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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0621

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Xr. 290.

Montag, -en 12. Dtttmbn

1898.

Deutsches Reich.
— Der Reichsanzeiger schreibt: In Beantwortung der
Adresse der im November in Fulda versammelten Bischöfe,
welche dem Kaiser ihren Dank für die Ueberweisung
des Grundstücks „Oorwition cko la Zto.-Vioi-As" aus-
sprachen, sandte der Kaiser ein Schreiben an den
Cardinal-Erzbischof Krementz zu Köln, worin der Kaiser
seine Befried i gun g ausdrückt, aus der Adresse erfahren
zu haben, welch freudigen Widerhall die Ueberweisung der
Dormition in den Herzen der deutschen Katholiken gefunden
habe. Der Kaiser fährt fort: Es ist mir eine besondere
Freude, daß es mir bei meiner Anwesenheit im heiligen
Lande vergönnt wurde, meinen katholischen Unterthanen
einen neuen Beweis meiner landesväterlichen Fürsorge zu
geben und ihrem langgehegten Wunsche zur Erfüllung ver-
helfen zu können. Der Kaiser dankt schließlich für den
Ausdruck treuer Ergebenheit und das Gelöbniß treuester
Mitarbeit an der Förderung des Wohles von Reich und
Staat.
Baden. Aus dem Jahresbericht der badischen
Staatseiseubahnen geht u. A. hervor, daß sich
der Personen- wie Güterverkehr auch im Jahre 1897 in
steigender Entwickelung befanden. Die Einnahme aus dem
Personenverkehr hat sich, im Vergleich zum Vorjahr, um
8,24 Prozent gesteigert; die Zahl der gefahrenen Personen-
Kilometer um 0,72 Prozent.
Die Kilometerhefte sind beim Binnenverkehr betheiligt:
1897 1896
an der Anzahl der beförderten Personen mit 11,06°/, 10,71°/,
„ „ Gesammtsumme der gefahrenen Per-
sonenkilometer mit.27,61 „ 26,77 „
„ „ Einnahme mit. 27,80 „ 23,00 „
In 18Stationen wurden mehr als 1000 Kilom e te r-
hefte abgesetzt.
L. N. Offenburg, 12. Dec. Heute fand hier der bad.
Sozialiste iitag unter dem Vorsitze von Dreesbach statt.
49 Mitgliedschaften waren durch 61 Delegirte vertreten.
Der Volksfreund wird zum 1. April nach Karlsruhe ver-
legt werden. Es gab eine erregte Debatte.
Preußen. Danzig, 10. Dec. Eine von 70 In-
dustriellen Westpreußens, Posens, Ostpreußens und Pommerns
besuchte Versammlung beschloß die Begründung eines Ver-
bandes der Ostdeutschen Industriellen mit dem
Sitz in Danzig behufs Förderung der vaterländischen
Industrie in den preußischen Ostprooinzen. 56 Firmen
erklärten ihren Beitritt. Der Vorstand besteht aus 18 Per-
sonen: 6 aus Westpreußen, je 4 aus Pommern, Posen,
Ostpreußen.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherog haben den
Obcrlandesgerichtsrath Theodor Nothweiler, den Geheimen
Rath Ministerialdirektor Dr. Karl Schenkel, den Ministerial-
direktor Eugen Becker und den Geheimen Obcrregierungsrath
Landcskommissär Karl Heil zu Mitgliedern des Kompetenz-
gerichtshofs ernannt und den nachgenannten Hofbediensteten die
Erlaubniß zur Annahme und zum Tragen der ihnen verliehenen
Auszeichnungen ertheilt, und zwar: dem Schloßverwalter Peter
Röth in Baden und dem Leibkutscher Louis Fuhr in Karls-
ruhe für die Königlich Preußische Rothe Adler-Medaille, den
Hoflakaien Karl Grimm und Reinhard Bronn er und dem
Schloßwächter Karl Herrmann in Karlsruhe, sowie dem
Schloßdiener Schneiderberger in Baden für die Königlich
Preußische Kronen-Orden-Medaille.
Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Wien, 10. Dec. Im AuS-
gleichsausschusse wollte Abg. Menger die Affaire des
deutschen Konsuls in Beirut, welche von der Nordd.
Allg. Ztg. demcntirt wurde, zur Sprache bringen; er

wurde jedoch vom Obmann Bilinski daran gehindert,
welcher ihm Wortentziehung androhte.
Budapest, 10. Dec. Abgeordnetenhaus. Die
heutige Sitzung wurde infolge des großen Lärms nach
kaum '/. Stunde unterbrochen. Nach Wiedereröffnung
erklärte Viceprästdent Lang, er könne den Vorsitz nicht
weiter führen. Ministerpräsident Banffy erhob sich, um
eine Erklärung abzugeben. Da sah man von den Bänken
der Opposition den Abgeordn. Kubic von der National-
partei auf den Ministerpräsidenten mit einer Geberde zu-
stürzen, als wolle er ihn insultiren. Abgeordnete der
Regierungspartei eilten von ihren Sitzen herbei und um-
gaben den Ministerpräsidenten. Auch von der Opposition
eilten viele herbei, welche Kubic an den Armen festhielten,
so daß er nicht in die Nähe des Ministerpräsidenten ge-
langen konnte. Ohne Erregung zu verrathen, begann
Banffy seine Erklärung, konnte aber mit seiner Stimme
nicht durchdringen. Szentivani, der Präsident der National-
partei, welcher Kubic angehört, erklärte, Kubic habe nicht
die Absicht gehabt, den Baron Banffy anzugreifen. Auch
Kubic erhob sich, konnte aber nur erklären, daß er es für
sein Recht erachte, einen Platz zu wählen, wo es ihm be-
liebe. Nunmehr erklärte Baron Banffy, daß er in An-
betracht dessen, daß der Präsident und der Erste Vice-
Präsident zurückgetreten seien und der Zweite Vicepräsident
krank sei, die Allerhöchste Entschließung zur Vertagung des
Hauses bis zum 17. ds. erbeten habe.
Frankreich. Paris, 10. Dec. Die Liberte meldet,
zwischen dem Militärgouvernement von Paris und dem
Krjcgsminister sei vereinbart worden, daß das Kriegs-
gericht gegen Picguart am Montag nicht zusammen-
treten soll. Eine Verfügung des Generals Zurlinden be-
stimme, daß der Zeitpunkt des Zusammentritts später kund-
gegeben werden solle, lieber die Lage Picquarts sagt der
Lemps, Picguart befindet sich in Haft auf Grund eines
doppelten Haftbefehls der bürgerlichen und militärischen
Gerichtsbarkeit, die Haftentlassungsfrage müsse von der Mi-
litärbehörde gestellt werden. Picguart stehe gleichzeitig
unter der Anklage eines Verbrechens vor der Militärjustiz
und eines Vergehens vor der Civiljustiz, deswegen müsse
der Militärjustiz die Entscheidung überlassen werden. Die
Liberte fügt hinzu, daß der Kriegsminister diese Frage ge-
genwärtig prüfe und dem Militärgouverneur seine Wei-
sungen zugehen lassen werde.
Paris, 10. Dec. Im Temps bestätigt der Abg.
Guillem et, Quästor der Kammer, die Erzählung eines
Provinzblattes, in der es heißt: Guillemct dinirte unlängst
mit einem angesehenen Marine-Offizier. Auf die Frage,
warum er so verstimmt sei, antwortete er, das sei die Affaire
Dreyfus. Er wisse von einem Mitglied des Kriegsgerichts,
daß die Richter von 1894 im Begriff waren, Dreyfus frei-
zusprechen, weil sie auf das allein vorliegende Bordereau
sich nicht von der Schuld überzeugen konnten. Da drang
plötzlich ein Offizier des Kriegsministeriums in das Be-
rathungszimmcr und erklärte den Richtern, der Kriegsminister
sei überzeugt von der Schuld Dreyfus'. In den Händen
des Ministers befände sich ein geheimes Schriftstück, das
er nicht zeigen könne, das aber die Schuld Dreyfus' absolut
beweise. Darauf verurtheilten die Richter Dreyfus aus
Vertrauen zum Kriegsminister. Nach dieser Erzählung
wären also die berüchtigten Dokumente den Richtern selbst
nicht einmal vorgelegt worden und der W u n s ch M er ciers
allein hätte genügt zur Verurtheilung!
Paris, 10. Dec. Der Friedensvertrag zwischen
Spanien und den Vereinigten Staaten wurde
heute Abend 8'/^ Uhr unterzeichnet. Die Vereinigten Staaten

werden für die Philippinen drei Monate nach der Ratificiiung
des Friedensvertrages 20 Millionen Dollars zahlen.
Holland. Das Londoner Gcsellschaftsblatt Truth
schreibt: Die Königin-Mutter der Niederlande hat ein
eigenhändiges Schreiben an die Königin Viktoria gerichtet,
in welchem sie die Verlobung ihrer Tochter, der
Königin Wilhelmine der Niederlande, mit dem Prinzen
-Wilhelm von Wied, dem 1876 geborenen zweiten
Sohne des Fürsten von Wied, ankündigt. Die amtliche
Bekanntmachung des Ereignisses wird in Bälde erfolgen
und die Hochzeit im April nächsten Jahres in Haag statt-
finden. Das holländische Ministerium beräth gegenwärtig
darüber, ob Prinz Wilhelm zum König-Gemahl erhoben
werden soll. Wahrscheinlich aber wird man dem in Eng-
land 1840 gegebenen Beispiel folgen und es bei einem
Naturalisations-Akte bewenden lassen.
Italien. Rom, 10. Dec. Cardinal-Staatssecretär
Rampolla erließ eine neue Weisung an den Madrider
Nuntius, die spanische G e i stl i chk eit vorder c arli st ischen
Agitation nachdrücklich abzumahnen und ihr die Ver-
pflichtung zur Unterstützung der herrschenden Dynastie ein-
zuschärfen.
England. London, 10. Dec. Der Standard be-
spricht die jüngsten Ausführungen Chamberlains über das
Verhältniß zwischen Deutschland und England und sagt:
Nur wenn Deutschland und England gemeinsame
Interessen haben, besteht für sie die Verpflichtung, ge-
meinsam vorzugehen; der Beweggrund für Beide wird
lediglich die Rücksichtnahme auf die eigenen Interessen sein.
(Von Verpflichtungen zu gemeinsamen Vorgehen war
bisher keine Rede und wird es hoffentlich auch in Zukunft
nicht sein. Red.) Gelegenheiten zu Reibungen zwischen
den beiden Staaten werden voraussichtlich nicht wieder auf-
tauchen, da glücklicherweise nahezu alle Streitpunkte
der Vergangenheit bei gelegt sind. Keine der
beiden Mächte hat irgend ein Verlangen nach neuen Er-
werbungen gerade in der gegenwärtigen Zeit, beide würden
vielmehr eine Zeit der Ruhe vorziehen, um die ihrer Herr-
schaft zugefallenen Gebiete zu organisiren.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 12. December.
* Liegenschaft-Verkäufe im Monat November 1898.
Verkäufer: Fr. Wilh. Birnstihl, Möbelhändler, Wittwe.
Käufer: Stefan Veth, Zimmermcister. Objekt: Haus Nr. 20
Hauptstraße, 9 a 70 gm. Preis: 150000
V.: Ludwig Heuser VI, Landwirth. K.: Alois Jörger,
Kaufmann. O.: 6 a 68 gm Acker in der Gewann „Otto".
Pr.: 5000
V.: Martin Burckhardt, Möbelfabrikant. K.: Jakob Mayer jun.,
Hafner. O.: Haus Nr. 6 Bussemergasse, 1»44gm. Pr.: 10000 „iL
V.: Karl Fr. Wilh. Ulmer, Hauptlehrer a. D. in Bockenhcim.
K.: Moritz Großberger, Kaufmann. O.: 20 a 37 gm Acker im
Oelberg. Pr.: 2900
V.: Daniel Bopp, Landwirth in Rohrbach. K.: Friedrich
Schott, Direktor. O.: 39 a 90 gm Acker in der Markscheide.
Pr.: 6500
V.: August Lang, Privatmann. K.: Hermann Andreae,
Privatmann. O.: Haus Nr. 6 Leopoldstraße, 3 a 95 gm.
Pr.: 82500
V.: John Frederic Spicer, Privat., Wittwe und Kinder.
K.: Georg Wagner, Kaufmann, Ehefrau. O.: Haus Nr. 38
Bergstraße, 20 a 77 gm. Pr.: 37 000
V.: Jakob Spengel, Privatmann. K.: Robert Anhegger,
Wagenbauer. O.: Stallgebäude Nr. 1 Marstallstraße, 60 gm.
Pr.: 6500
V: Ludwig Anderst, Kaufmann. Käufer: Friedrich Müller,
Baufirma. O.: 5 a 60 gm Bauplatz an der Römerstraße. Pr.:
16800
V.: Friedrich Buchenau, Kaufmann, Wittwe. K.: Karl
Gärtner, Metzgermeister. O.: Haus Nr. 4 Eppelheimer Land-
straße, 1 a 95 gm. Pr.: 50000
V.: Karl Zipf, Schreinermeister Eheleute, Debitmasse. K.:

Die Goldremer Rosel.
5) Erzählung von Karl Wolf in Meran.
(Fortsetzung.)
„Hat der Herr Werner zu Dir nie gesagt, daß er an
Deinen Seiten vergessen könnt aus das Leid, daß er fühlt,
wie er gesundet da herinnen in dem einsamen Thal?" forschte
der Pater. .
„O oft hat er selb," sagte Rosa. „Gegen Zunachten sitzen
wir manchmal draußen am Knott bei der Bruggn und schaun
außi in die Welt. Und da bat der Maler mir erzählt, zelm
hinter den Bergen hätt er sein Glück verloren. Und wenn
er von dem redi, so macht er so a trauriges Glicht, daß mir
selb a weh um's Herz werd. Jetzt da bin i auf etwas kom-
men! Da spring i in d' Höh und juchez hellauf, oder i sing
an Bcrgjodler, oder a recht a gspassign Vierzcilign. Glei
wird sem liabS Glicht hell, grad wie die Sonn hinter am
Nebel fürer schaut. Dann druckt er mir die Hand, grab als
wollt er sagn: Vergelts Golt für Dein Trost."
Forschend schaute der Geistliche in die Augen des erregten
Mädchens. „Ja nachher," sagte er langsam, „nachher wird
Dir schon gar leid sein, wenn er wieder fortgebt, der Herr
Werner. Fort, aus dem Tbale hinaus in die Welt, wo er
mit Freuden und Ehren begrüßt wird."
Fassungslos fast schaute Rosel den Pater an, dann füllten
sich ihre Augen mit Thränen und stürmisch warf sie sich der
erschrockenen Mutter an den Hals.
„O mein liaber Herrgot," schrie diese fast, „was ist denn
um Himmelswillen mit der Rosel?"
Das Mädchen schluchzte heftig, da stand der Pater auf und
legte sauf seine Hand auf den Blondkopf. „Merkwürdig lenkt
der liebe Herrgott der Menschen Wege. Ein Herz, welches
zu vergehen und zu verzweifeln vermeint, da in der Einsam-
keit findet es Ruh und Frieden und das Glück winkt ihm.
Und ahnungslos geht ein anderes Menschenkind einer neuen
Zukunft, einem neuen Leben entgegen. Gott schenke seinen
Segen dazu!"

Freundlich winkte er seiner Schwester zu und stieg mit
langsamen Schritten die Stiege hinan zur Giebelkammer, wo
seiner mit Angst und doch wieder mit beseligender Hoffnung
der Maler wartete. Er schloß die Thüre hinter sich und
schritt auf Werner zu. ihm beide Hände reichend. „Ich danke
Ihnen aus aufrichtigem Herzen, Herr Werner» daß Sie als
Ehrenmann gebandelt haben und mir vor allen Menschen
mittheilen, wie es um Ihr Herz steht."
„Und was darf ich hoffen?" sagte erregt der Maler, dem
Priester forschend in die Äugen schauend.
„Alles mein lieber Freund," entgegnete lächelnd ob der
Ungeduld der Priester. „Roseis Herz schlägt für Sie, die
Mutier steht sicher auf Ihrer Seite und mit dem Vater, das
ist der schwerste Punkt, mit dem Vater werde ich sprechen."
„O wie soll ich Ihnen danken," sagte Werner, womit habe
ich soviel Entgegenkommen und Freundlichkeit verdient."
Da schaute der Priester lange, sinnend durch's Fenster,
hinaus auf die im Sonnenglanze prangende Landschaft. Als
wollte er trübe Gedanken verscheuchen, strich er mit der Hand
über die Stirne. „Ich habe einst ein Gelöbniß gemacht,
Menschen, welche aufrichtige von Gott gesendete Liebe zu-
sammenführt, zu unterstützen auf alle Weise. Dies Gelöbniß
will ich halten, mein lieber Freund!" — Und wieder saß der
stolze Goldreiner Bauer in der Stube am runden Tisch. Er
hatte seinen Weinkrug aufgegriffen und trank in langen Zü-
gen bis auf einen kleinen Rest. Den Krug stellte er vor sich
hin und griff nach einem Glase Milch, welches der geistliche
Schwager vor sich stehen hatte, und goß einen kleinen Theil
davon in den Weinkrug.
„ A Glas Milch hast verlangt," sagte der Baüer bedächtig,
„und gschmeckt hat si Dir, selb hab i kennt. Nit minder hat
mir der Wein gschmeckt. Von Escbthal einer hab i ihn."
Langsam schob er den Krug dem Priester hin. „Die Milch
ist 's Thal, der Wein die Stadt, jetzt versuch a mal, wie's
Dir deucht zammengmischt. Gelt, da versuachst gar nit? Und
grad so laugen die Leut nit zammen. Stadt und Land nit,
Herr und Bauer nit. I hab nix gegen den Maler. Es ist
a ordentlicher Mensch, fromm im Herzen, nit mit die Wort.

Und brav ist er, weil er der Rosel koane Flausen vorgmacht
hat und »scheut ist er, weil er si an Die gewendet hat in der
Angelegenheit. I stimm Dir bei, was Gott zammenfüqt, der
Mensch soll's nit trennen und grad Du weißt recht guat,
was es sagen will, aus a Herz verzichten müßn."
Da seufzte der Priester tief auf und reichte dem Bauern
die Hand. „Ja, die schwere Zeit hab i durchgekostet bis auf
den Grund. Du hast damals treu zu mir gehalten, wie
meine Mutter mich gezwungen hat, den geistlichen Stand zu
wählen und ich wäre lieber Landwirth geworden. Du hast
damals treu zu mir geholten, wie ich als erster Leidtragender
ein Jahr darauf hinter dem Sarge der armen Lent geschritten
bin, als Seminarist zum Aerger des Pfarrers und des Con-
ventes. Ich habe sie ertragen, die schwere Disziplinarstrafe,
aber feierlich hab ich mir gelobt: im gleichen Unglück oder
Glück soll mich nie jemand erfolglos um Hilfe angehen."
(Schluß folgt.)

Stadttheater.
O Heidelberg, 12. December.
„Gebildete Menschen", Volksstück in 3 Akten von
Viktor Leon.
Wir glauben kaum, daß wir bei unseren Lesern im Verdacht
der Ueberschwenglichkeit stehen und jenen Theaterberichterstattern
zugezählt werden, die Herrn X. stets „hervorragend" und Frl. I.
immer „außerordentlich" finden. Wenn darin die Aufgabe einer
Zeitung dem Theater gegenüber bestände, dann wäre es ja
schließlich am einfachsten, wenn die Redaktion die betreffenden
Darsteller zu gütigem eigenen Bericht über ihre jedesmaligen
Leistungen aufforderte und wir fürchten kaum, daß sich dann
einer fände, der allzu schonungslos mit sich ins Gericht gehen
würde. Dieser Modus ist aber bis dato noch nicht eingeführt
und so haben wir es bisher stets für das Richtigste gehalten,
zu Tage tretende Mängel in der Qualität der Stücke, oder
in der Darstellung offen beim Namen zu nennen. Um so mehr
werden wir wohl Glauben finden, wenn wir berichten, daß uns
gestern Abend eine Aufführung geboten wurde, die uns durch ihre
 
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