Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 176 - 202 (1. August 1898 - 31. August 1898)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0195

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


tz Erscheint täglich.
Mntags ausgenommen.

Drei-
bit vamiliendlättern
.monatlich 50 Pf.
ms Haus gebracht.
die Post bezogen
r-.Lerteljährl. 1.25
^schließlich Zustellgebühr.

> --
^Vhon-Anschluß Nr. 82.
M. IM.

HkidelbcWtt AitiiW

Jr.sertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petsizesi« oder Keren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäule«.

Telephon-Anschluß Nr- 82.

Dienstag, den 23. Angnft 1898.

Der Zionismus und der zweite zionistische
Congrest in Basel.
Von I. Melnik (Berlin).
Bekanntlich hat im vorigen Jahre der erste zionistische
^^greß in Basel stattgefunden. Nun findet — vom 28.
' M. bis i. September — der zweite Kongreß statt.
Aber was ist denn eigentlich Zionismus? „Der Zionis-
iM" — um mit dem festgesetzten Baseler Programm zu
Mcihen — „ erstrebt für das jüdische Volk dieSchaffung
öffentlich-rechtlich gesicherten Heim-
Mite in Palästina." Diese zionistische Bewegung ist
, ^Mus keine nagelneue Bewegung, wenn auch die Be-
Mvung dafür erst vor zwei Jahren gebildet wurde,
jüdische Historiker führen diesen Gedanken gleich
l den Moment der Verbannung der Juden aus Palästina
und xs sthr begreiflich, daß ein Volk gleich
M seinem Unterliegen seine nationale Selbständigkeit
icder erstrebt.. Aber, wie gesagt, der Zionismus in seiner
° 8enwärtigen politischen Form, ist ein Produkt der letzten
°^e; er datirt aus der Zeit, da die berühmte Broschüre
Judenstaat" von Dr. Theodor Herzl das. Licht der
lmo! EMte.. — Die entsetzlich ökonomische Lage der
, Nchen, galizischen, rumänischen und marokkanischen Juden
UEte dem Dr. Herzl die Feder in die Hand und
u kam diese Broschüre heraus. Gleich darauf folgte
. ganze „Für" und „Wider" Judcnstaat-Literatur, die
? heftigen Kämpfen und Streitigkeiten innerhalb des jüdi-
M Lagers führte. Aber Dr. Herzl ist nicht blos ein
an» des Wortes, sondern auch der That. Er gründete
G .^.nsstisches Organ „Die Welt", trat in mehreren
Mßstädten Europas als Zionsprediger auf und lud die
. Präsentanten der Judenheit aller Länder zu einem Con-
M München ein. Aber die in München lebenden
^°hne Israels gaben sich die Mühe, diesen Plan zu ver-
und cs gelang ihnen, den Kongreß zu verhindern,
die deutsch-jüdischen Seelsorger, die sogen. Rabbiner,
uipeltcn den Zionismus als Verdammungswerth ab. Aber
irim Er ihrer Bemühungen fand doch ein Kongreß statt
H^äwar auf dem freien schweizerischen Boden — in
h Die Beschlüsse dieses Kongresses sind allbekannt. Es
Melte sich hauptsäch darum, die Existenz einer jüdischen
festzustellen und ihre Lebensfähigkeit zu beweisen.
rt iu Pasel hatten wir Gelegenheit, den Worten eines
M ^m Judenthum haltenden Sohnes Israels, Max
er M lauschen. In einer glanzvollen Rede zeichnete
Mas Aussehen Israels am Ausgange des neunzehnten
lMhunderts. Seine Rede, die nachher zum Abdruck ge-
Mte,betitelt sich „Die Lage der Juden im 19. Jahrhundert".
M ihren Inhalt mit einem Worte wiederzugeben, bediene
Mich sxjnes eigenen Ausdrucks: „Die Juden sind in
M Mehrheit ein Stamm von geächteten Bettlern",
»ett^r ungewöhnlich begabte Redner, der alles Conventio-
hie/ E Lügenhafte bei Seite schiebt, vergaß auch
b» , nicht, die jüdischen Geldprotzen oder die „einige
tiox t überreichen Inden" mit schroffen aber sehr rich-
kz u Worten zu geißeln. Diese Geldprotzen, die Ver-
„. Mug des Mammons, meinte Nordau, würden in einer
ihrer und vollständischen jüdischen Gesellschaft infolge
aller panischen Eigenschaften in der Volksachtung die
Re^Erst° S^fe einnehmen, und jedenfalls niemals die
Ücde und hohen Orden erhalten, mit denen die christ-
P. Mellschaft ße auszeichnet. „Das Judenthum der
Hu-ar M und Tanaim, das Judenthum Hillels, Philos,
Hei',?- ilM' Jehuda Halebys, Ben-Moimons, Spinozas,
tz^^kennen diese Geldprotzen nicht, die alles gering

schätzen was die Zionisten verehren, und die Hochhalten,
was sie verachten. „Diese Leute" — meinte Nordau —
„sind der Hauptvorwand des neuen Judenhasses, der mehr
wirthschaftliche als religiöse Gründe hat." —
Kurz, er bewies, daß die Judennoth nach Abhilfe
schreit, und nun werden Beschlüsse gefaßt und Mittel zur
Erreichung der Zustimmung der Regierungen in Aussicht
genommen.
Seit diesem Kongreß arbeiteten die Zionisten mit
großem Fleiß und hatten — verhältnißmäßig — auch
Erfolg. Es handelt sich jetzt um die Gründung
einer Nationalbank und große Kapitalien sind schon
zu diesem Zwecke vorhanden. Allmählich begann der Zio-
nismus auch in die allgemeine Presse einzudringen. Die
Worte Nordaus, daß die Judennoth niemand gleichgiltig
lassen darf, die christlichen Völker ebensowenig wie die
Juden, haben sich als sehr richtig erwiesen. Fast alle
Zeitungen der neuen wie der alten Welt legten für den
Zionismus lebhaftes Interesse an den Tag. Das erste
Verdienst gebührt den schweizer Zeitungen und zwar den in
Basel erscheinenden. Sie waren die ersten, welche diese
Bewegung herzlichst begrüßten. Besonders hat sich die
russische Presse damit beschäftigt, denn Rußland ist das
Land, wo die ärmsten und die meisten Juden ansässig
sind, das Land, wo die sogenannte Judenfrage nie zur
Lösung, seit Jahrhunderten, gelangen kann. —
Auch die jüdische akademische Jugend hat sich
während des Jahres für diese nationale Bewegung be-
geistert, und die jüdischen Studenten der freien Schweiz
haben schon ihre Kommilitonen zu einem Studententag
nach Basel gleich nach dem Kongresse eingcladen. —
Und nun der zweite Kongreß!
Ein seltsames, eigenartiges Gefühl bemeisterte sich noch
im vorigen Jahre eines Jeden, beim Anblick des damaligen
Kongresses. Es war ein äußerst interessanter, historischer
Moment. Ein Jeder der die Gabe besitzt, das Gleichzeitige
historisch zu betrachten, erkannte die große Bedeutung des
Zionismus. Ein altes, gemartertes, seit Jahrhunderten
gefoltertes Volk erwachte plötzlich zum neuen Leben. Ein
Antäus des Martyriums, gewinnt es aus der Fülle seiner
Leiden an Kraft und Lebenslust. Jahrtausende von ge-
ächtetem, unterjochtem Dasein vermochten nicht die Lebens-
lust in ihm zu ertödten; und eine starke Sehnsucht taucht
wieder auf. Jene aus aller Herren Ländern hingekommenen
Juden bewiesen die Kraft und Energie der jüdischen Nation.
Die Tausende von Telegrammen, Kundgebungen sowohl
von Einzelnen wie von Vereinen, Gemeinden, Korporationen
sprachen mit beredter Zunge, daß es dort um eine ernste
Sache sich handelte. —
Und nun, wie gesagt, der zweite zionistische Kongreß!
Wie bereitts in der Welt gemeldet wurde, kommen jetzt

dadurch, daß er die Verinnerlichung und Vertiefung des
Zionismus zu bewirken sucht. Im vorige» Jahr galt es
aller Welt die Kenntniß von der Existenz einer jüdischen
Nation beizubringen, die nie zu sterben gedenkt. Jetzt steht
sie schon als eine unableugbare Thatsache da, und die
Aufgabe des Zionismus beschränkt sich jetzt hauptsächlich
darauf die Beschlüsse des ersten Kongresses zu verwirk-
lichen wie auch das Programm der Culturaufgaben des
lebensfähigen Jungisraels auszuarbeiten. — Die Zionisten
besitzen auch eine neuhebräische Literatur; und die
Junghebräer, die nationaljüdischen jungen Leute verlangen
sich auch geistig zu bethätigen, und in die Schatzkammer
der höchsten menschlichen Götter auch ihr Schärflein hin-
einzubringen. Der Zionismus ist nicht bloß eine ökono-
mische sondern auch eine geistige Lösung der Juden-
frage.
Der norwegische Altmeister Henrik Ibsen schreibt in
einem Briefe an Georg Brandes (vom 17. Febr. 1871):
„Der Kellner ist der beste Soldat. Und auf der anderen
Seite das Judenvolk, der Adel des Menschengeschlechtes.
Wie bewahrte es seine Eigenart, seine Poesie, trotz aller
Rohheit von Außen? Dadurch, daß es keinen Staat
durchzuschleppen hatte. Wäre cs in Palästina geblieben,
so würde es längst in seiner Konstruktion untergegangen
sein, ebenso wie alle anderen Völker. Der Staat tödtet
das Individuum." —
Wir hegen die Hoffnung, daß die Reconstruktion des
Judenstaates, oder wie es sonst heißen mag, nicht ein
Fluch für das Individuum sein wird, sondern eine Heim-
stätte, wo jedes eigenartige Individuum zu seinem völligen
Rechte gelangen wird. —
Und nun bleibt uns nichts übrig, als die edelgesinnten
Zionisten und ihren Kongreß zu begrüßen.
Das Gelingen des Kongresses wird auch alle Welt
von der Lösung einer Judenfrage befreien.
Deutsches Reich.
Berlin, 22. August.
— Der diesjährige socialdemokratischePartei-
tag soll nach einer vom Parteivorstande im Vorwärts
veröffentlichten Bekanntmachung in der Woche vom 3. bis
9. Oktober in Stuttgart tagen. Auf der provisorischen
Tagesordnung steht zunächst nur ein Punkt von all-
gemeinerem Interesse, nämlich die deutsche Zoll- und
Handelspolitik, über welche der Abg. Schippel,
Vertreter von Chemnitz, referiren soll. Es fehlt aber auch
nicht an Anträgen aller Art, und erfahrungsgemäß pflegen
diese zu den bemerkenswerthesten Debatten zu führen. Es
hat den Anschein, als ob die Stellung der Partei zur
Zoll- und Handelspolitik eingehend erörtert und prücisirt
werden soll. Hierbei wäre zu bemerken, daß in letzter

viel mehr Delegirte als im vorigen Jahre. Der
Zionismus hat seitdem mehr an Terrain gewonnen. Als
Delegirter auf diesem Kongreß kommt auch der bekannte
Turiner Professor Cesare Lombroso, der unlängst sein
zionistisches Bekenntniß in einem Aufsatze in der Welt ab-
legte. — Anfangs als er zum ersten Male vom Zionis-
mus reden hörte, empfand er Lust zu lachen. „Jetzt aber,"
so schreibt er u. a., „habe ich mich überzeugt, daß ich mich
auch in einem Jrrthum befand, als ich die Ideen des
Zionismus verspottete." „Wenn sie," meint er, „in der
jetzigen Weise von hervorragenden Männer weitergeleitet
werden, so verheißen sie, daß wir ein neues, glückliches,
an Geist und Energie mächtiges Volk hervorgehen sehen
werden, das vom Alten nichts haben wird, als die Ueber-
lieferung, die Klugheit und den Scharfsinn."
Der bevorstehende Kongreß unterscheidet sich vom ersten '

Zeit sich innerhalb der Partei ein gewisser Gegensatz
zwischen Doktrinarismus und Realpolitik gezeigt hat. Der
neugewählte sozialdemokratische Abgeordnete Calwer (Holz-
minden) ist z. B. vor einiger Zeit in der sozialdemokra-
tischen Wochenschrift Die neue Zeit für ein mitteleuro-
päisches Zoll- und Wirthschaftsbündniß gegenüber Amerika
eingetreten, allerdings nicht ohne Widerspruch der Redac-
tion der Wochenschrift und schon auf dem vorjährigen
Parteitag in Hamburg hat der Abg. Schippel in Betreff
der Zollpolitik beachtenswerthe Aeußerungen gethan. Als
nämlich ein Redner bei der Debatte über die Thätigkeit
socialdemokratischen Reichstagsfraktion es bemängelte,
dieselbe zum deutsch-amerikanischen Handelsvertrag
nicht Stellung genommen, und daß der in Aussicht ge-
ene Sprecher der Partei, eben Schippel, nicht ge-
habe, erklärt der Letztere, der Moment wäre der denk-

8) Heimkehr.
Erzählung von Paul Miß.
« (Fortsetzung.)
Uihren junge Mädchen stand beiseite, ohne sich zu
ist sMtt, Fräulein Emmy," rief dann der Pastor, „das
d-, er.Karl, unser Künstler, der Stolz unserer Familie,
Kari M wir Ihnen schon soviel erzählt haben" — und zu
BaäMwendet, fuhr er fort: „Das ist Fräulein Emmy
kroak Stütze unseres Hauses, seit Mütterchen
D^»deiden jungen Leute machten sich Verbeugungen.
D°?"n,!s°Ste Karl betroffen: „Großmutter ist krank?"
nickte. „Vierzehn Tage schon."
davon erfahre ich nichts, — aber Großvater!"
Irb'M' üsder Junge, wir wollten Dich doch in Deinen
"'Hi stören, — und dann die weite Reise, — und
S»r ivollle es partout nicht haben, denn sie hält es
Mt für so schlimm."
iv vor u" komm, laß mich zu ihr, Großvater, — ich vergehe
Nud wnn^bduld," — schnell warf er Hut und Mantel ab,
„Hl? das Schlafzimmer eilen.
Jungchen," rief der alte Herr, „wart' man noch
^init ich inerd erst mal sehen, ob sie auch munter ist."
.WnsM sr und ließ die jungen Leute allein.
, ,8t denn der Arzt?" fragte Karl, indem er Hui
" den Garderobenständer hing.
w -Unv L^i°°«chE' meinte er," sagte das Fräulein.
Blick An pflegen tue gute, alte Frau?" Mit dankbarem
, Karl sie an.
Mm meinen Kräften steht, thue ich," erwiderte sie
dein er,Mch»?d, »denn ich habe die liebe Frau gern gehabt
'M Augenblick an, als ich sie sah."
Mckst'MM Adnen für diese Worte danke, liebes Fräulein!"
Zahlend hielt er ihr beide Hände hin.

Aber nur zögernd gab sie ihm die rechte Hand, und
leicht verlegen sagte sie: „Aber ich thue doch nur meine
Pflicht."
Forschend sah er ihr in's Gesicht, und als sich ihre Blicke
trafen, ruhten sie einen Augenblick ineinander.
Dann kam der alte Herr zurück.
„Komm, mein Jungchen, ich hab' sie vorbereitet."
Das Krankenzimmer lag nach dem Garten hinaus. Durch
das Fenster fiel das bleiche Mondlicht herein und gab dem
nur matt erhellten Raum etwas Unheimliches, Beängstigen-
des. Zögernd nur trat Karl näher.
Aber da rief eine matte Stimme: „Karl, mein liebes
Jungchen!"
Und im nächsten Augenblick lag Karl vor dem Bett der
alten Frau und wühlte seinen Kopf in die Kissen und be-
deckte die welken, bleichen Hände der lieben Alten mit zahl-
losen Küssen.
Zärtlich kosend und streichelnd lagen ihre Hände auf
Karls Haupt, und mit lieber wehdurchzitterter Stimme sprach
sie: „Ja. mein Junge, das Wiedersehen hatte ich mir anders
vorgestellt."
„Aber es wird ja wieder besser werden, Großmütterchen,"
rief Karl hoffnungsfroh.
„Na, na," sagte sie nur, „in meinen Jahren kaum."
Darauf schwieg Karl- Und der alte Pastor stand in der
Ecke und zerdrückte eine Thräne im Auge.
„Aber nun komm, mein Jung'," begann die alte Frau
mit Humor, „laß uns nicht Trübsal blasen; was der liebe
Herrgott uns schickt, das müssen mir geduldig ertragen; —
so und nun kommt Ihr alle zu mir herein, setzt Euch um
mein Bett, und dann erzählst Du von Deinen Erlebnissen
und von Deinen neuen Bildern."
Der Pastor trat behutsam näher. „Mütterchen," sagte
er, „das möchten mir doch lieber bis morgen lassen, sieh mal,
das regt Dich zur Nacht so sehr auf, daß Du nicht schlafen
kannst, und der Arzt — na Du weißt doch selbst."
„Es ist wahr, Großmütterlein," bestätigte nun auch Karl,

„es wird zu viel für heute Abend, — Du weißt ja. wenn ich
erst mal anfange, finde ich sobald kein Ende wieder, — also
lassen wir's für heute, nicht wahr?"
Lächelnd nickte die alte Frau Karl zu, dann zog sie ihren
Liebling zu sich herunter, herzte und küßte ihn noch einmal
und sagte: „Also auf morgen denn, und für heute gute
Nacht."
Als die alte Frau wieder allein war, kamen ihr die
Thränen in die Augen, — sie dachte daran, wenn sie so für
immer voneinander Abschied nehmen mußten, — eine stille
Wehmuth überkam sie und sie weinte still in sich hinein, bis
sie endlich einschlief.
Karl saß noch lange mit dem Großvater. Sie batten
noch so Manches zu besprechen. Und erst nach 10 Uhr legte
sich auch der alte Herr zur Ruhe.
Aber Karl konnte noch nicht einschlafen. Er zog seinen
Mantel an, nahm den Hut, und ging in den Pfarrgarten.
Es war eine von jenen wunderbaren Nächten, die nur
der Vorfrühling uns bringt. Alles keimt, alles sprießt, alles
ringt sich durch zum Licht. Es ist, als ob man durch eine
Zauberwelt wandelte. Wo beute früh noch graue, dürre
Aeste, da platzten jetzt die Knospen und das erste junge Grün
bricht hervor, und unten in den Beeten erblühen die ersten
Blumen, die Primel, die Krokus, die Narzissen, die Veilchen
und Schneeglöckchen, alles bunt durcheinander, sie alle hat
der warme Regen hervorgezaubert; und durch die Luft gebt
das heimliche Raunen des Windes, der den frischen Erdge-
ruch von Wiesen und Aeckern herträgt, und alles ist getaucht
in das milde Silber des Vollmondes, — es ist eine von
jenen Nächten, wo man allen Weltkummer vergessen kann,
wo man traumverloren dasitzen und sich in die goldene
Märchenzeit zurückträumen kann.
So träumend durchschritt Karl den Garten. Jede Stelle
war ihm vertraut, im Dunkeln hätte er sich zurecht gefunden;
tausend Erinnerungen an tolle Jugendstreiche knüpften sich
an diese Stätten, alles lebte auf.
(Fortsetzung folgt.)
 
Annotationen