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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0101

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Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
« , monatlich 50 Pf.
icei tn's HauS gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl. 1.25 x.
^schließlich Zustellgebühr.
Eelevhon-Anschluß Nr. 82.

HOelbeiisn Zcitiiii«

Jusn:tl0Nsgebühr
15 Pf. für di- Ispaltige
Vetitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- :nd
Privatanzeigcn bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

«r. 172.

Mittwoch, de« 27. Juli

1898.

Bestellungen
M die Heidelberger Zeitung für die Monate August und
September -verden bei allen Postanstalten, den Briefträgern,
^ll Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Spedition, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nnr 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für die Monate August
Und September, wenn am Schalter abgeholt, 84 Psg.,
°>'t Zustellgebühr Mk. 1.14.
Neu eintrctenden Abonnenten liefern wir das Blatt
"uf Wunsch bis Ende dieses Monats gratis.
Unlauterer Wettbewerb.
. Die Monatsschrift für Handel, Industrie und Schifffahrt für
Regierungsbezirk Magdeburg bringt in ihrer Juli-Stummer
Mer obiger Ueberschrift einige aus ergangenen Erkenntnissen zu-
Mrnengestellke Mittheilungen über die Handhabung des Gesetzes
Mr den unlauteren Wettbewerb, die wir nachstehend im Wort-
ei folgen lassen:
»Aus der ersten Münchener Firma stammend" ist eine Be-
Vchnung, die, in öffentlichen Ankündigungen den angcbotencn
Maren beigefügt, sehr wohl den Anschein eines besonders günstigen
Aebots zu verleihen geeignet ist. Trifft daher die Angabe
Mi zu, zählt die Münchener Firma, von der die Maaren hcr-
Men, nicht zu den ersten ihrer Branche an jenem Ort, so ist
M Ankündigung nach dem Urtheil des Landgerichts München
Kammer für Handelssachen als eine im Sinne des 8 1
Gesetzes unzulässige Ausschreitung im Reklamewesen zu
Achten.
,, Die Ankündigung von Maaren mit der Bemerkung, dieselben
Mn bei einem Brande durch Wasser geschädigt worden und da-
zu herabgesetzten Preisen zu haben, verstößt gegen Z 1 des
Ii,Mtzes. wenn die Maaren den bezeichneten Schaden nicht er-
Men haben und auch eine Preisherabsetzung nicht stattgefunden
mn Aber auch, wenn beides der Fall war, so ist diese Angabe
M einzustellen, sobald jene Vorräthc ausverkauft sind. (Urtheil
^Landgerichts in Essen.)
d In dem Ausbieten gewisser Maaren unter dem Einkaufspreise,
M bekannten Manöver zur Heranziehung von Kunden erkannte
Schöffengericht zu Freiburg einen Verstoß gegen das Un-
"Uterkeilsgesetz und verurtheilte den Beklagten.
Lat. - öffentliche Ankündigung „nur ein Preis" verpflichtet den
2,,chnmhaber für alle Maaren nur einen Preis zu nehmen.
uÄ > üe sind unstatthaft. Das Zuwiderhandcln hatte die Ber-
"Uung Folge (Nürnberger Schöffengericht).
Mer Medaillen auf Briefen, Karten, Preiskuranten führt,
»8 den Charakter derselben genau bezeichnen, um nicht Täuschung
erregen. — „Zu Fabrikpreisen" verkaufen, heißt, nach Gut-
d.MLvon Handelskammern, denjenigen Preis zahlen, welchen
. Wiederverkäufe,: der Fabrik zahlt. — Die Maaren müssen zu
lan» 'M Schaufenster verzeichneten Preisen und zwar auf Ver-
k»,,M der Kunden in jeder nachweislich vorhandenen Menge Ver-
ist werden (Schöffengericht Berlin).
»Großer Umsatz — kleiner Nutzen", diese Anpreisungen dürfen
Mv.on demjenigen gebraucht werden, der für beide Behauptungen
tz.stwem Geschäft die Beweise beibringen kann. — Die „wegen
Micheidung, wegen znrückgegangener Verlobung, plötzlicher Ab-
TmrM" veranstalteten Möbelverkäufc erregen immer die
ji, Mung einer besonders günstigen Kaufgelegenheit, während
vielfach nur ein Mittel sind, minderwerthige Maaren zu ver-
ir,M- Im Falle einer Anzeige muß in jedem Falle das Zu-
h (.ende des Lockmittels von L-eiten des Verkäufers nachgewiesen
ben>,!!' — Die Beweislast für den behaupteten unlauteren Wett-
trifft immer den Kläger im vollsten Umfange; es ist nicht
tz.M des Beklagten, darzuthun, daß seine angeblich falschen
iAuplungen auf Wahrheit beruhen (Landgericht Aachen.'.
°tt der annoncirteu Herrenschnürschuhe und Herrenkips.
Sea-k """ 2'50 bis 3,90 M. wurden Damenschuhe von Roßleder
Es ° die zwar paßten, aber nicht dem Inserat entsprachen.
Uni/MÜte in der Berufungsinstanz Verurtheilung zu 100 Mk.
den Kosten (Landgericht Burg).
UjMffchten auf Geschäftspapieren von eigenen Fabriken und
lichp» m müssen, da sie als Reklame dienen, auch den thatsäch-
itelli, Ehältnissen entsprechen und dürfen keine irrige Vor-
erwecken. — Werden bei Auslagen und Anpreisungen
Ia„M?aren mit Preisen bezeichnet, so sind letztere als für die
Mim glichen Maße geltend anzusehen. Andernfalls müssen ge-
hin-, Abweichungen von Seiten der Verkäufer zu den Preisen
tz^211f,tzt werden (Landgericht Breslau)._

Sklaverei der Schönheit.
Novelle von M. Jmmisch.
. (Fortsetzung.)
Gott, mein Gott, verlaß mich nicht! ' stöhnte sie
sich öuternden Lippen. Wieder suchte und tastete sie. End-
Dtevn b ffe die Klinke; ein paar Schritte rechts war die
kill n ' mit wankenden Knieen ging sie hinunter. Noch
WmMr Schritte, hier mußte die Hausthür sein; ja, hier
die cAft Drücker. Sie zerrte und riß daran; vergebens,
ders-m öffnete sich nicht, das Mädchen hatte sie
Mioffen.
ver^'^' verzweifelt stand die arme Frau davor. Lebendig
dnftMneu! Allmächtiger, nur dies nicht! Wie ein Krampf
eim^Auttelte es ihren Körper, ihr Hirn zermarterte sich, um
die zu finden. Eine kleine Strecke entfernt mußte
schütz- rlhür sein, dort war sie vor dem Schlimmsten ge-
ffe ritz' Sie suchte und suchte. Richtig, der Schlüssel steckte,
M ä,- Dhür auf, sie stolperte über die niedere Schwelle
Ltiik m>t einem schwachen Schrei stürzte sie kopfüber die
Mn.hinunter.
Dell?» k und, unaufhaltsam leckten die Flammen weiter, an
f^ussN. und Gardinen willkommene Nahrung findend, zum
ziimA hinaus schlug ein- breite Lobe, und am Dach empor
Ug>;^n klAne, gelbe Flammen, dann und wann von einer
Der"e umgeben. Im Park wurde man aufmerksam.
Md lautliche Festplatz lag eine ziemliche Strecke entfernt,
Belei,^5 erMn rothen Schein hatte man für einen neuen
Achtungseffekt gehalten.
Ttllun- Schauplatz veränderte sich rasch. Ausrufe des
M und Entsetzens verdrängten die Heiterkeit. Wie
z>G^warm aufgescheuchter Tauben drängten die Damen
die K' d'e fröhlichen Weisen der Musik verstummten und
Lbert. '"anten verwandelten sich auf das Kommando des
Mx Mn rasch zur Rettungsmannschaft. Auch in der Fabrik
^vritz» Feuer bemerkt worden. Die Wache kam mit
>sen und Leitern herbei und die gellenden Signale der

Mit dem Zusatz „fehlerfrei" wurden billige Maaren angeboten.
Auf Grund einer Prüfung dieser Maaren wurde der Geschäfts-
inhaber von der Konkurrenz verklagt und verurtheilt, die Bezeich-
nung der Maaren als „fehlerfrei" künftig zu unterlassen.

Deutsches Reich.
Berlin, 26. Juli.
— Von Mo, 26. Juli, wird gemeldet: Der Kaiser
ließ sich gestern Vormittag von den Vertretern der Ka-
binette Vorträge halten.
— Der Kreuzer Deutschland mit dem Prinzen
Heinrich an Bord ist am 25. Juli von Tsiutanfort nach
Fusan in See gegangen.
— Die Nordd. Allg. Ztg. meldet aus Haika am
Südufer der Bucht von Akka, daß dort am 23. d. Mts.
in Gegenwart des Specialgesandtcn des Sultans, der Ci-
vil- und Militärbehörden und der dort anwesenden con-
sularischen Vertreter die Grundsteinlegung zu dem Lan-
dungspfeiler für Kaiser Wilhelm stattfand.
— Der Fürst von Bulgarien mit Gemahlin
und dem Prinzen Boris ist gestern Abend hier eingetroffen
und im Hotel Bristol abgestiegen.
— Wie im Reiche 1896/97 nicht weniger als 50
Millionen Mark zur Schuldentilgung verfügbar waren, so
hat auch das am 31. März d. I. ab gelaufene Rech-
nungsjahr die Bereitstellung einer Summe von 37 Vz
Millionen zur Tilgung der Rcichsschuld möglich
gemacht. Daß der zu diesem Ende verfügbare Betrag die
Schuldentilgung des Vorjahres nicht ganz erreicht, hat
vornehmlich seinen Grund in dem durch die starke Minder-
einfuhr von Getreide bedingten Ausfall an den Getreide-
zöllen, welcher den Unterschied der beiden zur Schulden-
tilgung verfügbaren Summen um mehr als das Doppelte
übersteigt.
— Königlich preußischer Gerichts-Assessor ist der Sohn
des „Obergenossen" Liebknecht jetzt geworden. Das
sieht nicht danach aus, als ob Herr Liebknecht an den
baldigen „Kladderadatsch" selbst glaubte.
— In der Lippe'schen Angelegenheit bringt die
Köln. Ztg. eine längere Ausführung, der wir das Folgende
entnehmen: Ueber die Frage der Ebenbürtigkeit dieser
Kinder hat selbstverständlich das in Deutschland geltende
Privatfürstenrecht, nickt, wie es in Lippe versucht worden
ist, die Landesgesetzgebnng zu entscheiden. Denn an der
Lösung dieser Rechtsfrage ist ein Mitglied des Bundes
außerhalb des Fürstenthums Lippe, der Fürst zu Schaum-
burg-Lippe, in Wahrnehmung seiner und seiner Familie
Rechte sehr wesentlich betheiligt; erst wenn zwischen ihm
und dem fürstlich-lippischen Hause eine Vereinbarung über
diese Rechte getroffen sein wird, kann die lippische Landes-
gesetzgebung diese Vereinbarung zum lippischen Grundgesetz
erheben. Der Fürst vpn Schaumburg-Lippe hat s. Z. die
Hülfe und Rechtsentscheidung des Bundesrathes gegenüber
den Versuchen des Graf-Regenten und der lippischen
Landesgesetzgebnng nachgesucht, als diese ein Gesetz erlas-
sen wollten, das unter Außerachtlassung der agnatischen
Rechte der schaumburgischen Linie sowohl die Thronfolge-
ordnung wie die Nachfolge in der Regentschaft zu regeln
sich anschickte. Der Bundesrath hat alsbald auf das
Nachsuchen dieser Rechtshilfe die lippische Regierung cr-
-sucht, eine weitere Verfolgung dieser Bestrebungen einst-
weilen bis zur endgültigen Stellungnahme des Bundes-
rathes auszusetzen. Die lippische Regierung hat leider
diesem durchaus gerechtfertigten Ersuchen des Bundesraths
nur theilweise entsprochen; sie hat zwar auf die jetzige ge-
setzliche Regelung del Thronfolgcordnung vorläufig verzich-
tet, dagegen leider ein Gesetz erlassen, das für den Fall,

daß der Grafregent vor dem Fürsten Alexander sterben
sollte, die Nachfolge in der Regentschaft unter Außeracht-
lassung der vom Fürsten zu Schaumburg beanspruchten
Rechte regelt. Sie hat sich damit unzweifelhaft in scharfen
Widerspruch gegen den Bundesrath gesetzt und es ist selbst-
verständlich, daß aus diesem eigenmächtigen, das Bundes-
recht offenbar kränkenden Vorgehen der deutsche Kaiser,
als der Hüter der deutschen Rechtsordnung nach außen
hin, die entsprechende Nutzanwendung zieht. Schließlich
weist die Köln. Ztg. die vielfach sich bekundende Annahme
zurück, als ob es sich in der lippischen Frage um eine
persönliche Verstimmung des Kaisers handle, die aus der
Aufhebung der Regentschaft seines Schwagers, des Prin-
zen Adolf von Schaumburg-Lippe, sich herleite. Zu dieser
Annahme fehle jeder Anlaß, denn die Regentschaft des
Prinzen Adolf hätte auf alle Fälle mit dem Ausspruch
des Schiedsgerichts ihr Ende gefunden. Er hat kein nahes
Anrecht auf den Thron, da sein älterer Bruder, der Fürst
von Schaumburg, und dessen Söhne ihm, soweit Schaum-
burg in Betracht kommt, vorgehen. Auch jetzt wieder
handle es sich um eine weitere Rechtsfrage: um die zu-
friedenstellende Lösung der Frage, wer nach dem etwaigen
Tode des Graf-Regenten die nächstberechtigten Agnaten
für die Regentschaft sowohl wie für die Thronfolge sind,
ob die Söhne des Regenten, deren Ebenbürtigkeit bestritten
ist, oder zunächst die Brüder des Regenten. An der recht-
lichen Lösung der Frage habe die schaumburgische Linie
ein zweifelloses Interesse, und sie habe einen unbedingten
Anspruch nach der Reichsverfassung darauf, in diesem
ihrem rechtlichen Interesse gegen ungerechte Eingriffe der
lippischen Landesgesetzgebung geschützt zu werden. Die
Lösung dieser Rechtsfrage liege zur Zeit dem Bundesrath
ob, und dort ruhe sie zweifellos in den besten Händen.
(Wir hätten gewünscht, die Köln. Ztg. hätte sich direkt
auch darüber ausgesprochen, ob sie meint, das kurze un-
chiffrirte Telegramm des Kaisers, das von so und soviel
Augen gelesen wurde und schließlich in die Presse kam, sei
der Situation entsprechend gewesen.)
— Wie die Leipziger Neuesten Nachr. zu berichten
wissen, hatte das Telegramm des Kaisers an den
Regenten von Lippe folgenden Wortlaut:
Berlin Schloß, 17. Juni 1898.
Ihren Brief erhalten, Anordnungen des commandirenden Ge-
nerals geschehen mit Meinem Einverständnisse nach vorheriger
Anfrage. Dem Regenten, was dem Regenten zukommt, weiter
nichts. Im klebrigen will Ich Mir den Ton, in welchem Sie
an Mich zu schreiben für gut befunden haben, ein für alle Male
verbeten haben. V. R.
Baden. Minister von Brauer ist am 25. d. nach
Wildbad gereist, wo Finanzminister v. Miquel gegenwärtig
sich aufhält.
Freiburg, 26. Juli. Herrn Professor Dr. Fabricius ist gestern
die mit vielen Unterschriften versehene, von Studenten unserer
Universität ausgegangene Adresse überreicht worden, in der die
bekannten Angriffe gegen den Lehrer unserer Hochschule zurück-
gewiesen werden.
* Heidelberg, 27. Juli. Wie uns von Freiburg
telegraphisch mitgetheilt wird, ist dort nichts davon bekannt,
daß die Erzbischofswahl heute stattfinde. Die Nachricht
(die auch vom Bad. Beobachter und vom Wolff'schen Tele-
graphenbureau verbreitet wurde) sei verfrüht. Ein Tele-
gramm der Strahl». Post aus Karlsruhe vom 26. d. be-
sagt: Die Wahl des Freiburger Erzbischofs findet dem-
nächst statt. Die Candidatenliste ist schon seit einiger
Zeit an das Domcapitel zurückgelaugt. Dem Vernehmen
nach enthält sie nur die Namen jüngerer badischer Geist-
lichen, sodaß nunmehr ein Inländer den erzbischöflichen
Stuhl in Freiburg besteigen wird.

Feuerwehr klungen unheimlich durch dar Rufen und Summen
der Menschenstimmen.
Allen voran waren Elisa und der Direktor auf das bren-
nende Haus zugeeilt. Zitternd und weinend, verzweiflungs-
voll nach der Mutter rufend, stand Elisa da, während der
Direktor mit einem Ruck der breiten Schultern die Thür ein-
zudrücken versuchte, aber das ging nicht. Schon arbeiteten
die Spritzen, die Thür wurde cingeschlagen, Leitern wurden
angelegt, und mit dem Muthe der Verzweiflung drang der
unglückliche Mann mitten durch Qualm und Gluth, in der
Todesangst nach seiner Gattin suchend.
Gewaltsam wurde er zurückgerissen und in's Freie
gebracht.
In der ruhigen, des Befehlens gewohnten Weise leitete
Oberst von Giese die Rettungsarbeiten. Die Ofsiziere wies
er zum Schutz und zur Beruhigung der Damen zurück.
Schon brannte die Treppe, die vom Parterre in den oberen
Stock führte- Im Parterre wurde noch allerlei heraus-
geschleppt. Der Oberst drang selbst mit hinein; er bemerkte
die halboffene Kellertbür; einer plötzlichen Eingebung folgend,
ging er hinein, und in dem rothen Schein des Feuers
erkannte er den leblosen Körper der Frau. Rasch hob er sie
empor und trug sie durch den erstickenden Qualm und die
Gluth, die ihm Kleider und Haar versenkte, hinaus.
Ein vielstimmiger Schrei ertönte, dann wurde es still.
Niemand wagte einen Ruf des Jubels über die Rettung
beim Anblick der wie lodt daliegenden, blutüberströmten
Frau. In hoffnungslosem Schmerze kniete der Direktor an
ihrer Seite und rieb ihre Hände, während Elisa mit dem
feinen Mousselin ihres Kleides, das sie heute mit solch freu-
digem Entzücken ungezogen, das Blut von den Wangen und
Schläfen der Mutter wischte-
Warnungsrufe ertönten; alles wich zurück, und mit einem
prasselnden Krachen stürzte das Haus zusammen.
Frau von Senken und ein paar unter den Gästen befind-
liche Aerzte bemühten sich, Frau Brückmann in das Leben
zurückzurufen. Sie hatte von dem Sturze eine tiefe Kopf-
wunde davongetragen.

Das schmerzliche Zucken beim Sondiren der Wunde und
das angstvolle Aufreitzen der lichtlosen Augen machte einen
unsagbar traurigen Eindruck.
Das Fest hatte dadurch einen jähen und unerwarteten
Abschluß erhalten. Frau Ärückmann wurde in das Herren-
haus geschafft, und ihr Zustand erforderte unbedingte Ruhe.
Die Gäste verabschiedeten sich, und Manche wollten in dem
unglücklichen Zufall ein böses Omen für die Zukunft der
Frau von Senken erblicken.
Diese aber, nachdem die Fremden fort und auch die be-
klagenswerthe Familie so gut als möglich versorgt war, ging
noch lange mit ihrem Verlobten in dem nur noch matt er-
leuchteten Garten auf und ab. Ja, es war ein häßlicher und
trauriger Mißton in den schönen Tag gefallen, aber die Liebe
und das Vertrauen zu dem Manne, der ihr Gatte wurde,
hatte es noch erhöht. Nie war er ihr so theuer gewesen
als in dem Augenblicke, wo er, mit Gefahr seines eigenen
Lebens, die fremde Frau gerettet; nie war ihr Herz so
voll gewesen von Liebe und Bewunderung, als da er, be-
schmutzt und rauchgeschwärzt, und doch so kühn und uner-
schrocken vor ihr gestanden. Im Gedanken daran faßte
sie seine Hand fester, und scheu und zärtlich preßte sie
ihre Lippen darauf, daß er überrascht und erschrocken ihr
wehrte. , .
Er machte auch letzt noch einen keineswegs glänzenden
Eindruck. Die neue Gala-Uniform war übel zugerichtet;
Haar und Bart waren leicht versengt, und über die Stirn
bis in die feine Naie zog sich eine entstellende Schramme,
die er sich bei dem Retrungswerk geholt. Nein, er sah jetzt
durchaus nicht schön aus, aber sie empfand es mit Froh-
locken, daß sie ihn lieben würde, selbst wenn er für
alle Zeiten entstellt und häßlich wäre; daß sie ihn liebte
um seines ureigenen Selbst willen, um der Eigenschaften
des Muthes, der Güte, der Tapferkeit, um aller jener
Eigenschaften willen, die das Herz der Frau zur Bewunde-
rung zwingen und die höchste und unvergänglichste Schön-
heit sind.
(Fortsetzung folgt.)
 
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