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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0093

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WellieiM AltiiiE

^r. 170.

Montag, den 25. Juli

1898

Preis
Wit Familienblättern
, .monatlich 5V Pf.
ire, in's Haus gebracht.
^urch die Post bezogen
vierteljährl. 1.25
^s'ckließlich Zustellgebühr.
^°Vhon-Anschluß Nr. 82.

Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.

.sinscrtionsgcbühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- :nd
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
. Gratis-Anschlag
der Inserate auf den Plakat-
" tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulen.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

12)

Die Lippesche Angelegenheit.
Ueber die Honneuraffäre, die zu dem bekannten
Meinungsaustausch zwischen dem Kaiser und dem
Agenten geführt hat, erfährt die Köln. Volksztg.: Als
17. Juli 1897 der jetzige Regent in Detmold einzog,
es allgemein sehr auf, daß die Offiziere der Detmolder
Garnison, welche in der ganz nahe gelegenen Senne zu
Übungen weilten, nicht nach dort gekommen waren; zwei
?°er drei Scconde-Lieutenants, die man in den festlich ge-
schmückten Straßen sah, trugen die Mütze, nicht den Helm
und die übrigen Abzeichen der Parade-Uniform. Genau
ncht Tage vorher, bei der Abreise des Regenten Adolph,
datte der Kommandeur des 55. Regiments mit einer Offiziers-
abordnung aus der Senne diesem seine offizielle Auf-
wartung gemacht. Bei der Einfahrt des neuen Regenten
Nf das Schloß präsentirte eine Abtheilung von etwa 30
Soldaten, welche der Adjutant des Bezirks-Kommandeurs
befehligte. Das wiederholt gestellte Gesuch, für diesen Tag
Nnd für das einige Tage später in Gegenwart des neuen
Regenten stattfindende Pferderennen bei Detmold die Re-
^Ments-Mufik zu erhalten, wurde abgclehnt. Nach der
Ackkchr aus der Senne wurde später das Detmolder
^ifizier-Korps dem Regenten vorgestellt. Seitdem wurde
bor dem Regenten und seiner Gemahlin präsentirt, nicht
bber vor den Söhnen und Töchtern. , So blieb es, bis
Ewige Zeit darauf im Regiments-Kommando ein Wechsel
EMtrat. Damals wurde durch Garnisonbefehl angeordnet,
"aß auch den Mitgliedern der Regenten-Familie die Honneurs
dem Regentenpaare erwiesen werden sollten. So ging
E« weiter, bis Ende Mai der kommandirende General des
Armeekorps, Herr v. Mikusch-Buchberg, von Paderborn
Und der Senne zur Inspektion in Detmold eintraf. Er
wß sich die Garnison-Wachinstruktion vorlcgen und bestimmte,
baß fortan lediglich dem Regentenpaare, nicht auch dessen
Löhnen und Töchtern, die militärischen Honneurs erwiesen
^rden sollten. Darauf hat sich der Regent an den Kaiser
^wandt und allerdings eine telegraphische Antwort er-
halten, deren Wortlaut aber hier ebensowenig in Erfahrung
bringen ist, wie auch, ob der Regent sich daraufhin an
bw Bundesrath gewendet hat; doch ist letzteres wahr-
^ainlich. Die unerquickliche Affäre hat in Lippe in allen
Weisen sehr peinlich berührt and tiefgehende Verstimmung
^rvorgerufen.
Ueber die Frage, ob der Regent für seine Kinder das
Honneur zu beanspruchen hat, läßt sich die Köln. Ztg.
folgendermaßen aus: In der Sache wäre es übrigens, wie
^der mit dem Verlaufe des Thronstreites Vertraute weiß,
nur correct und dem Rechtszustande entsprechend, wenn die
Ersuche, aus der Militärcouventiou Rechte für die Familie
bos Regenten herzuleiten, abgewiesen würden. Das Schieds-
gericht hat ausdrücklich nur der Person des Regenten die
Ebenbürtigkeit zuerkannt, ohne auf die Wünsche des Chefs
er Biesterfeldschen Linie, diese Ebenbürtigkeitserklärung
ghf sein ganzes Haus auszudehnen, einzugehen. Hiernach
Mießt fürstliche Rechte nur die Person des Regenten als
^Meters des am Ausüben der Regierungsgewalt ver-
luderten Fürsten Alexander. Ein Regent braucht nicht
wlnal fürstlichen Standes zu sein, trotzdem gebühren ihm
is Regenten alle fürstlichen Ehrenbezeugungen — in gleicher
Aise etwa, wie den regierenden Bürgermeistern der freien
^iadte, deren Familien solche nicht zu beanspruchen haben.
dieser Lage ist aber der Regent um so mehr, als die
Ebenbürtigkeit seiner Gemahlin nicht nur von Schamn-
Urgjschxr Seite, sondern auch von Gräflich Weißenfeldischen
-Malen bestritten wird. Die dieserhalb eingereichteu Proteste
-5sden bekanntlich vom Bundesrathe zunächst wegen der

Sklaverei der Schönheit.
Novelle von M. Zmmisch.
(Fortsetzung.)
Erschrocken fuhr er zusammen, unsanft aufgeschreckt durch
ltern und Jagen. Die Thür des Ateliers wurde un-
ein-- uufgerissen und auf der Schwelle stand, übersprüht von
,-ff"ven Regentropfen, das rothgoldige Haar vom Winde
die Käthe, sich schüttelnd lachend, während ihr Begleiter,
>v kroße, graue Dogge, mit ein vaar Sätzen auf ihn zu-
ikm ,g, 1" der Geschwindigkeit das Tischchen mit Farben und
ßogen Ecke schleudernd, daß die Farben weit umher
Entsetzt sprang Fritz Delling empor.
abrDÄ-.Einern Nachsinnen hatte er vergessen, die Thür
a-Achließen, und ein unglücklicher Zufall mußte den Kobold
^rade hierher führen.
H-j/e^ana, Unglücksvieh, was machst Du für Sachen/ schrie
svra, 'Meldend und kichernd, da der Hund durch seine Freuden-
br^?e auch die aufgestellte Leinwand in ernstliche Gefahr
H.ch.ch- Mit aller Krast ihrer kleinen Fäuste zog sie den
dak/ am Halsband zurück, ihm eine Strafpredigt haltend,
mit eingezogener Ruthe beschämt zu ihren Füßen kroch,
fvarf sie sich in einen Stuhl und lachte, daß es ihr
de« Mch wehe that- Das ärgerliche, halb verlegene Gesicht
Professors erschien ihr zu komisch.
hätten wir bald was Schönes angerichtet," sagte sie,
kan«s.EM sie sich beruhigt, „aber der Regen ist schuld. Du
Iick°» nicht verlangen Onkel, daß wir bei diesem plötz-
Letter Deinen Bannkreis respektiren. O, und das
W-i-fEh fein? Wie schön, wie reizend! und dies da Mama?
sen^ - sich aber freuen, schade, daß eS bis morgen nicht
ein mürben kann, es wäre eine herrliche Gelegenheit, ihr
gleichen! damit zu machen."
mit der Miene des gewiegten Kunstkenners,
"achtete sie das Bild. „Für so hübsch hätte ich mich kaum

I wichtigen Zuständigkeitsfrage geprüft, bis zu deren Er-
ledigung die Lippische Regierung bundesräthlicherseits ver-
anlaßt worden ist, weitere Schritte in der Thronfolgefrage
zu unterlassen. Ganz unwahrscheinlich klingt daher das in
Detmold auftretende Gerücht, die Regierung beabsichtige unter
Nichtachtung des Vorgehens des Bundesrathes binnen kurzer
Frist die Sache einseitig im Wege der Landesgesetzgebung
zu regeln. Man hält den Versuch einer derartigen gewalt-
samen Abschneidung des von den Agnaten beabsichtigten
Rechtsweges für undenkbar, nachdem diese sich bezüglich der
Regentschaftsfrage in loyalster Weise dem Rechtsspruche
unterworfen haben. Sicher wird daher auch die endgültige
Entscheidung der Thronfolgefrage auf gleichem Wege zum
Austrage gelangen.
Die Grundlage für die Beurtheiluug der rechtlichen
Lage des Falles bildet die zwischen Preußen und Lippe-
Detmold am 14. November 1873 abgeschlossene Mili-
tärkonvention, die in Artikel 7 dem Fürsten die
Ehrenrechte eines kommandirende» Generals einräumt. Es
würde also nach diesem Artikel für den Grafen-Regenten
kein Recht bestehen, hinsichtlich der militärischen Ehren-
bezeugungen für die Mitglieder seiner Familie Bestim-
mungen zu treffen, während zum Beispiel die Militärkon-
vention von Schaumburg-Lippe vom 25. September 1873
dieses Recht im Schlußprotokoll ausdrücklich einräumt.
Das Gleiche ist in der Konvention mit Waldeck der Fall,
bei Schwarzburg-Sondershausen nicht, Anhalt auch nicht,
doch findet dort ein Handgelöbniß der Offiziere statt, das
Wohl und Beste des Herzogs zu fördern, Schaden und
Nachtheil aber abzuwenden. Auch in der Konvention mit
Weimar, Koburg-Gotha, Schwarzburg-Rudolstadt und beiden
Neuß vom 15. September 1873 sind Bestimmungen über
die Ehrenrechte für Mitglieder der landesfürstlichen Häuser
nicht enthalten, die Fürsten selbst haben die Ehrenrechte
der kommandirenden Generale. Es scheint demnach, als
seien beim Abschluß der Konventionen erweiterte Bestim-
mungen nur da zugestanden worden, wo sie ausdrücklich
verlangt wurden. Uebrigens ist die Konvention mit Lippe-
Detmold beiderseitig mit zweijähriger Frist
kündbar.
Die politische Bedeutung des Zwischenfalls liegt,
wie Jedermann empfindet, nicht in der Frage, ob die
Kinder des Regenten von Lippe als ebenbürtig zu betrach-
ten sind, und ob sie — sei dies nun der Fall oder nicht —
Honneurs von den Offizieren zu beanspruchen haben,
sondern sie liegt in der Frage, wie das kurze unchiffrirte
Telegramm des Kaisers auf den Grafregenten und auf
die übrigen Bundesfürsten wirken muß. Wir haben unser
Urtheil hierüber schon in einem früheren Artikel aus-
gesprochen.
Bemerkt sei noch, daß der jetzt 56 jährige Regent mit
einer Gräfin Wartenslebcn vermählt ist, die eine
bürgerliche Mutter, eine Deutsch-Amerikanerin, wenn wir
nicht irren, hatte. Der Ehe sind drei Söhne
und drei Töchter entsprossen. Der Regent selbst hält seine
Ehe als nach den lippeschen Hausgesetzen für ebenbürtig;
von der Weißenfelder Linie und von Schaumburg wird
das, wie bemerkt, bestritten. Es wäre zu wünschen, daß
die Frage noch zu Lebzeiten des Regenten entschieden wird,
damit bei seinem dereinstigen iAbleben Verwicklungen ver-
mieden werden.

Deutsches Reich.
Berlin, 24. Juli.
— Aus Skjoldehavu, 23. Juli, wird berichtet:
Nach einem Ausflug auf der Hohenzolleru ins Meer nord-
gepalten," fuhr sie in naivem Staunen fort, „werden sich
aber Elly und Mathilde ärqern! Denen darf ich es doch
zeigen, wenn sie morgen kommen, nicht wahr, Du liebster,
allerbester Onkel?"
Mit einer reizenden Bewegung stellte sie sich auf die Fuß-
spitzen und die Arme zu ihm emporreckend, strich sie ihm
schmeichelnd über Stirn und Wangen.
Für sie war Fritz Delling ein alter Mann, ein guter
Onkel, den man hätscheln und umschmeicheln konnte, wie
es einem gerade beliebte, und der für seine Aufmerksam-
keit, sie so hübsch zu malen, eigentlich einen herzhaften Kuß
verdiente.
Ihre frischrothen Lippen, die sich so reizend von dem
blüthenweißen Teint abhoben, schimmernden ihm lockend ent-
gegen, die sammetweichen Augen sahen ihn bittend an und
über ihrer ganzen Erscheinung lag mehr als je der unbe-
wußte Zauber knospender, bestrickender Schönheit.
Mit einem dumpfen Laut riß der Künstler sie an sich und
preßte seine Lippen in die goldige Fluth ihrer Haare. Wie
in Krampf durchzuckte es seinen Körper, aber nur eine
Sekunde, dann stieß er sie unsanft von sich, und ihr hastig
den Rücken kehrend, starrte er in den Park hinaus-
Kleinlaut und erschrocken setzte sich Käthe nieder. Sie
war weit davon entfernt, auch nur zu ahnen, was in ihm
vorging, aber etwas unheimlich war es ihr doch. Sie machte
ein Gesicht wie ein Kind, das seine Puppe zerbrochen und
dafür gescholten wird.
„Ich glaube, das Wetter verzieht sich wieder, es wird
nichts aus dem Gewitter," sagte sie nach einer Weile.
„Komm Diana, wir gehen; Onkel Fritz hat schlechte Laune
und ist lieber allein."
Sie sah zu ihm hinüber, als erwartete sie einen Protest,
aber Fritz Delling rührte sich nicht. Trotzig faßte sie den
Hund am Halsband und ging hinaus. Flüchtig wie ein Reh
sprang sie den Weg entlang, der Hund in langen Sätzen
nebenher.
Fritz Delling sah ihr nach und dann warf er sich stöhnend '

westlich der Lofoten, wo der Kaiser an einem Tiefste-
fischzug und Tiefseemessungen theilnahm, die von den auf
der Jacht des Fürsten von Monaco befindlichen Fach-
gelehrten vorgenommen wurden, kehrte der Kaiser von den
Lofoten zurück und ging auf der Hohenzollern von Skiolde-
havn nach Andoen. Heute erfolgt die Rückkehr nach den
norwegischen Küsten.
— In der Thomasmehlfrage haben die Erör-
terungen über die Manipulationen des Bundes der Land-
wirthe den Erfolg gehabt, daß die landwirthschaftlich-tech-
nische Abtheilung des Bundes in ihre Aufforderung an die
Mitglieder, die Düngemittel zur Herbstbestellung zu beziehen,
jetzt folgenden Hinweis ausgenommen hat: „Wir machen
unsere Mitglieder ausdrücklich darauf aufmerksam, daß wir
für unsere Vermittlung bezw. bei unseren Verkäufen einen
Rabatt bezw. Provisionsbetrag der Cässe des Bund es
überweisen."
Augsburg, 23. Juli. Der Groß Herzog von
Luxemburg ist am Vormittag nach 12tägiger erfolg-
reicher Cur bei Hessing in Göggingen mit der Großher-
zogin nach Schloß Hohenburg abgereist.
Baden. Herr Wacker ist arg verschnupft über einen
Artikel des Bad. M il it ärv e re ins bl a tte s, der die
Auslieferung der Residenz au die Sozialdemo-
kratie brandmarkte, und zwar besonders im Hinblick auf
die sich darin äußernde Undankbarkeit gegenüber dem Groß-
herzog, der doch stets in so reichem Maß allen seinen
Unterthanen Wohlwollen bewiesen habe. Wacker richtete
deshalb im Beobachter „an die Herren, welche für die
Leistungen des Bad. Militärvereinsblattes verantwortlich
sind", die öffentliche Aufforderung, frei herauszusagen, wem
ihre Anschuldigungen gelten, damit er, falls sie au die
Centralleitung des Centrums und spcciell an seine Person
gerichtet wären, die Urheber derselben öffentlich zur Rechen-
schaft ziehen könne. Das Bad. Militärvereinsblatt ant-
wortete prompt Folgendes:
Mit Bezug auf die „Oeffentliche Aufforderung" des Herrn
Wacker im Bad. Beobachter erklärt die Redaktion, daß das Bad.
Militärvereinsblatt dasselbe Recht der freien Meinungsäußerung
innerhalb der von: Gesetz gezogenen Schranken für sich beansprucht,
wie jedes andere Preßorgan, und daß die volle Verantwortung
für den beanstandeten Artikel lediglich der am Schluffe des Blattes
genannte Redakteur trägt. Herr Wacker, der selbst in der Presse
so vielfach thätig ist, konnte dies wissen und hätte sich seine „Auf-
forderung" sparen können. Wenn der fragliche Artikel in seiner
scharfen Sprache in unserm Blatt Aufnahme gefunden hat, so
geschah dies keineswegs im Hinblick ans irgend welche Persönlich-
keiten nnd politische Parteiinteressen, sondern einzig und allein,
um ein System gewissenloser Verhetzung zu brand-
marken, das für den innern und äuß eren Frie den unseres
deutschen Vaterlandes allmählich unheilvoll zu
werden droht und das von allen vaterländisch Gesinnten, insbesondere
auch im Kreise der Mitglieder unserer Militärvereine, schon oft
auf das tiefste beklagt und in nicht weniger scharfer Form verur-
theilt worden ist. Hiermit erklären wir die Angelegenheit für nns
als erledigt.
Herrn Wacker bleibt also die Wahl, sich mit dem gewissen-
losen System zu identifiziren oder nicht. Im klebrigen ist
für Jeden in Baden, der nicht gerade geschlafen hat, kein
Zweifel darüber möglich, ob Wacker die Seele dieses ge-
wissenlosen Systems ist oder nicht. Gegenwärtig hält Herr
Wacker da und dort Vorträge zur Rechtfertigung seiner
Politik. So sprach er am 21. d. zwei Stunden lang in
Freiburg. Zum Schluß seiner gedachten Ausführung kam
er auf seinen Strauß mit dem Bad. Militärvereiusblatt
zu sprechen und ließ dabei die fürchterliche Drohung ver-
nehmen, die Sache sei noch nicht abgeschlossen. Zitt're,
Militärverein, der Löwe grollt!
— Im Donaueschinger Wochenblatt thut einer für
seine Reichstagswahlsünden mit folgender „Er-
klärung" Buße:
in den Sessel. Em heftiges, thränenloses Schluchzen er-
schütterte seinen Körper.
Ja, er war der Sklave der Schönheit. Zeit seines Lebens
hatte sie ibn tyrannistrt, aber immer war sein Wille wieder
der Stärkere gewesen. Und jetzt, wo er durch dm unnach»
lässigen Kämpfe vor der Zeit alt und müde geworden, jetzt
mußte er nicht nur den Willen, sondern auch sein Herz an
ein Kind verlieren, an ein Kind, das ihn besiegt durch die
fascinirende Macht seiner Schönheit, das noch Jahce ge-
brauchte, um zum Weibs zu reisen und das, das erkannte er
nur zu gut, ihm innerlich und äußerlich so fern stand, wie
die Sonne der Erde.
Ach, und er liebte dieses Kind, er liebte es mit der ganzen
verzehrenden Gluth des älteren Mannes, der seine Kraft
und Leidenschaft ein Memchenalter hindurch beherrscht, bis
sie nun in all ihrer aufgestauken Gewalt ihre Fesseln zerbricht
und über ihm zusammenstürzt.
Was ihm als Ziel und Glanzpunkt seines Lebens vorge-
schwebt, er batte es erreicht. Ruhm, Egre, Reichthum, sie
lagen zu seinen Füßen, und das, was jeder unbedeutende
hübsche Jünglmg mit Leichtigkeit erringt, das selige Glück
der Liebe, es blieb ihm versagt; er hatte die Zeit verpaßt
und die launische Göttin drehte ihm höhnisch den Rücken . .
Käthe machte einen großen Umweg. Sie hatte keine Lust,
schon nach Hause zu gehen. Bei den Vorbereitungen zum
Feste waren eine Menge hilfreicher Hände nöthig und in
allen Ecken und Winkeln stieß man auf dienstbare Geister.
Ihre Mama war ebenfalls sehr in Anspruch genommen,
und selbst die Reitstunden mußten für die paar Tage
unterbleiben.
„Jedes Ding hat seine Schattenseiten," pflegte ihr Lite-
raturlehrer zu sagen. Dieser Ausspruch fiel ihr plötzlich ein
und zum ersten Mal erkannte sie einen Sinn darin. Von
der Scene im Atelier war etwas Verdrießliches, Unklares in
ihr zurückgeblieben, das ihre erst so fröhliche Stimmung
völlig verdrängte.
(Fortsetzung folgt.)
 
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