Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0585

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
- Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
»monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
^urch die Post bezogen
svierteljährl. 1.25
"'sschlietzlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr.'82.

isÄkjhkHkk ZitllW

?nserttonsgebühr
15 Pf. s-r die Ispaltige
Pctitzer:e oder deren Raum.
Für hiesige Geschcifs- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.

Telephon-Anschluß Nr. 82.

Xr. 283. Erstes Klatt.Ssmstaz, de« 3. Deemster 1898.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für den Monat December
werden bet allen Postanstalten, den Bri efträgern, den Agen-
ten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der Expedi-
ten, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht; durch die Post bezogen für den Monat December,
wenn am Schalter abgeholt, 42 Pfg., für Zustellgebühr
Pfg. weiter.

Deutsches Reich
— In Berlin fand am 1. Dezember in der Kaiser
Wilhelm-Gedächtnißkirchc zur Vorfeier des Regierungs-
iubiläums des Kaisers von Oesterreich ein
Orgelconcert statt. Die Kirche war dicht gefüllt.
Anwesend waren das Kaiserpaar, die Prinzen und
Prinzessinnen, der Reichskanzler, die Minister, Generalität
Und Behörden, und endlich Mitglieder der österreichischen
Botschaft und der österreichischen Kolonie. Am 2. d. M.
wohnte das Kaiserpaar in der Hedwigskirche einem Hoch-
amt bei.
— Die Rede des Grafen Thun hat in Wiener
Blättern zu der Frage Anlaß gegeben, ob der Drei-
^Und noch bestände? Diese Frage enthält mit einer
starken Mahnung an den Grafen Thun offenbar die Be-
jahung in sich. Dafür spricht auch der begründete Zweifel,
°b der Ministerpräsident von Oesterreich zuvor über die
Intentionen der ungarischen Regierung und vor Allem die
bes gemeinsamen auswärtigen Ministers der österreich-
ungarischen Monarchie sich zur Genüge informirt habe,
immerhin verdient aus den soeben veröffentlichten „Ge-
danken und Erinnerungen" des Fürsten Bismarck
gerade in diesem Augenblick aus dem Kapitel „Dreibund"
Agende Mahnung besondere Beachtung:
. Wir müssen und können der österreichisch-ungarischen Monarchie
?as Bündniß ehrlich halten; es entspricht unseren Interessen, den
Manschen Traditionen Deutschlands und der öffentlichen Mei-
nung unseres Volkes. Die Eindrücke und Kräfte, unter denen
ste Zukunft der Wiener Politik sich zu gestalten haben wird,
Md jedoch komplizirter als bei uns, wegen der Mannigfaltigkeit
Nationalitäten, der Divergenz ihrer Bestrebungen, der
Usrikalen Einflüsse und der in den Breiten des Balkan und des
schwarzen Meeres für die Donauländcr liegenden Versuchungen.
Mr dürfen Oesterreich nicht verlassen, aber auch die Möglichkeit,
,ah wir von der Wiener Politik freiwillig oder unfreiwillig ver-
lassen werden, nicht aus dem Auge verlieren . . . Der Dreibund
A eine strategische Stellung, welche Angesichts der zur Zett
»eines Abschlusses drohenden Gefahren rathsam und unter den
^Waltenden Verhältnissen zu erreichen war. Er hat die Be-
Uutung einer strategischen Stellungnahme in der europäischen
Position nach Maßnahme ihrer Lage zur Zeit des Abschlusses;
a°er ein für jeden Wechsel haltbares ewiges Fundament bleibt
ff für alle Zukunft ebensowenig, wie viele Tripel- und Quadripel-
Manzen der letzten Jahrhunderte und insbesondere die heilige
Manz und der deutsche Bund. Er dispensirt nicht von dem
^Nsjours su vscistts l
Auf der eigenen Kraft des deutschen Reiches beruht
w erster Linie die ersprießliche Weiterführung dieser
Friedenspolitik. Aus diesem Grunde darf mit Genug-
MUng darauf verwiesen werden, wie erfreulich sich im
^rrich und in Preußen die Finanzkraft verstärkt hat, wie
^'sorglich aber auch die staatliche Finanzkraft im Hin-
Ajck auf die künftigen Aufgaben der deutschen Politik ge-
ltet werden muß. Weiter aber, wie sehr der deutsche
Reichstag allen Anlaß hat, für die neuen Forderungen
Ar Stärkung der nationalen Wehrkraft, womit ihm die
^gierung wegen des ablaufenden Qninqnennats jetzt
wieder kommen muß, das nöthige Verständniß zu be-
weisen.

Baden. Donauesch ingen, 2. Dec. Bei der Nach-
wahl zur zweiten Kammer erhielt Fieser 61, Metzger
(Zentr.) 43 Stimmen.
— Dem Vernehmen der Karlsr. Ztg. nach werden
sich die Mitglieder der wieder einberufenen Zweiten
Kammer am Montag, den 5. ds. Mts., Abends 6 Uhr,
versammeln.

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 2. Dez. Ueber begei-
sterte Kundgebungen anläßlich des kaiserlichen
Regierungsjubiläums laufen ununterbrochen aus
allen Landeshauptstädten und zahlreichen Provinzstädten
sowie aus Ungarn Meldungen ein. Einige Städte waren
gestern bereits festlich beleuchtet. Alle Blätter veröffent-
lichen Festartikel. Der Vormittag wurde hier mit Kanonen-
donner und Reveille eingelcitet. Die Stadt prangt im
Festgewande. Schaareu von Menschen mit schwarz-gelben
und roth-weißen Schleifen und Jubiläumsmedaillen durch-
zogen die Straßen. Nach dem Gottesdienst in der Gar-
nisonskirche, an dem sämmtliche hier weilende Erzherzöge
theilnahmen, werden an die Truppen Jubiläumsmedaillen
vertheilt. In sämmtlichen Kirchen findet Gottesdienst statt.
Die Universität und sämmtliche Schulen veranstalteten
Festacte.
Wien, 2. Dec. Abg. Dr.Menger, dem der Orden
der Eisernen Krone verliehen wurde, richtete laut Frankfi
Ztg. au den Ministerpräsidenten Grafen Thun ein Schrei-
ben, worin er erklärt, daß er nicht in der Lage sei, diese
Auszeichnung anzunehmen, da sie auf Vorschlag eines
Ministeriums verliehen wurde, gegen das er aus nationalen
und politischen Gründen in entschiedener Opposition stehe.
Pest, 2. Dec. Das Regie rungsjubiläum des
Kaisers wurde durch Festgoltesdienst in allen Kirchen
und Festmessen in den Kasernen gefeiert. Dem Festgottes-
dienst wohnten die Minister des Consularkorps, Behörden
und das Offizierkorps der Garnison bei. Später wurden
die Jubiläumsmedaillen vertheilt. Auch aus den Provinz-
städten werden ähnliche Feierlichkeiten gemeldet.
Pest, 2. Dec. Bei einer Vorfeier des Kaiserjubi-
läums kam es in Agram vor dem Denkmal des ehe-
maligen Banus Jellatschitsch, der 1848 als kaiserlicher
General eine hervorragende Rolle spielte, zu lärmenden
Kundgebungen gegen Ungarn. Die Polizei zer-
streute die Menge, wobei es eine arge Schlägerei zwischen
Studenten und Polizisten gab.
Frankreich. Paris, 2. Dec. Dem Temps zufolge
hat der Kassationshof schon Anfang dieser Woche
das Ersuchen an den Kriegsminister de Freycinet gestellt,
ihm das geheime Dossier in der Dreyfus-Angelegen-
heit auszuliefern. Der Ministcrrath konnte auf dieses
Ersuchen nur eine bejahende Antwort geben. Es bleibe
aber eine Frage zu lösen, nämlich welche Maßregeln der
Kassationshof treffen würde, um die Veröffentlichung aller
Schriftstücke dieses Dossiers zu hindern. Sobald die Be-
rathungen des Präsidenten Loew und de Freycincts über
diese Frage beendet seien, werde das ganze Dossier dem
Kassationshof ausgehändigt werden. Wie Matin und
Journal des Dobats behaupten, handelt es sich um die
Sicherung von Geheimnissen, die nicht Dreyfus an sich,
sondern die Namen und das Verfahren der Agenten be-
treffen, die Frankreich zu Spionagezweckeu unterhält. Der
Gaulois, der Vertraute des Generalstabcs, berichtet, daß
der Hauptmann Cuignet damit beauftragt werden solle,
persönlich die geheimen Akten zum Kassationshof zu bringen
und alle Aufklärungen über die Bedeutung der Aktenstücke

Nur frisch gewagt.
Eine heitere Garnisongeschichte von Hugo Dinckelberg.
«Fortsetzung.)
L Wäre es bei diesem Tanze nur nach dem Commando des
Mrn Grafen gegangen, so hätte man ihn musterhaft nennen
Msen; denn dieses Commando ertönte mit militärischer Ge-
Mgkeit; aber in dem QuarrS des Grasen herrschte vielfache
Aufmerksamkeit, besonders seitens des Herrn v. Seckendorf
M seiner Tänzerin Fräulein Aurora. Aber beiter, unge-
-Mngen beiter waren sämmtliche Personen dieses Quarrös.
Mr v. Rabenau war ein liebenswürdiger Cavalier, er
,?Mzte in der harmlosesten Weise, Franziska v. Stein schien
,Unfalls — wohl infolge der mit dem Grasen gehabten Un-
Medung — ihre frühere Unbefangenheit wieder gewonnen
haben, sie ging gern auf die flüchtigen Plaudereien, wie
I. der Tanz einer Quadrille mit sich zu führen pflegt, ein
ließ öfters ihren Blick auf ihrem Gegenüber, dem Herrn
Mmeister v. Rabenau, ruhen. Der Graf bemerkte dies mit
Mgrmgen und gab seiner Freude darüber auch einen Aus-
IM, indem er feiner Tänzerin zuflüsterte: „Nun bald be-
zMt?" — Franziska ging auf den Scherz ein und erwiderte
,°„end: „Noch nicht ganz!" Viel trug zur allgemeinen Hei-
Fräulein Aurora Feuerstahl bei. DaS war ein Hüp-
l" und Springen, Locken- und Augenwersen, wie man es
gMscher wahrlich nicht hätte sehen können. Aurora war
h Much. in demselben Quarrs mit dem Herrn Rittmeister
' Rabenau tanzen zu dürfen und war bemüht, alle ihre ver-
MMchen Reize zu entwickeln, um das Auge ihres göttlichen
Mden auf sich zu fesseln. Wenn es dann die Touren er-
jIrenen, daß er ihr die Hand reichen mußte, hob sich das
"«Male Brüstchen, als wenn cs vor Seeligkeit zerspringen
kwn ' schaute liebcflehend zu ihrer ersten wahren Liebe
— Kunze wurde in ihren Augen zu einem Scheusal, —
^enn Herr v- Rabenau sich des Lachens nicht erwehren
ob der komischen Figur, welche zu seinen Füßen herum-
Mte, nahm Aurora das Lächeln als Beweis, daß der Rittmeister

ihr doch zugethan sei und sich vielleicht heute Abend noch er-
klären würde.
Noch einmal tour äs mrün und rävörsnoo ä sa äams st ü
l'autrs äams und die Quadrille hatte ihr Ende erreicht. Jetzt
sollte eine halbstündige Pause eintreten, damit man an den
reich gefüllten Buffets einen kleinen Imbiß einnehmcn könne.
Der Herr Graf v. Reuthern arrangirte ein Tischchen, an
welchem außer ihm selbst und seiner Frau Gemahlin der
Herr Oberst und der Herr Bürgermeister mit ihren Töchtern
und der Herr Rittmeister v. Rabenau Platz nahmen. An
dem Tische herrschte rege Unterhaltung, am regsten geführt
von Fräulein Aurora, die alles Denkbare und Undenkbare
durcheinnander schwatzte und dabei säst ausschließlich den
Herrn von Rabenau in Anspruch nahm. „Darf ich fragen,
Herr Rittmeister," sprach sie unter Anderem, „bei welcher
Gelegenheit Sie sich das eiserne Kreuz erster Classe erkämpft
haben ?" — „Ich erhielt es einige Tage nach der Schlacht bei
Sedan!" — „Ach richtig, richtig! Dort haben Sie ja mit
einem einzigen Zuge Ihrer Schwadron ein ganzes Regiment
Turkos vernichtet und zwei französische Batterien erobert!"
— „Um Gottes willen, gnädiges Fräulein, woher haben Sie
denn diese komische Tapferkeitsnackricdt?" lachte Herr von
Rabenau. — „Ist es etwa nicht so?" — „Nein, der Wahrheit
die Ehre! Beschränken Sie das Regiment Turkos auf drei
Compagnien und die beiden Batterien auf zwei Geschütze."
— „Aber bei Gravelotte, Herr Rittmeister, da waren Sie der
Erste in der Bredow'fchen Todesschaar!" — „Der Erste?
daß ich nicht wüßte! Ich war dabei und that als Zugführer
meine Schuldigkeit, wie jeder andere Officier!" — „Sie sind
zu bescheiden, Herr Rittmeister, wahrlich zu bescheiden und
wollen Ihre heldenhafte Tapferkeit und Auszeichnung nur
nicht Wort haben." — „Das versiebe ich nicht, gnädiges
Fräulein," erwiderte der junge Rittmeister, „ich bin der An-
sicht, daß hier ein Abgeben von der Wahrheit, eines Mannes
und Officiers unwürdig wäre!" — Mit bedeutsamem Blicke
schaute nach diesen Worten der Graf zur Baronesse v. Stein
hinüber, und diese nickte bejahend, als wollte sie sagen: „Sie
scheinen doch recht zu haben!"

zu geben. Cuignet ist derselbe Offizier, der die Fälschungen
Henrys entdeckt hat.
Amerika. Washington, 30. Nov. Es werden
80 000 Mann Trappen nach Cuba, 7000 Mann nach
Portorico und 20 000 Mann nach den P h i lip p i n en
gesandt werden. Die Regierung genehmigte den neuen
Zolltarif für Cuba, dessen Sätze 25—60 Prozent nied-
riger sind als die der spanischen Tarife. Die Einfuhr
von Lebensmitteln ist um 25 Prozent und die Einfuhr
von Maschinenmaterial um 50 Prozent herabgesetzt.
Badischer Landwirthschastsrath.
Karlsruhe, 1. D zember.
Präsident Klein eröffnet kurz nach 9 Uhr die Sitzung mit
einer kurzen Begrüßungsansprache, in welcher er besonders die
Vertreter der Regierung, an der Spitze den Präsidenten des
Ministeriums des Innern, Geh. Rath Dr. Eisenlohr, der seit
langem als Freund der Landwirthschaft bekannt sei, willkommen
heißt. Des Ferneren begrüßt der Vorsitzende das neu eingetretene
Mitglied, Frhrn. v. Göler. Als Schriftführer werden gewählt
die Herren Würtenberger und Ries. Als Vertreter der Regierung
sind ferner erschienen die Herren Ministerialrath Dr. Krems,
Regierungsrath Märklin und Regierungsrath Hafner.
Verbandsdirektor Heitzmann berichtet über die Maßnahmen
zu anfänglicherer Benützung der Gelegenheit zum Ankauf von
Jungfarren im Gebiet der oberbadischen Zuchtgenossenschaften
durch badische Gemeinden. Redner stellt einleitend fest, daß die
badische Viehzucht auch ferner angewiesen sei, Simmenthaler
Farren anzukaufen. Zu empfehlen sei aber auch der Ankauf
von Farren aus dem Oberbadischen Zuchtverband, die in Deutsch-
land und darüber hinaus sich eines vortrefflichen Rufes erfreuten
und in die verschiedensten Gegenden Deutschlands exportirt würden.
Redner befürwortet den Ankauf von Weidefarren im Gegensatz zu
den Stallfarren. Die Aufzugskosten bis zum zwölften Monat
betrügen etwa 450 bis 500 M. Der Wunsch der oberbadischen
Zuchtgenossenschaften ginge dahin, der Landwirthschastsrath möge
den Ankauf aus dieser Genossenschaft befürworten und die
Regierung Maßnahmen treffen, dielen Ankauf zu fördern durch
Gewährung von Prämien oder durch Uebernahme der Ankaufs-
kosten. Dem Käufer werde man soweit als möglich entgegen-
kommen.
Mitberichterstatter Gutsbesitzer R u d o l p h - Neuenstetten ver-
breitet sich über das Impfen der Farren und schließt sich den
Schlußausführungen des Vorredners an und befürwortet beson-
ders den Ankauf von Farren aus den oberdadischen Zucht-
genossenschaften. Die Resultate der nnterbadischen Genossen-
schaften seien leider geringe und sei hier eine Unterstützung durch
die Regierung besonders geboten.
Steingötter-Heidelberg theilt mit, daß im Heidelberger
Bezirk eine Zuchteiukaufgenossenichaft für 24 Gemeinden gebildet
sei, deren Bestreben die Veredlung vor allem der männlichen
Thiere sei. Redner befürwortet den Ankauf im badischen Land.
Die Genossenschaft nehme kein Thier an, welches nicht geimpft sei.
Doch habe man mit dem Ankauf bei den oberbadischen Zucht -
genossenschaften den besten Erfolg gehabt.
Frank-Buckenberg theilt seine Erfahrungen bei dem Ankauf
von Farren aus dem Oberland und dem Simmenthal mit.
Wünschenswerth sei eine Ausdehnung der Weiden im Oberland,
um noch besseres Material zu schaffen; dann merden die Ankaufs-
kommissionen ihren Bedarf nur aus dem Oberland beziehen.
Heitzmann-Meßkirch führt aus, daß man die Einkaufs-
kommissionen immer wieder darauf Hinweisen müsse, Weivestiere
zu kaufen, dann würden die Züchter von selbst ihr Augenmerk
auf die Erweiterung der Weiden richten. Leider würde bis jetzt
in Baden selbst von den oberbadischen Genossenschaften weniger
Vieh gekauft als Wünschenswerth, die Genossenschaft sei gern bereit,
den Käufern an die Hand zu gehen.
Scipio-Mannheim bringt einige Wünsche des Pfalzgau-
verbandes zur Sprache, die vor allem dahin gingen, die Regierung
möge die Kosten der Sachverständigen veim Ankauf im Oberland
tragen. Man möge aber auch daraus bedacht sein, nur genügend
ausgewachsene Thiere zu verkaufen. OAA
Ministerialrath Dr. Krems führt aus, daß auch die Regie-
rung zu der Ueberzeugung gelangt sei, daß etwas g cschehen müsse,
um das gute Material des Oberlandes der Hetmath zu erkalten,
sowohl im Interesse des Oberlandes wie vor allem auch im
Interesse dec übrigen Zuchtgebietc des Landes. Er glaube in
Aussicht stellen zu können, daß die Regierung Mittel flüssig
machen werde, um den Ankauf bei den oberbadischen Genossen-
schaften zu fördern. In welcher Weise diese Unterstützung zu
Fräulein Feuerstahl aber ließ deu Rittmeister nicht so
leichien Kaufes wieder los, er lollie wissen, daß sie seine
Heldenthaten kenne und verhre. Das liebeathmende Bürger-
meifterslöchterleiu ging nunmehr in seinem Gespräche auf den
Krieg 1866 über, in welchem Herrn v. Rabenau sich ja wohl
den Orden pour Is msrito dadurch verdient habe, daß er bei
Königgrätz ganz allein in die Mitte eines österreichichen
Cürassierreglments gerathen sei, sich aber durchgeschlagen und
noch einen Officier und zwei Gemeine als Gefangene mitge-
nommen habe. Das ging dem Herrn v. Rabenau doch über
den Spaß und er rief: „Ja, gnädiges Fräulein, wenn Sie
mir dergleichen andichten, kann ich auf Ihre Fragen über-
haupt nichts mehr erwidern. Ich bin im Feldzuge 66 niemals
in einem Reilergesechte gewesen, ich war damals Brigade-
adjutant und empfing den Orden xour ls wsrits, weil ich wie
man mir sagte, einen außerordentlich wichtigen Befehl einem
anderen Truppentheile rechtzeitig überbrachte." — „And da-
mals," siet der Oberst, welcher lächelnd dem Gespräche zuge-
hört hatte, ein, „diesen Befehl dadurch vollzog, daß ich fast
mitten durch den Feind ritt." — „Sie wissen?" fragte der
Rittmeister erstaunt. — „Gewiß weiß ich eS. wie damals je-
der Cavallerieofficier von Ihrem prächtigen Ritte sprach. Ich
hab: Sie damals um diesen Ritt ordentlich beneidet, jetzt
aber freue ich mich, Sic in meinem Regimente zu haben!"
Das Anklingen eines Messers au eur Weinglas gebot Ruhe.
Der Herr Bürgermeister erhob sich und hielt seine wohl-
einstudirle Rede, nicht schön und gerade kein Meisteistück der
Logik und Stylistik, aber gut gemeint. Sein Hoch galt dem
Regimente in erster Linie deu Olficicren des Regimentes.
„Ihr Wohlsein!" knixte daraus Aurora vor dem Herrn
Rittmeister von Rabenau, „Ihr besonderes Wohlsein, Herr
Rittmeister, mein Papa hat mir aus der Seele gesprochen."
Herr v. Rabenau verbeugte sich dankend, dann aber wandte
er sich zu dem Herrn Obersten, welcher von allen Seiten ju-
belnd umdrängt wurde, und begegnete hier der an der Seile
ihres Vaters stehenden Baronesse.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen