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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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Ai-. 242.

1898.

Montag, -ku 17. Octiber

er«
be-
der

Ausland.
Frankreich. Interessante Mittheilungen über fran-
zösische Spionage im deutschen Botschafts-
hotel zu Paris während des Jahres 1894 werden vom
N. Wiener Journal veröffentlicht. Es hieß bisher, der
alte Portier P., der im Jahre 1896 nach dreißigjähriger
Dienstzeit pensionirt wurde, habe dem französischen General-
stab als Spion gedient. Das ist unrichtig. Der
Gewährsmann des genannten Blattes stellte persönlich fest,
daß der Portier des dem Botschaftspalais gegenüber-
liegenden Hauses Rue de Lille 103, Namens Müller,
ein geborener Elsässer, der 1870 für Frankreicht optirt
hatte, ein französischer Spion war. In seinem Hause
wohnte der deutsche Militärattache Oberst von Schwär tz-
koppen. Der Portier Müller hatte ein regelrechtes
Uebcrsetzungsbüreau eingerichtet. Seine Helfershelfer waren
zwei Kammerdiener der Botschaft. Letztere
brachten Müller alle Briefschaften, welche nur irgend er-
wischbar waren, sogar Privatbriefe der Comtesse Münster,
der Tochter des Botschafters. Endlich erwischte Graf
Münster die Burschen bei der Durchstöberung seiner Briefe
und jagte sie hinaus. Oberst Schwartzkoppcn verließ so-
fort die Wohnung, allein der famose „xstit blau" war
bereits gestohlen und kam so in die Hände des Oberst
Picquart, des damaligen Chefs des französischen Jnfor-
mationsbureaus.
Paris, 15. October. Der Courrier du Soir erfährt,
General Mercier habe an den Kriegsminister General
Chanoine einen Brief gerichtet, in dem er aus freien Stücken
anerkenne, daß auf seinen Befehl ergänzende Beweis-
stücke dem Kriegsgericht gegen Dreyfus vorgelegt
worden seien. Er habe als Soldat und nicht als Rechts-
gelehrter gehandelt, in dem guten Glauben, das Maß
seiner Befugnisse nicht zu überschreiten. Bestätigung der
Meldung bleibt abzuwarten. (Das wäre eine schwer-
wiegende Nachricht. General Mercier war Kriegsminister
zur Zeit des Dreyfusprozesses 1894. Giebt er zu, daß
er diese sogenannten Beweisstücke dem Kriegsgericht hat
vorlegen lassen, so ist der Rechtsbruch bestätigt.)

Deutsches Reich.
— Bergassessor Frick in Weilburg a. d. Lahn
hielt den Auftrag, sich sofort nach Kiautschou zu
geben zur Ausbeutung der Kohlenbergwerke
deutsch-chinesischen Gesellschaft.

Paris, 15. October. Gestern Nachmittag nm 5
Uhr begab sich der Senator Waldeck-Rousseau zum
Ministerpräsidenten Brisson, um mit ihm über die Lage
zu sprechen und ihn auf gewisse Momente derselben auf-
merksam zu machen. Zugleich versicherte er dem Minister-
präsidenten, daß er gegen alle Gefahren, die sich gegen
die Republik erheben könnten, auf die Unterstützung
der gemäßigten Republikaner rechnen könne, und
forderte ihn auf, thatkräftig und entschieden allen Versuchen
entgegeuzutreten, die an die gegenwärtige Lage der Dinge
Hand anlegcn wollten. Dieses Vorgehen Waldeck-Rousseaus
ist um so bedeutsamer, als er als entschiedener Gegner
Brissons bekannt ist.
Paris, 15. Oct. Der Courrier du Soir bringt heute
folgende Note:
Die Regierung erklärt, daß Mittheilungen, die ihr von ge-
wissen angesehenen politischen Persönlichkeiten zugetragen wurden,
ihr Vertrauen in die Armeeführer nicht erschüttert
haben. Wir glauben übrigens zu wissen, daß, ohne den Offi-
zieren, die gegenwärtig mit wichtigen Kommandos betraut sind,
die Schmach anzuthun, ihre Handlungen einer Untersuchung zu
unterziehen, nichts vernachlässigt worden ist, um den heimlichen
Charakter der Korrespondenzen und der Schritte, die ihnen zu-
geschrieben wurden, ins klare Licht zu stellen. Das Publikum
kann sich also vollständig beruhigen. Ein Aufruf wurde an die
Wachsamkeit der Regierung gerichtet und man kann und
muß hoffen, daß Niemand dec Wachsamkeit der Regierung
Gelegenheit geben wird, einzuschreiten.
Wie man sieht, hält auch diese Note mit einer Erklä-
rung darüber, ob wirklich etwas Bedenkliches passirt oder
ernstlich geplant worden ist, zurück. Die Blätter wissen
zwar allerlei Näheres über diese angebliche Militärvcr-
schwörung zu erzählen, allein beglaubigt ist nichts. Wahr-
scheinlich reduzirt sich die ganze Suche darauf, daß einige
höhere Offiziere, geärgert durch den Verlauf der Dreyfus-
sache, mündlich oder schriftlich ihrem Herzen Luft gemacht
und auf das Civilregiment geschimpft haben. — Die
Aurore erzählt über die Vorgeschichte der Verschwö-
rung Folgendes: Am Samstag nach dem Sturze des
Ministerpräsidenten Meline (also am 16. Juni) reiste
ein beredter General (de Pellieux, ehemals Vorsitzender
des Kriegsgerichts gegen Esterhazy) nach Brüssel, wo er
am 17. Juni eine Begegnung mit dem Prinzen Victor
Napoleon hatte. Dieser führte ihn daun in seinem
Wagen selbst nach dem Parc de Midi. Der General
kehrte, am selben Tage nach Paris zurück und stand seit-
dem in regem Verkehr mit dem Prinzen Victor. Mehrere
Versuche des Prinzen, bei einer kosmopolitischen Bank eine
Anleihe zu machen, scheiterten, weil die Bank die
Aussichten der Napoleons nicht diskontiren wollte.
Die Zeit verstrich, die Revision wurde angeordnet und
das Actenmatcrial dem Cassationshof übergeben. Die
Aurore erzählt dann weiter, fünf Generäle seien ins Ver-
trauen gezogen und die Leitung des Ganzen einem Brigade-
General (de Pellieux) anverlraut worden. „Wir brauchen
die Namen der Männer, die das Complot vereitelt haben,
nicht zu nennen", sagt das Blatt, „aber die Regierung
hat die Namen. Wir behaupten weiter, daß bestimmte
übereinstimmende Warnungen von zehn verschiedenen
Seiten der Regierung zugegangen sind, die über die Auf-
richtigkeit der Mittheilungen keinen Zweifel gestatteten. Die
Regierung hat also die beiden Faetoren, die erforderlich
sind, um Verfolgungen einzuleiten, nämlich Schriftstücke
und Zeugen." Das Blatt Petit Bleu behauptet eben-
falls die Zusammenkunft eines Generals mit dem Prinzen
Victor. „Diese Unterredungen", sagt es, „haben drei
Tage vor dem Entschluß Doroulödes stattgefunden, im
Wagramsaale aufzutreten, aber die Zögerung des Prinzen
Victor erbitterte die Generäle, die möglichst rasch aus der

Zur Lrientreise des Kaiserpaars.
Heute Montag Mittag trifft das Kaiserpaar
Ach dem Reiseprogramm in Konstantinopel ein. Seit
sfr Abfahrt von Venedig sinv nur zwei kurze Nachrichten
^er den Verlauf der Seereise eingegangen. Die erste ist
"usBrindisi, dem bekannten süditalienischen Hafen, und
Ar vom 14. d. datirt. Darnach hatte das Kaiserpaar auf
Ar „Hohenzollern" das adriatische Meer bei herrlichstem
fetter durchmessen. Die zweite Nachricht ist von der
^Nischen Insel Zante und lautet: „Zante, 15. Octbr.
Mgen starken Sciroccos ankerte die „Hohenzollern"
Einige Stunden vor Zante. An Bord ist alles wohl."
^on Zante aus hat das Kaiserpaar ganz Griechenland zu
binsahren, bis es in die Meerenge der Dardanellen und
An da durch das Marmarameer nach Konstantinopel
Ammt. Hoffentlich hat die „Hohenzollern" den mehr-
Mndigen Aufenthalt in Zante auf der weiteren Fahrt
wieder eingeholt, sodaß sie glücklich um die festgesetzte Zeit
"di Endziel eintrifft. (Siehe dagegen Neueste Nachr.)
Die Verhaftung italienischer Anarchisten in
Ägypten — in Kairo und in Alexandria — darf als eine
Ernste Thatsache angesehen werden. In Kairo wurden zwei
^haftet; man fand bei ihnen Bomben. Tie Jnhaftirten
gehörten der anarchistischen Bande von Alexandria an;
Art wurden neun Personen verhaftet, darunter der In-
haber eines Cafes, in dessen Wohnung eine mit Kugeln
gefüllte Bombe gefunden wurde. Diese Anarchisten seien,
wird erzählt, seit längerer Zeit überwacht worden und
"Üe, mit Ausnahme eines Verhafteten, seien der Polizei
bekannt. Allem Anschein nach hätten die mit Eisendraht
Mponnenen und mit Kugeln geladenen Bomben in Kairo
Wi Abdinpalaste zur Ermordung des deutschen
Kaisers und des Khcdivs verwandt werden sollen.
As Kaiser Wilhelm den Abstecher nach Egypten aufgab,
Men auch die Anarchisten alsbald ihren Plan geändert.
Aus Kairo sei der Polizei in Alexandria gemeldet worden,
"aß zwei verdächtige Anarchisten die Stadt verlassen hätten,
sich nach Port Said zu begeben. An demselben Abend
habe die Polizei jenen Schänkwirts, verhaftet, nachdem sie
^fahren, daß er den Steward eines von Port Said
"ach Syrien gehenden Schiffes bestochen und ihm eine Kiste
Abgegeben habe, die Bomben enthielt. Bei dem Verhafteten
leien Schriftstücke vorgefundeu worden, aus denen der
'"an, ein Attentat aus den deutschen Kaiser auszuführen,
sichtlich sei.
Obige Nachrichten sind in Paris und in London verbreitet.
An Berlin aus hat darüber noch nichts verlautet. Der
Andoner Standard bespricht diese Meldungen in einem
Atartikel. Darin sagt er u. A.: „Die Anarchisten
iAn im Jrrthum, wenn sie annehmen, der deutsche
Aiser werde von der Durchführung seines Reise-
Aogramms abgeschreckt. Der Kaiser besitze die Nerven und
A Muth der Hohenzollern. Von einem Manne von
Ossein Geschlecht, von solcher Bestimmtheit und solchem
Auth, sei es nicht wahrscheinlich, daß er seine Pläne auf-
gsbe oder ändere, weil ein Anarchist im Hinterhalt liegen
Ante. Der Versuch eines Verbechens gleich den früheren
.Ane keinen anderen Erfolg haben, als die Mächte in
hsen gemeinsamen Bemühungen zu der Vertilgung der
Ak die Pest zu verabscheuenden Sekte 'anzuspornen." Die
Apathischen Worte, die der Standard dem deutschen
Aiser widmet, werden in Deutschland sicher mit freund-
"chein Dank vermerkt werden. Aber nach diesen Meldungen
As Egypten muß das deutsche Volk die Reise des Kaisers
Ach mit Sorgen verfolgen und es wird erleichtert auf-
^hjnen, wenn er erst wieder daheim ist._

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Maurer Johann Georg Schirm in Nählingen die silberne
Rettungsmedaille verliehen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
nachgenannten Personen im Gefolge des Königs von Serbien
den Orden vom Zähringer Löwen verliehen, und zwar:
». das Kommandeurkreuz erster Klasse: dem Kabinetschef Dr.
Michel Militschewitsch; b. das Kommandeurkieuz zweiter
Klasse: den Flügeladjutanten Oberstlieutenant Neschitsch und
Major Leschianin; o. das Ritterkreuz erster Klasse mit Eichen-
laub: dem Ordonnanzoffizier Kapitän Markowitsch und dem
Arzt Dr. Michel.
— Seine König!. Hoheit der Großherzog haben den
Amtmann Hermann Pfeiffer in Pforzheim zum Oberamtmann
ernannt, den Notar Berthold Herrmann in Rastatt auf sein
Ansuchen wegen leidender Gesundheit unter Anerkennung seiner
langjährigen treugeleisteten Dienste in den Ruhestand versetzt
und dem Notar Franz Sommer in Waldshut eine Notarsstclle
im Amtsgerichtsbezirk Rastatt übertragen.
— Mit Entschließung Großh. Ministeriums der Justiz, des
Kultus uud Unterrichts wurde dem Notar Franz Sommer der
Notariatsdistrikt Rastatt III übertragen, Revident Friedrich
Muser wurde zum Revisor bei dem genannten Ministerium
ernannt.

nicht zürnen und schmollen, Herr Bürgermeister, um so
weniger, als mir der Umstand, von einem anderen Äussteige-
platze, welcher bessere Verbindung mit dieser Stadt unterhält,
nichts zu wissen und gehört zu haben, jenes kleine Abenteuer
einbrachte, das ich erzählen will. Unsere Pferde waren oft
in Gefahr, zu stürzen, doch immer noch gelang es uns, sie
schnell und sicher wieder aufzurichten. Und nach einem Ritte
von dreiviertel Stunden sahen wir Land und Erlösung vor uns.
Vor unseren Augen stiegen einige trübe Lichter auf, sie mußte»
aus dem Dorfe herleuchten, welches wir nach der Mittheilung
des Herrn Bahnhofsinspcctors zu passiren hatten. Der Weg
führte jetzt auch etwas bergauf und zeigte festeren Untergrund.
„Vorwärts!" rief ich meinem Reitknechte zu und setzte
gleichzeitig meinem Pferde die Sporen ein. Doch nur einige
fünfzig Schritte war ich im Trabe geritten, da bäumte sich
plötzlich mein Sedan, wie ich meinen Rappen getauft habe,
in die Höhe, sprang, sich etwas nach rückwärts biegend, zur
Seite aus und schlug mit den Vorderhufen gegen den Kopf
des zweiten Pferdes. Glücklicherweise hatte ich Zeit und
Geistesgegenwart genug gehabt, dem unvermeidlichem Sturze
dadurch zu entgehen, daß ich schnell nach rechts heraus aus
dem Sattel gesprungen und, frei vom Pferde, auf den Erd-
boden herabgekommen war, aber dieses Herabkommen war
bei aller Zartheit und Weichheit des Bodens zwar für meine
Knochen nicht gefährlich geworden, wohl aber etwas empfind-
lich für mein Fleisch und meine Uniform; denn ich war nicht
zum Stehen, sondern schlechtweg zum Sitzen gekommen und
dabei von oben bis unten von dem aufspritzenden Schmutz-
und Regenwasser übergossen worden.
(Fortsetzung folgt.)

Stadttheater.
Fx Heidelberg, 17. October.
„Fatinitz a". Komische Operette von Supps.
Eines begleitenden Wunsches bedarf die in Aller Gunst so
fest wurzelnde Operette wahrlich nicht- Das volle Haus war

Nur frisch gewagt.
Eine heitere Garnisongeschichte von Hugo Dinkelberg.
(Fortsetzung.)
h. "Der Bahnhofs-Jnspector beschrieb uns möglichst genau
Arg, welchen wir streng einhalten sollten und welcher
Een Biegungen, Brücken und anderen Gefährlichkeiten
tzfaigstens die hoffnungsvolle und uns zum Segen bestimmte
^Anschaft hat, daß er ungefähr in der Milte von dort nach
di-rdurch ein größeres Dors führt. Wir stärkten uns gegen
suchte Kälte des Abends noch durch ein Glas Sherry,
aus E" uns auf unsere Pferde und jagten in die Nacht hin-
zA- „Nur frisch gewagt!" rief ich meinem treuen Philipp
h'Archen ich neben mir reiten ließ, und „nur frisch gewagt,
fick" Rittmeister!" antwortete mir dieser gleichsam als Ver-
teil- ng, daß er mit mir zusammen selbst durch die Hölle
A würde.
„ungefähr zehn Minutenlang konnten wir unsere Pferde sicher
dfluk? lassen, denn dieser erste Theil des Weges war gut ge-
hjAert und lag dicht neben dem Eiscnbahndamm, so daß
la r "was, wenn auch nur spärliches, Licht von den Signal-
L„enen der Bahn empfingen. Schon glaubten wir, daß der
H.A Jnspector die Schlechtigkeit und Gefährlichkeit des
Änu Adertrieben habe, und unsere Hoffnung auf glückliche
„Sendung unseres Rittes stieg, da auch der Regen etwas
baw - ffen anfing. Aber unsere aufkeimende Hoffnung sollte
dA? wieder bitter enttäuscht werden. Der gepflasterte Weg
Seines dvn uns, der auf der Station gegebenen Weisung,
derlnn' "Ei der ersten Kreuzung mit einem zweiten Wege
klstpn N werden; wir bogen in diesen links ein, und bei dem
saf,. u^rttt, den unsere Pferde auf diesem neuen Wege thaten,
aas-EA mese mit den Vorderbeinen einen Schuh tief in den
iib-^weichten Boden ein, so daß mein Philipp beinahe kopf-
„ A den Morast geschossen wäre. Mit unserem flotten
der „war °s zu Ende, wir mußten sehr behutsam und mit
HiinAMten Vorsicht weiter reiten, wollten wir nicht zum
desten das Leben und die Gesundheit unserer Pferde daran-

setzen- Ich weiß nicht, meine Herren, ob Sie diesen famosen
Weg kennen, welcher einem Urwalde alle Ehre machen würde."
— „O gewiß, gewiß kennen wir ihn," riefen mehrere Stim-
men zugleich. „Nun dann, meine Herren," fuhr Herr von
Rabenau fort, „brauche ich wohl nicht ausführlicher zu be-
richten, wie dieser Weg jetzt beschaffen ist, nachdem wir in
den letzten Tagen fast fortwährend Regenwetter gehabt haben."
— „Allerdings", sagte der Graf v. Reuthern, „kann ich mir
das Vergnügen ungefähr vorstellen, welches Sie gehabt haben,
uud ich kann nur meine Verwunderung darüber aussprechcn,
daß Sie gesund hier angekommen sind. Im klebrigen muß
ich Ihnen aber auch mittheilen, Herr Kamerad, daß dieser
Weg. welchen Sie geritten sind, selten benutzt wird. Ueber
seine Instandsetzung streiten sich schon seil Jahr und Tag
unser hiesiger Hochweiser Magistrat und die Bauern herum,
durch deren Gebiet der Weg führt. Aber es scheint, als
würde ein Einvernehmen dann erst erfolgen, wenn sich ein-
mal einige Reiter die Hälse gebrochen oder einige Wagen in
dem mit Steinen und Wurzeln wunderbar untermischten
Lehmboden unrettbar stecken geblieben sind. Nicht wahr,
Herr Bürgermeister?" Der Angeredete räusperte sich, strich
sich über das dünne Haupthaar, zupfte die schwarze, große
Cravatte zurecht und schickte sich an, in würdevollster Weise
eine längere Rede darüber zu halten, daß die städtische Ver-
waltung im vollsten Rechte sei, sich um diesen Weg nichts
zu kümmern. Doch dies noch einmal anzuhören, was fast
fämmtliche Anwesende schon mehrere dutzendmal gehört hatten,
lag keineswegs in ihrem Willen, und fast gleichzeitg von allen
Seiten ertönte der Ruf: „Sie haben recht, Herr Bürger-
meister, vollständig recht!" und der Herr Graf wandte sich
an Herrn v. Rabenau mit der kurzen Erklärung, daß der
Herr Bürgermeister auf Grund dessen, daß die Stadt einen
älteren Weg unterhalte, welche allerdings nach einer entfernter
liegenden Eisenbahnstation führe, durchaus von der Herstellung
des neueren kürzeren Weges nichts wissen wolle. „Sparsam-
keit," erwiderte auf diese Erklärung Herr v-Rabenau lachend,
„ist allerdings für einen städtischen Beamten eine hervor-
ragende Tugend, und um deßwillen kann ich Ihnen auch

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