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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0016

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Geh. Hofrath Dr. Meyer erstattet den Bericht der Budget-
kommission über den Gesetzentwurf, die Revision der Klassen-
eintheilung des landwirthschaftlichen Geländes betr.
An der Diskussion betheiligen sich die Herren Freiherr v. Göler,
Präsident des Ministeriums der Finanzen Geh. Rath Dr. Buchen-
berger und der Berichterstatter.
Hierauf wird der Gesetzentwurf in namentlicher Abstimmung
nach den Beschlüssen der Zweien Kammer mit allen
gegen zwei Stimmen und der weitere Kommisfionsantrag:
„Hohe Erste Kammer wolle erklären, daß sie in der An-
nahme des Gesetzes ein Präjudiz für die Einführung der Ver-
mögenssteuer nicht erblickt und sich in Bezug auf die Annahme
oder Ablehnung einer etwaigen späteren Vorlage über die Ver-
mögenssteuer vollkommen freie Hand vorbehält",
einstimmig angenommen.
Fabrikant Krafft erstattet den Bericht der Petitionskommission
über die Bitte der geschaftsführenden Kommission des Städtetages
der mittleren Städte Badens, die Aenderung des Fürsorge-
gesetzes für Gemeinde- und Körperschaftbeamte vom
8. Juli 1896 betreffend.
Die Petition wird ohne Debatte als Material bei einer
etwaigen späteren Revision des Gesetzes der Großh. Regierung zur
Kenntnißnahme überwiesen.
Schluß der Sitzung gegen '/.I Uhr.
L. 0. Karlsruhe, 2. Juli. 107. öffentliche Sitz-
ung der Zweiten Kammer.
Auf der Tagesordnung steht die Berathung über den Ge-
setzentwurf betr. die Ausübung der Realberech-
tignng.
Ter Berichterstatter, Abg. Leimbach, beantragt unter
Hinweis aui den Kommissioneverichr dem Gesetzentwurf in
folgender Fassung Genehmigung zu ertheileu:
1. Realapotheken.
H 1. Zur Ausübung von Realberechtigungen von Apo'
thelen ist der Nachweis der Approbation narb Maßuabe des
829 der Gewerbeordnung und die Erlaubniß des Ministeriums
erforderlich.
Z 2. Die Erlaubniß ist nur zu versagen, wenn Thatsachcn
vorUegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in
Bezug aus den bcabsichtigien Betrieb darthun, oder wenn hin-
sichtlich des zum Betrieb bestimmten Lokals vienderungen ein«
getreten sind, welcbe dasselbe den polizeilichen Anforderungen
nicht mehr als genügend erscheinen lassen.
Vor einer Versagung ist der Ausschuß der Apotheker zu
hören.
Z 3. Die Erlaubniß kann zurückgenommen werden, wenn
die in 8 53 Abs. 1 der Gewerbeordnung bezeichneten Voraus-
setzungen vorliegen, oder wenn aus Handlungen oder Unter-
lassungen des Inhabers der Mangel derjenige» Eigenschaften,
welche bei Ertheilung der Erlaubniß nach 8 2 dieses Gesetzes
vorausgesetzt werden mußten, klar erhellt. Aus denselben
Gründen kann der Fortbetried einer Realapotheke demjenigen,
welcher sie beim Inkrafttreten dieses Gesetzes im Betrieb halte,
untersagt werdet .
Die Zurücknahme und Untersagung erfolgt durch die zu-
ständige Behörde.
8 4. Wie die Regierungsvorlage.
8 5. Wie 8 6 der R-giernna-voclage.
2. Realwirthschaften.
8 6, Zur Ausübung von Realberechtigungen von Wirth-
schaften ist die Erlaubniß des Bezirksraths erforderlich. Die Er-
theilung der Erlaubniß richtet sich nach den Bestimmungen der
33 Abs. 2 und 48, die Zurücknahme nach denen des 8 53 der
Gewerbeordnung. Der 8 4 dieses Gesetzes findet auch auf Real-
wirthschaften Anwendung.
8 7. Ist die Ausübung einer Realwirthschaft während eines
Zeitraumes von drei Jahren eingestellt, so erlischt dieselbe. Eine
Verlängerung der Frist kann vom Bezirksrath bewilligt werden,
sobald erhebliche Gründe nicht entgegenftehen. Nach Einbringung
eines Gesuchs um Verlängerung ruht der Lauf der Frist bis zur
rechtskräftigen Erledigung des Gesuchs. Bei Realwirthschaften,
welche bei Inkrafttreten dieses Gesetzes länger als fünf Jahre
eingestellt waren, kann in Gemeinden, in denen die Bedürfniß-
frage zu prüfen ist, die Erlaubniß so lange versagt werden, als weder
eine Verminderung der bestehenden Wirthschaften, noch ein Be-
dürfniß nach einer Vermehrung der Wirthschaften eingetreten ist.
Die Einbringung des Gesuchs um Wiedereröffnung der Wirth-
schaft unterbricht die Verjährung.
3. Allgemeine Bestimmungen.
8 8. Für die Ertheilung der Erlaubniß (88 1, 6) wird eine
Taxe erhoben. Dieselbe beträgt: bei Realapotheken 10—100 Mk.;
bei Realwirthschaften: für den eigenthumsweisen Betrieb h,,, für
den Pachtweisen Betrieb ^<> der in 8 28, Ziffer 19 Abs. 1 und 2
des Verwaltungsgebührengesetzes bezeichneten Taxen. Auf die
Fristen einer Realwirthschaftsberechtigung findet 8 28 Ziffer 19
Abs. 7 des Verwaltnngsgebührengesctzes Anwendung. Die nach 8 25
Ziffer 14 iit. a des Verwaltungsgebührengesetzes zu zahlende
Taxe für die Erlaubniß zur Verpachtung einer Realapotheke
fällt weg.
8 9. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündung in
Wirksamkeit. Das Ministerium des Innern ist mit dem Vollzüge
beauftragt.
Abg. Pfeffer le (nat.-lib.) ist nicht für ein vereinzeltes Vor-
gehen Badens, da eine reichsgesetzliche Regelung des gesummten
Apothekerwesens bevorsteht. Im Uebrigen ist er mit dem Ent-
wurf einverstanden.
Minister Eisenlohr erklärt, daß die Lösung der sehr schwie-
rigen Apolhekerfragen durch das Reich erfolgen müsse. Die
Schwierigkeit liege nicht in den heute zur Erörterung kommenden
Fragen, sondern in dem Monopolcharakler und in dem Bestreben,
möglichst billige Arzneien zu beschaffen. Die badische Regelung
wolle der reichsgesetzlichen Regelung nicht vorgreifen. Im All-
gemeinen müsse man vor dem Apothekerstande Hochachtung haben.
Aber es gebe bei ihm auch einige räudige Schafe, auf deren
Austreibung der Gesetzentwurf hinziele. Eine Entwerthnng der
Apotheken trete durch ihn nicht ein. Der allgemeinen Regelung
werde durch ihn nicht vorgegriffen. Mit den Kommissions-
vorschlägen sei er einverstanden.
Abg. Pfisterer (Antis.) wünscht, daß man mit Kon-
zessionseriheilung weniger sparsam sei.
Minister Eisenlohr erklärt, daß die badische Regierung
seit 25 Jahren mit größter Weitherzigkeit dort Apotheken geneh-
mige, wo deren Rentabilität außer Frage ist. Die freie Con-
currenz könne man nicht eröffnen.
Nack einem Schlußwort des Berichterstatters wird der Ent-
wurf einstimmig angenommen.
Schluß der Sitzung: 10 Uhr. Nächste Sitzung: Montag.
Hessen. Darmstadt, 2. Juli. Die Tarmst. Ztg.
veröffentlicht die Versetzung in den Ruhestand: des
Staatsministers v. Finger und des Finanzministers W e-
ber auf Nachsuchen derselben. Der Großherzog spricht
Beiden seine Anerkennung für die ausgezeichneten Dienste
aus und ernennt gleichzeitig den bisherigen Provinzial-
direktor Rothe in Mainz zum Staatsminister und Mi-
nister des Innern vom 6. d. M. ab.
Darmstadt, 2. Juli. Nach der von der gemein-
schaftlichen Verwaltung für die Preußisch-Hessischen
Eisenbahnen pro 1897/98 aufgestellten Betriebsrechnung
beträgt der Antheil Hessens am Betriebsüberschuß der der
gemeinschaftlichen Verwaltung unterstellten Eisenbahnen
Mk. 9 465 560, hierzu kommen laut Mittheilung der
Darmst. Ztg. aus der Main-Neckar-Bahn Mk. 1 317 553,

aus den Nebenbahnen Mk. 59 809, sodaß sich also für
Hessen der Gesammtbetriebsüberschuß auf Mk. 10 824 922
stellt. Im Hauptvoranschlag für das Rechnungsjahr 1897/98
waren nur Mk. 9 775 000 vorgesehen, sodaß sich eine
Mehreinnahme von Mk. 1 067 922 ergiebt.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Zeichenlehrer Professor Fridolin Dietsche an der Kunstgewerbe-
schule in Karlsruhe eine etatmäßige Professorenstelle an derselben
übertragen.
— Mit Entschließung Großh. Ministeriums des Innern wurde
Aktuar Friedrich Bechtel, zur Zeit in Müllheim, zum Amis-
revidenten ernannt.
— Expreßgutverkehraufdens üddeutschenBahn en.
Auf 1. Juli l. I. ist ein Expreßguttarif, Theil I, erschienen, der
den Abschnitt V der Verkehrsordnung — Beförderung von Ex-
preßgut — nebst den hierzu erlasseneu allgemeinen Zusatzbestim-
mungen enthält. Diese waren bisher in den Tarifen für die
einzelnen Verkehre abgedruckt. Der neue Tarif, Theil I, der zum
Preis von 10 Psg. durch die Gepäckabfertigungsstellen bezogen
werden kann, gibt über die bei den einzelnen Bahnen:
1. Badische Staatsbahnen,
2. Reichseisenbahnen in Elsaß-Lothringsn,
3. Main-Neckar-Eisenbahn etnschl. Hessische Nebenbahnen,
4. Pfälzische Bahnen,
5. Württembergische Staatsbahnen,
7 und Nebenbahnen s Privatbetrieb,
Heffrsche „ „ „ /
8. König!. Preußische und Großh. Hessische Staatsbahnen,
Dtrektionsbezirke Frankfurt und Mainz
(für letztere nur für den direkten Verkehr mit den unter 1
bis 7 genannten Bahnen, nicht aber auch für den Binnen-
verkehr) — bestehenden abweichenden Bestimmungen Aufschluß,
und bietet somit den Betheiligten, die von der immer beliebter
werdenden Einrichtung der Expreßgutabfertigung Gebrauch
machen, ein jedenfalls sehr erwünschtes Nachschlageheft, wodurch
auch der mit der Einholung von Auskunft an den Schaltern
verbundene Zeitaufwand erspart werden kann.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. Juli. Die Politische
Corresp. meldet: Die Kaiserin Elisabeth wird sich
Mitte Juli nach Bad Nauheim begeben. Die Kaiserin
leidet schon seit längerer Zeit an Anämie, die sich durch
die im letzten Winter erfolgten Erkrankungen, verbunden
mit vielfacher Schlaflosigkeit, in wachsendem Maße ver-
stärkte, infolge dessen ein mäßiger Grad von Herz-
erweiterung eintrat. Diese gibt bei ruhigem Verhalten
zu ernsteren Besorgnissen keinen Anlaß, doch wurde der
Kaiserin ärztlicherseits auf das Dringendste gerathen, in
dem genannten Bade sich der dort geübten Methode zur
Kräftigung der Herzmuskeln, zu unterziehen.
Wien, 2. Juli. Die Regierung hat, wie die N. Fr.
Pr. meldet, den Entwurf eines Sprachcngesetzes
ausgearbeitet, welchen Graf Thun den Vertretern des
böhmischen Großgrundbesitzes und der Czechen übermittelte.
Wie verlautet, haben sich dieselben damit einverstanden
erklärt.
Amerika. Washingtons. Juli. In der gestrigen
Sitzung des Kabinets wurde die bestimmte Versicherung
abgegeben, daß die Regierung annehme, Deutschland werde
sich in die Angelegenheiten von Manila nicht einmischen.
Der Präsident bemerkte dabei, er habe die Zusicherung
erhalten, daß Deutschland keine unfreund-
liche Aktion im Sinnehab e. Er glaube, die Ge-
rüchte von der unfreundlichen Haltung Deutschlands und
davon, daß Deutschland radikal vorzugehen beabsichtige,
seien nicht tatsächlich begründet. Er sei überzeugt, daß
kein Anlaß zu einer ernsten Befürchtung vorliege. (Prä-
sident Mac Kinley hätte noch viel nachdrücklicher die Ver-
breiter der falschen Gerüchte zurechtweisen können. Es ist
in der That so: Deutschland will lediglich die Interessen
der Reichsangehörigen wahren; sonst nichts. Die Red.)
Stiftungsfest des Heidelberger Militärvereins
A- Heidelberg, 4. Juli.
Der hiesige Militärverein beging vorgestern und gestern die
Feier seines 25jährigen Stiftungsfestes. Unter starker Betheili-
gung seitens des Verwaltungsraths und der Vereinsmitglieder
wurden am Samstag Nachmittag Lorbeerkränze mit Widmung
und Schleife am Kriegerdenkmal, an der Gedenktafel im Rath-
haus und an den Grabstätten der mit Tod abgegangenen ersten
Vorstände des Vereins, der Herren Frhr. v. Reichlin-Meldegg,
Dr. Fehr, Premierlieutenant Hofpaur und Stadlrath W. Hoff-
mann niedergelegt. Um 8 Uhr fand am Samstag Zapfen-
streich statt, der sich unter Führung einer Musikkapelle und
Begleitung zahlreicher Fackelträger durch die Hauptstraßen der
Stadt bewegte und gegen 10 Uhr vor dem Museum anlangte.
Hier hatte indessen in den oberen Sälen der Festball seinen
Anfang genommen. Zu Beginn desselben übergab Fräulein
Wagner mit einer sinnigen Ansprache einen von den Damen
des Vereins gestifteten Bücherschrank; ferner überreichten Frln.
SPilger und Stay je einen Kranz an den I. Vorsitzenden,
Hrn. Oberamtsrichter Dr. Reichardt, und den II. Vorsitzenden, Hrn.
Kreissekretär Ritter. Herr Oberamtsrichter Dr. Reichardt
sprach seinen Dank aus und brachte ein Hoch auf die Damen
des Vereins, insbesondere auf die Festjungfrauen, aus. Der
Ball nahm dann seinen Fortgang und hielt die Teilnehmer bis
zum frühen Morgen in froher Stimmung beisammen.
Am Sonntag, dem Hauptfesttage, fand zunächst Reveille
statt, sodann Empfang der auswärtigen Vereine, die mit dem
hiesigen Militärverein Parade-Aufstellung auf dem Museums-
platz nahmen. Vertreter der Staats- und städtischen Behörden,
Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens, Hr. Generallieutenant von
Winning, Exc, das hiesige Offiziercorvs, sowie zahlreiche
Reserve-Offiziere hatten sich eingefunden, um der feierlichen Ueber-
reichung der Fahnen - Me d aille beizuwohnen. Hr. Rechts-
anwalt Süpfle aus Karlsruhe überreichte als Verlreter des Ver-
bandspräsidiums Namens des Verbandspräsidenten, Generals d. I.
Freiherrn Roeder von Diersburg, die von Sr. König!. Hoheit dem
Großherzog, dem hohen Protektor des Badischen Militärvereins-
Verbandes, dem Verein gestiftete Fahnen-Medaille und hielt dann
eine patriotische Ansprache, die mit einem Hurrah auf Kaiser
und Großherzog endete. Die Musik intonirte das „Heil Dir im
Siegerkranz". Herr Oberamtsrichter Dr. Reichard tstrat dann vor,
stattete namens des Vereins seinen Dank ab für die hohe Ehre,
die demselben zu Theil geworden, erneuerte das Gelöbniß der
Treue und überreichte ein Diplom an die Mitglieder, die dem
Verein 25 Jahre ununterbrochen angehörten. Die Namen der-
selben sind folgende: Joh. Büchel, A. Dörrzapf, Fr. und
G. Fischer, Mich. Clormann, Fr. Keßler, Jos. u. L. Münch,
I. Schmidt, Fr. Schneider, P. Schnorr, Ad. Stay, I. Sulzer,
K. Wagner, St. Weber. Sein Hoch galt dem deutschen Vater-
lande, worauf die Musik „Deutschland, Deutschland über Alles"
, spielte. Im Anschluß an die Feier fand Musikparade statt,

späterhin gemeinschaftliches Essen im Museums-Garten, wo nach
und nach noch zahlreiche auswärtige Vereine eintrafen.
Nachmittags V°2 Uhr rangirten sich die Festtheilnehmer auf
dem Jubilüumsplatz zum Festzug. Der Zug bewegte sich
über den Staden, durch die Steingaffe, über den Marktplatz und
den Karlsplatz und um diesen durch die Zwingerstraße, Ketten-
gasse in die Hauptstraße bis zur Rohrbacherstraße, von da durch
die Anlage, Sophienstraße, durch die Plöck und die Theaterstrabe,
dann weiter durch die Hauptstraße auf den Ludwigsplatz, wo
vor Exc. v. Winning, Hrn. Sypfle rc. der Parademarsch statt-
sand. Der Zug wurde durch einen Herold zu Pferd und drei
andere Reiter eröffnet; er war, dank der regen Betheiligung
auswärtiger Vereine an dem Feste sehr lang und enthielt mehrere
Musikkorps. Die Sanitütsabtheilung des hiesigen Vereins mit
ihren Hellen Mützen, der Schützenverein und das Mannheimer
Knaben-Trommlercorps fielen in dem Zuge besonders auf. Die
Stadt hatte reich geflaggt.
Nach Ankunft des Zuges im Museumsqarten begann dortselbst
alsbald das Festbankett. Man hat bei dieser Gelegenheit
so recht sehen können, wie geräumig der Garten ist und wie gut
er sich für solche Veranstaltungen eignet. Fast die ganze große
Festgesellschaft, einschließlich des zur Feier geladenen Offizier-
und Reserveofsizicrcorps sand in dem Garten Platz. Nur ein
ganz kleiner Theil war genölhigl, in dem benachbarten Hofe bei
der Turnhalle Unterkunft zu suchen, der durch Bretterzäune mit
dem Hauptfestraum in Verbindung gebracht worden war. Dort
war es freilich sehr still, denn der Pnlsschlag der Festfreude
drang nicht bis dorthin. Für das Bankett war ein Festprogramm
von 14 'Nummern ausgestellt, darunter Vorträge der Bataillons-
kapelle und des Orchestervereins, allgemeine Lieder, Männerchöre,
und Ansprachen. Die Männerchöre wurden von der Lieder-
tafel, die seit lange dem Militärverein befreundet ist, vorge-
tragen und fanden wohlverdienten Beifall. Die Festrede hielt
der derzeitige erste Vorstand des Vereins, Herr Oberamtsrichter
Dr. Reichardt. Der Redner dankte den Gästen für ihr Er-
scheinen bei dem nicht prunkvollen aber vom Geiste der Vater-
landsliebe erfüllten Feste, und warf dann einen Rückblick auf die
2öjährige Geschichte des Vereins. Der Verein ist ein Kind der
großen Zeit von 1870/71. Anläßlich des Todes eines Kameraden,
der 1873 in Folge der Kriegsstrapazen starb.und von seinen
Kameraden zu Grabe getragen wurde, wurde der Verein ge-
gründet. Von den Gründern gehören ihm heute noch die beiden
Verwaltungsrathsmitglieüer Ritter und Tilg an. Erster Vor-
stand war Herr v. Reichlin-Meldegg. 1875 fand die Fahnen-
weihe statt unter dem Präsidium des Herrn v. Gayette; damals
zählte der Verein schon 300 Mitglieder. Es kam dann 1878 ein
Rückgang, der aber Dank der Arbeit und den Bemühungen des
Verwaltungsraths wieder ausgeglichen wurde, sodaß das Fest
des zehnjährigen Bestehens des Vereins yoffnungsfroh gefeiert
werden konnte. 1885 schloß der Verein sich dem Landesverband
an. Heute kann er dankbar auf Guadenbeweise des allerhöchsten
Protektors des Verbands sowie auf die durch das Verbands-
präsidium erfahrene Förderung zurückblicken. Dem 20jährigen
Stiftungsfeste wohnte Se. Kgl. Hoheit der Großherzog persön-
lich bei. Die Förderung patriotischer und kameradschaftlicher
Gesinnung, der Treue gegen Fürst und Vaterland ist der Zweck
des Vereins; er sucht die junge Mannschaft in seine Reihen zu
ziehen, um sie in dieser palrwtischen Gesinnung zu stärken. Red-
ner dankte nun den Behörden und der Bürgerschaft für die
Förderung, die der Verein alle Zeit bei ihnen gefunden, legte
'Namens des Vereins das Gelöbniß ab, in Worten, Gesinnung
und Thatcn immer für das Wohl des Vaterlandes einzustehen
und brachte ein Hoch auf den Kaiser ans. Es folgten zwei
Chöre der Liedertafel, worauf deren Vorstand, Herr Vogt,
in einer hübschen Ansprache dem befreundeten Mititär-
Verein zur Jubelfeier gratulirte und ihm einen silbernen
Lorbeerkranz für seine Fahne überreichte. Im weiteren Verlauf
brachte der derzeitige Prorektor der Universität, Herr Geh. Hof-
rath Kehrer ein Hoch auf den Großherzog aus, den er im
Anschluß an das Keruer'sche Gedicht vom reichsten Fürsten als
den gütigen Landesoater nnd musterhaften Regenten feierte. Herr
Revisor a. D. Ritter brachte einen Trinkspruch auf die Gäste
ans. Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens feierte das Heer.
Im Namen des letzteren dankte Herr Generaltieutenantt z. D.
v. Winning, Exc., und brachte ein Hoch auf die Stadt Heidel-
berg und ihren Oberbürgermeister aus. Herr Z aiß sprach dem
Verbandspräsidium den Dank des Vereins aus und ließ den
anwesenden Vertreter des Präsidiums Herrn Rechtsanwalt
Süpfle aus Karlsruhe hochleben. Herr Süpfle dankte
für die Ovation namens des Präsidiums.
An Se. Kgl. Hoh. den Großherzog wurde vom Bankett
aus folgendes Telegramm gerichtet:
Die zur Feier des 25-jährigen Stiftungsfestes des Heidel-
berger Militärvereins versammelten vaterlandsliebenden Männer
senden Ew. Königlichen Hoheit die Versicherungen unverbrüch-
licher Treue und Ergebenheit, der Heidelberger Militärverein
zugleich den unterthanigsten Dank für die gnädigst verliehene
Fahnenmedaille.
Reichardt, Oberamtmann. Süpfle, Präsidialmitglied.
Auf diese Begrüßung traf heute aus St. Blasien folgendes
huldvolle Antworttelegramm ein:
Von Herzen erwidere ich die freundlichen Grüße des
Militärvereins Heidelberg und beglückwünsche ihn zur Jubel-
feier. Ich danke wärmstens für die Kundgebung treuer und
vaterländischer Gesinnung.
Friedrich, Großherzog.
Das Wetter war schön, die Bedienung prompt, das Bier
gut; so vergingen bei dem Bankert dre Stunden auffs
angenehmste. Ehe man sichs versah, brach die Zeit herein,
da die auswärtigen Vereine an's Abschiednehmen denken
mußten. Sie werden hoffentlich eine angenehme Erinnerung
an den schönen Tag in Heidelberg mitgenommen haben.
Abends um 9 Uhr versammelten sich die Mitglieder des
hiesigen Milirärvereins mit ihren Familien nochmals im
Muieumsgarlen und zwar zu einer italienischen Nacht. Es
saß sich bis zur später Stunde sehr angenehm und gemüth-
lich in dem geschützten Garten, so daß der gestrige Festtag
einen schönen Abschluß fand.

Aus Stast und Land.
Heidelberg, 4. Juli.
O Rudersport. Auch die gestrige Oberrheinische Re-
gatta in Mannheim brachte dem Heidelberger Ruder-
klub einen schönen Erfolg. Der Klub hatte seine akademische
Mannschaft zum Ermunterungsführer, seine Zweiermannschaft,
sowie zum Senior-Einser gemeldet. Die akademische Mannschaft
hielt sich sehr gut und nur im schärfsten Endkampf konnte kurz
vox dem Ziel die gute Mannschaft des Ludwigshafener Ruder-
vereins eine knappe Länge Vorsprung erringen, so daß Heidel-
berg zweites Boot wurde, die Mannschaft der Amicitia sowie
des Mannheimer Ruder-Klubs hinter sich lassend. Im Zweier-
Rennen kamen die Heidelberger schlecht vom Start weg. Die
vorzügliche Mannschaft des Mainzer Rudervereins nahm sofort
die Führung und Heidelberg gab bald das Rennen auf mit Rück-
sicht darauf, daß der Schlagmann nachher das Senior-Einser-
Rennen zu fahren hatte, und durch ein scharfes Rennen im
Zweier jede Aussicht auf Erfolg im Einser eingebüßt hätte.
Im Einser nahm Herr Rocker vom Wormser Ruderverein vom
Start aus die Führung vor Herrn Barrelet vom Heidelberger
Ruder-Klub, während Herr Guches von der Offenbacher Ruder-
Gesellschaft „Undine" sofort zurückblieb. Bei 800 Meter hatte
Barrelet sich auf gleiche Höhe geschafft und nahm gleich darauf
starke Führung, worauf Rocker völlig erschöpft das Rennen ein-
stellte. Dadurch erhielt Heidelberg den Preis, eine sehr hübsche
große Büste unseres allverehrten Großherzogs.
f Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. An der
 
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