirklichkeit des Seins, des Lebens. Die Welt der
Erscheinungen („der Erscheinungen Flucht“), ist Veränderung, Fluß, Geschehen,
ist niemals ein „Sein“! sondern immer ein Werden — ist Bewegung. Der Geist
ist seiner Natur nach immer ruhend, unveränderlich, stillstehend, sein Wesen ist
Zu —stand. Jedes Bild, jede Vorstellung, ja das Denken selbst erfaßt aber
nicht Bewegung, nicht Geschehen, sondern immer nur Zustände, mathematisch

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