Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 255 - 280 (1. November 1898 - 30. November 1898)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0549

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 5V Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
^Vierteljahr!. 1.25
«rsschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 8S.

WÄcM AitW

Insertionsgebuhr
15 Pf. f-r die Ispaltige
Pctitzerle oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfs- und
Privatanzeigen bedeutend
ermätzigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

Donnklsilks, des 24. November

Xr. 275.

1888.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für den Monat December
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agen-
ten, vei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedi-
tion, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für den Monat December,
wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
15 Pfg. weiter.
Neu eintretenden Abonnenten liefern wir das Blatt
auf Wunsch bis Ende dieses Monats gratis.
BSochenchronii'.
(Vom 13. bis zum 19. November.)
Nov. 14.: In der Lippe' scheu Angelegenheit wird
von einem Wiener Blatt die Eingabe des Graf-
regenten an den Bundesrath veröffentlicht. Dieselbe
enthält auch die ursprüngliche Eingabe des Grafen an
den Kaiser und des letzteren kurze Erwiderung.
„ 1b.: In N o rd s ch l es wi g sind eine Anzahl dänischer
Agitatoren ausgewiesen worden.
„ 15.: Der Pariser Kassationshof beschließt, daß Dreh fus
von der Revision seines Prozesses in Kenntniß gesetzt
wird.
„ 15.: Der badische Centrumsführer Pfarrer Wacker wird
wegen Beleidigung des Präsidiums des Militärvereins-
verbandes zu einer Geldstrafe von 100 verurthcilt.
„ 16.: Der englische Minister Chamberlain spricht in
einer Rede in Manchester davon, daß die Beziehungen
Englands zu Deutschland und zu Amerika herzlicher
geworden seien.
„ 17.: Die spanisch-amerikanischen Friedens-
verhandlungen nehmen einen schleppenden Ver-
lauf. Amerika beansprucht die gesammten Philippinen
unv eine der Karolineniuseln. Für die Philippinen will
Amerika 20 Millionen Dollar, d. i. die Hälfte der
Schulden der Philippinen, zahlen.
„ 18.: Im Anschluß an die Rede Chamberlains wünscht die
Times für England die mannhafte Freundschaft
Deutschlands.

Politische Umschau.
Heidelberg, 24. November.
Der Standard bemerkt zur Rückkehr des deutschen
Kaisers: „Die Welt ist nicht stille gestanden, seit der
Kaiser sich nach dem Osten begab. Die Dinge haben sich
schnell entwickelt und eine der bezeichnendsten Seiten der
Lage ist, daß der englisch-französische Streit über das Nil-
Thal die Annäherung zwischen Deutschland und England
M beschleunigen scheint. Der Kaiser kann sich dazu be-
glückwünschen, daß er sich in einer Stellung befindet, wie
der verstorbene Zar. Die mächtigsten Nationen wetteifern,
um seine Freundschaft zu erlangen. Während England
durch den Mund verantwortlicher Minister zur Verständi-
gung und zu einem engeren Zusammenwirken räth, be-
mühen sich die Franzosen, sich für das Mißverstehen
der britischen Gefühle und Politik durch eine Entfaltung
der Freundschaft zu Deutschland zu trösten, wie
sie seit Jahren nicht bekannt gewesen ist." — Auch von
anderer Seite wird bestätigt, daß die Stimmung Frank-
reichs gegen Deutschland augenblicklich gar nicht so übel
iei. Der deutsche Kaiser ist den Franzosen eine sehr in-
teressante Persönlichkeit, die Zustände in Deutschland begegnen
w Frankreich allmählich einer weniger falschen Beurtheilung,
zumal, da man dort jetzt viel Deutsch lernt. Auch wirkt doch
allmählich die Thatsache, daß Deutschland Frankreich
gegenüber sich seit dem Kriege stets gleichmäßig korrekt
Und entgegenkommend benommen hat. Mit England da-
gegen hat Frankreich allerlei Händel gehabt und hat solche
deute noch, die schwer bezahlte russische Allianz hat bisher
den Erwartungen nicht entsprochen. So ist es ganz

Nur frisch gewagt.
44 s Eine heitere Garnisongeschichte von Hugo Dinckelberg.
(Fortsetzung.)
„Warte," dachte Franziska bei sich, „Dich will ich strafen!"
und dabei schaute sie flüchtig zu Herrn v. Rabenau hinüber.
»Es scheint," sprach sie dann laut, „die Herrschaften kennen
sich noch nicht einmal?" — Mit diesen Worten war Auroras
Zunge gelöst worden; denn es klang ihr wie ein Verrath an
>hrer heiligen Liebe, daß sie den Herrn Rittmeister noch nicht
«nnen solle. „O doch!" erwiderte sie darauf schnell. Herr
U- Rabenau schaute darob ganz verwundert darein und sprach:
»In diesem Falle muß ich um Verzeihung bitten, daß ich so
pergeßlich bin und infolge dessen so unaufmerksam war, aber
'ch muß wirklich gestehen, daß ich sollte — — ? , — „>za,
Derr Rittmeister," fiel die Baronesse dem Sprecher ins Wort,
uls er bei den letzten Worten zögerte, „!o genau Mussen Sie
das auch nicht nehmen. Ein Mann, wie Sie find, ist überall
dekannt, und welch' junges Mädchen schaut — ich denke, ge-
rade Sie sind davon am festesten überzeugt — nicht einmal
Darnach aus, wenn unser schmuckes Regiment durch die Stra-
zieht?" Herr v. Rabenau verneigte fich lächelnd vor
dieser neuen spöttischen Anspielung, erwiderte aber nichts da-
*uuf. „Also," fuhr in neckisch übermüthiger Weile der Re-
ginientskobold fort, indem er mit einer leichten Verbeugung
Lst Vorstellung vornahm, „Herr Rittmeister v. Rabenau —
»räulein Aurora Feuerstahl!"
... Der junge Officier war von dieser Vorstellung sichtlich
Überrascht, er schien einen anderen, oder, wenn er sich über-
MUPt die Mühe gegeben hatte, darnach zu rathen, doch diesen
K"Men nicht erwartet zu haben. Andererseits schien ihm die
Innung dieses Namens, die Thatsache, daß er sich in Wahr-
st dem hohen Bürgermeisterstöchterlein gegenüber befand,
Mr welches sich in seiner Gegenwart schon oft die Herren
Kameraden und die Herren der Gesellschaft Matze lustig ge-
macht hatten, außerordentlich viel Spaß zu bereiten, in sei-
nem Gesichte zuckte es wenigstens hin und her, als müsse er

natürlich, daß Deutschlands Name heute in Frankreich
nicht mehr so abstoßend wirkt, wie noch vor zehn und
fünf Jahren. Allein man täusche sich nicht: Dies Alles
berührt nur die Oberfläche. Im Innern des französischen
Volkes schlummert das Revanchegefühl. Es schlummert
nur, wird es einmal erweckt, dann bricht es mit Macht
durch und wirft die sich oberflächlich anbahnende Freund-
schaft über den Haufen.
Seit dem 1. März 1888 bestand zwischen Frank-
reich und Italien kein Handelsvertrag mehr, da der
Ende Februar 1888 abgclaufene nicht erneuert, noch ver-
längert worden war. Erbitterung über Italiens Anschluß
an Deutschland und Oesterreich-Ungarn, Zerwürfnisse betr.
Tunis, das Aufsichtsrecht über die italienischen Schulen in
Tripolis, die Kapitulationen in Massauah und andere An-
gelegenheiten hatten Frankreich dazu bewogen, Italien den
Zollkrieg aufzuzwingen, den dieses mit anerkcnnenswerther
Zähigkeit durchgefochten hat. Die französische Berechnung,
Jtali-m werde durch die Unterbindung seines wirthschaft-
lichen Verkehrs mit Frankreich binnen kurzem ausgehungert
werden und sich gezwungen sehen, seine ganze Politik nach
den Wünschen und Interessen Frankreichs einzurichten, ist
zu Schanden geworden. Bald stellte sich heraus, daß die
wirthschaftliche Entzweiung Frankreich ebenso schwer schädige,
wie Italien, und als dessen Widerstandsfähigkeit durch die
Handelsverträge mit Deutschland, Oesterreich-Ungarn und
der Schweiz noch verstärkt wurde, war es klar, daß die
Hoffnung aus eine Kapitulation Italiens vor Frankreich
unerfüllt bleiben werde. Seitdem wurden zu wiederholten
Malen Versuche gemacht, die zerrissenen Fäden wieder
anzuknüpfen. Schon unter dem letzten Kabinet Rudini
waren die Verhandlungen, die in aller Stille
geführt wurden, bis beinahe zum Abschluß gekommen.
Vor einigen Wochen ging dann der frühere italienische
Schatzminister Luzatti nach Paris und führte die Ver-
handlungen zu Ende. Am 21. d. M. wurden sie mit der
Unterzeichnung eines Handelsvertrags besiegelt. Die ganze
Verhandlung wurde so geheim geführt, daß alle Welt von
dem Abschluß des Vertrags überrascht worden ist.
Während des Zollkrieges hat der deutsche Handel in
Italien erhebliche Fortschritte gemacht. Es wird seine
Aufgabe sein, sich der nun jedenfalls mit aller Energie
auftretenden französischen Konkurrenz gegenüber zu be-
haupten. Die Zollermäßigungen, die Frankreich durch den
Vertrag zugestanden sind, kommen auch Deutschland zu
gut, so daß also eine Bevorzugung Frankreichs nicht ein-
tritt. Ju Italien hofft man auf eine erhebliche Ausfuhr
nach Frankreich, besonders auch iu Wein. Dadurch wird
zweifellos in Italien die wirthschaftliche Kaufkraft gesteigert
werden und diese Steigerung wird auch für die Ver-
mehrung des Absatzes deutscher Maaren nach Italien
günstige Folgen haben. Der Abschluß des italienisch-
französischen Handelsabkommens stellt daher eine Ergänzung
des deutsch-italienischen Handesvertrages dar, die die ge-
diegene und vorwartsftrebende deutsche Handelswelt nur
willkommen heißen kann.

Deutsches Reich
— Tas Kaiser paar ist an Bord der „Hohen-
zollern", begleitet von der „Hela", Mittwoch früh 7^ Uhr
in Pola eingetroffen und von der österreichischen Kriegs-
marine in Flaggenparade mit Salutschüssen empfangen
worden. Sogleich nach Ankunft des deutschen Kaiserpaares
begaben sich der Erzherzog Karl Stefan mit Gemahlin,
der Marinecommandant, Viceadmiral Freiherr v. Spann,
sowie Statthalter Graf Goeß zur Begrüßung der Maje-
mit allen Kräften dagegen antämpsen, daß er der hochwohl-
löblicheu Stadttochter nicht offen in's Gesicht hineinlachte.
Und wer dies in den Zügen des Officiers las, hatte sich nicht
geirrt. „Wahrhaftig," — so waren seine Gedanken, als er
sich vor Fräulein Aurora Feuerstahl verbeugte —, „das ist
ja eine verwünscht komische Erscheinung, welche die Schilde-
rung fast noch übertrifft, die mir gemacht wurde." Und Au-
rora knixte und knixte noch einmal und schaute mit verschämt
unverschämtem Lächeln zu dem Herrn Rittmeister hinauf, in-
dem sie bald die Augen niederschlug, bald wieder mit ver-
ständnißinnigem süßen Liebesblicke hob. Herr v. Rabenau
hatte Gleiches noch nicht gesehen, der Anblick machte auf ihn
einen widerwärtigen Eindruck, er wandte sich zur Baronesse
und fragte: „Gehen wir weiter?" „Gewiß," erwiderte diese,
„aber Sie müssen mir nicht zürnen, wenn ich ein paar noth-
wendige Worte mit dem Herrn Grafen v. Reuthern spreche,
welcher soeben zurückkommt. Fräulein Feuerstabl ist unter-
dessen wohl so liebenswürdig, Ihren Arm zu nehmen!" Und
mit diesen Worten eilte Franziska dem Grafen entgegen,
nahm dessen Arm und vertiefte sich mit ihm in ein anschei-
nend sehr wichtiges Gespräch- Herr v. Rabenau, im ersten
Augenblicke empört über die Zumuthung mit einer so lächer-
lichen Person durch den Saal zu gehen, faßte sich schnell,
unter keinen Umständen wollte er der Baronesse die Freude
gönnen, daß er sich über den ihm gespielten Streich ärgere,
er zwang sich daher, freundlich zu sein, schritt artig auf
Fräulein Feuerstahl zu und bot ihr den Arm. Sie flog heran
wie ein leichte- Stück Metall an einen kräftigen Magnet,
dann warf sie den Kopf zurück, zog das an und für sich schon
kleine Stumpfnäschen noch mehr zusammen und warf einen
triumphirenden Blick auf ihre nächste Umgebung. In dieser
hieß es: „Nun Hai sie ihn doch!" - „Schwerlich aber lange!"
„Widerwärtiger Anblickl" — „Hochmuth kömmt vor dem
Fall!" — Den passendsten Vergleich, wenn auch gar derb ge-
halten, zog ein junger Gutsinspector mit dem neuen Paare,
indem er zu seinem Nachbar sagte: „Weißt Du, Freund,
als der schöne Rittmeister mit der Tochter des Obersten ging,
das war ein so edles Gespann, daß mir ordentlich das Herz

stäten an Bord der „Hohenzollern". Die Majestäten setzten
ihre Reise mittelst Sonderzuges über Laibach, Villach und
den Brenner alsbald fort.
— Im Zusammenhänge mit den Neugestaltungen
auf dem Gebiete unseres HeereswesenS steht, wie aus
Frankfurt a. M. geschrieben wird, auch die THeilung
des XI. Armeekorps, das jetzt drei Divisionen zählt.
Das neue Armeekorps soll die 21. und 25. (großherzog-
lich hessische) Dinision umfassen, und der Sitz des General-
kommandos wird nach den neuesten Mittheilungen nicht
Darmstadt oder Mainz, sondern Frankfurt a. M. wer-
den, wo schon bereits der Sitz der 21. Division ist.
Gleichzeitig verlautet, daß das Husarenregiment König
Humbert von Italien (1. hessisches) Nr. 13, von dem bis-
her drei Schwadronen in Frankfurt-Bockenheim und zwei
in Mainz liegen, aus taktischen Gründen in Mainz ver-
einigt werden soll. Die Bockenheimer Husarenkaserne würde
dann mit einer Abtheilung Feldartillerie belegt werden.
Baden. Bei der jüngst verflossenen Tagung der israe-
litischen Landes synode wurden auch, wie die Karlsr.
Ztg. erfährt, die wirthschaftlichen u. sozialenVer-
hältnisse der Israeliten in den Kreis einer nicht-
amtlichen Besprechung gezogen. Dabei wurde von den
meisten Rednern anerkannt, daß ein nicht geringer Lheil
der israelitischen Bevölkerung sich in einem bemerken s-
werthen wirthschaftlichen Rückgänge befinde und daß,
namentlich auf dem Lande, wenn auch in verschiedener
Stärke, durch den Niedergang des immer entbehrlicher
werdenden Zwischenhandels die Verhältnisse der Israeliten
sich erheblich verschlechtert hätten. Der Gewinn, welchen
demgegenüber Einzelne im Wege der Ausnützung der gro ß-
kapitalistischen Richtung unseres Wirthschaftslebens erzielten,
könne die Gesammtheit in keiner Weise entschädigen. Viel-
mehr leiden, wie unter Zustimmung der Versammlung aus-
geführt wurde, die jüdischen Geschäftsleute, die in ihrer
großen Mehrzahl nur mit beschränkten Mitteln arbeiten
können, nicht nur in gleicher Weise, wie die christlichen,
unter der erdrückenden Konkurrenz der großkapitalistischen
Betriebe, sondern überdies noch unter der Verallgemeinerun g
der gegen jene, soweit sie in jüdischen Händen sind, mit
Recht oder Unrecht erhobenen Vorwürfe. Bei dieser Sach-
lage wurde, im Anschluß an die in Baden bereits seit
mehr als einem Jahrzehnt wirksamen Vereinsbestrebungen
zur Förderung des Handwerks und der technischen Berufs -
arten unter den Israeliten, für nöthig erachtet, noch
energischer, als bisher, die Ueberführung der israelitischen
Jugend vom Kleinhandel zu produktiven Berufsarten zu
betreiben. Die Errichtung von Lehrlingsheimen, Acker-
und Gartenbauschulen soll, in Verbindung mit den von
den israelitischen Waisenvereinen geplanten Anstalten, zu-
nächst in's Auge gefaßt werden. Zur Vorbereitung der
Ausführung wurde eine mehrgliederige Kommission bestellt.
Karlsruhe, 23. Nov. Wie die Bad. Korresp. aus
betheiligten Kreisen erfährt, erregt es ein peinliches
Aufsehen, daß die gestrigen Beschlüsse der Justiz- und der
Dotationskommission an die Oeffentlichkeit gekommen sind.
Den einzelnen Mitgliedern war unverbrüchliches
Stillschweigen anferlegt, bis eine Antwort
des Ministeriums vorliege. Die vorzeitige Ver-
öffentlichung könnte daher den Eindruck machen, als wollten
die Kommissionen die öffentliche Meinung für ihre An-
schauung und gegen die Regierung beeinflussen. Wenn
auch mit Recht betont werden könne, daß hier keine ab-
sichtlich lancirte Veröffentlichung vorliegt, so bleibe
es doch immerhin bedauerlich, daß nach den bindenden
Abmachungen die Kommission nicht luftdicht genug gewesen

aufaing vor Freuden über einen solchen Anblick, jetzt kömmt
es mir vor, als sei ein Vollblut-Araber mit einer Ziege zu-
sammengespannt."
Zuerst wurde zwischen Aurora und Herrn v. Rabenau nur
ein sehr gleichgültiges ünb allgemeines Gespräch geführt,
Fräulein Feuersiahl lobte in überschwenglichen Worten die
Herrichtung und Ausstattung des Saales, der Officier sprach
das alleinige Verdienst dem Herrn Grafen v. Reuthern zu
und bedauerte sehr, daß der commandirende General schon
sobald wieder habe abreisen müssen und somit die originelle
Idee des Grafen nicht mehr habe bewundern können. Nach
einer kleinen Pause fragte dann Aurora: „In Ihrer früheren
Garnison, Herr Rittmeister, steht jetzt wohl auch der Herr
Major v. Kummer?" — „Ja, gnädigstes Fräulein," lautete die
Antwort, „kennen Sie dielen Officier?" — „Ob ich ihn kenne,
er stand bei dem hiesigen Regiments mehrere Jahre und ich
verkehrte in dieser Zeit viel mit seiner Gemahlin. Mich
wundert," fuhr Aurora prüfend fort, „daß Ihnen Frau von
Kummer keinen Gruß an mich aufgetrngen hat?" — „Meine
Abreise erfolgte sehr plötzlich," erwiderte Herr v. Rabenau,
„und da wird vielleicht Frau v. Kummer bei meinem sehr
kurzen Abschiedsbesuche nicht daran gedacht haben!" — „Also
wirklich keinen Gruß," fragte Aurora erschreckt, „Sie haben
mir keinen Gruß zu bestellen?" Die Beantwortung dieser
Frage wurde dadurch abgeschnittsn, daß das Paar an die
Estrade herangekommen war, auf welcher der Herr Oberst,
die Frau Gräfin v. Reuthern, die Baronesse v. Stein und
andere Damen und Herren bereits Platz genommen hatten,
und der Herr Major v. Reuthern dem Paar entgegentrat
und Fräulein Aurora mit einigen scherzenden Worten be-
grüßte. Herr v. Rabenau glaubte seiner Pflicht genügt zu
haben, verbeugte sich, trat zurück und wandte sich wieder zur
Baronesse.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen