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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 176 - 202 (1. August 1898 - 31. August 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0155

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Ar. 185

Dinittstllg, den 11. August

1898

Aug.

2)

legung gönnen sollen, ließ der Herzog vonGramont
sich zu folgendem denkwürdigen Geständniß hinreißen:
Wenn wir länger gewartet hätten, daß die frem-
den Mächte sich einmischen, so hätten wir damit nur Preußen
Zeit gelassen, seine Rüstungen zu vervollständigen und uns mit
mehr Vortheil anzugreifen.
Diese Worte veranlaßten Jules Favre, mit allem
Nachdruck gegen den Krieg zu protestiren und einen förm-
lichen Antrag auf Vorlegung der Depeschen zu stellen,
der jedoch mit 159 gegen 84 Stimmen verworfen wurde.
Damit war der Krieg entschieden.

Preis
mit Familienblättern
»monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl. 1-25
«wLschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

Jnsrrtionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.

*
Am nächsten Morgen zu früh'ster Stunde trabte Gustel
in seinem besten Sonntagsstaat, an den Füßen die neuen,
doppelt besohlten Stiefel, in der Hand einen fest zusammen
gebundenen, bunten Straub von Monatsrosen, brennender
Liebe, Vergißmeinnicht, Studentenblume und Rittersporn, die
Dorfstraße hinunter.
Er lief, ohne rechts oder links zu sehen, so rasch er konnte,
nur von Zeit zu Zeit sah er sich scheu um.
Jetzt nahm ihn der dunkle Wald auf.
Hier war es noch so still, daß man nichts als des kleinen
Burschen schnelle, feste Schritte hörte.
Es wurde ihm fast etwas unheimlich in dieser großen
Einsamkeit, die Bäume rauschten traumhaft, und die kleinen
Waldsänger fingen erst ganz leise und heimlich zu zwitschern
an- —
Gustel begann zu rennen, und war froh, als er
endlich die ersten Häuser des Nachbardorfes von weitem
liegen sah.
Als er kurz vor sieben Uhr vor der Mühle anlangte, war
sein Gesicht dunkelroth, und die Blumen in seiner Hand
hingen welk die Köpfe, sie sehnten sich nach frischem Wasser,
ebenso wie Gustel nach Pfingstkuchen und Kaffee-
Christine Holland stand in ihrem Stübchen und steckte sich
die Brosche an dem einfachen Kleide fest. Es war eine kleine
magere Gestalt, die linke Schulter schien etwas höher als die
rechte und die jüngste war E hristel Holland auch nicht mehr.
(Fortsetzung folgt.)

Erscheint täglich,
sonntags ausgenommen.

Christel'» Freier.
Von Marga von Rentz.
(Fortsetzung.)
x._^ustel holte sich einen von den frisch gescheuerten Stühlen
' * M "-"d wollte.sich daraus niederlaffen.
Dnß ^fi Du glei nuntergehen? Nu, das wär noch schön'r
"Zlch glei wieder mit scheuern anfangen könnte."
da^b Schübeln war empört über ihres Sohnes Unterfangen,
Küh durfte sich doch kein Mensch auf einen der
^Me setzen.
a>,s^ustel blieb noch eine Weile am Tische stehen, einen Fuß
kp/°sn andern gesetzt, dann trollte er ab, aber er ging nicht
y^weit.
grüne Gras legte er sich, und seine Augen blinzelten
ei "^wlossen sich schließlich fest, so daß er ganz den Eindruck
Menschen machte, dem die ganze übrige Welt völlig
llt. Sie war ihm auch egal bis auf die beiden Menschen
Tische, denn Gustel hatte eine Leidenschaft. Er
zu, ^in Leben gern den Gesprächen der Erwachsenen
er «so ein dummer Junge" war, wie ihm seine
hat?- , Won oft und der Lehrer ein paar Mal versichert
konnte es ihm ja auch nichts schaden, wenn er ein
r»j.?EN kluger wurde. Nein, sicherlich nicht, und da er be-
dnr- ^"mt gemerkt hatte, daß irgend etwas in ihrem Hause
sckn» , sollte, was ihm Keiner sagen wollte, gab er sich
Mühe, dies Räthselhafte zu ergründen. Gustel
war eben neugierig wie ein Rothkehlchen.
La,,'» EWe, Ernst, es wär' doch zu schön, da ständ'n wir
erst groß im Dorfe da vor den Leuten, denn an schön
that die Christel mitbring'n als Heirathsgut, das kannst
r wirklich glauben."
L» ^"fragte Ernst Mattern verwundert. „Warum will
August nu nich?"
M-i "u, weil er ebens nich genug Verstand im Gehirn-
vmi da sieht man ebens recht deutlich die Efältigkeit
" den Mannsbildern, der August hat sich nämlich schon

Wochenchronik.
(Vom 31. Juli bis zum 6. August.)
Juli 31.: Der Kaiser gibt den Wunsch kund, daß die sterbliche
Hülle Bismarcks im Berliner Tome beigesetzt werde.
Mit Rücksicht auf die ausgesprochene Willensmeinung
des Verstorbenen, der in Friedrichsruh beigcsetzt sein
wollte, verzichtet der Kaiser auf die Ausführung seines
Wunsches.
1.: In einem Berliner Blatte veröffentlicht Moritz Busch
dasAbschiedsgesuchBismarcks v. 18. März 1890.
1.: In einer letztwilligen Verfügung hat Bismarck den
Wunsch ausgesprochen, daß er in seiner Grabschrift als
treuer deutscher Diener Kaiser Wilhelms I. bezeichnet
werde.
1. : Der Kaiser trifft von seiner Nordlandreise in Kiel
ein, kurz darauf auch die Kaiserin von Wilhelms-
Höhe.
2. : Zum Erzbischof von Freiburg wird Kloster-
pfarrer Nörber in Baden gewählt.
2.: Das Kaiserpaar nimmt in 'Friedrichsruh an der
Leichenfeier für Bismarck am Sarge des Verstor-
benen Theil. In einem Erlab an den Reichskanzler
giebt der Kaiser seiner Trauer bei dem Htnscheiden
Bismarcks und seiner bewundernden Anerkennung des
Verstorbenen Ausdruck.
4.: In der Kaiser Wilhelm-Gedächtnißkirche in Berlin
findet unter Theilnahme des Kaiserpaares, der Diplo-
matie und der Regierungsspitzen eine Trauerfeier für
Bismarck statt.
4. : Das Kaiserpaar trifft in Wilhelmshöhe ein.
5. : Die Regierung der Vereinigten Staaten von
Nordamerika richtet eine größere Flottenstation auf
Samoa ein.
6. : Die Centrumspresse hält sich sehr darüber auf,
daß der katholische Pfarrer in Wien der Prinzessin
Dorothea von Coburg und dem Herzog Gün ther
von Schleswig-Holstein das Jawort abgenommen und
das Brautpaar beglückwünscht hat, obgleich der
Bräutigam nicht in die katholische Kindererziehung ge-
willigt hat.
6.: In zahlreichen Orten Deutschlands stnd Trau er-
feiern für Bism ar ck abgehalten worden; weitere
stehen noch bevor.

Die Emser Depesche.
Die Emser Depesche wird anläßlich des Todes
Bismarcks von den politischen Gegnern des Verstorbenen
Wieder ans Licht gezogen mit der Absicht, nachzuweisen,
daß der von Bismarck veröffentlichte Auszug aus der De-
pesche an dem Ausbruch der Krieges schuld sei. Diese
Veröffentlichung habe den Krieg provozirt. Demgegen-
über kann aus den Verhandlungen der französischen Kam-
wer nachgewiesen werden, daß die damalige französische
Negierung den Krieg wollte.
Als sich der Minister Gramont auf die von Berlin
^gehende amtliche Darstellung des Emser Vorfalles be-
*ws, welche eine unabweisbare Provokation zum Kriege
schalte, verlangten jene Abgeordneten vergebens die Vor-
legung der amtlichen Berichte des französischen Botschafters
Ar Feststellung des wirklichen Sachverhaltes. Aus den
Neben von Thiers und dessen Gesinnungsgenossen verlohnt
rs sich wohl, einige Stellen wieder aufzufrischen:
. Ist es wahr oder nicht, rief Thiers, „daß Ihre For-
?rrung im Grunde zugestanden ist? Ist es wahr oder nicht,
fuß Sie wegen einer Frage der Empfindlichkeit gebrochen
Uuben und nun für diese Formfrage Ströme Blutes ver-
wehen wollen . . . Ich verlange angesichts des Landes, daß
Mn uns die Depesche mitiheile, infolge deren man diese
Kriegserklärung beschlossen hat. Wäre ich am Ruder ge-
Mkn, so hätte ich es als meine Pflicht gehalten, dem Lande
LNige Augenblicke der Uebcrlegung zu gönnen. . . . Man
für Ihnen Genugthuuna zugestanden. . . . Ich bin gewiß,
Sie eines Tages diese Ueberstürzung bereuen werden. . . .
verlange nochmals die Mittheilung der Depesche. ...
Auch Gambetta drang auf Vorlage der Depesche. Der
Ministerpräsident Ollivier verwies dagegen auf die Er-
iArung der Regierung, welche alles Wissenswerthe enthalte.
Ms er sagt: „Dieser Krieg wird uns aufgezwungen",
fusen die Abgeordneten Arago und Desseaux: „Siehaben
ihn provozirt!"
In einer weiteren Auseinandersetzung zur Rechtfer-
Ugung der Kriegserklärung äußerte sich Ollivier wie
folgt:
«, Es kann vorkommen, daß ein König sich weigert, einen
Botschafter zu empfangen; aber etwas anderes ist es, wenn
M Weigerung eine absichtliche, wenn sie den fremden Ka-
Uetten durch Telegramme und dem Lande durch Extra-
Mtter notifiziert wird. Dieses Verfahren war um so be-
hutsamer, als der Adjutant, welcher unserem Botschafter er-
Mnete, daß er nickt empfangen werden könne, es an kein er
Kosistch keitss orm fehlen ließ, so zwar, daß unser
s?tschaster selbst von der beleidigenden (?) Absicht
seine Ahnung hatte und uns unter dem ersten Ein-
ovuck auch in diesem Sinne telegraphirte.
Thiers rief darauf: „Da haben wir's! Möge nun
^eder selbst urtheilen!" Der Abgeordnete v. Choiseul:
»Man kann unmöglich aus solche Grunde den Krieg
erklären!" Arago: „Wenn man dies hören wird, wird
No civilisirte Welt Ihnen Unrecht geben, und wenn Sie
daraufhin den Krieg erklären, wird man wissen, daß Sie
'hu um jeden Preis haben wollen."
Im weiteren Verlauf der Debatte betont Thiers noch-
mals, daß Frankreich ausreichende Genugthuung erhalten
hbe, und fährt fort: „Aber ich appellire an den gesunden
Menschenverstand; in wenigen Tagen werden Sie hören,
was ganz Europa zu Ihrer Politik sagen wird. Sie
M^ren im Recht, wenn man die Zurückziehung der Kan-
Ndatur Hohenzollern verweigerte, aber noch vor drei
Mgen erklärte alle Welt, daß man sich mit dieser Zurück-
^ohung zufrieden geben könne. Wenn man dann noch
weiter Händel suchte, so mußte offenbar der Krieg daraus
entstehen.". Nachdem Thiers noch weiter aus-
ßsführt, daß die französische Regierung die Verantwortung
Ao den Krieg trage, und wiederholt erklärte, man hätte
^nigstens dem Lande einige Tage der Ruhe und Ueber-

Deutsches Reich.
Berlin, 10. August.
— Im englischen Unterhause erklärte in der
letzten Sitzung der Parlamentsuntersekretär Curzon, der
englische Gesandte in China, Macdonald, habe am 18. Fe-
bruar d. I. telegraphirt, der deutsche Gesandte in
Peking habe eins Zweigbahn nach Tschinkiang aus dem
Grunde beanstandet, daß keine Eisenbahn in Schan-
tung ohne ein Abkommen mit Deutschland gebaut werden
könne. Es sei deshalb Namens der britischen Regierung
Einspruch in Peking erhoben worden, ebenso bei der deut-
schen Regierung durch den Botschafter in Berlin, Lascelles.
Staatssekretär v. Bülow habe hierauf folgende Denkschrift
an die britische Regierung gerichtet:
Der Bericht der britischen Regierung aus Peking, welcher
dahin geht, daß Deutschland durch seinen Gesandten in Peking
Einwände gegen das chinesische Projekt einer Eisenbahn nach
Tschinkiang erhoben und daß diese Einwände auf der Annahme
beruhten, daß in der oben genannten Provinz keine Eisenbahn
ohne Deutschlands Erlaubniß gebaut werden könne, entspricht
nicht den Thatsachen. Ebenso ist die Nachricht unbegründet, daß
selber eene ausgesucht, die is a bissel jinger und a bissel
scheener wie die Christel, aber wie es heißt: „Schönheit ver-
geht, Tugend besteht", da werd a ja sehen, weiter hat näm-
lich die Liebste vom August nischt, wie ebens a Paar rothe
Backen und lange, schwarze Zöpfe. Dadergegen wie die
Christel gutt is — schrecklich gutt zu ollen Leuten —"
Gustel im Grase nickte beistimmend mit dem blonden
Flackskovf, die Tante Christel war seine ganze Liebe, so ein
gutes Mädel gab's garnicht mehr aus der Welt. Was
meinte denn aber seine Mutter mit dem ganzen Gespräch,
und was redete sie da von der Tante Christel und ihrem
Gelbe?
Das war doch schließlich noch das wenigste. Wenn er
da nur an die Bodenkammer in der Mühle dachte, wo die
vielen, schönen Spielsachen waren, mit denen er nach
Herzenslust spielen durfte, wenn er in der Mühle war —
ach, das war einfach unbeschreiblich schön. Er vergaß dann
Zeit und Stunde, und weinte immer bitterlich, wenn er nach
Hause mußte.
„Bis jetzt will der August noch nich. Er spricht, er kennte
nich die andere Liebe aus seinem Herzen reißen. Das hat
er nämlich in an Geschichtenbuch amal gelesen. Ja, er kennte
nich die andere Liebe aus seinem Herzen reißen. Jawull,
jetzt redt er so, und wenn amal de Noth da is, da fliegt
merschtens die Liebe von ganz alleene zum Fenster naus.
Un die Christel is ihm doch so gutt, die würde ihm alles zu
liebe thun. Ich denk' aber, daß ich's schon noch so weit
bringen wär, daß der August die Christel heirath und nich
die arme Fischer-Rosel."
Ach jetzt war's heraus. Endlich wußte Gustel, was
eigentlich los war. Also der August sollte die Christel bei-
rathen, und kriegte dann die ganze Bodenkammer voll Spiel-
sachen. Der August war doch viel dümmer, wie er, der
Gustel, denn er hätte unbedingt die Christel geheirathet, und
nicht die Rosel — überhaupt die! Des Kleinen Lippe kräu-
selte sich verächtlich, die hatte noch nie mit ihm gespielt, ver-
muthlich, weil sie eben keine Spielsachen hatte.

Gratis-Anschlag
E der Inserate auf den Plakat«
v tafeln der Heidelb. Zeitung
und den Plakatsäulm.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

der Gesandte des deutschen Reiches in Peking mit ernsten Folgen
gedroht habe, falls seine Ansprüche nicht berücksichtigt würden.
Die Namens der deutschen Reichsregierung ausgestellten Forde-
rungen gingen einfach dahin, daß, falls die chinesische Regierung
fremde Hilfe wünsche oder erheische, sie in erster Linie der deut-
schen Industrie und dem deutschen Handel Beschäftigung bieten
solle. Die deutsche Regierung beanspruchte ihren Grundsätzen
getreu nie ausschließliche Privilegien und machte keinen Versuch,
andere Nationen von der freien Concurrcnz in Schantung aus-
zuschließen.
Eine weitere Erörterung scheint sich an diese Angelegen-
heit im Unterhause nicht angeknüpft zu haben. Die eng-
lischen Blätter sind nicht sehr zufrieden. Die Times
meint, zwischen einer Bevorzugung von Deutschen und
einer Ausschließung von Ausländern sei doch kein
Unterschied.
— In einigen Blättern war es auffallend gefunden
worden, daß die Anzeige vom Tode des Fürsten Bis-
marck dem Kaiser durch den Professor Schwening er
erstattet worden sei und nicht, wie es schien, von den
Söhnen des Verstorbenen. Dem gegenüber wird in den
Hamburger Nachrichten daran erinnert, daß grade Schwe-
ninger früher bereits vom Kaiser die Weisung erhalten
hatte, ihn über das Befinden Bismarcks auf dem Laufen-
den zu erhalten. Demgemäß meldete Schweninger noch
in der Nacht auf Sonntag, den 31. Juli, dem Kaiser
telegraphisch den Tod Bismarcks. Am folgenden Morgen
erstatteten die beiden Söhne Bismarcks dem Kaiser die ge-
meinsame Anzeige vom Tode ihres Vaters. Ferner wird
in dem Hamburger Blatte gegenüber Deutungen, die an
das Fernbleiben der Bismarckischen Familie von der Ber-
liner Trauerfeier geknüpft worden waren, mitgetheilt, daß
der Kaiser aus Rücksicht für die schwergeprüfte Familie
eine Einladung derselben zur Berliner Feier unterlassen
habe. Fürst Herbert Bismarck hat mit seiner Gemahlin
eine Erholungsreise angetreten ohne seine Adresse zu hinter-
lassen, da er vollständige Ruhe haben muß. Gras Wil-
helm Bismarck ist mit seiner Gemahlin wieder nach Königs-
berg zurückgekehrt. Graf und Gräfin Rantzau bleiben
vorläufig noch in Friedrichsruh.
— Gleich dem Fürstbischof von Breslau, Cardinal
Kopp, hat auch ein zweiter treu deutsch gesinnter katho-
lischer Kirchenfürst, der Bischof von Ermland, Dr. Thiel,
der Familie des Heimgegangenen Altreichskanzlers sein
Beileid ausgesprochen. Bischof Dr. Thiel hat an den
Grafen Wilhelm Bismarck folgendes Schreiben gerichtet:
Frauenberg, 1. Aug. 1898. Hochgeborener Herr Graf,
Hochverehrter Herr Oberpräsident! Eurer Excellenz bei dem
Hingange hochihres durchlauchtigen Herrn Vaters bringe ich,
selbst tiefbewegt, meine innigste Theilnahme dar. Wenn das
Vaterland und fast die ganze Welt seit Jahren seine Größe
bewundert hat, so muß sein Verlust, selbst nach einem hoch-
begnadeten Alter, seinen Angehörigen um so schmerzlicher
sein. Möge Gott Hochdieselben und die ganze Familie des
edlen Entschlafenen trösten und desto mehr mit seinem Segen
zu allem Guten geleiten! In aller Hochachtung und Ver-
ehrung Eurer Excellenz ergebens! A. Thiel, Bischof von
Ermland.
— Ueber Bismarcks Memoiren berichten die
Münch. Neuest. Nachr.: Bismarck begann erst nach seinem
Rücktritt mit der Niederschrift seiner Memoiren. Zu die-
sem Behufe begab er sich nach Schönhausen, um in seinem
dortigen Archive das Material zu sammeln. Als er dort
die Fülle der in Kisten und Akten aufgestapelten Nieder-
schriften sah, ließ er Alles in Schönhausen zurück j und
entschloß sich, aus dem Gedächtniß seine Erinnerungen zu
diktiren. Lothar Bucher hatte die stenographische Auf-
zeichnung und Durcharbeitung übernommen. In Berlin u.s.w.
hat er mehrere Winter dazu benutzt, das Material zu er-
gänzen und irrige Angabe n zu korrigiren, da dem Fürsten
beim Diktiren manche unrichtige Angaben mitunterliefen.
„Und morgen soll der August nach der Mühle gehen und
der Christel a Sträuße! bringen, so is bei feinen Leuten
Mode, und da werd schon die Sache in's Reine kommen."
Dann führte Frau Schöbel ihren Bruder in das immer
bereite Gaststübchen. Gustel aber lag noch lange im Grase
— die Geschichte ging ihm doch zu sehr im Kops herum.
* ... *
 
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