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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 203 - 228 (1. September 1898 - 30. September 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0329

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monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
jvierteljährl. 1.25
»vsschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

Wclbk v AitiiW

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der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.

Telephon-Anschluß 'Rr. 82.

Xr. 228.

Freitag, den 30. September

1898.

Bestellungen
auf die Heidelberger Zeitung für das IV. Quartal werden
tortwährend bei allen Postanstalten, den Briefträgern, den
Agenten, bei den Trägern in der Stadt, sowie in der
Expedition, Untere Neckarstraße Nr. 21, angenommen.
Bezugspreis: monatlich nur 50 Pfg., frei in'S Haus
gebracht; durch die Post bezogen Mk. 1.25 vierteljährlich.
Mit Zustellgebühr Mk. 1.65._
Jntereffenharmonie zwischen Arbeitgeber
und Arbeiter.
Zu den gebräuchlichsten Mitteln der Sozialdemo-
krarie zur Verhetzung der Arbeiter gehört die Behaup-
tung, daß die Industriellen aus „Profitwuth"
die Arbeiter an den jetzigen günstigen Erträgnissen ihrer
Unternehmungen nicht theilnehmen lassen. Die unlängst
im Reichsanzeiger mitgetheilten Daten über die Löhne der
Preußischen Bergarbeiter im Jahre 1897 gewähren die
Möglichkeit, diese -Behauptung an der Hand der That-
sachen auf ihre Begründung zu prüfen.
Sehen wir uns zu diesem Zwecke die Zahlen für den
Oberbcrgamtsbezirk Dortmund an, in welchem nahezu die
Hälfte der Gcsammtzahl der preußischen Bergarbeiter be-
schäftigt ist, so finden wir, daß die im Ganzen rund
171000 Mann starke Belegschaft der dortigen Kohlenzechen
M dem Berichtsjahre im Durchschnitt 160 Mark auf den
Kopf mehr verdient hat, als 1895. Das macht im Ganzen
^inen Mehrverdienst der Kohlenbergleute von rund 27'/,
Millionen in zwei Jahren aus. Darauf beschränken sich
oie Vortheile aber nicht, welche jenen Arbeitern aus der
günstigen Lage des Bergbaues erwachsen sind.
Zunächst hat sich in dieser Zeit auch die Zahl der
.Arbeiter sehr stark vermehrt. Unter Zugrundelegung der
für 1896 auf 1897 angegebenen Zahl der neueingestelltcn
Arbeiter und des Durchschnittsverdienstes für 1895 mit
968 Mark berechnet sich in Folge der Ver-
mehrung der Arbeiter eine weitere Steigerung der 1897
'M Bergbau gezahlten Löhne um rund 25 Millionen Mark
gegenüber dem Jahre 1895.
Allein in dem westphälischen Kohlenrevier sind daher
'M Jahre 1897 nicht weniger als 52 Millionen Mark
Mehr an die Arbeiter gezahlt worden, als zwei Jahre
vorher, und zwar ohne Verlängerung der Arbeitszeit und
ohne wirthschaftliche Kämpfe irgend welcher Art.
Daß diese Vermehrung der Löhne im Ganzen, wie im
Einzelnen auch noch nicht unerhebliche indirekte Vortheile
mr die Arbeiter infolge der dadurch bedingten höheren
Beiträge der Arbeitgeber zu der Unfall- und Invaliden-
versicherung, wie zu den Krankenkassen nach sich zieht, be-
vvrf der näheren Darlegung nicht.
Es ist daher durch jene auf amtlichen Erhebungen be-
vuhende Statistik der Arbeitslöhne im Ruhrkohlenrevier der
unwiderlegliche Beweis geliefert, daß auch den Arbeitern
Me günstige Lage des Kohlenbergbaues reiche Früchte trägt,
vuß ihnen die Früchte von selbst und ohne Kampf zufallen
vud daß sie an dem Fortbestände der guten Conjunktur
g^au so interessirt sind, wie die Arbeitgeber. Nicht ein
Interessengegensatz besteht in dieser Hinsicht zwischen Unter-
nehmern und Arbeitern, vielmehr die vollständigste Har-
monie der Interessen. Wer die günstige Entwicklung des
Kohlenbergbaues zum Stocken oder gar zum Rückgänge
vachte, würde den Arbeiter genau so schädigen wie den
Arbeitgeber, wäre genau so ein Feind der Lebensintcressen
Arbeiter wie derjenigen der Arbeitgeber. Gibt cs aber
^Ne größere Gefahr für die gedeihliche Entwicklung eines
^rwerbszweiges, als wirthschaftliche Kämpfe zwischen
^oeitnehmern und Arbeitgebern? Und giebt es demzu-


folge gefährlichere Feinde der wahren Interessen der Ar-
beiter als diejenigen, welche zur Erlangung politischer
Macht oder Erhaltung einer einträglichen Stellung im
Parteidienste die Arbeiter in wirthschaftliche Kämpfe hinein-
zuhctzen trachten?
Deutsches Reich.
— Die Berl. Pol. Nachr. melden: Angesichts der g e-
stiegenen Fleischpreise widmet die landwirthschaft-
liche Verwaltung den veterinärpolizeilichen Zuständen der
Nachbarstaaten besondere Aufmerksamkeit. Die Beobach-
tungen ergaben, daß gegenwärtig eine Verminderung der
Schutzwehren gegen die Einschleppung von Viehseuchen
nicht angängig sei, ohne neue Seuchengefahr herauf-
zubeschwören.
— Die Hamb. Nachr. schreiben: Von einzelnen Blät-
tern wird nach scharfer Beurlheilung der Busch'schen
Veröffentlichungen die Frage aufgeworfen, wie Fürst
Bismarck zu einem so indiskreten und subalternen Mann
in Beziehungen stehen konnte. Wir bemerken dazu, daß
Dr. Busch diese Beziehungen lediglich Lothar Bucher
verdankt, dem Fürst Bismarck jederzeit unbedingtes Ver-
trauen schenkte und der sich seinerseits in Dr. Busch trotz
mehrfacher Warnungen täuschte. Dr. Busch war mit Lothar
Bucher, so viel wir wissen, in früheren Jahren außerhalb
Deutschlands bekannt geworden und nach unseren Infor-
mationen war seine Berufung 1870 in das Hauptquartier
als publizistischer Mitarbeiter des mobilen Auswärtigen
Amtes durch Bucher veranlaßt worden. Ebenso verhielt
sich die Sache nach der Entlassung des Fürsten Bismarck.
Lothar Bucher war damals mit der Ordnung der Papiere
des Fürsten betraut, und da er diese Arbeit namentlich
wegen seines gichtischen Leidens in den Fingern nicht allein
bewältigen konnte und eines Gehilfen bedurfte, wühlte er
den Dr. Busch dazu aus, obwohl ihm von Mitgliedern der
fürstlichen Familie ernste Zweifel an dessen Zuverlässigkeit
und Diskretion ausgesprochen wurden. Lothar Bucher wollte
diese Zweifel nicht gelten lassen, behauptete vielmehr, daß
sie auf Mißgunst beruhten und daß Dr. Busch vollkommen
treu und zuverlässig sei. Wenn Lothar Bucher die jetzigen
Publikationen seines vormaligen Schützlings erlebt hätte,
so würde er bei seinem ausgeprägten Sinn für Redlichkeit,
Diskretion und Anstand sowie bei seiner treuen Verehrung
für den Fürsten zweifellos nicht einen Augenblick zögern,
sie auf das schärfste zu verurtheilen und anzuerkennen, daß
er sich in Dr. Busch getäuscht habe.
— Wie die Cotta'sche Buchhandlung mittheilt, wurden
ihr am 28. d. die letzten Nachträge des Fürsten
Bismarck zu seinen, Gedanken und Erinnerungen
betitelten, sogenannten Memoiren übergeben. Das vom
verstorbenen Fürsten eigenhändig durchcorrigirte Diktat ist
von Professor Horst Kohl mit einer Einleitung und kurzen
orientirenden Noten versehen und wird im übrigen, abge-
sehen von kleinen Correkturen irriger Daten, Namen u. s.w.,
unverändert und unverkürzt erscheinen. Die Ausgabe be-
ginnt im November. — Die Franks. Ztg. weiß hierzu
noch zu berichten: Die Nebernahme des Werkes durch den
Cotta'schen Verlag geht bis auf das Jahr 1890 zurück.
Damals einigte sich Fürst Bismarck, nachdem er sich nach
längerem Zögern zur Niederschrift seiner Erinnerungen ent-
schlossen hatte, mit dem Chef des Cotta'schen Verlags, der
ihn in Friedrichsruh besuchte, im Prinzip über diese An-
gelegenheit. Der Altreichskanzler begann alsbald seine
Gedanken und Erinnerungen niederzuschreiben und setzte seine
Aufzeichnungen, die er zumeist in die Feder diktirte, bis
zu seinem Tode fort, immer wieder ergänzend und korri-

2)

Ein Franenkermer.
Von H. Erlin.
(Schluß.)
^alzerklänge rauschten durch den Saal.
»Darf ich um einen Tanz bitten, Fräulein Ehlers?"
»Bedauere Herr Assessor, habe bereits alle vergeben".
»Aber ich muß mit Ihnen sprechen .... Sind Sie zum
^°uper noch frei?"
"1'ein, der Herr Landrath führt mich zuTische. Ich habe
"ur die Tanzpausen noch . . ."
»Gut! So lassen Sie uns die nächste verplaudern."
st-»° ?? kurze Verbeugung — und Assessor Welker
Vlatze zu""* rothem Kopfe einem ganz versteckten Sopha-
lln,^Mw'esen! Er verschmäht! Und um wen noch dazu!
bai-s,,'5, lächerliche Nußknackerfigur, genannt Landrath Diesen-
Es war zum Rasendwerden!
si- Liselotte den alten verliebten Gecken anlächelte, wie
einsprach . . .
h.r und mehr schwand ihm das Vertrauen zu seiner
fest->»bhlenntniß, die Welt wurde ihm zum Räthsel, die Grund-
"men semer Erfahrungen wankten . . .
licken h^lt letzt beinahe alles für denkbar — sogar die Mög-
erni--st' daß dieser, von der kleinen Ehlers so verheißungsvoll
seltin^^ Ball mit einer Verlobung zwischen ihr und ihrem
Auserkorenen enden könne!
Mädel mußte krank sein! Begriffsverwirrungen . . .
b-v " 'h"? l>los noch einmal ins Gewissen reden könnte,
es zu spät war!
er ja? fiebernder Unruhe, mit fliegenden Pulsen erwartete
Tanzpause. —
"Ktzabe Ihnen etwas zu sagen, Fräulein Eblers?"
feinen ^ 'ch,' lächelte sie schelmisch, legte ihren Arm in den
und ließ sich im Saal auf- und abführen.
»Lstte also!"
«Sie wollen sich heut Abend verloben, Liselotte?"

„Und wenn cs so wäre?"
Heftig preßte er ihren Arm an sich.
„Sie dürfen es nicht, Liselotte! Haben Sie sich auch
recht bedacht? Sie können ihn ja nicht lieben!"
„Aber ich sagte Ihnen bereits, Herr Assessor . . . ."
„Ja doch! Und trotzdem beyaupte ich, Sie wissen noch
garnicht, was wahre Liebe ist!"
„Wie, Herr Assessor so sprechen Sie, von dem alle Welt
weiß, daß er an keine Liebe glaubt?"
Jbr Helles Lachen trieb ihm das Blut nach dem Kopfe.
„Was weiß man!" rief er leidenschaftlich. „Ich kann und
will Ihnen sagen, was Liebe, echte Liebe ist: Zittern um
den Verlust des anaebeteteu Menschen, Erbeben bei seinem
Nahen, Sinn und Verstand um ihn verlieren können.
Könnten Sie um Landrath Diefenbach etwa Sinn und Ver-
stand verlieren?"
Liselottes Antlitz verschand hinter ihrem Fächer.
„Aber das ist doch auch gar nicht nötdig, lieber Freund!"
„Gewiß ist es nöthigl Liebe, ach Liebe! Liselotte, diese
Himmelsseligkeit kennt auch Ihr Landralh nicht! So vor
einem Mädel zu stehen, das man mag, und sagen zu dürfen:
Dich . . . Dich ganz allein von allen lieb' ich, um Dich will
ich schaffen und."
Wieder ein silbernes Lachen.
„Ei, ei, Herr Assessor, Sie gerathen in Feuer, als wären
Sie selbst gründlich verliebt!"
Verblüfft starrte er seine holde Begleiterin an. Allmäch-
tiger, am Ende hatte sie recht! Fast war es ihm während
seiner Rede selber so vorgekommen!
Ein kurzes Schweigen, dann thut der Assessor einen tiefen
Athemzug.
„Bin ich wirklich verliebt, Liselotte — und mir scheint's
fast so — dann bin ich'S eben in Sie-"
„Ob-"
Entrüstet machte sie sich von ihm los und trat in eine
Fensternische. Er folgte ihr mit komisch resignirter Miene.
„Ich glaube es ist wirklich so, Liselotte," gestand er da
in lächelnder Schwermuth. „Aber Sie haben mich zuerst

girend. Bei seinem Hinschcidm fanden sich noch Nach-
träge zu dem Memoirenwerk vor. Ueber den Zeitpunkt
des Erscheinens wurden Verhandlungen mit dem Fürsten
Herbert Bismarck gepflogen, die erst vor einiger Zeit zur
Entscheidung führten. Von dem Memoirenwerke werden
zunächst zwei Bände von je 400 großen Oktavseiten er-
scheinen und zwar im November dieses Jahres. Diese
schließen mit dem Tode Kaiser Friedrichs ab.
— Es gilt als sicher, daß Dr. Lüttg enau, der
die Prügelstrafe für anarchistische Mörder in seiner Rhein.- -
Wests. Arbeiterzeitung empfohlen hatte, aus der sozial-
demokratischen Partei h ina us fliegt. Er stand
überhaupt nicht sehr fest; lange Zeit wurde er in Berlin
mit lebhaftem Mißtrauen betrachtet, da er seine eigenen
Wege ging und den Leitern des Vorwärts oft unbequem
wurde. Jetzt wird er von vielen sozialdemokratischen
Blättern „ein unwürdiger Kämpfer in unfern Reihen"
genannt, die Magdeburger Volksstimme redet sogar von
den „verrückten Ideen" des Dr. Lüttgenau und meint,
daß ein Mann wie er, der mit seinen brutalen An-
schauungen die Partei aufs schärfste compromittire, nicht
werth sei, an der Spitze der Arbeiterbewegung zu stehen.
Natürlich sind die Anarchisten ganz besonders über den
Mann erbost, der ihren tapfersten Jüngern Prügel ver-
ordnen wollte; der Arme Conrad schlägt vor, „daß der
Parteitag eine Commission ernenne, die den albernen
Patron auf seiuen Gesundheitszustand untersuche. Es
erscheint uns zweifellos, daß der Alkoholgenuß, dem er,
wie allgemein bekannt, seit Jahren übermäßig huldigt, ihn
verrückt gemacht hat."
Baden. LO. Karlsruhe, 29. Sept. Die heutige sozial-
demokratische Protestversammlnng war noch besser
besucht als diejenige vom letzten Dienstag. Insbesondere war
viel Jungvolk vertreten, das vielleicht dasselbe Schicksal erhoffte,
wie es am Dienstag den Redner des Tages ereilt hatte und
das sich auch einmal die angenehme Gemüthsbewegung einer
stürmischen Sitzung mit schließlicher Versammlungsauflösung
gönnen wollte. Jndeß der Redner, Reichs- und Landtagsabge-
ordneter Geck, hielt sich sehr maßvoll, maßvoller als in seinem
Volksfreund, der in jakobinischstem Stil die heftigsten Angriffe
gegen den Amtmann Jacob enthielt. Seine Rede war, wie ein
Zuhörer meinte, die reine Wassersuppe gegen sein sonstiges
Auftreten. Er verbreitete sich eingehend über die Nothwcndig-
kcit des Coalitionsrechtes, über die Bestrafungen für Streikoer-
gehen und warf dann schließlich die Frage auf, ob das Eentrum
es wagen werde, einen Strafoerschärfungsantrag anzunehmen.
Ein solcher Entschluß werde den ohnehin wackligen Thurm ganz
zum Wanken bringen. Wenn wirklich über Streikvergehen Zucht-
hausstrafen verhängt werden sollten, so würden die Berurthetlten
als Ehrenmänner in' das Zuchthaus wandern und als Ehren-
männer wieder heraustreten. Aber eine Erbitterung werde im
Volke entstehen, für deren vielleicht unheilvolle Folgen dann die
Urheber des Gesetzes verantwortlich seien. Zum Schluß empfahl
er die Annahme einer Protestresolution, die Kolb verlas und die
dann auch angenommen wurde. Maler Kolb gab hierauf seiner
Freude darüber Ausdruck, daß die Versammlung dieses Mal
„ohne Störung" verlaufen sei und empfahl den Arbeitern zur
wirksamen Unterstützung der heutigen Resolution dreierlei:
1. Eintritt in die politischen-, 2. Eintritt in
die gewerkschaftlichen Organisationen und 8.
Abonnement auf die sozialdemokratische
Presse.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Hofansage. Wegen Ablebens Ihrer Majestät der
Königin Luise von Dänemark, Prinzessin von Hessen-
Kassel, legt der Großherzogliche Hof von heute an die Trauer
auf 21 Tage bis zum 19. Oktober einschließlich an, und zwar
vom 29 September bis 9. Oktober nach der 3., vom 10. Okt.
bis 19. Oktober nach der 4. Stufe der Trauerordnung. Die
Trauer wird gleichzeitig mit der bereits angesagten getragen.
Karlsruhe, 29. September 1898. Großherzogliches Oberst-
kammerherrn-Amt. Freiherr von Gemmingen.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Erzbischof von Freiburg Dr. Thomas Nörber das Großkreuz
darauf gebracht, ohne Ihre Worte hätte ich's gar nicht
entdeckt!"
„Lassen Sie den unpassenden Scherz."
Zürnend wollte sie an ihm vorbeieilen, doch er vertrat ihr
den Weg-
„Jetzt hören Sie mich doch wenigstens noch einen Augen-
blick an! Ich bin ja nicht so lächerlich, Sie um ein Liebes-
geständniß, oder um Ihr Jawort zu bitten! Weiß ja, daß
Sie sich einbilden, den Landrath zu lieben! Aber Sie lieben
ihn nicht — Sie wissen überhaupt noch nichts von Liede,
lieben weder ihn, noch mich."
Tausend Kobolde lachten aus ihren dunklen Augen, die sie
nun senkte.
„Was, um alles, wollen Sie denn eigentlich von mir,
Herr Assessor, der Sie so genau über meine Herzensverhält-
nisse Bescheid wissen?"
„Ich will, Liselotte —" und hier ergriff er stürmisch ihre
Hand, um sie in der seinen saft zu zerdrücken —, „ich will
nichts weiter, als Sie bitten, noch damit zu warten, dem
Landrath ihr Jawort zu geben, so lange damit zu warten bis
Sie sicher wissen, mich niemals lieben zu können."
„Lieber Freund, wie oft soll ich Ihnen noch sagen, daß
ich die Liebe bereits kenne?" Lächelnd, wiegte Liselotte das
Köpfchen und sah bezaubernd aus.
Da kam er ihr ganz nahe .... wie sengender Hauch
wehte sein Odem über sie hin.
„Liselotte... Du . . . Du ... es kann ja nicht wahr
sein .... Du liebst den Landrath nicht!"
„Nein - Aber Dich!"
Waren die leisen, zitternden Worte wirklich von ihr ge-
sprochen?
Ungläubig suchten des Assessors Augen ihr in Gluth ge-
tauchtes, tiefgesenktes Antlitz.
„Liselotte, ist das Spiel oder Wahrheit? Noch soeben hast
Du . - . haben Sie . . . ."
„Ach . fiel hier ein weiches, bebendes Stimmchen
ein ... . Sie hab' ich gern gehabt, immer schon!" Und
dann in übermüthigem Neckton: „Aber hält' ich Dich wohl
 
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