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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0009

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Sonntags ausgenommen.
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mit Familienblättern
monatlich SO Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
Vierteljahr!. 1-25
ausschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

WckkM Aitmig.

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Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- :nd
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

Xi-. M. Erstes Klaff. Zawstag, den 2. Juli

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das III. Quartal
werden bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nnr 50 Pfg., frei in's Haus
gebracht: durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich,
Mit Zustellgebühr Mk. 1.65.
Der amerikanisch-spanische Krieg.
Die Meldung, daß bei Santiago am 30. Juni eine
Schlacht statlgefunden habe, war um 24 Stunden ver-
früht. Der Zusammenstoß zwischen den angreifenden Ame-
rikanern und den vertheidigenden Spaniern ist erst gesrern,
am 1. Juli, erfolgt, wie aus nachstehenden Depeschen
hervorgeht:
Washington, 1. Juli. Eine amtliche Depesche Shafters
bon 9.45 Uhr Vormittags meldet: Heute Vormittag begann ein
Angriff auf Santiago- Die Vw Postengefechte werden ener-
gisch fortg^ctzt, Die auf den: rechten Flügel stehende Division
rückt gegen das nordwestliche Viertel Santiagos vor.
Play a del Este, 1. Juli. Der Vormarsch der Hauptmacht
«er Armee Shafters wird zurückgehalten, "da die Ankunft von
Lebensmitteln und Artillerie erwartet wird. Die Armee ist unge-
fähr 17000 Mann stark mid hält die ganze Lime fünf Meilen
westlich von Santiago besetzt.
Playa del Este, 1. Juli- 11.20 Uhr Vormittags. D er
allgemeine Angriff zu Wasser und zu Lande ist in
dollem Gange. Der „Vesuvius" schoß mit gutem Erfolge
aus Dynamitkanonen. Auf der ganzen Linie herrscht ein erbit-
terter Kampf.
New-Jork, 1. Juli. (Frankl. Zig) Die Amerikaner be-
gannen beute früh den Land- und Leeangriff auf Santiago.
Saupson's Schiffe eröffneten ein lebhaftes Feuer auf die Forts
a» der Hafeneinfahrt und es gelang dem „Vesuvius", mehrere
Hcschofse in den Hafen zu werfen, wo Cervera's Flotte begonnen
hatte, ihre Geschosse gegen die unter General Lawton auf Sant-
iago avancirenden Truppen abzufeuern. Nach heftigem Kampfe
gelang es Lawton, die Vorstadt Cabona zu nehmen. Die
Verluste sind noch unbekannt.
In der verfrühten Nachricht war angegeben worden,
die Schlacht sei für die Spanier günstig ausgefallen, die
Wirklichkeit wird dagegen allem Anschein nach ein anderes
Resultat aufweisen. Wenn die Amerikaner schon so weit
dorgedrungen sind, daß sie sich einer Vorstadt Santiagos
bemächtigten, so ist es nach den bisherigen Erfahrungen
zweifellos, daß sie den ganzen Ort nehmen werden. Da
die Spanier auf Cuba circa 180 000 Mann stehen haben,
hätten sie zum Schutze von Santiago und der in dem
dortigen Hafen eingesperrten spanischen Flotte ganz gut
weitere 15 000 Mann entsenden können. Santiago hat
Bahnverbindung mit der Hauptstadt, der Transport hätte
also schnell vor sich gehen können. Statt dessen lassen sie
die Amerikaner sich über den Hals kommen. Seit drei
oder vier Tagen lassen sie zwar bombastisch verkünden,
es würden Anstalten gemacht, um Verstärkungen nach
Santiago zu entsenden. Allein da war es zu spät, außer-
dem ist es auch fraglich, ob man es nicht mit bloßen
Worten zu thuu hat. Die miserable Kriegführung der
Spanier ist nicht viel besser als die der Chinesen, die
man im japanisch-chinesischen Krieg vor einigen Jahren
kennen gelernt hat.
Wenn die Amerikaner Santiago genommen haben
werden, dann werden in Spanien voraussichtlich die
Stimmen, die den Frieden wünschen, lauter werden. Der
Bischof und die Handelskammer von Barcelona haben sich
bereits für den Frieden ausgesprochen, auch sonst schon
haben sich einige Stimmen für den Frieden erhoben. Der
Ministerpräsident Sagasta dagegen erklärt, vorläufig könne
nur an Krieg gedacht werden. Man kann es ihm nach-
fühlen, daß er sich krampfhaft an die Hoffnung an--

Ein Griff in's Leben.
10) Novelle von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.)
»Ich aber denke nicht daran, solche Großmutb zu begehren
denn ein glücklicher Zufall hat mich über Nacht den geeigneten
Stoff finden lassen, einen Stoff aus dem vollen Leben, er-
greifender und packender als eine Künstlerpbantasie ihn zu er-
sinnen vermöchte. Ich denke, Frau Jutta, Sie sollen mit mir
und meinem Bilde zufrieden sein."
„Und es ist nicht erlaubt zu fragen, was Ihr Gemälde
darstellen wird?"
„Nein, diesmal bin ich es, der das Vergnügen genießen
will, Sie zu überraschen, und Sie werden mir ja die Freude
nicht verderben wollen, da Sie ja selbst die Ueberraschungen
lieben."
»Sei es denn! Ich will Sie nicht durch weitere Fragen
in Verlegenheit setzen. Aber Sie dürfen mich nicht zu lange
warten lassen, denn ich bin von etwas ungeduldigem Tem-
perament."
„In vier Wochen werde ich fertig sein — mein Wort
daraus!
, -Und es bleibt dabei, daß ich die erste bin, der Sie das
fertige Bild zeigen werden?"
„Gewiß! Ich male cs ja nur für Sie."
Vielleicht würde er noch etwas Weiteres hinzugefügt haben,
umsomehr es ganz den Anschein hatte» als ob sie noch eine
andere, deutlichere Erklärung erwarte. Aber der Gedanke an
den Schauspieler im Nebenzimmer, der, wenn er wollte, jedes
Wort vernehmen konnte, verschloß ihm die Lippen. Ob Jutta
von Greiffenhagen sich dadurch enttäuscht und ein wenig ge-
kränkt fühlte, oder ob sie der Meinung war, daß ihr Besuch
im Atelier eines unverheiratheten jungen Malers nunmehr
lange genug gewährt habe — jedenfalls erklärte sie ziemlich
unvermittelt, daß sie fort müsse, und Wallfrieds Bitten, ihm
noch ein Viertelstündchen zu schenken, vermochten nichts an

klammert, Spanien werde doch wenigstens einmal einen
kleinen militärischen Erfolg erzielen, worauf sich dann in
Ehren Frieden machen ließe. Muß Spanien, nachdem es
Schlappe auf Schlappe erlitten, Frieden schließen, dann
liegt die Gefahr des Ausbruchs einer Revolution nahe;
man wird die Regierung, die Monarchie als den Sünden-
bock bezeichnen, der die Schande der militärischen Kraft-
losigkeit der Nation auf sich nehmen muß. Trotz dieser
inneren Gefahr wird die Regierung sich wohl oder übel
doch bald zum Frieden entschließen müssen.

Deutsches Reich.
Berlin, 1. Juli.
— An die Meldung von der bevorstehenden Ver-
mählung des Herzogs Günther hatten sich in
einigen Blättern Erörterungen geknüpft, zu denen sich eine
an die Nat.-Ztg. gerichtete Zuschrift wie folgt äußert:
Die bevorstehende Vermählung des Bruders unserer Kaiserin
konnte zunächst in den monarchisch gesinnten Kreisen, für welche
die Feste der kaiserlichen Familie eigene Feste sind, nur freudig
begrüßt werden. Indessen, da die ullramoutanen Blätter, die
Organe der „regierenden Partei", des Centrums, daran alsbald
die Andeutung knüpften, daß die aus dieser Ehe etwa zu erwar-
tenden Kinder sämmtlich in der Konfession der Prinzessinu-Braut,
also katholisch, erzogen weroen sollten, und daß der Herr Bräuti-
gam dieses auch bereits zugesagt habe, so konnte dies nicht ver-
fehlen, in unserer gesummten evangelischen Bevölkerung schwere
Besorgnisse zu erwecken. Jene Andeutungen müssen jedoch bei
näherem Hinblick als grundlos erscheinen einfach darum, weil
Herzog Günther preußischer Offizier ist. Nach der königlichen
Kabinetsordre vom 7. Juli 1853 aber, welche im Jahre 1873
am 23. September durch Kaiser Wilhelm 1. aufs Neue einge-
schärft wurde (siehe den Abdruck derselben bei Bernhard Hübler
„Eheschließung gemischter Ehen in Preußen" S. 66 1883), wird
jeder evangelische Offizier, der die Erziehung seiner
Kinder im katholischen Glauben eidlich gelobt, mit Dienstentlas-
sung bedroht. Herzog Günther würde somit, wenn er, wie jene
Blätter andeuten, das Versprechen abgelegt haben sollte, aus dem
preußischen Militärdienste und in Folge davon auch wohl nebst
seiner Gemahlin vom preußischen Hofe scheiden müssen. Damit
würde der etwa erstrebte Einfluß auf diesen Hof ausgeschlossen
sei«. Sollte im klebrigen Herzog Günther doch, ähnlich, wie
vor einigen Jahren ein mecklenburgischer Prinz bei seiner Ver-
heirathung mit einer Prinzessin Windischgrätz, die Zusage der
katholischen Kindererziehung gemacht haben, nun, so wäre dies
alsdann, wie in dem eben erwähnten Fall, eine reine Privat-
fache.
— Einem österreichisch-ungarischen Konsulatsbericht für
1897 entnehmen wir: Deutschlands Antheil am
brasilianischen Markte ist der größte; er läßt sich
ohne weiteres auf zwei Drittheile des ganzen Kon-
sums veranschlagen und begreift fast die ganze Liste der
in Brasilien abgesetzten Jndustricwaaren. Der Handels-
verkehr via Hamburg ist so Vortheilhaft und wohlorgani-
strt, daß ihn seit Bestehen der direkten deutschen Dampfer-
verbindung mit Parauagua auch die für Parana bestimm-
ten englischen, belgischen, französischen und schwedischen
Maaren benutzen.
— Es ist Herrn Bebel nicht angenehm, daß ein
deutscher Journalist sich seine Villa in Zürich betrachtet
und sie in einem Charlottenburger Blatt rühmend be-
schrieben hat. So muß nun der Vorwärts erklären, daß der
unmittelbar am See gelegene imposante Prachtbau, der
mit seinem riesigen, bluthrothen Ziegeldach dem sich zu
Dampfer Nähernden entgegenleuchtet, ein „bescheidenes
Haus" sei. Das bescheidene Haus sei an mehrere
Familien vermiethet. Bebel selbst habe für sich, seine Frau
und die Familie seiner in Zürich verheiratheten Tochter
nur den Dachstock mit drei Stuben, Kammer und Küche
im Sommer zur Benutzung. Das Besttzthum habe er mit
dem Erlös aus seinem Buche, „Die Frau", welches in
über 100 000 Exemplaren verbreitet sei, erworben. So
ihrem Entschluß zu ändern. Beim Fortgehen gestattete sie
ihm wohl, ihr wieder mit leidenschaftlicher Wärme die Hand
zu küssen, aber ihr Lächeln war doch etwas gezwungener und
ihr Ton etwas kühler als bei ihrem Kommen, und Wallfried
verwünschte es in der Stille seines Herzens als eine Thor-
beit, daß er sein Modell nicht vorhin sogleich ganz fortge-
schickt habe-
Sobald sich die Thür hinter Jutta geschlossen, eilte er an
den Eingang des Kabinets und schlug den Vorhang zurück.
Aber zu seinem grenzenlosen Erstaunen fand er das Zimmer
leer. Es hatte keinen anderen Ausgang, als den nach dem
Atelier; aber das offenstehende Fenster zeigte ihm den Weg,
den Georg Hestling genommen. Da es sich nur um eine Höhe
von etwa zwei Metern handelte, war der Sprung in den Garten
ja ziemlich ungefährlich gewesen, diese seltsame Flucht aber
blieb darum nicht weniger befremdend und unerklärlich, und
Wallfried mußte wohl zu dem Entschluß kommen, daß der
Geisteszustand seines Modells kein ganz normaler sei, als er
die unten im Schnee sichtbaren Fußspuren betrachtete, die
weit auseinander lagen wie die Fußwuren eines Verfolgten,
der in gewaltigen Sätzen enteilt ist.
3.
Georg Hestling kam nicht wieder, um zu der Vollendung
seines Portraits zu sitzen. Statt seiner traf am nächsten
Morgen ein Brief ein — ein sonderbarer Brief, der in einem
groben, schmutzigen Umschläge steckte und der auf die abgerissene
Hälfte eines Depeschenformulars geschrieben war. Die wenigen
Zeilen, die er enthielt, waren von einer kritzligen, unsicheren
Hand hingeworfen und sie lauteten:
„„Das Spiel ist aus. Sie müssen mir den Rest meiner
Schuld großmüthig erlassen; denn ich bin nicht im Stande,
ihn zu tilgen. Die gespenstischen Schatten, die mich Tag und
Nacht verfolgten, haben sich mit Fleisch und Blut umkleidet,
und ich fühle, daß ich wahnsinnig werden müßte, wenn sie
mir noch einmal erschienen. So weit aber will ich es nicht
kommenjlassen, und so rette ich mich dahin, wo sie keine Macht
mehr über mich haben. Wenn diese Zeilen in Ihre Hände

1898.

macht sich also Herr Bebel mit seinem Züricher Besitz
möglichst klein. Natürlich wäre es, wenn er mit Stolz
darauf Hinweisen würde, daß er durch sein — wenn auch
sehr einseitiges — Talent, sich einen solchen Besitz errungen
habe. Statt dessen bittet er förmlich um Entschuldigung,
daß er etwas besitze. Nicht er, sondern die dumme
Bourgeoisie, die sein Buch in 100 000 Exemplaren gekauft
habe, sei daran Schuld. Wie kläglich für einen aufrechten
Mann! Welche Demuth, welches Kriechen vor der Masse!
Kiel, 1. Juli. Der Kaiser besuchte gestern Abend
den Bierabend des Kaiserlichen Jachtklubs in der Marine-
akademie und kehrte um 11 Uhr nach der „Hohenzollern"
zurück. Heute Morgen 7'/- Uhr begab sich der Kaiser auf
dem „Meteor" zur Theilnahme an der Kiel-Travemünde-
Regatta. Die Kaiserin verabschiedete sich im Schlosse
von den Kaiserlichen Kindern und begab sich mit der Prin-
zessin Heinrich, dem Prinzen Adalbert und der Prinzessin
Friedrich Ferdinand von Schleswig-Holstein nach der
„Hohenzollern", welche um 9'/? Uhr Vormittags den Hafen
verließ.
Baden. Die Bad. Land post schreibt, daß die natio-
nalliberale Partei im 13. bad. Reichstagswahlkreis
(Eppingen-Sinsheim) die schwächste von allen sei, da nicht
Herr Köhnhoru sondern Herr Lucke in die Stichwahl ge-
kommen ist. Das konservative Blatt übersteht dabei ab-
sichtlich, daß Herr Lucke Compromißkandidat dreier
Parteien, der Konservativen, der Antisemiten und des
Bundes der Landwirthe, gewesen ist und trotzdem nnr 800
Stimmen mehr wie Herr Köhnhorn erhalten hat. Wer
diese Thatsache ohne Voreingenommenheit betrachtet, muß
einsehen, daß die nationalliberale Partei die zweitstärkste
in dem Wahlkreis ist. Wäre sie durch das jahrelange
Eintreten für konservative Kandidaten nicht desorganisirt
worden, dann wäre ihr Kandidat in die Stichwahl ge-
kommen. Hoffentlich wirkt der durch die Aufstellung einer
eigenen Kandidatur erzeugte frische nationalliberale Hauch
in dem Kreise nach, sodaß dort das nächste Mal ein
günstigeres Resultat erzielt wird.
Karlsruhe, 1. Juli. Wie man der Bad. Landesztg.
mittheilt, soll in Centrumskreisen als sicher angenommen
werden, daß der preußische Armeebischof Dr. Aßmaun
in Berlin zum Erzbischof von Freiburg ernannt sei.
— Auf der deutschen Landwirthschaftlichen Ausstellung
in Dresden hatte die b ad is ch e Ab t h eil un g für Zucht-
vieh einen glänzenden Erfolg aufzuweisen, ihr wurde der
einzige Verbandspreis zuerkannt. Mcßkirch erhielt
einen ersten, Donaueschingen einen zweiten Genossenschafts-
preis , Pfullendorf eine Anerkennung. Von 49 Thieren
wurden 39 prämiirl. Außerdem wurden an badische Aus-
steller zahlreiche Einzelpreise vertheilt im Gesammtwerthe
von 4800 Mark; sowie mehrere Ehrenpreise.
— Im Beobachter räumt Wacker ein, daß am 21.
und 23. Juni der Centrumsführer Dr. Lieber dem badi-
schen Centrum die Mitwirkung gegen die Sozial-
demokratie nahelegte; der Berliner Parteileitung fehle
aber jede Zuständigkeit in Fragender bad. Centrumstaktik. Ja,
Herr Wacker hat seinen eigenen Kopf und nach seinem
Kopf muß Alles gehen. Er ist darin wie Eugen Richter,
der mit seinem Eigensinn und seiner Unfähigkeit ab- und
zuzugeben seine Partei nachgerade ruinirt hat. Bezeich-
nend für den Charakter des Herrn Wacker ist, daß er an-
gesichts des Verhaltens des badischen Centrums an den
Stichwahlen erklärt, es fehlten ihm die Worte, um den
Vorwurf nach Gebühr zu charakterisiren, daß „bewußt der
Sozialdemokratie eine Gasse gebahnt, die Untergrabung der
staatlichen Ordnung und Autorität gefördert worden ist."
gelangen, ist alles vorbei. Gönnen Sie einem armen Ver-
lorenen seinen lang ersehnten Fried m.
Georg Hestling.""
Herbert Wallfried wurde durch dies seltsame Billet natur-
gemäß in große Bestürzung versetzt, und da er ja nicht wußte,
wo er den Unglücklichen suchen sollte, um ihn, wenn überhaupt
noch Zeit dazu war, an der Ausführung seines entsetzlichen
Vorhabens zu hindern, so begab er sich nach kurzem lieber-
legen mit dem Briefe nach der Polizei. Dort nahm man die
Sache ziemlich kühl, und nachdem sich ohne große Schwierig-
keiten hatte seststellen lassen, daß ein Schauspieler Georg
Hestling überhaupt nicht polizeilich gemeldet war, daß es sich
also nur um einen Schwindler oder um eine Obdachlosen
handeln könne, gab man dem jungen Maler anheim, den
Aufenhalt seines Schützlings auf eigene Faust zu ermitteln.
(Fortsetzung folgt.)

I. Symphonie-Concert des städtischen Orchesters.
O Heidelberg, 2. Juli.
Endlich konnte dem Jupiter Pluvius ein L-tündchen ab-
gerungen werden, um unserem neuen Orchesterleiter Gelegenheit
zu geben, sich uns in einem Concerte größeren und edleren
Stiles zu präsentsten. Auch diese Feuerprobe hat er glänzend
bestanden. Der innere und äußere Erfolg des Concertes muß
als ein tiefer und nachhaltiger bezeichnet werden. Jeder
Dirigent hat das Publikum, das er verdient, d. h. er muß es
eben verstehen, dasselbe zu sich hinaufzuziehen und nicht um-
gekehrt. Es war daher sehr praktisch, zuerst nur Piscen delikaterer
Natur auf das Programm zu setzen. Die II. Serenade von
Volkmann wurde von dem Streichorchester tadellos interpretirt;
auch die subtilsten contrapuukttscheu Stellen wurden klar und rein
intonirt. Die vollkommene Ruhe, die diesmal herrschte, ließ auch
das schwächste Piano noch deutlich vernehmen. Ein Publikum
läßt sich eben gerne beherrschen, wenn es merkt, daß der Lohn
auch der Mühe werth ist. Stürme des Beifalls entfesselte die
 
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