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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 176 - 202 (1. August 1898 - 31. August 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0191

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s,.wonatlich 50 Pf.
k 'Ms Haus gebracht.
Ä ,die Post bezogen
«^Lerreljührl. 1.25
^lteßlich Zustellgebühr.
!^°"'Anschlub Nr. 82.

WcktW ZMW.

». 184.

Montiz, dkn 22. Auznft

Jnsertionsgebühr
15 Pf. für dle Ispaltige
Petllzetle oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeituni
und den Plakatsäule«.
Telephon-Anschluß Nr. 82.


Der Kaiser in Mainz.
Lj. Am letzten Samstag hat der Kaiser dem altehrwür -
E " Mainz einen Besuch abgestattet und ist dort mit
Ehren und großem festlichem Gepränge empfangen
Um 6V4 Uhr traf der Kaiser am Neuen Thor-
. Mhof ein und ritt sodann in Begleitung des Groß-
Nss zu dem Triumphbogen am Schloßthor, wo der
krbürgermeister den Kaiser mit einer Ansprache begrüßte,
r Kaiser dankte mit folgenden Worten:
b 3ch danke Ihnen, verehrter Herr Oberbürgermeister, für die
Q?;'chsn Worte, die Sie soeben an mich gerichtet haben. Ihre
ist mir nicht neu. Schon in jungen Tagen als Knabe
«h hier und habe oft selbst ähnliche Betrachtungen angestellt,
. e mir solche soeben in gedrängter und zutreffender Form
j^etragen haben. Das alte römische Reich deutscher Nation
'zu Grunde gegangen, weil es nicht auf nationaler Grundlage
»Ugebaut war. Sein Verfall hatte seinen Grund in dem
gMgel politischen Empfindens und Zusammenhaltens seiner
deutsche Reich ist entstanden aus dem dringenden
^»urfnisse nach gemeinsamem Zusammenhang und nach einem
l^srhaupt. Es baute sich auf auf der Grundlage der Vater-
ndsliebc. Ich bin fest entschlossen, das Werk meines Groß-
h.sss und den Frieden, der uns so theuer ist, mit allen meinen
uns - erhalten. Das werde ich aber nur können, wenn es
^» gelingt, unser Ansehen bei unseren Nachbarn aufrecht zu cr-
deiur^ Dazu bedarf es der Einigkeit und Mitwirkung aller
hMAen Stände, ja jedes Einzelnen, auch der Stadt Mainz.
Z? Mbe mich gefreut, zu sehen, welch schöne Entwicklung Ihre
tz, M genommen hat. Was mich anbelangt, so können Sie
»,,^'Mrt sein, daß ich an Ihrer Zukunft warmen Antheil nehme
für sie thnn werde, was in meinen Kräften steht, damit
^.-.ungestört auch in Zukunft in bürgerlicher Eintracht leben,
treiben und Ihren Wein bauen können. Ich werde dessen
gedenk bleiben, daß von jenem Hause aus, wo ich heute als
Nord meines lieben Vetters weile, mein Großvater seinen Zug
M Welten angetreten hat, auf dem er das deutsche Reich mit
Hammerschlägen zusammengeschmiedet hat. Ich danke
tzEm verehrter Herr Oberbürgermeister, für den freundlichen
Ei? M und die schöne Ausschmückung Ihrer Stadt und bitte
diesen Dank in meinem Namen auch Ihren Mitbürgern
^»sprechen.
Kaiser reichte hierauf dem Oberbürgermeister und
V'schof die Hand, dann eilte er nach dem Paradefeld.
Tes a?^ann bei einem kurzen leichten Gewitterregen das
der 41. Jnfanteriebrigade und des Husarenregiments
kkaiw Humbert von Italien mit dem Thüringer Ulanen-
dient Nr. 6 und dem 1. großherzoglich-hessischen Garde-
gMerregiment Nr. 3. Nach dem Gefecht fand ein
^marsch statt, bei der Infanterie in Compagniefront
Und - gimcntskolonne und bei der Kavallerie in Schritt
Trabe. Nach der Parade, welche unter dem
tzgisUMndo des Generallieutenants Perthes stand, ließ der
Mm Husarenregiment Nr. 13 am Schützenhause
der untreten und belobigte es, indem er äußerte,
sreiu Friedrich und der alte Ziethen würden sich ge-
. haben, solch ein Regiment zu besitzen oder zu führen.
"usin ° Regiment seine allerhöchste Anerkennung
Hoch echeu zu können. Dec Kaiser schloß mit einem
lieh das Husarenregiment König Humbert und ver-
Regiment mehrere Auszeichnungen, worauf der
sn^Mtskommandeur mit einem Hurrah auf den Kaiser
k ete. Unter Glockengeläute kehrte dann der Kaiser
Aies Spitze der Fahnen, die im Gouvernement ab-
wurden, in die Stadt zurück, auf dem ganzen
kigen ^m zahlreichen Publikum, Schulen und Ver-
lubelnd begrüßt.
eys, "der Hoftafel im Schloß lagen 35 Gedecke
eb-u Kaiser saß der Großherzog und der
vijstj.-, "dirende General v. Wittich, ihm gegenüber Staats-
Rothe. Bei der Tafel brachte der Grcßherzog
eine», - mkspruch auf den Kaiser aus, den dieser mit
sag^. ""f den Großherzog erwiderte. Der Kaiser
über den überaus herzlichen Empfang,

Heimkehr.
Erzählung von Paul Bliß.
0,, (Fortsetzung.)
tzkiwn.k en Uhr batte Karl den Wagen bestellt, der ihn der
chen sichren sollte, und Schlag sieben fuhr das Wäget»
schneller Abschied von der Gesellschaft, ein herzinniges
Aen E "n Frau Melanie, dann einen letzten Gruß der
M ^wie, dann noch ein letztes „Auf baldiges Wiedersehen
Als w der Wagen zum Städtchen hinaus.
>fkas,? Karl noch einmal zurückblickte, sah er an einem
oberen Stockwerks das Gesicht von Fräulein
i», nickte er ihr noch einen freundlichen Gruß
"e erröthend dankte und dann hinter der Gardine
^ne Armes Kind, dachte Karl, und nun fiel ihm die
^ioni-L «fr''cd ein, und er entsann sich plötzlich, daß Frau
M hp^s^bträaen dem Fräulein gegenüber doch sehr kurz
feßo .gewesen war. und je länger er darüber nachdachte,
Anz w^^am etwas in ihm auf, das zu Gunsten des Fräu-
Arnies mid das Betragen von Frau Melanie tadelte,
rillte in ' dachte er wieder, und ein tiefes, echtes Mitleid
Miffuhr ' während er durch den stillen Frühlingsabend
iHich.^i^elanies <Mste empfahlen sich bald nach Karls Ab-
r "er Hauptmann blieb noch. Als die beiden
Mx kam dieser noch einmal auf das Gespräch von
,, „LM.rmlttag zurück.
" eiben Sie das ruhen," bat sie, „wir wollen Freunde
Ter kann Ihren Antrag nicht annehmen."
Mt Hauptmann nahm sich zusammen, um seinen Aerger
j, zeigen. »Also denken Sie allen Ernstes daran,
find -^"-Menschen zu heirathen?" sragte er ruhig.
Ml, Am ruhig antwortete sie: „Das weiß ich noch
Nom rr Hauptmann, aber das eine weiß ich gewiß: wenn
Oben kommst heirathen sollte, so müßte ich meinen Mann
^big!." "'Men, — und damit, denke ich, ist dies Thema er-

der ihm .in Mainz geworden. Er rühmte dann die wohl-
thuenden Charaktereigenschaften der Rheinländer. Die
Stadt Mainz, die in früheren Zeiten als römische Festung
gegen die Germanen errichtet worden, sei im Laufe der Zeit
eine urdeutsche Stadt geworden und es freue ihn, daß sie
ihre Gesinnung in so hervorragender Weise dokumentirt habe.
Nach Beendigung des Festmahles fand eine halbstündige
Unterredung des Kaisers mit dem Großherzog und Staats-
minister Rothe sowie mit dem Oberbürgermeister Dr. Gaß-
ner statt, deren Inhalt sich mit der Entfestigung von
Mainz beschäftigte. Der Kaiser zeigte sich bis in's De-
tail orientirt und versprach, das Seinige thun zu wollen.
Auf den Weiterbestand der inneren Festungsumwallung
scheint der Kaiser selbst wenig Werth zu legen; was aber
die Befestigung der Höhen um Mainz betrifft, darüber
seien von militärischer Seite noch keine bestimmten Be-
schlüsse gefaßt, auch hänge dies von den Bewilligungen
des Reichstages ab.
Um 3 Uhr erfolgte die Abreise nach Cronberg zum
Besuche der Kaiserin Friedrich. Dort traf der Kaiser mit
seiner Gemahlin zusammen, die sich von Wilhelmshöhe
direkt nach Cronberg begeben hatte.
Deutsches Reich.
Berlin, 21. August.
— Die deutsche Hochseefischerei beginnt dank
der Unterstützung des Deutschen Reichs und Preußens so-
wohl in der Ostsee als namentlich in der Nordsee sich
höchst erfreulich zu entwickeln. Nach und nach vermindert
sich der große Vorsprung, welchen die englische, norwegische,
dänische und schwedische Fischerei vor der deutschen gewon-
nen hatte, insbesondere, nachdem für die Hochseefischerei in
steigendem Maße, hauptsächlich in der Nordsee, Dampf-
schiffe zur Verwendung kommen. Der preußische Staat
hat allerdings sowohl an der Ostseeküste als an der Weser
und Elbe sehr bedeutende Ausgaben für Hafenbauten auf-
wenden müssen. Es scheint aber, als wenn der Erfolg
dieser großen Aufwendungen durchaus günstig sei. Wir
weisen heute nur auf die Entwickelung des im vorigen
Jahre fertig gestellten Fischereihafens von Geeste-
münde hin. Das für diesen Hafen verwendete Kapital
wird rund 7 Mill. Mark betragen. Rechnet man die un-
mittelbare Reineinnahme des Hafens, also nach Abzug der
Unterhaltungs- und Verwaltungskosten, mit der Netto-
Einnahme, welche der Eisenbahnverwaliung durch die Ver-
mehrung der Eisenbahnfrachten zufallen, zusammen, so
würde sich schon im ersten vollen Betriebsjahre des fertigen
Hafens eine Verzinsung des bezeichneten hohen Anlage-
kapitals von etwa 4 pCt. ergeben. Die Anzahl der
Dampfer für die Hochseefischerei, welche in Geestemünde
verkehren, ist im fortwährenden Steigen begriffen
und schon jetzt sollen die Verkaufs- und Lagerplätze kaum
dem bestehenden Bedürfniß genügen. Man ersieht hieraus,
vou welcher Bedeutung die Hochseefischerei nicht blos für
die Ernährung in Deutschland, sowie Ausdehnung und
Verbilligung der Fischnahrung ist, sondern wie wirksam
dieselbe den Handel und die Schifffahrt fördert und in
welchem Maße sich die für ihre Hebung aufgewendeten
Kapitalien nutzbar machen.
— Fürst Herbert Bismarck hat beschlossen, von
Schönhausen nach Friedrichsruh überzusiedeln.
— Wie die Staatsbürgerzcitung hört, ist der von den
Angehörigen des Freiherrn v. Hammer st ein gestellte
Antrag auf vorläufige Entlassung abgelehnt
worden. Das Gesuch stützte sich auf Z 23 des Straf-
gesetzbuchs, der bestimmt, daß die zu einer längeren Zucht-
haus- oder Gefängnißstrafe Verurtheilten, wenn sie drei
Das war deutlich. Er hatte es auch verstanden. Er er-
hob sich und mit einem steifen Gruß „Gnädige Fraul" em-
pfahl er sich.
„Herr Hauptmann!" grüßte sie ebenso steif.
Als sie allein war, ärgerte sie sich, sowohl über den
Hauptmann, wie über ihre Schroffheit und auch über den
ganzen Verlauf der heutigen Festlichkeit, — sie hatte sich alles
viel schöner gedacht. Nun war sie enttäuscht, verstimmt und
verärgert, und darunter mußten nun Fräulein Böhm und die
Diener leiden.
* *
*
Eine wunderbare Ruhe kam über Karl, als er durch die
heilige Stille dahinsuhr.
Die Regenwolken waren fort und das Mondlicht lagerte
nun auf den weiten Flächen. Die Luft war feucht und mild,
und ans den Ackerschollen quoll der frische Erdgeruch. Alles
atmete Leben und Kraft, urgesundes Werden und Gedeihen.
Er hätte aufjubeln können vor Freude! Auch in ihm
war so eine Frühlingsstimmung, — so ein Ungewisses, so ein
Drängen und Suchen nach etwas unbekanntem Groben, das
man vorahnt, das man ersehnt und von dem man doch nicht
weiß, was es ist und wMr es kommen soll. Ganz eigen-
artig war es ihm ums Herz- All das Neue um ihn wirkte
so sonderbar auf ihn ein, und die treibende Gewalt des
jungen Frühlings zog auch ihm ins Herz, — er fühlte, daß
er jung war, daß er Kraft hatte, daß er ein Mann war, —
ach, er hätte aufjubeln können vor Freude und Lust!
Und dann dachte er wieder an die guten Alten daheim,
wie sie sich freuen würden, ihn wiederzusehen, und wie er sein
geliebtes altes Großmütterchen ans Herz drücken würde, sie,
die einzige Frau, an der er mit hingebender Liebe hina, die
er wirklich wahrhaft liebte mit jeder Faser seines Herzens,
sie, die ihm Mutter gewesen, treue Rathgeberin der Jugend
war, — ach, diese alte Frau war ihm das Ideal der Liebe,
Güte und Reinheit! in der war kein Fünkchen Falschheit, —
und alles, was in ihm gut und edel war, das dankte er
dieser guten Alten, die er anbetele mit kindlich heißer, reiner
Liebe.

Viertheile, mindestens aber ein Jahr der ihnen auferlegten
Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut geführt
haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig entlassen werden.
Die Staatsbürgerzeitung spricht ihr Befremden aus, daß,
obwohl diese Voraussetzungen erfüllt seien und das Ent-
lassungsgesuch auch von der Zuchthausverwaltung befür-
wortet worden ist, dasselbe abgelehnt worden ist.
Württemberg. Stuttgart, 19. Ang. Geheimer
Koinmerzienrath Kröner, Inhaber der Cottaschen Buch-
handlung hat mit den Erben des Fürsten Bismarck die
letzten Vereinbarungen über die Art und Weise sowie den
Zeitpunkt des Erscheinens der Bismarckschen Denk-
würdigkeiten getroffen. Es soll zunächst eine Auf-
lage von 200 000 Exemplaren hergestellt werden und das
Werk gleichzeitig in mehreren Sprachen erscheinen.
Hessen. Offenbach, 19. Aug. Das Offenbacher
Abendblatt schreibt: „Die Anstellung der Fabrik-In-
spektions - A s si stcnti n für Offenbach ist jetzt ihrer
Erledigung näher gerückt. Gestern Nachmittag war Mini-
sterialrath Dr. Braun, der Dezernent für unsere Fabrik-
Inspektion, hier und hat in der Sache mehrere Konferenzen
gehabt, deren Schlußresultat die Anstellung eines Frl.
Geist gewesen sein dürfte, welche in der Mitte der 30er
Jahre stehend, hier sowohl als Arbeiterin wie als Vor-
arbeiterin thätig war und gegenwärtig als Komptoristin
in Stellung steht. Die Dame wird als gewissenhaft und
intelligent bezeichnet und von der Regierung für den
Posten als geeignet angesehen."
Elsaß-Lothringen. Unter der Aufschrift „Elsässer
im Ausland" berichtete die Obcrelskisfische Landesztg.:
Auf der Liste der französischen Offiziere, welche am
14. Juli d. I. mit dem Ritterkreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet
wurden, befindet sich auch ein Sohn des manchmal etwas miß-
achteten Sundgaues. Es ist der 1853 zu Winkel geborene
Kapitän Seltenmeyer. Das zeigt wieder einmal, wie hoch man
anderswo den Werth der Elsässer zu schätzen weiß.
Dazu bemerkt die Straßb. Post:
Ja, die braven lieben Franzosen! Während sich in Deutsch-
land die armen Elsässer mit Unterstaatssekretär-, Staatsraths-
und ähnlichen untergeordneten Stellen begnügen müssen und nur
Rothe Adler-, Zähringer Löwen- und derartige Orden erhalten,
macht das freundliche Frankreich den Kapitän Dreyfus zum
Herrn einer ganzen Insel, gibt dem Oberstlieutenant Picquart
Staatsunterkunft in dem Staatshotel mit eisernen Gardinen, be-
handelt den Senator Scheurer-Kestner mit raffinirter Auszeichnung
und würdigt den Sundganer Seltenmeyer, den Orden zu tragen,
den ein Esterhazy zu ganz besonderen Ehren gebracht hat. Es
geht doch nichts über die dankbare Anerkennung elsässischer Ver-
dienste „anderswo"!

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Vorsitzenden des Verwaltungsrathes der Höheren Mädchenschule
in Mannheim, Rentner I. Jordan, das Ritterkreuz I. Klasse des
Ordens vom Zähringer Löwen verliehen, den Steuerinspektor
Richard Hergt in Karlsruhe mit dem Titel „Regierungsrath"
zum Kollegialmitglied der Obeidirektion des Wasser- und Straßen-
baues, und den Steinhändler Hermann Gesell in Pforzheim
zum Handelsrichter-Stellvertreter bei der Kammer für Handels-
sachen am Landgericht Karlsruhe für die restliche Dauer des
Jahres 1898 und für das Jahr 1899 ernannt.
— Mit Entschließung Gcoßh. Oberschulraths wurde dem
Zeicheulehrerkandidaten Karl Mutter am Progymnasium in
Diirlach die etatmäßige Amtsstelle eines Zeichenlehrers an dieser
Anstalt übertragen.
Karlsruhe, 20. August. Der Großherzog und
die Großherzogin begaben sich gestern Nachmittag
von Schloß Mainau nach Rorschach, um daselbst dem
König und der Königin, sowie der Prinzessin Katharine
von Württemberg in Villa Seefelden einen Besuch
abzustatten. Die Rückkehr nach Schloß Mainau er-
folgte nach 8 Uhr Abends. Heute Mittag trafen
der Fürst und die Fürstin zu Fürstenberg, von
Als der Wagen in das Dörfchen fuhr, wurden in den
Hütten eben die Lichter angezündet; auf der Gasse war kein
Mensch, nur die Hunde bellten, und vor dem Krug lärmten
ein paar lustige Knechte, als man aber am Platz der alten
Dorflinde vorüberkam. hörte man ein Kichern und Lachen, —
dort scherzten die jungen Burschen mit ihren Mädchen.
Dann hielt der Wagen, aber nicht vor dem Pastorhause,
sondern Karl stieg am Hause vorher aus, um die Ueber-
raschung nicht zu verderben.
Das Herz pochte ihm hörbar laut, als er in den Flur
des großväterlichen Hauses trat. Wie ein Zauber wirkte es
ans ihn. Wie im Bann der Erinnerung stand er still. —
Noch alles genau, wie es vor Jahren war, jedes Möbel, an
seiner alten Stelle, und der Fußboden genau so sauber ge-
scheuert wie früher.
Eben als er näher treten wollte, wurde die Thür der
Küche geöffnet und ein junges Mädchen trat in den Flur.
Einen Augenblick standen sich beide gegenüber, eins dem
andern unbekannt, aber beide faden sich an mit Blicken,
die da zeigten, eins fand Interesse am andern.
„Wünschen Sie den Herrn Pastor zu sprechen?" fragte
sie endlich mit leise erzitternder Stimme.
„Ja, Fräulein, das wünsche ich," sagte er mit heiterem
Gesicht und musterte noch immer ihre schöne Figur und das
feine, interessante Gesicht, das den Künstler in ihm reizte.
„Ich bitte, dort ist sein Zimmer," sagte sie, indem sie
erröthend den Blick senkte.
„Und wer sind Sie, Fräulein?" fragte er weiter und ließ
sie nicht aus dem Bann seiner Blicke.
Darauf antwortete sie nicht, sah ihn auch nicht mehr an,
sondern ging direkt an die Thür, die in des Pastors Zimmer
führte, pochte an, öffnete dann und sprach hinein: „Herr
Pastor, hier will Sie jemand sprechen."
Lächelnd war Karl herangetreten an die Thür und rief
nun laut: „Und dieser jemand bin ich, Großvater!"
„Karl, Junge, mein Herzensjunge, was ist denn das für
eine Ueberrumpelung!" rief der alte Herr, der hinanstrat
und Karl umarmte.
(Fortsetzung folgt.)
 
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