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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0595

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2 Erscheint tätlich,
sonntags ausgenommen.
Preis
Mit Famtlienblättern
, «monatlich 50 Pf.
mi in's Haus gebracht,
^nrch die Post bezogen
. Ivierteljährl. 1.25
^'^schließlich Zustellgebühr.
^IkVhon-Anschluß Nr/82.

HkidellittSkr ÄitiiW

Insertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzetle oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfs- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

. Gratis-Anschlag
M> der Inserate auf den Plakat-
v tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

Wr. 285.

Diknstiz, de« 8. Decembn

1898.

Bestellungen
Sus die Heidelberger Zeitung für den Monat December
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Ägen-
lfn, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedi-
ücn, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
Spracht; durch die Post bezogen für den Monat December,
^enn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
15 Pfg. weiter.
Politische Umschau.
Heidelberg, 6. Dezember.
. Heute tritt der im Juni d. I. gewählte Reichstag
Berlin zu seiner ersten Tagung zusammen. Seine Zu-
sammensetzung ist nicht wesentlich von dem vorigen ver-
mieden, so wird er hoffentlich wie der vorige dem Schicksal
"fr Auflösung entgehen, so daß die Reichstagswähler für
nächsten fünf Jahre Ruhe haben. Das Centrum nimmt
such in dem neuen Reichstag die ausschlaggebende Stellung
ein dank der blöden Politik, die der Freisinn jahrelang
^trieben hat. Es ist jedoch nicht zu verkennen, daß das
Zentrum unter dem Druck der Verantwortlichkeit erheblich
lahmer geworden ist. Es ist niilitär- und marinefromm
geworden, zwar nicht so, daß ein Rückfall in die frühere
Wildheit ausgeschlossen wäre, aber doch so, daß es der im
Ochsten Jahre bevorstehenden kleinen Heeresverstärkung nicht
^nstlich widerstreben wird. So ist man zu der Annahme
berechtigt, daß die heute beginnende Session einen ruhigen
Zerlauf nehmen wird.
Der Kampf zwischen Militär- und Civilgewalt im
«lalle Picquart wird vielleicht doch noch vermieden
werden. Dem Drängen seiner Vertheidiger nachgebend, hat
Vicquart, der sich anfangs dem Kriegsgericht stellen wollte,
?N den Cassationshof ein Gesuch wegen der Zuständigkeit
girier Richter gerichtet, das sich auf die Artikel 527 und
ä<i6 der Strafproccßordnung stützt. Nach dem letztgenannten
Paragraphen soll dem Cassationshof die Entscheidung über
bi: Zuständigkeit von Richtern in solchen Fällen zustehen,
Wo ein Kriegs- oder Marinegericht einerseits und ein Civil-
gericht anderseits mit der Prüfung derselben Sache oder
ckgzusammenhängender Sachen befaßt werden.. Ferner heißt
in dem Artikel, der Cassationshof soll bei Aburtheilung
eines solchen Zuständigkeitsstreites die Entscheidung über
diejenigen Schritte treffen, die von der richterlichen Behörde,
die die streitige Sache abnimmt, bereits gethau sein sollten.
Augenblicklich ist nun Picquart, wie man weiß, vor zwei
Gerichtsbarkeiten verwiesen. Bevor er der Militärjustiz
ausg^liefert und in das Militürgefängniß von Cherche-Midi
gebracht wurde, saß Picquart im Gefängniß La Sanis
wegen des Processes, der von der bürgerlichen Justiz
Segen ihn und den Anwalt Leblois wegen Verbreitung
von Schriftstücken, die die Landesvertheidigung angehen,
geführt wurde. Picquart wird nun wegen der-
!elben Angelegenheit und außerdem wegen Fälschung
der Rohrpostkarte von der Militärjustiz belangt.
Gs wird also der Kassationshof, nachdem er auf Grund
vdiger Paragraphen angerufen worden ist, zu entscheiden
haben, vor welches Gericht Picquart gestellt werden soll.
Dian muß sich nur wundern, daß dieser Ausweg nicht
schon längst beschritten worden ist. Die Deputaten
ffourniare und Fabre zogen in Folge dieser neuen Wen-
dung ihre Interpellation zurück. Dagegen hat der sozia-
listische Abgeordnete Pascal Grousset eine Interpellation
""gekündigt über die „verbrecherischen Beziehungen ehe-
maliger und jetziger Beamten des Kriegsministeriums zu
einem royalistischen Blatte, welches mittels eines gefälschten

Nur frisch gewagt.
öS) Eine heitere Garnisonaeschichle von Hugo Dinckelberg.
(Schluß.)
, Wenige Minuten darauf schloß derHerrOberstden Rittmeister
"-Rabenau als Sohn in seine Arme und der Graf v. Reuthern
Lsbot mit glückstrahlendem Gesichte unter dem Rute: „Ein
Telegramm! Em Telegramm!" Ruhe und Ausmerkiamkert.
»Hört! Hört! ein Telegramm!" ging es von Mund zu Mund.
"Ion wem mag es sein?" — „Vielleicht vom Kaiser! —
"Telegramm I" fuhr der Major fort, „aus dem Paradiese der
T>ebe. Soeben findet Hierselbst die Verlobung — „Ver-
jüng ?" Alles spitzte die Ohren - „die Verlobung des
«errn Rittmeisters v. Rabenau — „Ah!" - mit der Baro-
Msse v. Stein statt!" — „Hurrah!" ertönte aus hundert kraf-
Mn Kehlen und die Musik spielte eine rauschende Fanfare
Mes drängle sich, dem jungen Brautpaare Glückwünsche dar-
fvdrmgen, selbst die Premierlieutenants v. Bülow und Kessel»
Nm überwanden ihren Kummer. Nur Aurora war in einen
Usel zurückgesunken und saß in ihm starr und bleich. Plotz-
vck sprang sie aber auf, eilte zu dem in der Nähe stehenden
Herrn Kunze und sprach mit fieberhafter Geschwindigkeit:
»Mein lieber Freund! Das Glück meiner besten Freundin bat
wsch weich und nachgiebig gestimmt. Ich weiß, Sie lieben
wagen cs aber nicht um meine Hand anzuhalten. Hier
sie, ich bin die Ihre! Ich will Sie nicht länger quälen."
"cher Auroras verzweifeltes Liebegirren fand keinen Anklang,
,'ü spöttischem Lächeln verbeugte sich der junge Landmann
öhd sprach: „ich weiß nicht, was Sie dazu berechtigt, !o nie-
"Vig von mir zu denken, ich wünsche weder aus Mitleid, noch
M — Verzweiflung peliebt zu werden." Sprach's, wandte
"w um und ging von dannen. Aurora heuchelte eine Ohn-
Aacht und fiel Freund Matze in die Arme. Doch war der
Trubel zu groß, als daß die Ohnmacht allgemeines Aufsehen
Megt hätte. Zudem hatte der Herr Bürgermeister sein
Töchterlein schon von weitem beobachtet, trat jetzt schnell hin-
äu und bat den ob seiner Last nicht gerade sehr erbauten

Briefes zuerst Kaiser Wilhelm, dann die deutsche und die öster-
reichische Botschaft in den Fall Dreyfus hineingezogen".
Die Verhandlung dieser Interpellation könnte recht interes-
sant werden.
Die jüngsten Nachrichten aus Spanien lassen er-
kennen, daß das Land neuen schweren Prüfungen entgegen
geht. Don Carlos, der Thronprätendent, hält seine Zeit
für gekommen. Die Niederlage und das Unglück Spaniens
scheinen ihm die richtige Vorbereitung des Landes für die
Durchführung seines Planes zu sein. Schon sieht sich die
spanische Regierung veranlaßt, Truppen durch einzelne
Theile des Landes streifen und auf Carlistcn und carli-
stische Waffendepots fahnden zu lassen. Im Norden des
Landes sind erhebliche Truppenmengen zusammengezogen,
damit gleich den ersten aufständischen Regungen mit Macht
entgegen getreten werde könne. Man glaubt, daß Don
Carlos gleich nach Unterzeichnung des für Spanien so
ungünstigen spanisch-amerikanischen Friedensvertrags sich
dem spanischen Volk als König anbieten und daß er sein
Angebot durch eine Erhebung seiner Anhänger unterstützen
wird. Sein Sohn, Don Jaine, hat den russischen Militär-
dienst quittirt und sich nach Südfrankreich begeben, von
wo aus die Carlisten in Nordspanien ihre Weisungen er-
halten. Die spanischen Truppen sind durch die unglaublich
ungeschickte Kriegsführung auf Cuba und während des
ganzen verflossenen Krieges stark demoralisirt, so daß man
kein großes Vertrauen auf sie setzen kann. So steht
Spanien allem Anschein nach ein langwieriger Bürgerkrieg
bevor, der das schon sehr geschwächte Land an den Rand
des Verderbens bringen muß.

Deutsches Reich.
— Die Hamb. Nachr. enthalten eine Zuschrift, die die
Angaben der Blätter über das von dem Cottashen Verlage
für Bismarcks Memoiren gezahlte Honorar als
übertrieben bezeichnet und mittheilt, daß kür den Band nur
100 000 stipulirt worden seien und zwar ein für alle
Mal, so daß alle pekuniären Ergebnisse aus Uebersetzungen
und späteren Auflagen ausschließlich dem Verlage Vor-
behalten bleiben.
— Ter Redakteur der für die Schaumburger eintretenden
Lippeschen Tageszeitung Willy Bruder ist vom
Landgericht zu Detmold wegen Bel eidigu ng des Graf-
regenten Ernst zu sechs Wochen Festungshaft verurtheilt
worden. Die Verurtheilung erfolgte, weil die L. Tag.-
Ztg. geschrieben hatte, daß von dem Grafrcgenten durch
das bekannte Schreiben an die Bundesfürsten Partikularismus,
Föderalismus und Mißstimmung unter den Bundesfürsten
genährt würden. Von Interesse waren die Aussagen des
Staatsministers v. Miesitscheck und des Flügeladjutanten
MajorS v. Malachowski.
Minister v. Miesitscheck sagte aus, der Regent habe ge-
wünscht, daß das kaiserliche Telegramm nicht an die Oeffentlichkeit
komme, und ihm, dem Minister, Diskretion auferlegt. Der Minister
fügte auf Befragen hinzu, daß er dem Regenten den Rath ertheilt
habe, die — inzwischen veröffentlichte — Denkschrift an die Bundes-
fürsten zu richten. Die Absendung dieser Denkschrift sei nach
seiner Auffassung eine persönliche, nicht eine Regierungs-
handlung Seiner Erlaucht — dieser Titel wurde während der
Verhandlung durchweg angewandt — da es sich um eine persönliche
Bitte Seiner Erlaucht an die Bundesfürsten handle. Der Regent
kenne weder Memmtnger, noch habe er ihn gesehen oder gesprochen.
Auf welchem Wege das Telegramm des Kaisers in dessen Zeitung
gekommen sei, habe sich nicht feststellen lassen.
Major v. Malachowski: Der Regent habe das kaiserliche
Telegramm in seiner Gegenwart empfangen und gelesen, aber
sofort gesagt, daß davon nichts in die Oeffentlichkeit kommen
dürfte. Ihm, dem Zeugen, sei einmal in Gegenwart seiner Frau
und dem Fräulein v. Jssendorf ein Wort entschlüpft. Die Damen

Matze, ihm be: dem Forlbringen seiner üderwannlen Aurora
behülilich sein zu wollen. Und wenige Minuten darauf war
Aurora glücklich expedirt worden.
Gar tiefen Eindruck halte die Verlobungsanzeige auch auf
Herrn v. Seckendorf und seine kleine Agnes gemacht. „Ach
wäre ich doch auch so weit!" seufzte der junge Adjutant zu
seinem gräflichen Vertrauten. „Den Henker auch," erwiderte
dieser, „der Herr Amtsrath kann Ihnen doch seine Tochter
nicht anbieten, gehen Sie doch zu ihm, machen Sie es doch,
wie der Herr Rittmeister, nur irisch gewagt." Und bald da-
rauf standen denn auch die jungen Liebesleute vor dem höf-
lichst in eine Ecke gebetenen Herrn Amtsrath, erklärten ihm
ihre Liebe und baten um seinen Segen. Und die Antwort
lautete: „Paperlapapp! Ihr Beide — Sie müssen mir das
nicht übel nehmen, Herr v. Seckendorf, aber ich bin gewöhnt, ge-
rade von der Leber wegzusprechen — seid noch viel zu jung,
um schon zu wissen, was Liebe ist. Sie sind zweiundzwanzig
Jahre alt und Du bist erst siebzehn. Daß Ihr Euch gern
habt, glaube ich, seid ganz schmucke Leutchen, aber vom Hei-
rathen dürft Ihr mir nicht sprechen. Solche kleine Nei-
gungen werdet Ihr Beide wohl noch öfters durchmachen, ehe
Ihr das richtige findet, und eS wäre bei Eurem Alter eine
unverzeihliche Sünde, wenn ich Euch jetzt schon aneinander
fesseln wollte. Nichts für ungut, Herr Lieutenant, ick habe
Sie gern, und wenn Sie mich in Zukunft öfters besuchen
wollen, ist es mir recht, mein Weinkeller ist gut, aber meine
Agnes schlagen Sie sich aus dem Sinne, sie wird zudem
morgen eine gröbere Reise zu meiner Schwester in München
antretcn." — „Aber, Herr Amtsrath!" stotterte der Offizier,
und „Papacken!" schluchzte Agnes. Aber der alte Herr ließ
sich nicht erweichen, er nahm seine Tochter unter den Arm
und führte sie ebenfalls vom Balle fort.-
Am anderen Nachmittage saß Herr v. Seckendorf einsam
und verlassen in dem Versammlungslocale von Matze und
kritzelte mit dem Messer nachstehenden Vers an seinem
Stammplatze in die Tischplatte:
„Wer wagt, gewinnt!" das Sprüchwort sagt.
„Nur frisch gewagt!" hat „Er" gesagt.

seien bereit, eidlich zu bekunden, daß sie von dem Gehörten Nie-
mandem etwas mitgetheilt haben.
Die Verhandlung hat also gar keine Klarheit darüber
gebracht, wie das Telegramm des Kaisers an den Graf-
regenten Ernst in die Oeffentlichkeit gekommen ist.
Baden. ES hat in weiten Kreisen ein gewisses Be-
fremden erregt, daß die neu errichtete fünfte Direction bei
der Generaldirection der Staatseisenbahnen
dem Generaldirector selbst übertragen wurde. Das hat
seinen Grund indessen wohl einfach darin, daß diese fünfte
Direction, die sog. Verwaltungsdirection, noch nicht budget-
mäßig ausgestattet ist.
Karlsruhe, 5. Dec. Das Palais S. G. H. des
Prinzen Max ist auf 1. Dec. vom Vorbesitzer über-
geben worden. Die baulichen und dekorativen Veränderun-
gen im Innern, welche der Prinz angeordnet hat, dürften
wohl bald in Angriff genommen werden. Die Hochzeit
des Prinzen wird nach der Landesztg. im August nächsten
Jahres am Hof von St. Petersburg stattfinden und in
demselben Monat auch der Einzug des hohen Paares
in die badische Residenz.
Badischer Landtag. Karls ru h e, 5. December. Die
Zweite Kammer trat heute Abend 6 Uhr zu einer Vor-
besprechung zusammen. Der Präsident gab eine
Schilderung der bisherigen parlamentarischen Vorgänge und
über die Einberufung der Kommission. Auf Vorschlag deS
Präsidenten, unter Anerkennung sämmtlicher Parteien des
Hauses, wurde beschlossen, die Verfassungsfrage über die
Einberufung der Kommissionen ohne vorherige Emberufung
der Kammer erst auf dem Landtag zu Beginn des nächsten
Jahres zur Debatte zu stellen. Abg. Wacker dankte dem
Präsidenten für die Art und Weise, in der er die Rechte der
Kammer in Schutz genommen habe. Auf diese Weise würde
morgen die um 9 Uhr beginnende Verhandlung sich lediglich
mit der Prüfung der Neuwahlen und der Ergänzung der
Kommission beschäftigen, worauf der Landtag wieder in
die Ferien geht.__
Aus der Karlsruher Zeitung
— Hof-Ansage. Wegen Ablebens Ihrer König!. Hoheit
der Prinzessin Hermann von Sachsen-Weimar-Eisenacb, Auguste,
geb. Prinzessin von Württemberg, legt der Großh. Hof von heute
au die Trauer auf zehn Tage bis zum 14. Dezember einschließ-
lich nach der vierten Stufe der Trauerordnung an. Karlsruhe,
den 5. Dezember 1898. Großh. Oberstkammerherren-Amt. Frhr.
von Gemmingen.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirec tion der Staats-
eisenbahnen wurde Expeditions-Assistent Ludwig Göpper in
Hornberg nach Kehl versetzt.
— Die genealogischen Studien und F or sch ungen
die von jeher im Großherzogthum Baden mit Eifer und Ver-
ständniß gepflegt wurden, haben in neuester Zeit, wesentlich auch
durch das Lehrbuch der gejammten wissenschaftlichen Genealogie
von Professor Dr. Ottokar Lorenz, neue und nach vielen Seiten
hin anregend wirkende Impulse erhalten. Das Streben, diesen Stu-
dien auch in unserem Lande nocb mehr als bisher die thunlichste För-
derung zuzuwenden, hat bei Seiner König!. Hoheit dem Großherzog
und der Großherzoglichen Staatsregierung lebhafte Theilnahme
gefunden und es ist infolge dessen, zunächst versuchsweise, dem Groß-
herzoglichen Generallandesarchio ein wissenschaftlich gebildeter
Hilfsarbeiter für systematische genealogische Forschungen in der
Person des Archivaspiranten Otto Roller zugewiesen worden.
Karlsruhe, 5. Dec. Am Sonntag früh fand in
der Schloßkapelle in Baden-Baden ein Hausgottesdienst
statt, welchen der Oberhofprcdiger v. Helbing abhielt.
Abends brachte der Gesangverein Hohenbaden in der
Empfangshalle des Schlosses ein Gesangsständchen dar zu
Ehren des Geburtstages der Großherzogin. Es wurde
eine Reihe deutscher Lieder in vorzüglicher Ausführung vor-
getragen und der Vereinsvorstand hielt eine Beglück-
wünschungsansprache. Die Großherzogin sprach ihren
warmen Dank für die ihr gebrachte Aufmerksamkeit aus

Ick baute drauf, hab srisck gewagt
Und gleich beim Papa angesragt,
Dock ließ das Sprüchwort mich im Stich,
Scheint nicht geschaffen auch für mich.
Drum sei als treulos angeklagt
Der Spruch: Gewinnen wird, wer wagt!
Und nicht für Jeden ser's gesagt:
„Nur frisch gewagt! Nur frisch gewagt!"

Herr und Frau v. Rabenau sind ein musterhaftes Ehepaar
geworden, bei ihrem ersten Prinzen stand der Graf v. Reu-
thern als Taufpathe. Agnes Freitag wurde die glückliche
Frau eines rheinischen Grundbesitzers, der sie oft neckt ob
ihrer ersten Jugendliebe. Deren Gegenstand, Herr v. Secken-
dorf, ist Junggeselle geblieben, aber nicht aus vergrämtem
Herzen, sondern nur, weil es mit den Heirathspartien nie so
recht passen wollte. Er brauchte ein reiches Mädel, aber
diese wollten ihn nicht, oder er verstand es nickt, ein häßliches
Gesicht oder Gemüth durch einen großen Geldbeutel ver-
edelt zu sehen. So erfreute er fick seiner Freiheit, ist ein
sattel- und trunkfester alter Kavallerist geworden und Ehren-
mitglied der Gesellschaft „Matze". Aurora Feuerstahl blieb
auch ledig, aber sie sucht noch immer nach einem Manne,
und wer hier das Wort: „Nur frisch gewagt!" anwenden
wollte, dem könnte reichster Erfolg zugesichert werden!
Ende!

Stadttheater.
O Heidelberg, 5. December.
„Im Fegefeue r", Schwank in 3 Akten von Ernst Gettke
und Alexander Engel. Wenn das Liebespaar auf der Bühne
seine Hände zur Verlobung ineinanderlegt, so ist das gewöhnlich
das Signal, daß man seinen Sitz aufklappt und sich mit Mannes»
muth in den Kampf um seine Garderobestücke stürzt. Diesmal
aber trat dieses- bellum omnium contra omrrsv, das in unserem
Thcaterbau zuweilen die heftigsten Formen anzunehmen pflegt,
weit später ein; das Stück sing sogar mit dem Ende des ersten
 
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