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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0695

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monatlich 50 Pi-
frei in'-r Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
ivierteljährl. 1-25
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Telephon-Anschluß Nr. 82.

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Tclep^.Anschluß Nr. 82.

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auf die Heidelberger Zeitung für das I. Vierteljahr 1899
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den Agen-
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tion, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich uur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen, Mk. 1.25 vierteljährlich,
mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
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beim Jahreswechsel zu vermeiden.
Das Jahr 1888.
III.
In Oesterreich hat auch in diesem Jahre ein
Kabinetswechsel stattgefunden, allein aus den trostlosen
politischen Verhältnissen, in die das Land durch die
Badeni'schen Sprachenverordnungen gestürzt wurde, ist der
Staat nicht herausgekommen. Man hat wieder einmal
nur halbe Arbeit gemacht. Statt die Sprachenverord-
nungen ganz aufzuheben, hat das Ministerium v. Gautsch
sie durch eine Verordnung vom 5. März nur etwas ein-
geschränkt und ist dann vom Amt zurückgetreten. Die
Deutschen sind gezwungen, für ihre Nationalität und für
ihre Kulturstellung weiter zu kämpfeu, zumal auf ein
Ministerium v. Gautsch ein Ministerium Thun gefolgt ist,
das dem Deutschthum nicht günstig ist. Der Repräsentant
des deutschen Großgrundbesitzes im Kabinet, Handels-
minister Bärnreither, ist denn auch sehr bald aus dem
Ministerium ausgetreten und bezeichnender Weise durch den
streng klerikalen Dipauli ersetzt worden. Wohl hatte es
einige Zeit hindurch den Anschein, als ob die unter der
Fuchtel des Klerikalismus gehaltene deutsche Landbevölke-
rung der Alpenländer sich aufraffen und für ihre Natio-
nalität eintreten wolle. Anfang Januar fanden in Tyrol
Wählerversammlungen in diesem Sinne statt. Es war das
aber nur ein vereinzeltes Aufflackern. Wohl schickte die
Führung der Klerikalen im Reichsrath sich schon an, einem
etwaigen deutschen Volkssturm aus den Alpen Rechnung zu
tragen, als sie aber sah, daß die Massen dort still blieben, beeilte
sie sich, wieder Anschluß an die Slaven zu nehmen. Im Prager
Landtag gab am 17. Jauuar der Statthalter — echt
österreichisch — eine Erklärung ab, die zwar prinzipiell
an der Zweisprachigkeit von ganz Böhmen festhielt, in der
Praxis aber eine Abgrenzung der Sprachengebiete in Aus-
sicht stellte. Die czechische Mehrheit des böhmischen Landtags
beschloß bald darauf die Einsetzung einer Sprachenkommission.
Die Deutschen machten aber unter den obwaltenden Um-
ständen nicht mit und traten Ende Februar ganz aus dem
Landtag aus. Der deutschen studentischen Jugend in Prag
wurde das Tragen nationaler Abzeichen verboten, worauf
ein Akademikertag in Leitmeritz die Aufhebung dieses Ver-
bots verlangte. Als ein allgemeiner akademischer Streik
in Sicht rückte, schloß die Regierung das Wintersemester
an allen deutschen Hochschule» am 6. Februar. Am 2. März
wurde dann das Verbot des Farbentragens aufgehoben.
Im Mai wurde ein böhmischer Städtetag gegründet, dem
sogleich 151 von 158 deutsch-böhmischen Städten beitraten.
So wenig wie im böhmischen Landtag ist es im Wiener
Reichsrath zu einer Verständigung gekommen. Ende Juli
wurde der Reichsrath geschlossen. Als die neue Session
im Spätherbst begann, zeigte es sich, daß die Situation
sich um nichts gebessert halte, zur wirklichen Arbeit ist das

Abgeordnetenhaus nicht gelangt. Die Stimmung der
Deutschen wird gekennzeichnet durch ein Wort des Abg.
Barreuther, der am 8. November im Abgeordnetenhaus
ausrief: Eher möge der Staat in Trümmer gehen, als
daß wir unter ihm ehrlos leben. Der gesetzliche Aus-
gleich zwischen Oesterreich und Ungarn, der zu Neujahr
erneuert werden sollte, ist unter sülchen parlamentarischen
Verhältnissen nicht zu Stande gekommen. Das hat
wiederum aus Ungarn zurückgewirkt. Ungarn hat ein
Interesse daran, daß das Deutschthum in Oesterreich die
ihm gebührende Stellung cinnimmt. Deshalb hat man
es dem Minister Banffy verdacht, daß er einen Ausgleich
abschließen will, der österreichischerseits auf Nothparagraphcn
gestützt wird. Es hat sich in Pest eine parlamentarische
Obstruktion erhoben, die zu einer Art von parlamentarischer
Krise geführt hat, da das gcsammte Präsidium abdankte.
So mußte der ungarische Reichsrath am 10. Decembcr
vertagt werden. Kaiser Franz Josef hat am 2. December
sein 50jähriges Regierungsjubiläum begangen; er beging
es in aller Stille und Zurückgezogenheit, sind doch die
politischen Verhältnisse in Oesterreich-Ungarn fast so zer-
rissen, wie zur Revolutionszeit, da er die Regierung an-
trat. Ein persönliches tiefes Leid widerfuhr ihm wenige
Monate vor seinem Jubiläumstage durch die Ermordung
seiner Gattin, der Kaiserin Elisabeth, die im September
in Genf von einem italienischen Anarchisten, Namens
Luccheni, erdolcht wurde. Der Mörder wurde zu lebens-
länglicher Zuchthausstrafe verurtheilt. Allgemeine Teil-
nahme wandte sich dem schwer geprüften Kaiser zu. Von
Italien ging die Anregung zu einer Konferenz aus, die
über gemeinsame Maßregeln gegen die Anarchisten berathen
sollte. Die Konferenz hat bis gegen Jahresschluß in Rom
berathen und wird ihre Beratungen nach Neujahr zu
Ende führen. Auf dem Gebiet der auswärtigen Politik
Oesterreich-Ungarns, die jetzt von Herrn Goluchowski ge-
leitet wird, ist ein Besuch bemerkenswerth, den der russische
Minister des Aeußeren, Graf Murawiew, im October in
Wien abstattcte. Murawiew hatte dort mehrere an-
scheinend bedeutungsvolle Besprechungen mit österreichischen
Staatsmännern. Als ein Ereigniß ohne politische Be-
deutung ist zu erwähnen, daß in Wiell mehrere Fälle von
Pest in Folge unvorsichtigen Umgehens eines Wärters mit
geimpften Versuchstieren vorkamen. Drei Personen fanden
dabei ihren Tod.
In Italien hat in diesem Jahre ein Ministerwechsel
stattgefunden. Am 18. Mai gab das Ministerium Rudini
seine Demission. Der König beauftragte Rudini mit der
Neubildung eines Kabinets, aber schon am 18. Juni trat
dies rekonstruirte Kabinet vom Amt zurück, ohne sich über-
haupt dem Parlament zu stellen. Es folgte ein Mini-
sterium unter Pelloux. Mit Frankreich schloß Italien im
November ein Handelsabkommen, durch das einem zehn-
tägigen Zollkrieg ein Ende gemacht wurde. Die wirt-
schaftlichen Verhältnisse waren in Italien in diesem Jahre
nicht günstig. Im Januar brachen in mehreren Orten
des Landes Theuerungsunruhen aus, im April wieder-
holten sich dieselben, so daß die Getreidezölle suspendirt
werden mußten. Anfang Mai kam es in Mailand zu
größeren Unruhen revolutionären Charakters. Dieselben
konnten nur durch Anwendung militärischer Gewalt nieder-
geschlagen werden. In dem Marineminister Bein hat
Italien in diesem Jahr einen ausgezeichneten Fachmann
verloren.
In Frankreich stand während des ganzen Jahres
die Dreyfus-Affäre mit ihren Anhängseln auf der Tages-
ordnung. Im Januar wurde der Major Esterhazy vor
ein Kriegsgericht gestellt, aber freigesprochen. Am Tage

darauf erhob Zola in der Aurore eine fulminante Anklage
wegen der Machenschaften im Dre ysusprozcß. Im Februar
wurde ihm wegen Verleumdung der Prozeß gemacht. Aus
Anlaß desselben fanden in Paris Straße ndemonstrationen
statt. Zola wurde zu einem Jahr Gefängniß und 3000
Franken Geldbuße verurtheilt; sein Hauptentlastungszeuge,
Oberstl. Picquart, wurde aus dem Heer entlassen. Einen
sehr üblen Eindruck machte es, daß der Gerichtspräsident
den Versuch der Vertheidigung, den Sachverhalt auf-
zuklären, abschnitt. Der Prozeß mußte, da der Kriegs-
minister zur Klagestcllung nicht berechtigt war, im Juli
wiederholt werden. Er führte in Abwesenheit des An-
geklagten zu dem gleichen Resultat. Zola suchte daraufhin
ein Versteck auf, um die Zustellung des Urtheils zu ver-
eiteln. Inzwischen hatten im Mai die Kammerwahlen
stattgefunden. Am 15. Juni trat das Ministerium
Meline zurück, weil die Kammer verlangte, daß das
Kabinet sich ausschließlich auf eine republikanische
Regierung stütze. Es folgte ein radikales Kabinet Brisson mit
Cavaignac als Kriegsminister. Am 7. Juli verlas
Cavaignac in der Kammer drei Schriftstücke, die angeblich
die Schuld des Dreyfus beweisen. Ende August stellte
sich heraus, daß der Generalstabsoffizier Oberst Henry
das hauptsächlichste der von Cavaignac verlesenen Schrift-
stücke gefälscht habe. Henry entleibte sich, die Bewegung
zu Gunsten der Revision des Dreyfusprozesses aber schwoll
an. Das Ministerium Brisson entschied sich dafür, den
Kassationshof wegen der Revision anzugehen. Daraufhin
trat der Kriegsminister Zur Linden, der Cavaignac ersetzt
hatte, zurück. Er wurde durch General Chanoine ersetzt.
Am 25. October stürzte das ganze Kabinet Brisson. Die
Kammer verlangte von der Regierung, sie solle den Be-
leidigungen der Armee ein Ende machen, während doch
der Kriegsminister den Angegriffenen, trotz der Auf-
forderung des Kabinetschefs, nie gestattet hatte, Beleidi-
gungsklage zu erheben. Es kam ein Ministerium Dupuy
an die Regierung. Die Revision war aber einmal vom
Kassationshof in die Hand genommen und so konnte die
Sache dem Gericht nicht mehr entrissen werden. Die Ent-
scheidung des Kassationshofs ist nun bald zu erwarten.
Im September hotte sich das Militärgericht Picquarts be-
mächtigt, der augeschuldigt wurde, ein Schriftstück gefälscht
zu haben. > Gleichzeitig aber wu'-de Picquart vom Civil-
gericht verfolgt, weil er dieses Schriftstück einem Anwalt
gezeigt habe. Es drohte ein schwerer Kompetenzkonflikt
zwischen Militär- und Zivilgewalt, bis der Kassationshof
eiuschritt und eine Vertagung des Militärprozesscs gebot.
Die französisch-russische Freundschaft hat in diesem Jahre
noch einige, aber recht unbedeutende Blüthen getrieben.
Zu Neujahr und am 25. August, dem Jahrestag ihrer
Begegnung auf dem französischen Kriegsschiff „Pouthuan"
wechselten der Präsident der Republik und der Zar freund-
schaftliche Telegramme. Allein seit im November die
französische Expedition unter Major Marchand sich aus
Faschoda (Afrika) vor dem Drohen der Engländer zurück-
ziehen mußte, baut man in Frankreich nicht mehr auf die
russische Alliance und man ist nach und nach dort dazu
gelangt, sich zu fragen, ob ein freundschaftliches Verhält-
niß zu Deutschland nicht der Situation angemessen wäre.
Deutsches Reich.
— Der Reichskanzler hat die Feiertage bei sei-
nem Sohne in Kolmar verbracht und sich von dort über
Straßburg nach Baden-Baden begeben.
— Der Centrumsabgeordnete Die den, das älteste
Mitglied des Reichstags und des preußischen Abgeordneten-
hauses, ist zu Merzig im 88. Lebensjahre gestorben.

Bon der Kaiserin Elisabeth.
Den aus der Feder des ehemaligen griechischen Lehrers
der Kaiserin Elisabeth, Dr. Konstantin Christomanos,
stammenden Tagebuchblättern, die bei Moriz Perles in
Wien soeben erschienen sind, entnimmt die N. Fr. Pr. in-
teressante Aufzeichnungen.
Im Jahre 1891 lebte Christomanos mit einem um
Weniges älteren Bruder Anton in einer Vorstadt Wiens,
und Beide bereiteten sich zu den Schlußprüfungen vor. Es
waren zwei Studenten, denen plötzlich das Glück in Ge-
stalt eines Briefes vom Kaiserhof in den Schooß fiel.
Einer der Beiden sollte zur Kaiserin kommen und ihr grie-
chischen Unterricht ertheilen. Ein edelmüthiger Streit ent-
spann sich, welcher von Beiden der Aufforderung nach-
kommen sollte. Konstantin wußte den Bruder endlich so-
weit zu bereden, daß er zum Oberhofmeister Baron Nopcsa
ging und sich vorstellte. Es wurde abgemacht, daß ihn
alle Tage um 10 Uhr Vormittags ein Hofwagen abholen
solle, der ihn Abends wieder nach Hause zu bringen hatte.
Anton Christomanos ertrug aber schon das Fahren im
Hofwagen und das Aufsehen, das er in der armen Um-
gebung verursachte, schwer, und das Alleinsein mit der
Kaiserin brachte ihn vollends aus der Fassung. Nur mit
Mühe konnte der Bruder eine Schilderung seiner ersten
Begegnung aus ihm herausbekommen. Er sagte: „Sie
war außerordentlich gütig mit mir; sie ist viel schöner
noch wie auf den Bildern; steift unbeschreiblich; sie spricht
ganz leise und langsam, mit einer singenden Stimme.
Wir sind 2 Stunden im Garten herumgegangen und haben
alles Mögliche besprochen. Sie hat mich über die Eltern

und Geschwister befragt, am meisten über Dich. Ich er-
zählte ihr von der Universität, und von der Medizin —
das hat sie sehr interessirt. Sie sagte aber, sie glaube
nicht an die Medizin, höchstens an die Homöopathie; die
Menschen wollen so wie so betrogen sein und die kleinen
Dosen schaden am wenigsten."
Schon am zweiten Tage scheint die Kaiserin bemerkt
zu haben, daß Anton Christomanos zu schwächlich sei, um
die langen Spaziergänge im Parke und die damit ver-
! bundenen Zufälligkeiten auszuhalten; ein starker Regen
überraschte sie und den Lehrer weit vom Hause. Sie
zeigte sich sehr besorgt um ihn, und schon am darauf-
folgenden Tage sagte sie ihm beim Weggehen: „Vergessen
Sie nicht, Ihrem Bruder zu sagen, daß er morgen statt
Ihrer zu mir kommen kann." Im Parke von Lainz wurde
Konstantin Christomanos ein Punkt bezeichnet, wo er die
Kaiserin erwarten sollte. Er sagt über die erste Begegnung:
! „Plötzlich stand sie vor mir, ohne daß ich ihr Kommen
gehört hatte — eine schlanke schwarze Frau; sie stand
vor mir etwas vorgeneigt; ihr Kopf hob sich vom Hinter-
gründe eines weißen Schirmes ab, der einen lichten Nim-
bus um ihr Haupt breitete; in der Linken hielt sie einen
schwarzen Fächer leicht an die Wange geneigt. Ich stot-
terte einige verwirrte Phrasen von meinem Glück und der
! hohen Ehre." — Sie half mir über die erste Verlegen-
heit hinweg, indem sie sagte: „Wenn die Griechen grie-
chisch sprechen, so ist es wie Musik." Vom ersten Tage
an dauerte der Unterrichts-Spaziergang in Lainz 3 Stun-
l den, aber Christomanos hielt tapfer aus, bis der Sommer-
tag kam, an dem sie nach Ischl abreisen sollte.

Anfangs September erhielt er eine Anfrage, ob er ge-
neigt sei, von Dezember bis Anfang April als Lehrer der
griechischen Sprache und Begleiter der Kaiserin sich in
ihrer Nähe aufzuhalten. Vom 8. Dezember 1891 an
wohnte Christomanos in der Hofburg im Leopoldinischen
Trakt. Noch am selben Abend berief ihn die Kaiserin in
ihre Gemächer und ging eine Stunde lang, griechisch
sprechend, auf dem weichen dichten Teppich mit ihm auf
und ab. Er erzählte von Innsbruck, und die Kaiserin
vom fallenden Wasser in Gastein, das in der Nacht wie
eine Seele in Pein ertönt, von schwarzen Fichten und
Tannen, zwischen denen die Wolken lange Zeit sich aufzu-
halten lieben. Auch von Homer sprach sie und von den
Sirenen und von der Beatrice, wie Rossetti sie gemalt
hat. Spät reichte sie ihm die Hand zum Kusse und sagte:
„Von Morgen an werden wir alle Tage mehrere Stun-
den in Schönbrunn spazieren gehen. Wenn Sie nicht ge-
kommen wären, würde ich dieses Vergnügen entbehren
müssen. Den Hofdamen will ich diese Promenade im
Winter nicht zumuthen, und der Kaiser hat leider keine
Zeit dazu." Früher hatte ihm die Kaiserin gesagt, sie
wolle die griechische Stunde während des Frisirens halten.
„Das Frisiren dauert immer fast 2 Stunden," sagte sie,
„und während meine Haare so sehr beschäftigt sind, bleibt
mein Geist träge. Ich fürchte, er geht 'aus den Haaren
hinaus in die Finger der Friseuse. Deswegen thut mir
dann der Kopf so weh. Wir werden diese Zeit benützen,
um Shakespeare zu übersetzen; da muß 'das «oth-
gedrungen sich zusammenehmen."
(Fortsetzuiij
 
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