Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 176 - 202 (1. August 1898 - 31. August 1898)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0215

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
-Erscheint täglich,
""tags ausgenommen.
Preis
t">t Familienblättern
.Monatlich 50 Pf.
- m's Haus gebracht.
"tch die Post bezogen
.rzKteljahrl. 1.25
"bließlich Zustellgebühr.
^h-n-Anschluß Nr. 82.

Hkidklhcrskr ZitiiW

^usertiousgebühr
15 Pf. für die Ispaltigr
Pelitzeüe oder deren Nam».
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

X'-. 20V.

Bestellungen
die Heidelberger Zeitung für den Monat September
/tden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
-Listen, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Spedition, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreismonatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
Fracht; durch die Post bezogen für den Monat
/Nember, wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für
mstellgebühr 15 Pfg. mehr.
Neu eintretenden Abonnenten liefern wir das Blatt
^/Wunsch bis Ende dieses Monats gratis.
Politische Umschau.
Heidelberg, 29. August.
- Die Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands
... übliche Jahresübersicht über die Streikbewegung
/..für das Jahr 1897 veröffentlicht. Die Zahl der
ffWäude hat darnach nicht unerheblich zugenommen
Bergleich zum vorhergehenden Jahre. 1896 gab es
"ilich nur 483 Streiks, während für 1897 deren nicht
/"iger als 578 verzeichnet sind. Diese Zunahme bestä-
gt wieder die auch aus andern Anzeichen sich schließende
^nahme der Streiklust der „Genossen". Allerdings waren
..'.den vorjährigen Ausständen nur 63119 Arbeiter be-
/üigt, gegenüber 128 808 im Jahre 1896, damals kam
der große Hamburger Hafenarbeiterstrcik in Betracht,
verhältnißmäßig geringe Anzahl der Teilnehmer an
i/ einzelnen Streiks im letzten Jahre, die in Deutschland
"uf etwa 120 beziffert, läßt erkennen, daß es sich in
Hauptsache um lokale Ausstände handelt. Daß bei
</en die Aussicht auf Erfolg gering ist, ist selbstverständ-
und es ist leicht erklärlich, daß über die Hälfte der
"Eiks ohne Erfolg oder doch mir nur theilweisem Erfolg
° Endet hat. Die Arbeit der Hetzer auf Kosten der arbei-
/°En „Genossen" hat demnach in den überwiegend meisten
Een nur Opfer für die Arbeiter mit sich gebracht. Die
/minlntausgaben für Streikzwecke betrug über I V4 Mill.
Da man annehmen kann, daß der Lohnverlust für
e Ausständischen mindestens das Doppelte betragen hat,
m üürd man nicht fehl gehen, wenn man den materiellen
der Arbeiter durch Streiks im Jahre 1897 auf
4 Mill. Mk. berechnet. Ob wohl die Vortheile, die
^"gt wurden, dazu im rechten Verhältniß stehen?
ges n f Krefelder Katholikentag ist ein Wort
. ^üen, aus dem man ersehen kann, wie das eigentlich
meint ist, wenn gerufen wird: katholisch ist Trumpf.
A./"em gegen die modernen geistigen und künstlerischen
Estrebungen gerichteten Vortrag wurde unter dem Beifall
^ Zuhörer nicht mehr und nicht weniger verlangt, als
^/chleunige Erlaß eines „geistigenSeuchengesetzes".
diejenigen, die nicht im Banne des ultramontanen
iholizisinus stehen, werden sich bedanken für die Zu-
/chung dxx Rückständigen selbst rückständig zu werden,
k ""iionalliberalen Kreisen, wo man den ultramontanen
lholizismus aus intimer Gegnerschaft kennt, wundert
c> " sich über die Forderung weniger als über die krasse
"üb'" ^rsElben. ^ji, giftiges Seuch enge setz! Ganz
la» gerathen ist ob diesem höhnisch-dreisten Ver-
^./En des Centrums die demokratische Franks. Ztg.,
H /"st gern mit dem Centrum als einem angeblichen
l verschiedener Freiheiten kokettirt. Wenn man sich
wen sie — ganz ausdenkt, wohin es führen müßte,
Unk Wünsche erfüllt würden, so schaudert cs Einen,
wan seufzt: Dank Dir, Bismarck, daß Du die
W^leeichjschen Math oliken nicht herein gelassen

Montag, den 29. Lngusi

hast! Für ein Blatt, das bisher den groß-deutschen
Standpunkt vertrat, also den Ausschluß der Deutschen
Oesterreichs aus dem neuen deutschen Reich bedauerte, für
ein Blatt, das den Fürsten Bismarck auf Schritt und Tritt
bekämpft hat, bedeutet ein solcher Ausruf das höchste
Maß ven Verurtheilung, das es überhaupt auszudrücken
vermag.
Wie man dem Berl. Tageblatt aus Lippe berichtet,
geht man dort jetzt ernstlich damit um, durch einen Akt
der Landesgesetzgebung dem ganzen Thronstreit ein Ende
zu machen. Es handelt sich bekanntlich um die Thron-
folgefähigkeit der Söhne des jetzigen Regenten, welche von
Seiten des Hauses Schaumburg-Lippe angefochten wird.
In Lippe stützt man sich darauf, daß in der Begründung
des Urtheils des Schiedsgerichts, das den jetzigen Regenten
für thronberechtigt erklärt, Ausführungen enthalten sind,
die auch den Anspruch seiner Söhne decken. Ferner stützt
man sich auf das Vorgehen von Meiningen, wo die Erb-
folgcfähigkeit der Kinder des Prinzen Friedrich durch einen Akt
der Landesgesetzgebung ausdrücklich anerkannt worden ist.
Meiningen ist also auch einseitig vorgegangen und dazu
kommt, daß die Gattin jenes Prinzen Friedrich eine Tochter
des Regenten vou Lippe ist. Wenn also die Ebenbürtig-
keit der Tochter des Regenten und deren Nachkommenschaft
für Meiningen vorhanden ist, dann wird die Ebenbürtigkeit
seinerSöhne für Lippe wohl auch Vorhandensein. Der Reichs-
kanzler soll sich bestimmt dafür ausgesprochen haben, daß man
Lippe gewähren lassen solle. Ob dies richtig ist, bleibe dahin
gestellt. Wie dem auch sei, noch im September wird der
lippe'sche Landtag einberufen werden, um das Thronfolge-
gesetz zu berathen.
Aus Shanghai wurde dem Bureau Dalziel gemeldet,
zwischen dem Vertreter Englands Macdonald und dem
russischen Vertreter Pawlows hätten sich heftige Scenen
abgespielt, weil letzterer dem Tsungli-Iamen unter An-
drohung der Ungnade des Zaren befohlen habe, das Ab-
kommen mit der Hongkong-Bahn aufzuheben; die Chinesen
würden Pawlow gehorchen, weil sie wissen, daß England
nur mit Worten protestire. Die Lage sei schlimmer als
je. Zwischen den russischen Beamten und den englischen
Grundeigenthümern in Newchwang gäbe es wachsende
Reibereien, weil die Russen die Chinesen drängen, die
Besitztitel der Engländer zu annullirxn. In Port Arthur
seien die Russen mit kriegerischen Vorbereitungen sehr be-
schäftigt; alle russischen Kriegsschiffe seien nach Port Arthur
zurückgekehrt. Aehnliches wurde auch von englischen
Blättern berichtet und eine Zeit lang schien es, als ob ein
ernster Zusammenstoß zwischen England und Rußland
bevorstehe. Wie aber dann aus den Regierungserklärungen
im engl. Unterhause hervorging, hat England nachgegeben.
Das wird nun durch ostastatische Nachrichten bestätigt. Eine
Meldung aus Kopenhagen constatirt überdies, daß ein Kom-
pro miß zwischenRußland und England abgeschlossen sei. Die
Beziehungen zwischen dem russischen und dem englischen Kabinet,
die vor Kurzem noch sehr gespannt waren, seien nun in
Folge von Sir Charles Scott's erfolgreicher Mission (d.
h. Nachgiebigkeit) besser als je.

Deutsches Reich.
Berlin, 27. August.
— Einen interessanten Vergleich zwischen deutschem
und französischem Nationalwohlstand stellt die
Berl. Börsenztg. an. Das Ergebniß ist folgendes: „1848
standen Deutschland und Frankreich an Bevölkeruugszahl
gleich, jetzt sind wir um 16 Millionen Einwohner voran.
Allein seit 1870 wuchs die deutsche Bevölkerung um 13

1898.

Millionen, trotzdem etliche Millionen auswanderten. 1670
waren die deutsche und französische Handelsbilanz (Ein-
und Ausfuhr) gleich, nämlich 7500 Mill. Frs.; seitdem
ist die deutsche auf 9660 Millionen gestiegen, die fran-
zösische auf 7200 Millionen gefallen. Seit Ausgang der
70er Jahre eroberte die deutsche Ausfuhr in der Türkei
einen Absatzmarkt von 40 Millionen, in China von 33
Millionen, in Rumänien von 118 Millionen, während
Frankreichs Ausfuhr nach jenen Ländern unverändert blieb.
Gleichzeitig vermehrte sich die deutsche Handelsmarine
im Verhältniß von 100 auf 265, die französische nur von
100 auf 132. 1872 besaß Deutschland nur 500 See-
schiffe von 130 000 Tonnen Tragfähigkeit, jetzt 3600 von
1^4 Mill. Dabei geht der Aufschwung noch immer in
beschleunigtem Tempo fort; Zeuge dessen die Statistik der
deutschen Bahnen, Kanäle, Post und Telegraphie rc., mit
einem Wort, es ist ein großartiges Schauspiel, das der
Pariser Universitätsprofessoc Blondel auf dreierlei Quellen
zurückführt: Auf das Temperament des deutschen Volks,
auf die Methode der Jugenderziehung und auf die syste-
matische Verwerthung der wissenschaftlichen Forschungen
für Gewerbe und Industrie. „Wir haben in Frankreich",
bemerkt Blondel, „nur 11 höhere technische Schulen mit
der bescheidenen Gesammtschülerzahl von 635, während
allein das Polytechnikum in Hannover mehr als 1000 Be-
sucher, und in Leipzig mehr als 700 zählt. Die Zukunft
gehört der Nation, die in der Ausbildung am weitesten
ist, die am besten versteht, die Ergebnisse der Wissenschaft
in praktische Werthe umzusetzen."
— Ueber Bismarcks Memoiren schreibt die
Zukunft:
Daß der Fürst mit Hilfe Lothar Buchers Erinnerunaen
aus seinem Leben geschrieben bat, daß diese Niederschrift sich
aus alle Epochen von der Kindheit bis zur Entlassung aus
den Aemtern erstreckt und, sobald die Erben es sür angezeigt
halten, veröffentlicht werden wird, ist ja allgemein bekannt
geworden. Ein Recht, das Manuskript — von dem ein Theil
vor Jahren gesetzt wurde, um dem Fürsten das Lesen und
Corrigiren zu erleichtern — einer Censur zu unterwerfen,
steht keinem Menschen zu; und Personen, die es wissen
könnten, sagen, daß ein Vertrag mit Honorarbestimmung
überhaupt noch nicht abgeschlossen ist und die Entscheidung
über den Umfang des Werkes und den Termin des Er-
scheinens kaum vor dem Spätherbst gefällt werden wird.
— Eine Berliner Lokalkorrespondenz will wissen, es
sei durch kaiserlichen Armeebefehl angeordnet worden, daß
die Rangbezeichnungen „Premier-Lieutenant" und „Sekonde-
Lieutenant" durch die Benennungen „Oberlieutenant"
und „Unterlieutenant" ersetzt werden. Diese Be-
nennung ist nicht nur im österreichischen Heere (früher auch
in Süddeutschland) gebräuchlich, sondern auch die deutsche
Marme hat die fremden Benennungen insofern beseitigt,
als sie nur den Lieutenant und den Unterlieutenant zur
See kennt.
— Der Genossenschaftstag in Neustadt a. H.
nahm eine Resolution an gegen die Verstaatlichung der
Reichsbank, für die Verlängerung ihres Privilegiums und
Ausdehnung der Bewilligungsperiode auf 20 Jahre.
Baden. Karlsruhe, 27. Aug. Das heute aus-
gegebene Gesetzes- und Verordnungsblatt veröffentlicht die
Gesetze über die geschlossenen Hofgüter und die
Rechtsverhältnisse der Dienstboten. Zu letzterem ist
gleichzeitig eine ausführliche Vollzugsverordnung seitens des
Ministeriums des Innern erlassen worden. Darnach wird
als Dienstbuch im Sinne des Dienstbotengesetzes das für
minderjährige gewerbliche Arbeiter vorgeschriebeue Arbeits-
buch bestimmt. Auch Kinder, welche zum Besuch der Volks-
schule verpflichtet sind, bedürfen, wenn sie als Dienstboten
beschäftigt werden sollen, eines Dienstbuches. Wer

13)

Heimkehr.
Erzählung von Paul Bliß.
(Fortsetzung.)
Ax//Egt ging Frag Melanie auf und ab. Sie fieberte vor
durk? vor Scham. Und was ihr in die Hände kam,
N zerdrückt.
8or-.. Hauptmann aber saß ruhig da und pfaffte seine Ci-
M weiter.
iZblich stand sie vor dem Hauptmann still.
warum erzählen Sie mir das alles?" rief sie,
vor Wuth.
zcj/n sffsi antwortete er ruhig und ernst: „Um Ihnen zu
"- das Sie im Begriff sind, eine Thorheit zu begehen."
"«err Hauptmann!" schrie sie.
viaa Ä was," sagte er trocken, unter guten Freunden soll
w"aen ui, 2^ vor'n Mund nehmen, — Sie hoffen auf den
"icbc ann, — ich aber sage Ihnen, der denkt überhaupt
Haben zu heirathen! — Jo, sind Sie denn blind?
hiiaw » w es denn gestern gar nicht gemerkt, daß er über-
Sesalli.""- Nugen für das kleine Fräulein hatte? — Nebenbei
denn Est nn interessantes Mädchen! — Können Sie
liebt g/w hoffe", daß er zu Ihnen kommen wird? — Er
"ichts .S bcche ich bald gemerkt, und wenn er ihr noch
Na , davon, dann wird es bald genug geschehen,
wena js?"d dagegen sind Sie ganz machtlos. — Uebrigens,
"Elum^ ^r folgen wollen, dann schlucken Sie Ihren Aerger
uni. ÄParen Sie sich die Blamage der getäuschten Hoff-
der Li-k-si ren Sie nicht mit rauher Hand das junge Glück
^icoesteute.
svir//, iunge Glück," sagte sie hohnlachend. „Wie lange
"berdi-mri" dauern! Ein paar Monate, dann ist er ihrer
"wsstg. Das kenne ich doch."
"nn Sie aber gewaltig, Frau Melanie," sagte er
' '-erstensmal sieht das Fräulein nicht aus, als ob sie

so mir sich Wielen tietze uno dann Hove ich auch von Karl
eine zu hohe Meinung, als daß er so leichtfertig handeln
könnte."
Beschämt schwieg sie. Haß, Aerger, Angst und Zweifel
kämpften in ihr. Alleinsein — das brauchte sie. Darum
schickte Sie den Hauptmann fort.
„Sind Sie mir böse, Frau Melanie?" fragte er, als er
ihr zum Abschied die Hand küßte.
„Nein." lächelte sie gezwungen, „wir sind ja gute
Freunde.
- Aber als sie allein war, brach sich der Sturm in ihr
Bahn. Sie sank bin und schluchzte lange. Alles war ver-
loren ! um alles war sie betrogen worden! — Mit einmal
richtete sie sich auf. Wer war denn diese Person, die sie zu
fürchten hatte? Ein unbedeutendes Gänschen, ein Wirtbschafts-
mädchen — und da sollte sie zurückstehen, da sollte sie still-
schweigend zusehen, wie man ihr alles nahm? O, nein! 0,
nein! — Zuerst mußte man doch mal nachforschen, wer dies
Mädchen war, woher sie kam, wie ihr Vorleben war, und so
weiter.
Damit tröstete sie sich vorläufig.
Und der Hauptmann ging seelenvergnügt nach Hause.
Seine Laune war prächtig, denn seine Aussichten waren
die besten, seit er gestern die werthvolle Entdeckung gemacht
hatte. Nun konnte noch alles gut werden.
Zu Hause angekommen, machte er's sich bequem, ließ sich
dann vom Diener eine Flasche Sekt herausholen, rauchte sich
eine von den echten Upmann an und feierte ganz allein seine
baldige Verlobung.
* ^. *
Einen Monat später.
Der Lenz war nun da. Alles grünte und blühte. Aus
den Büschen sangen die Vögel, die Falter flatterten von Kelch
zu Kelch, und die Sonne schien jeden Tag.
Im Pfarrhause lebte man ruhig und still dahin. Der
alte Pastor ging eifriger denn je seinen Geschäften nach, denn
das war ihm das einzige Mittel, seine Trauer zu überwinden.

Fräulein Emmy waltete lreulich ihres Amtes und wutzte es
jedem recht zu machen. Ihre liebe, stille Art gefiel dem alten
Pastor außerordentlich und ost dachte der alte Mann bei sich:
Wenn ich eine Tochter haben möchte, so müßte sie sein. Und
Karl saß seit acht Tagen hinter seiner Staffelei. Er malte ein
Friedhofsbild und das Grab der alten, lieben Frau.
Seit jenem Tage in der Laube hatte er nicht mehr mit
Fräuleiu Emmy sprechen können, wie nur das gerade Noth-
wendigste. Sie wich ihm aus. Das merkte er. Das Allein-
sein mit ihm vermied sie. Aber er ließ sie ruhig gewähren.
Ruhig warten, auch seine Zeit mußte kommen, das war sein
Plan.
So kam der Mai. Der ganze Pfarrgarten stand in
Blüthe. Es war ein Duft zum betäuben. Es war eine
Lust zu leben.
Und so kam endlich das, was immer zu kommen Pflegt,
wenn ein junger Mann und ein junges Mädchen in länd-
licher Einsamkeit unter einem Dache nebeneinander leben.
Eines Tages hielt Karl den Zeitpunkt für gekommen.
„Fräulein Emmy", begann er ruhig und einfach, „man
sagt, daß ein kluger Mann, der die Frauen kennt und beob-
achtet hat, sich so leicht keinen Korb holt." ,
Sie wurde purpurroth. Jetzt kam, was sie so lange ge-
fürchtet hatte.
„Nun" fuhr er fort, „ob ich em kluger Mann bin, weiß
ich nicht, aber beobachtet habe ich Sie, und ich glaube wahr-
genommen zu haben, daß-"
„Herr Warburg, ich bitte, sprechen Sie nicht weiter."
„Ja, Fräulein Emmy, doch! ich muß weiter sprechen,
einmal muß es ja gesagt sein: ich liebe Dich Emmy! ich will
Dich zum Weibe haben!"
Nun war es heraus. Nun batte er seinen Arm um ihre
schlanke Gestalt gelegt, sie an sich gezogen, und ihr den ersten
feurigen Kuß gegeben. (Fortsetzung folgt )
 
Annotationen