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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0437

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Dimrstsz, den 27. Ollodcr

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December werden bei allen Postanstalten, den Brief-
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December, wenn am Schalter abgeholt, 84 Pfg., mit
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Die politische Krisis in Frankreich.
. . Obgleich die Republikaner in der Kammer sich sagten,
A Einigkeit ihnen Noth thue und das Ministerium
Msson zu stützen sei, bis der Ansturm der Antirepubli-
Mr und der sogen. Militärpartei sich erschöpft habe,
"nute doch der Republikaner de Mahy nicht umhin, dem
^binet mit seinem Amendement ein Bein zu stellen und
"Weich Brisson dieses Amendement ablehnte, fanden doch
Mreiche Republikaner es für angebracht, dafür zu stimmen,
""tzdcm sie sich sagen mußten, daß dies den Sturz der
Mstrung in einem sehr kritischen Augenblick bedeute. So
Mnsten zahlreiche fortschrittliche Republikaner, ebenso die
Miserniten und die ehemaligen Boulangisten gegen das
M'net. Eine wirkliche Lebensgefahr für die republikanische
^laatsform ist heute vielleicht noch nicht vorhanden; wenn
die Republik einmal von der Monarchie oder von der
Statur abgclöst werden sollte, dann ist daran nichts anderes
Mld, als die Disciplinlosigkeit der Republikaner. Einen
E schlechten Eindruck macht das Verhalten des Generals
Mnoine, welcher Spion der Militärpartei im Kabinet
Msson war. Aeußerlich im Einvernehmen mit dem Ka-
Mr stehend, hinderte er alle Maßnahmen, die zur Klärung
Dreysusangelegenheft beitragen konnten, und hinter-
achte dem Generalstab die Pläne des Kabinets. Zum
Mluß sagte er sich in theatralischer Weise vom Mini-
Arinin los, indem er sein Amt vor der Kammer nieder-
/gle: „Ich lege", so sagte er, „in Ihre Hände das Gut
^uck, das mir anvertraut wurde." Damit hat er den
gefährlichen Versuch gemacht, die Kammer zum Konvent
A slernpeln. Nicht die Kammer hatte ihm sein Amt
. "ertragen, sondern der Ministerpräsident bezw. der Präsi-
der Republik. Das Verhalten des Generals Chanoine
Mgt mit Recht überall Unwille, wo man Redlichkeit und
Aufrichtigkeit schätzt.
. Zur Situation liegen aus Paris folgende Mel-
angen vor:
. Paris, 26. Oct. Die radikalen Blätter greifen auf
M schärfste Chanoine an, welcher sich zum Werk-
es des Militärkomplottes hergegeben habe. Rappel
^slärt, wenn Frankreich noch eine Republik wäre, würde
Muoine heute auf dem Mont Valerien in Haft sein.
Mste Republigue sagt: „Was muß in dem Dossier
Myfus enthalten sein, daß die Generale zu solchen
Mteln greifen, um einander zu retten?" Tie gemäßigten
d^gane halten zwar gleichfalls die Haltung Chanoine's
E inkorrekt, sprechen sich aber befriedigt über das Er-
""°niß des gestrigen Tages aus. Einem Interviewer
Aenüber erklärte Chanoine, er sei mit Brisson in vielen
Msen nicht einig gewesen, besonders in der Angelegen-
M des angeblichen Militärkomplottes und in der Affaire
MsMart. Er habe die Dreyfus-Blättcr deshalb nicht
Molgen wollen, weil die betreffenden Strafen zu gering-
seien. Die gespannte politische Lage sei mit jedem

Tage bedenklicher geworden. Es seien Verwicklungen mit
dem AuSlande zu befürchten gewesen, die besonders von
russischen Blättern mit bemerkenswerthem Scharfblick an-
gekündigt wurden.
Der Temps sagt, Brisson habe dem Lande und
seiner Partei einen großen Dienst erwiesen, indem er
die politische Arena von dem Dreyfushandel frei gemacht
habe. Der Cassationshof sei durch ihn im Begriffe, diese
Angelegenheit in würdiger und ruhiger Weise zu erledigen.
Das genüge, um Brisson Dank zu wissen, obgleich sein
Ministerium in anderer Beziehung Schwächen und Fehler
gezeigt habe. Das Blatt fügt hinzu, es sei nunmehr eine
Versöhnungspolitik zwischen den republikanischen
Parteien dringend nothwendig.
Das sozialistische U ebe rw a chun g s komits
beschloß heute früh ein Manifest zu veröffentlichen, das
besagt: Der Kampf in der Kammer ist erstickt, ein Staats-
streichgeneral demissionirte, seine Pflicht verletzend, auf der
Tribüne. Einige angebliche Republikaner spendeten im
Verein mit den Reaktionären diesem Aufwiegler Beifall.
Die gemäßigte Partei übernahm, indem sie das Vorgehen
Chanoine's ausnutzte, die Verantwortung, eine Regierungs-
krise zu eröffnen. Die sozialistische Partei ist für alle
Eventualitäten bereit und bleibt aufrechtstehend gegen die
militärische und klerikale Reaktion, welche die Republik
bedroht.
Präsident Faure hat dem Brauche gemäß heute Vor-
mittag die Vorsitzenden beider Kammern empfangen, um
mit ihnen über die Lage zu berathen. Nachmittags berieth
er mit den vier Vicepräsidenten der Kammern, den Herren
Leygues und Krantz als Vertreter der fortschrittlichen Re-
publikaner, und Mesureur und Maurice Faure, als Ver-
treter der radikalen und äußersten Linken. Wie verlautet,
wurde Vormittags Ri bot dem Präsidenten der Republik
als derjenige bezeichnet, der für die Kabinetsbildung am
geeignetsten sei. Zu bemerken sei jedoch, daß die Nationa-
listen einem Ministerium Ribot großen Widerstand ent-
gegensetzen würden. Leygues sprach die Ansicht aus, daß
ein republikanisches Einigungskabinet, also die alte Con-
centration, mir einem Fortschrittler an der Spitze, durch
die Lage geboten sei.

Deutsches Reich.
— Das deutsche Kaiserpaar ist Dienstag Nach-
mittag halb 2 Uhr an Bord der „Hohenzollern" vor
Haifa eingetroffen und ging um 4 Uhr Nachmittags an
Land. Damit ist es im gelobten Land nach einer verhält-
nißmäßig schnellen Fahrt angelangt. Nun fährt es zu-
nächst zu Wagen die Küste entlang von Haifa nach Jaffa.
Das sind ca. 100 Kilometer. Von Jaffa geht es dann
landeinwärts nach Jerusalem.
— Der Colonialrath stimmte dem vom Reiche mit
der Neu-Guinea-Compagnie abgeschlossenen Vertrage wegen
Ablösung der Landeshoheitsrechte zu. Dabei wurde all-
gemein anerkannt, daß die Grundzüge des Vertrages den
früheren Vorschlägen des Colonialrathes entsprechen. In
der Debatte über die Förderung der deutschen Sprache in
den Schutzgebieten wurde eine Resolution angenommen, daß
den bereits in den Colonien bestehenden oder zu errichten-
den Schulen auf Antrag ein Regicrungszuschuß gewährt
werde. Nachdem der Vorsitzende des Colonialraths für das
ihm erwiesene Vertrauen gedankt hatte, betonte Herzog
Johann Albrecht in seinem Schlußwort, er habe in diesen
Tagen zu seiner Freude die Ueberzeuguug gewonnen, daß
die Leitung der Colonialpolitik in die richtigen Hände ge-
legt sei.

Nur frisch gewagt.
Eine heitere Garnisongcschichte von Hugo Dinckelberg.
(Fortsetzung.)
jetzt waren alle bitteren Enttäuschungen vorüber, sie
jetzt in Wahrheit geliebt, geliebt wie noch kein Weib
ziR der Welt, geliebt von einem der stolzesten und edelsten
>» °?»er seines Jahrhunderts, und sie, nun sie liebte ihn
Mder mit der ganzen Gluth der ersten wahren, reinen und
mächtigen Liebe — alle früheren Gefühle dieser Art waren
sjM'wdische Spielerei und eitler Tand gewesen, wie sie selbst
wpjZbtzt wenigstens einzureden versuchte. — Der Herr Ritt-
„Mcr von Rabenau, den sie noch nie gesehen batte, war
xM M acbtundzwanzigster, sondern ihr erster wahrer Ver^
deN-' M angebetetes Ideal, was natürlich, ohne daß sie sich
bewußt war, jeder von den siebenundzwanzig Vor-
d°^tn seiner Zeit ebenfalls gewesen war. Sie schwelgte in
o-' Gedanken, dem schönen Auserkorenen zum ersten Male
^bfNubertreten zu können und dann stolz an seinem Arme
agp verdienten Aerger aller ihrer falschen Freundinnen und
Hei! ^"sien, wie sie jetzt im Vergleiche zu dem gewaltigen
der n? v- Rabenau ihre früheren Heißgeliebten nannte, auf
Promenade, durch die Straßen, im Ballsal einherzu-
kleid "" und im feierlichen Aufzuge mit einem neuen Seiden-
tzr „ und einem neuen weißen Visitenhute zu glückseligen
»us tundsbesuchen zu fahren. Aurora drückte beide Hände
trat k uürmisch klopfende Herz bei diesen stolzen Gedanken,
von, MM cs ihre kleine Figur gestattete, hoch aufgerichtet
jhZ »enster zurück und wieder zu dem Tisch heran. Mit
sie dntMuucn und Trachten bei Ihm nur weilend, blätterte
jhin räztslos in dem aufgeschlagenen Buche, bis plötzlich aus
rosa/'/! kleines mit einer Photographie bedecktes und auf
Was Mm Bande ausgezogenes Lesezeichen ihr entgegenfiel.
war das? —
de-i re-Auroras geröthetes Antlitz flog ein kurzer Ausdruck
erken. Hackens, es war, als ob für einen Augenblick Selbst-
cuntniß ihres inneren Wesens vor ihrer Seele stand, doch

schnell wie diese Wallung gekommen, verschwand sie auch
wieder. Verächtlich zuckte es um ihre schmalen Lippen, sie
warf das dünnbehaarte Köpfchen zurück, daß wieder die un-
tere Seite des kleinen weißen Stumpfnäschens fast senkrecht
stand, ergriff hastig das verrätherische und zu so unrichtiger
Zeit und in so unschicklicher Weise sich meldende Lese- be-
züglich Liebeszeichen, zerriß es, drehte sich schnell um, riß die
Thüre des Ofens auf und warf den unschuldigen Verräther
in die glimmenden Kohlen hinein. Auf wenige Augenblicke
blickte Helles Feuer auf und damit war — die sicbenund-
zwanzigste Liebe Auroras zu Gunsten der achtundzwanzigsten
getilgt worden. Das kleine Lesezeichen, welches mit ihrem
Bilde geschmückt war, hatte sie vor wenigen Wochen für einen
jungen Gutsinspectoc gearbeitet, welcher im Auftrage seines
Herrn vielfach in das Haus des Bürgermeisters gekommen
war, von welchem sie Tag für Tag einen Heiratsantrag er-
wartet hatte und welchem sie als Antwort daS selbstgearbeitete,
sinnige Lesezeichen hatte geben wollen, der dann aber, als ihr
das tangere Geheimhalten ihrer lieblichen Ueberraschung fast
das Herz abzudrücken drohte und sie dem jungen Manne
eine leise Andeutung von ihr gegeben hatte, nicht mehr wieder
gekommen war. Also auch ein Verräther, ein Unwürdiger,
Noch war Aurora nicht vom Ofen zurückgekehrt, da hörte
sie die große Hausklingel. Dieser Ton war das untrügliche
Zeichen, daß der Vater endlich Heimgekehrt sei. Aurora warf
sich ein wollenes Tuch über die nur von einem leichten
Nachtkleide bedeckten schmalen Schultern und eilte aus ihrem
Zimmer hinaus, die Treppe hinunter, ihrem Papa entgegen.
Der ehrbare Herr Bürgermeister war noch damit be-
schäftigt, die schwere Hausthüre von innen wieder zuzuschließen,
was diesmal etwas lange währte, als seine Tochter, welche
heute in demselben Grade leichtfüßig, als er schwerfällig war,
bereits die aus der ersten Etage zu ihrem Erkerstübchen Hin-
ausführende Treppe hinabgeeilt war und nunmehr einen
Augenblick auf dem Treppenflur der ersten Etage erwartungs-
voll anhielt. „Kommst Du, Papa?" rief Aurora in den un-
teren Hausflur hinunter, „Du bleibst ja so lange!" — „Ich
— ich komme gleich!" lautete die Antwort, welche von einem

— Der Reichsanzeiger schreibt anläßlich der Wiener
Pestfälle, es sei anscheinend die Befürchtung verbreitet,
daß auch in Berlin ein Ausbruch der Krankheit durch
ähnliche Verhältnisse herbeigeführt würde. Zu einer der-
artigen Beunruhigung liege kein Anlaß vor. Die Versuche
mit Pestbazillen an lebenden Thieren werden seit langer
Zeit weder im Kaiserlichen Gesundheitsamt, noch am kgl.
Institut für Infektionskrankheiten, noch am hygienischen
Institut der Berliner Universität angestellt. Diese Versuche
sind auch in Zukunft nicht in Aussicht genommen. Sie
sind umso weniger nöthig, als die einschlägigen Fragen
durch die in Indien stattgefundenen Untersuchungen hin-
länglich geklärt wurden.
— Dem Gesandten in Peking, Frhrn. v. Heyking,
ist der Kronenorden 2. Classe verliehen worden.
Baden. s Kehl, 26. Oct. Wie s. Zt. schon berichtet, sind bei
der letzten Reichstagswahl in dem zum hiesigen Bezirk gehörigen
Orte Sand Wahlverstöße vorgekommen, indem 70 Stimmzettel
in der Urne waren, die nicht von Wählern hineingelegt wurden.
Sofort wurde der dortige Bürgermeister Hetzel mit der Affaire
in Verbindung gebracht und es handelte sich hauptsächlich nur
noch darum, wie die Wahlkommission dazu steht. Nun erfährt
die Offenb. Ztg. aus sicherster Quelle, daß am letzten Samstag,
den 22. ds. Mts., Bürgermeister Hetzel auf dem Geschäftszimmer
des Herrn Anwalts Muser erschien und diesem erklärte, er
(Hetzel) wolle die Sache gestehen. Er — ohne Wissen eines
Dritten — allein habe am Stichwahltag 70 Stimmzettel auf
Rheinau in die Wahlurne gelegt, als er allein im Wahllokal
war, und habe dann ebenfalls ohne Wissen eines Andern im
Protokoll 70 Namen angestrichen, als hätten deren Inhaber daS
Wahlrecht ausgeübt. Herr Hetzel bat Herrn Anwalt Muser,
dieser möge das Geständniß zu Protokoll nehmen und dem Ge-
richte vorlegen, was Herr Muser denn auch that.
S. 0 Karlsruhe, 26. Oct. In der heutigen dritten
Sitzung der israelitischen Landessynode widmete der
Präsident Dr. Hachenburg dem verstorbenen Oberrathsmit-
glied Bensheim in Mannheim, an dessen Familie die Synode
eine Beilcidskundgebung abgehen ließ, einen Nachruf. Die Sy-
node ehrte sein Andenken durch Erheben von den Plätzen. Zu-
gleich theilte er mit, daß der Vorsitzende des Overraths, Geh.
Oberregierungsrath Becher er, heute im Bureau der Synode
erschienen sei und daß er ihm die besten Wünsche für seine Ge-
nesung ausgesprochen habe. Dr. Eschelbach er betont in
einer persönlichen Bemerkung, daß er mit seinem Antrag Pos. I
8 5 des Organisationsentwurfes für den Obcrrath kein Miß-
trauensvotum gegen die Konferenzrabbiner habe ausspcechen
wollen. Stockheimer dank! einem in London wohnenden
Glaubensgenossen für seine hochherzige Freigiebigkeit. Es wird
über die Petition berichtet, die Aufbesserung für die Geistlichen
auch auf die Kultusdeamten der jüdischen Gemeinden auszudeh-
neu. Diese Forderung entspreche dem Grundsatz der Gleich-
berechtigung. Es wird die Ueberweisung an den Oberrath be-
hufs Uebergabe an die Regierung beantragt; letztere wird von
dem Regierungsrath Dr. Mayer unter dem Ausdruck des Ver-
trauens an die Regierung zugesagt. Homburger berichtet
über eine Anzahl neuer Verordnungen, deren Genehmigung an-
tragsgemäß beschlossen wird. Es wird weiterhin beschlossen, eine
Petition der Synagogengemeinde Offenburg um Aenderung der
Wahlordnung des Vorstandes des Synagogenrathes dem Ober-
rath zur Kenninißnahme zu überweisen. In den Synodalaus-
schuß werden gewählt: Homburger, Dr. Friedberg,
D r. Ravicz und Ducas als ordentliche, Halle, Marx,
Dreyfus und D r. Hachenburg als Ersatzmitglieder. Dem
Präsidenten und den Sekretären wird der Dank der Synode für
ihre umsichtige und vorsichtige Geschäftsführung ausgesprochen.
Dr. Hachenburg dankt für diese freundlichen Worte und gibt
seiner Befriedigung darüber Ausdruck, daß der segensreiche Ver-
lauf der Synode dem großen Werk der Kultur wieder einen Bau-
stein zugefügt habe. Er dankt der Regierung, daß sie es den
Israeliten ermöglicht habe, durch die Synode an öffentlichen
Aufgaben Theil zu nehmen; er dankt ferner dem Oberrath für
seine Arbeit und der zweiten Ständekammer für Ueberlassung
ihres Heims. Regierungsrath Dr. Mayer spricht ebenfalls
seine Anerkennung über die Thäligkeit der Synode aus und
schließt dieselbe. Nach einem Gebet des Konferenzraboiners Dr-
Sondheimer schließt der Präsident Dr. Hacheuburg die
Verhandlungen mit einem Hoch auf den Landesherrn.
Preußen. Der Landtag wird sich, wie jetzt ver-
lautet, in der nächsten Session nicht nur über den „Mittel-
tleten Stövnen begleitet war, nur weiß ich nicht, was mit
der Thüre geschehen ist, ich quäle mich ab, schließe hin und
her, aber das Schloß faßt nicht ein!" — „Warte, Papa, ich
Helse Dir!" Und mit diesen Worten eilte Aurora noch die
zweite Treppe hinunter.
Papa war nun eigentlich an solche Liebenswürdigkeit
seiner Tochter gar nicht gewöhnt und wäre ihm die jetzt ge-
zeigte Zuvorkommenheit unter andern Verhältnissen sicherlich
ausgefallen, aber sein Kopf mar heute nicht ganr klar und die
Arbeit an der Thür nahm den geringen Theil Verstand, wel-
cher noch gebrauchsfähig war, vollständig in Anspruch. Frei-
lich hätte der ehrbare Stadtvater der Art und Weise zufolge,
in welcher er die Thür heute schließen wollte, noch eine
ewige Zeit sich vergebens abmühcn können; denn er hatte,
ehe er an's Schließen gedacht, den schweren Hausriegel vor-
geschoben, so daß dieser zwischen den beiden Tbürflügeln stand
und dadurch alles Schließen erfolglos bleiben mußte. Der '
Schließer selbst glaubte, die Thüre klemme sich, und um das
Hinderniß zu beseitigen, stemmte er sich mit den Schultern
und den Knieen gegen die Flügelthüre, er drehte den Schlüssel
wieder und wieder um. das Schließen selbst ging leicht und
ohne den geringsten Widerstand von statten, aber jeder nach-
folgende Griff öffnete die Thür stets mit Leichtigkeit wieder,
sie blieb trotz allen Drückens, Stemmens, Schließens und
Stöhnens unverschlossen. Doch Fräulein Aurora fand wfort
die Ursache der vergeblichen Bemühungen ihres Vaters.
„Aber Papa," rief sie in weniger liebenswürdigem Tone, als
sie bei der ersten Begrüßung angeschlagen hatte, „da steckt ja
der Riegel dazwischen! So ist es natürlich kein Wunder,
wenn Du nicht zuschließen kannst. Ich begreife em solches
Verfahren gar nicht und muß fast annehmen —" — „Nichts
da, naseweises Ding," erwiderte der Herr Bürgermeister är-
gerlich, „nichts hast Du anzunebmen, gar nichts! Was hast
Du hier überhaupt noch zu thun ? Weshalb bist Du noch auf?
Ich kann diese alte verliebte Nachtichwärmerei nicht leiden!
Hast wohl wieder Gedichte oder Romane gelesen? He? —
Na vorwärts, schließ die Thüre und dann geh, geh hinauf
auf dein Zimmer und lege Dich zu Bette! Hörst Du?" —
 
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