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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0097

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Telephon-Anschluß Nr. 82.
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und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

Mcnstaz, den 26. Juli

1898.

Sklaverei der Schönheit.
Novelle von M. Jmmisch.
(Fortsetzung.)
o.^"°nasam schlenderte sie weiter. Ein tiefer, über Fels-
5 Meßender Bach zog sich durch einen Theil des Parkes
km» bin klares Wasser sah still und friedlich aus, und doch
es schon so oft Unheil gestiftet, wenn im Frühjahr der
wnee im Gebirge schmolz, oder wenn ein heftiger Gewitter»
Handes kurzer Zeit zu einem reißenden Strome ver-
n.j^iithe ergriff eine Hand voll Kies und schleuderte die
men Steinchen einzeln ins Wasser, wie ein Kind sich über
h... entstehenden Blasen und Ringe freuend. Die Sonne
te die Wolken verjagt und schimmerte hell und stechend
End °ie grünen Zweige. Diana sprang mit einem großen
da« M den Bach, um ihr tägliches Bad zu nehmen und
^"schüttelte sie sich, daß die Tropfen weit umhersprühten,
" wälzte sich vergnüglich auf dem weichen Rasen.
bx^'wischen Park und Garten stand ein mit wildem Wein
. vachsenes Schweizerhaus mit einem Privatausgang nach
des kurzer Entfernung liegenden Fabrik. Die Familie
Kj.z/Mrektors bewohnte es. Auf dem sonnenbeschienenen
ejl, Ä"tz zwischen hohen, blühenden Oleanderbüschen stand
des AMchen und davor saß in einem bequemen Ruhesessel
sick . Erektors blinde Gattin. Ihr blasses Antlitz schmiegte
oU t" die weichen Polster und die hellblauen, auffallend
!in>e "den Augen sahen ausdruckslos in das Helle Sonnen-
bora , Töchterchen Elisa warf das Buch, aus dem sie
tzi^bteten, beiseite und sprang Käthe fröhlich entgegen,
n,,. dutwn stets zusammen gespielt und wenn sich heute dec
sie ijb^ted ihrer Stellung auch etwas markirte, so verkehrten
°"ch noch immer freundlich zusammen.
ero?,buke vollends gab es eine Menge wichtiger Dinge zu
win^u- Natürlich sollte Elisa das Fest mitmachen, es kamen
"bettens ein Dutzend junger Mädchen, nur der Ball blieb

ihr ein verschlossenes Paradies. Käthe gewann catch ihre
gute Laune zurück in der Auszählung all der bevorstehenden
Herrlichkeiten und daß sie den Rubikon überschritt, daß sie
gewissermaßen offiziell in die Gesellschaft eingeführt wurde,
das erhöhte ihr Selbstbewußtsein der weniger glücklichen
Elisa gegnüber um ein Bedeutendes.
Eine Stunde verfloß schnell in jenem angenehmen, den
Betheiligten so unendlich wichtig erscheinenden Geplauder.
Frau Brückmann, Elisas Mutter, warf dann und wann ein
paar Fragen dazwischen und horchte interessirt auf die naiven
Erzählungen Käthes. Glänzende Bilder aus einer Welt, die
ihr durch ihre Blindheit verschlossen war, stiegen dadurch
vor den Augen ihrer Seele auf und erhöhten den Zauber
der Erinnerung aus vergangenen Tagen. Sie war nicht
immer blind gewesen, aber das Unglück hatte sie nicht
verbittert, und sie gedachte dankbar der besseren und
schöneren Zeit.
Am Abend des nächsten Tages prangten Garten und
Park in buntfarbiger Beleuchtung. Alle die großartigen
Effekte, die durch das elektrische Licht gewonnen werden,
waren angebracht und versetzten die Gäste in eine Stim-
mung, als wandelten sie in einer Märchenscene von Tausend
und eine Nacht. In allen Farben des Regenbogens stiegen
Fontainen in die Nacht empor, und ihr Rauschen klang wie
eine schwache Begleitung zu den Klängen der Regiments-
musik, die unter den alten Tannen des Parks ausgestellt
war. Wenn die Musik schwieg, drang das Stimmengewirr
und heiteres Lachen bis herüber zu der blinden Frau, die
ganz allein am geöffneten Fenster des Wohnzimmers saß
und mit melancholischem Lächeln auf das Durcheinander der
Töne lauschte. Ihre Phantasie mußte das verlorene Licht
der Augen ersetzen und, obwohl an ihr Zimmer gebannt,
sah sie im Geiste ihr Kind mitten unter den Fröhlichen und
Glücklichen. Wie hübsch mußte Elisa aussehen in ihrem
duftigen weißen Kleide und den frischen Rosen im Gürtel.
Vor einer Stunde erst war sie hier gewesen, um nach ihr
zu sehen. Sie war ein gutes Kind und vergaß selbst inmitten

Politische Umschau.
Heidelberg, 26. Juli.
Wie die Vossische Zeitung betont, ist auch der Hof von
Sachsen-Meiningen an der Regelung des Verhält-
nisses zwischen dem Kaiser und dem Grafregenten
"vn Lippe sehr nahe betheiligt, da einer der Söhne des
Herzogs von Meiningen mit einer Tochter des Grafrcgenten
von Lippe vermählt ist und dessen Nachkommenschaft
oller Wahrscheinlichkeit nach dereinst zur Thronfolge be-
rufen werden wird. Der alte Herzog von Meiningen, der
(sch sonst sehr zurückhält und nicht einmal an den Jubi-
läumsfcierlichkeiten des ihm nahe verwandten Königs von
Sachsen theilnahm, hat in der vorigen Woche dem König
Albert von Sachsen einen zweitägigen Besuch gemacht. Der
Erbprinz Bernhard von Sachsen-Meiningen hat aus
(einer Ehe mit der ältesten Schwester des Kaisers, Charlotte,
keine männliche Nachkommenschaft: der zweite Sohn des
Herzogs Georg, Prinz Ernst von Sachsen-Meiningen, ist
"üt der Tochter des bekannten Romanschriftstellers Jensen
(Freifrau von Saalfeld) vermählt und deren Kinder sind
ä"r Thronfolge nicht berechtigt. So bleibt nur die Nach-
kommenschaft des Prinzen Friedrich von Sachsen-
Deiningen und der Gräfin Adelheid zur Lippe-Biesterfeld,
Prinzen Georg und Ernst, zur dereinstigen Thronfolge
"brig. Nun har zwar, offenbar um späteren Schwierig-
keiten aus dem Wege zu gehen, der Meininger Landtag
mwn vor dem Schiedsgerichtsentscheid in der Lippischen
Dhronfolgefrage einem Gesetz vom 4. März 1896, zur
Ergänzung des Meininger Grundgesetzes, seine Zustimmung
gegeben, in dessen Artikel 1 ausdrücklich Prinz Friedrich
"ud seine Söhne als zur Thronfolge berechtigt anerkannt
Horden sind. Wenn aber die Absicht besteht, den Kindern
oes Grafregenten die Ebenbürtigkeit abzusprechen, wie es
"och dem Verhalten der Schaumburger Linie und nach
^m kaiserlichen Telegramm den Anschein gewinnt, so wäre
""durch auch der Meininger Hof in Mitleidenschaft ge-
igen. Nicht als ob an der Thronfolge etwas ge-
pudert werden könnte, die auch trotz des Einspruchs der
borwandten ernestinischen Agnaten gesetzlich unanfechtbar
stk, aber die Beziehungen zu Berlin und zum Heere
wuren dadurch wesentlich erschwert. Von diesem Gesichts-
punkte aus betrachtet, wird die Reise des Herzogs Georg
P"u Meiningen zum König von Sachsen, dem Vorsitzenden
des Schiedsgerichts, recht verständlich erscheinen, llebrigcns
'"uß man sagen, es wäre doch ein merkwürdiger Zustand,
"Mm die Kinder des Grafrcgenten für Meiningen eben-
?"vtig sein sollen, für Lippe aber nicht ebenbürtig. Man
gerade mit Hinblick auf Meiningen die Frage auf-
^uwrfen, ob Lippe nicht gilt thäte, durch Gesetz die
.Thronfolge für die Nachkommen des jetzigen Grafregenten
Mtzulegen. Es liegt eigentlich nahe, daß Lippe diesen
?chritt unternimmt. Was Meiningen vermag, vermag
schließlich Lippe ebenfalls.
.. Unter den Juden Europas hat sich vor einiger Zeit
^Gruppe der sog. Zionisten gebildet, die für die
Mündung eines jüdischen Nationalstaats eintritt. Die
Klippe ist »och sehr wenig zahlreich und findet bei der
Mehrheit eine scharfe Ablehnung, allein sie läßt sich allem
^"schein nach dadurch nicht irre machen, sondern arbeitet
"jl der Durchführung ihrer Idee weiter. Als neuester
schritt auf diesem Wege ist die beabsichtigte Gründung
„jüdischen Bank" in London zn bezeichnen.
Me Bank soll ein Kapital von 50 Millionen Franken er-
p"kten, eingetheilt in 2 Millionen Stücke zu 25 Franken.
der Neuen Zür. Ztg. findet sich folgendes Nähere über
Zweck der Bank:

Die jüdische Bank betreibt durch Unternehmungen, die eine
ausreichende Verzinsung des Anlagecapitals verbürgen: a die
wirthschaftliche Kräftigung und Fortentwicklung der in Palästina
und Syrien gelegenen jüdischen Colonien, Erwerb von
Land zur Gründung neuer Ansiedelungen auf öffentlich rechtlich-
gesicherter Grundlage, Entwicklung von Handel und Industrie
jeder Art iu den Colonieen, kaufmännische und finanzielle Or-
ganisation der Aus« und Einfuhr in den Colonieen, Kredit-
gewährung an die Ansiedler in den Colonieen gegen Hypotheken,
Grundschuldbriefe oder Pfandverschreibungen jeder Art, Gründung
von Sparkassen oder Bankfilialen in den Colonieen. b. Finanz-
geschäfte und großangelegte Unternehmungen jeder Art zur wirth-
schastlichen Erschließung Syriens und Palästinas, sowie ganz
Vorderasiens; insbesondere kommen in Betracht: Eisenbahn-
konzessionen, Bau von Hafenanlagen. Bergbau und Handels-
monopole. Man beabsichtigt in dieser Hinsicht die Wege zu be-
schreiten, welche bereits andere große Banken mit Erfolg betreten
haben. Durch diese Thätigkeit der Bank wird mitgcarbeitet au
der Kräftigung der Türkei, die eine Nothwendigkeit bildet für
die gedeihliche Entwicklung der Colonisation, o. Förderungen
produktiver Unternehmungen zur Hebung jüdischen Gcwerbefleißes
überall, wo dies eine soziale Nothwendigkeit ist und ein wirth-
schaftliches praktisches Bedürfniß dafür vorliegt, ä. Verwaltung
des Nationalfonds und sonstiger Depositengelder, s. Alle Bank-
uno Börsengeschäfte mit den durch das Statut zu bestimmenden
Ausnahmen.
Man mutz gestehen, daß die Sache von den Zionisten
nicht übel angefaßt wird. Ob das Unternehmen Erfolg
haben wird, bleibe dahingestellt. Jedenfalls verdient es
volle Beachtung.

Deutsches Reich.
Berlin, 25. Juli.
— Aus Bodoe, 24. Juli, wird berichtet: Der deut-
sche Kaiser hatte ungeachtet leichter Dünung gute Fahrt
bis Bodo?, und gedenkt nach dem Hanlandsfjord zu gehen
und heute Nachmittag einen Spaziergang nach dem Gletscher
Swarteisen zu unternehmen. Demnächst wird die Fahrt
nach Mo fortgesetzt. Das Wetter ist immer kühl. An
Bord ist alles wohl. — Selsoevik, 25. Juli. Der
Kaiser ist im besten Wohlsein hier von Swartisen
eingetroffen und gedenkt heute Abend die Fahrt nach Mo
fortzusetzen. Die Witterung ist warm, fast schwül. An
Bord ist alles wohl. — Mo, 25. Juli. Nach der Rück-
kehr von dem Svatisen-Gletscher setzte der deutscheKaiser
gestern Abend die Fahrt nach Mo fort, hatte in später
Stunde eine Begegnung mit dem Kronprinzen und der
Kronprinzessin von Italien und langte heute früh hier an.
Das Wetter ist wundervoll. An Bord ist alles wohl.
— Der erste Vorsitzende des Bundes der Landwirthe,
der Reichs- und Landtagsabgeordnete vonPloetz, ist am
24. d. gestorben. (Berthold v. Ploetz, Hauptm. a. D.
und Rittergutsbesitzer zu Döllingen bei Elsterwerda, war
geboren am 9. August 1844, von 1862 — 64 activer Mi-
litär und dann Landwirth. Dem Reichstage gehörte er
seit 1893, dem preußischen Abgeordnetenhause seit 1892
an. D. Red.)
— Durch die Presse giug ein Brief Björnsterne-Björn-
sons an Zola, wonach Björnson von dritter Seite gehört
haben will, der deutsche Reichskanzler habe Dreyfus
als unschuldig bezeichnet und dabei gesagt: „Aber passen
Sie auf, die Franzosen werden es nie zugebeu, daß die
Sache revidirt wird. Dreyfus muß sterben wie der Jude
aus Nazareth, um die Sünden Anderer zu sühnen." Es
ist klar, daß Fürst Hohenlohe so nicht spricht. Björnson
ist von irgend Jemand mystificirt worden. Eine offiziöse
Kundgebung verwahrt sich dagegen, daß dem Reichskanzler
derartige Worte in den Mund gelegt werden.
Baden. Freiburg, 25. Juli. Die Erzbischofs-
wahl findet hier am nächsten Mittwoch statt. Diesmal
geht's aber schnell.

Aus de« Karlsruher Zeitung.
— Mit Entschließung Gr. Ministeriums der Justiz, des Kul-
tus und Unterrichts wurden im Einverständniß mit dem Erz-
bischöflichen Kapitelsvikariat die Revidenten bei dem Katholischen
Oberstiftungsrath Stefan Albert, Hermann Heckle und Adolf
Sickinger zu Revisoren bei der genannten Behörde ernannt
und dem Revidenten Ottmar Eitel bei dem Kathol. Ober-
stiftungsrath die Stelle eines Oberbuchhalters bei der Kathol.
Stiftungsverwaltung in Karlsruhe übertragen.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
eisenbahnen wurden die Expeditionsassistenten Heinr. Rüdinger
in Neckarelz, Franz Häfner in Heidelberg, Georg Welz in
Mannheim, Emil Burkhardt in Heidelberg und Wilh. Ben-
der in Mannheim zu Betriebsassistenten ernannt.
— Die außerordentliche Steigerung der Kohlen- und Koaks-
abfuhr aus dem Saargebiet, welche schon gegenwärtig die Ver-
sandtziffer der Herbstmonate früherer Jahre erreicht, läßt mit
Sicherheit erwarten, daß im kommenden Herbste eine Verkehrs-
zunahme eintritt, deren Bewältigung die größten Anforderungen
an den Eisenbahnbetrieb stellen wird. Es ist dies deßhalb
dringend erwünscht, daß das verkehrtreibende Publikum die Be-
strebungen der csisenbahnverwaltungen, den Verkehr in dieser Zeit
anstandslos zu bewältigen, unterstützt. Hierzu ist vor allein
nothwendtg, daß der Kohlenbedarf für den Winter, namentlich
an Hausbrandkohle, möglichst frühzeitig gedeckt und soweit irgend
angängig, Vorräthe für den gesteigerten Winterbedarf in den
Sommermonaten eingesammelt werden. Ferner wird den Ver-
kehrStreibendcn empfohlen, bei allen Bezügen in Wagenladungen
auf die volle Ausnützung des Ladegewichts der Wagen Bedacht
zu nehmen und sich die schleunige Be- und Entladung der Wagen
angelegen sein zu lassen, damit so lange, als es im öffentlichen
Interesse angängig ist, von einer allgemeinen Verkürzung dec
Ladefristen abgesehen werden kann.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Großwardein, 25. Juli.
Die Feier des 100jährigen Jubiläums des Husaren-
regiments „Kaiser Wilhelm Nr. 7" begann gestern
mit einer von dem Kardinal Schlauch unter glänzender
Assistenz celebrirten Messe. Derselben wohnten als Ver-
treter des Kaisers Wilhelm Oberst v. Schwartzkoppen,
ferner der Herzog vonBraganza, zahlreiche Generäle
und verschiedene Bischöfe bei. Nach der Messe ritt der
Kommandant des Regiments vor die Front und hielt eine
Ansprache an das Regiment, welche er mit dem Wahr-
spruch desselben, „kampfbereit vorwärts!" und mit Eljen-
rufen auf den König schloß, die tausendfachen Widerhall
fanden. Mittags fand beim Kardinal Schlauch ein Fest-
bankett statt, an welchem Oberst v. Schwartzkoppen, der
Herzog von Braganza, viele Generäle, das Offizierkorps
des Regiments und zahlreiche andere hervorragende Persön-
lichkeiten theilnahmen. Den ersten Trinkspruch brachte der
Kardinal auf den König aus, worauf der Regiments-
kommandeur Stroehr auf Kaiser Wilhelm trank. Von
Kaiser Wilhelm traf ein Telegramm ein, in welchem er
sein Regiment, das eine so glänzende Vergangenheit besitze,
begrüßt. Kaiser Wilhelm hat an das Regiment zahlreiche
Auszeichnungen verliehen. Dem Oberst hat der Kaiser
einen kostbaren Säbel geschenkt. Anch für das Rennen
hat der Kaiser verschiedene Preise gestiftet.
Frankreich. Paris, 25. Juli. Der Anwalt Labori
überreichte heute dem Untersuchungsrichter Bertulus im
Namen des ehemaligen Oberstlieutenants Picguart eine
Klage wegen Fälschun g bezw. Mitthäterschaft an einer
Fälschung gegen den Major du Paty de Elam.
Bertulus verhörte einzeln Esterhazy und Frau Pays, die
er darauf einander gegenüberstellte. — Der Advokat beim
Staatsrath, Rodiquet, läßt im Temps einen offenen Brief
erscheinen, in dem er verlangt, daß man beim Fall Zola
auf die eigentliche Grundlage zurückkehren müsse, das heißt
auf die Frage, ob der Dreyfus-Proz eß revidirt werden
müßte.' Wenn Dreyfus auf geheime Schriftstücke hin ver-
urtheilt worden sei, so sei das in Erfahrung zu bringen.

des ungewoynten Vergnügens der einsamen Mutter nicht.
Frau Brückmann lächelte und ihre schmalen weißen Hände
falteten sich in frommen Wünschen.
Es war ein wenig kühl und sie klingelte dem Mädchen,
das vergessen hatte, ihr Tuch zu bringen. Auch kam es ihr
vor, als qualme die Lampe.
Sie klingelte zwei-, dreimal. Niemand kam. Wahr-
scheinlich war das Mädchen von Hause fortgelaufen, um sich
die ungewohnten Herrlichkeiten da draußen in der Nähe zu
betrachten.
Frau Brückmann stand auf, um sich ihr Tuch selbst zu
holen. Sie konnte ganz gut allein im Zimmer umher gehen,
war ihr doch jeder Gegenstand darin vertraut- Aber mit der
Lampe konnte es nicht in Ordnung sein. Da sie sich von
dem offenen Fenster entfernte, empfand sie umsomehr den
unangenehm qualmenden Geruch. Ein hilfloser, ängstlicher
Zug erschien auf ihrem Gesicht. Wenn nur das Mädchen
käme. Sie begann sich zu fürchten. Ob sie es wohl ver-
suchte, die Flamme selbst herunter zu schrauben? Unsicher
tastend griff sie auf dem Tische umher. Auch die Lampe
stand nicht an ihrem Platze; das Mädchen hatte jedenfalls
alles hastig und eilig besorgt, um so schnell als möglich fort
zu kommen. Plötzlich stolperte Frau Brückmann, ihre Hand
streckte sich aus nach einer Stütze, ein Krach, ein Schmettern,
großer Gott I sie hatte die Lampe umgeworfen.
Eine unsägliche Angst erfaßte sie- Sie fühlte, wie es
warm wurde neben ihr. Hastig drängte sie nach der Thür;
in ihrer Verwirrung fand sie sie nicht gleich und dabei hörte
sie deutlich, wie es am Tische aufzischte. Wahrscheinlich
hatte die Flamme die Tischdecke ersaßt.
Vom Park herüber klang ein brausender Tusch und das
Jubeln vieler Menschenstimmen. Selbst wenn es ihr möglich
war, an das Fenster zu kommen, würde sie doch niemand
hören, aber selbst der Versuch war ausgeschlossen, denn
zwischen ihr und dem Fenster war das Feuer, dessen Gluth
sich rasch erhöhte.
(Fortsetzung folgt.)
 
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