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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0098

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wenn man die Offiziere, die das Urthcil gefällt hatten, und v
den damaligen Kriegsminister Mercier vernehmen wollte. /
Daß diese Offiziere durch das Amtsgeheimniß gebunden
seien, wäre eine irrthümliche Ansicht, denn es handle sich
nicht um Amtsgeheimnisse, sondern um eine einfache aim-
liche Feststellung von Thatsachen. Der Cabinetschef müßte
die ganze Frage auf ihren Ausgangspunkt zurückführen
und den vom Staatsanwalt klar bezeichneten Weg be-
treten.
England. London, 25. Juli. Das Befinden
des Thronfolgers schreitet befriedigend zur Besserung
fort. Zur Beruhigung des Publikums wie des Patienten,
der die Beschränkung auf das Krankenzimmer schwer
empfindet, wurde beschlossen, bei weiterem günstigen Fort-
schritt und falls die Aerzte es für ersprießlich erachten
werden, den Prinzen anfangs nächster Woche nach Cowes
zur Regatta zu befördern, wo die königliche Jacht „Osborne"
in den nächsten Tagen zu seiner Aufnahme bereit ge-
macht wird.
Spanien. Nach einer Zuschrift aus dem Vatican an
die Polit. Corr, wurde der Klerus in Spanien aufs
strengste angewiesen, sich jeder Unterstützung antidynastischer
Bestrebungen zu enthalten, widrigenfalls die Anwendung
von Disciplinarstrafen angedroht werden solle.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 26. Juli.
A Deutscher Verein gegen den Mißbrauch geistiger Ge'
tränke. Die Ausstellungen, die der Verein gelegentlich
seiner Jahresversammlungen veranstaltet, sind eröffnet; im
Darmstädter Hof tagen heute Präsidium und Vorstand
des Vereins und heule Abend findet die angekündigte festlich e
Versammlung in der Turnhalle statt. Morgen Vormittag
S Uhr beginnt die Hauptver samml un g im Rathhause, die
voraussichtlich eine sehr gut besuchte werden wird. Das Mini-
sterium des Innern wird durch Herrn Geh. Regierungsrath
Pfister vertreten werden, aber auch andere hohe Staatsbehörden
werden sich vertreten lassen. Heute und morgen sind Aus-
flüge nach dem Mittagessen geplant und es werden unsere Gäste
auch vielfach Gebrauch von den durch die Güte des Stadtrathes
bereit gestellten Karten zu den Konzerten und zur Besichtigung
der Sammlungen machen. Jedem Gast stellte der Stadtrath
auch ein Exemplar des Führers „Acht Tage in Heidelberg" zur
Verfügung.
Ehrung. Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben
sich am 2. d. M. gnädigst bewogen gefunden, dem Gerichtsvoll-
zieher Johann Jan da dahier die kleine goldene Ver-
dienstmedaille zu verleihen. Die Uebergabe dieser Medaille
an den Dekorirten fand durch den Amtsgerichlsvorstand, jedoch
auf besonderen Wunsch des Dekorirten und im Hinblick auf seine
leidende Gesundheit, ohne besonder» feierlichen Akt, statt; aber
die Vorgesetzten des Gerichtsvollzieher Janda, seine
College» und die übrigen Beamten des Amtsgerichts
habe» sich aufrichtig über diese Auszeichnung gefreut.
Herr Janda, geboren am 18. September 1837, versieht
seit 1883 den Gerichtsvollzieherdienst dahier in musterhafter und
doch humaner Weise, auch von seinen früheren Dienststellen in
Triberg, Ucberlingen und Karlsruhe folgte ihm stets das größte
Lob und der beste Ruf nach. Leider sah sich derselbe veranlaßt,
wegen leidender Gesundheit auf 1. Oktober d. I. um seine Pen-
sionirung einzukommen. '
L Neue Schutzhütte. Der Gemeinnützige Verein hat
sich durch Errichtung einer neuen, ebenso schönen wiegeräumigen
Schutzhütte an einem vielbegangenen Wege und au einer durch
eine prächtige Aussicht berühmten Stelle abermals den Dank
aller Freunde der herrlichen Umgebung unserer Stadt erworben.
Wer kennt nicht die mitten im Walde gelegene Küblerswiese —
im Volksmund immer noch vielfach fälschlicherweise Engelswiese
genannt — und wer hätte sich nicht schon an der prachtvollen,
sich von hier bietenden Aussicht auf den gegenüber liegenden
Königstuhl mit seinen Wäldern und Hängen erfreut! Aber so groß
der Genuß, so lebhaft dürfte wohl von Vielen der Mangel eines
schattigen Plätzchens bedauert worden sein, von dem aus man
sich an dem das Auge erquickenden Anblick erlaben konnte. Wohl
waren Bänke vorhanden, den Wanderer zur Rest einladend, aber
weder gegen die Sonnenstrahlen, wenn sie es allzugut meinten,
noch gegen die Tücken eines plötzlich etwa einfallenden Unwetters
konnten sie Schutz bieten. Diesem Mangel ist nun aufs schönste
und zweckmäßigste abgeholfen. Der Gemeinnützige Verein, der
erst vor wenigen Jahren am gleichen Wege und in nur kurzer
Entfernung von der Wiese eine Quelle hat fassen lassen, die
dem durstigen Wanderer einen herrlich erfrischenden Trunk klaren
Wassers bretet, hat an der Wiese eine geräumige Schutzhütte er-
bauen lassen, die für eine große Gesellschaft Raum bietet. Die
Stelle für die Hütte wurde sorgfältig ausgesucht, so daß von
hier sich die prächtigste Aussicht bietet. Da sie nur nach der
Bergseite zu geschlossen ist, so kann sich hier nie eine dumpfe
Luft entwickeln und sie ist nach jeder Sette hin tief genug, um
den Besucher gegen Regen bequem schützen zu können. Den Plan
zu der Hütte entwarf der städtische Oberförster, Hr. Krutina,
' der auch die Ausführung leitete und sich durch diese Herstellung
allseitige wärmste Anerkennung verdient hat. Hr- Krutina hat
sich schon um die vor Kurzem ebenfalls vom Gemeinnützigen
Verein erstellte neue Hutzelwaldhütte, die an Stelle der ver-
fallenen alten Hütte an dem Weg von der Kanzel nach dem
Speyerer Hof errichtet wurde, sehr verdient gemacht. Die neue
Hütte an der Küblerswiese ist ein ganz besonders wohl gelunge-
ner Bau. Gestern Nachmittag wurde sie eingeweiht und der
Benützung übergeben. Der damit verbundenen einfachen Festlich-
keit wohnten Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens und eine
größere Zahl von anderen Mitgliedern des Stadtraths und Hr.
Oberförster Krutina bei, die sich in gemeinsamem Spaziergang
mit den Mitgliedern des Ausschusses des Gemeinnützigen Vereins
und einigen weiteren an der Verwaltung des Vereins betheilig-
ten Mitgliedern nach der neuen, mit Maien geschmückten Hütte
begeben hatten. Dort angelangt, begrüßte der 1. Vorstand des
Gemeinnützigen Vereins, Hr. Max Klingel, die Erschienenen,
wies darauf hin, daß die Hütte sich gerade gegenüber der Bis-
marckhöhe befinde und daß es daher nahe liege, sie nach dem Namen
eines andern Paladinen des I. deutschen Kaisers zu neunen, nach dem
genialen Heerführer, dessen scharfes Schwert die Siege erfochten,
die die Einheit des deutschen Vaterlandes herbeiführten. Mit Zu-
stimmung des Stadtrathes gebe er daher dem Bau den Namen
Moltkehütte. Mit warmen patriotischen Worten pries der
Redner die Verdienste Moltke's und schloß mit einem begeistert
aufgcnommenen Hoch auf Kaiser, Grobherzog und das deutsche
Heer. Hierauf begab man sich auf schattigem Waldwege zur
Stiftsmühle, wo ein gemeinsames Abendessen eingenommen
wurde, das von einer Anzahl Trinksprüche gewürzt war. Herr
Klingel toastete, die guten Beziehungen des Gemeinn. Vereins
zu der Stadtbehörde betonend und deren Fortdauer wünschend,
auf den Herrn Oberbürgermeister und den Stadtrath, worauf
Herr Oberbürgermeister Dr. Wilckens dem Vereine Namens
des Stadtrathes seine besten Wünsche sowohl für die so wohl
gelungene Herstellung der neuen Hütte als auch für die so glück-
lich gewählte Bezeichnung derselben aussprach und mit lebhafter
Anerkennung der, die Wirksamkeit der städtischen Behörde er-
gänzenden Thätigkeit des Gemeinnützigen Vereins gedachte. Sein
Hoch galt dem ersten Vorstand des Vereins, Hrn. M. Klingel,
in das die Versammelten freudig einstimmten. Herr Bankdir. um die abgestrampelten Glieder auszuruhen und etwas trockenere
Weidig, zweiter Vorstand des Gemeinnützigen Vereins, hob Fahrbahn abzuwarlen.

die Verdienste hervor, die sich Herr Oberförster Krutina mit
der trefflich gelungenen Erbauung der Hütte erworben hat, wo-
rauf dieser, in dankender Erwiderung auf das Wohl des
Vereins trank und die Hoffnung aussprach, seine Dienste
demselben noch oft zur Verfügung stellen zu können.
Hr. Klingel ergriff nochmals das Wort, um darauf hinzu-
weisen, wie erfolgreich er von seinen bei den Vereinsgeschäften
näher betheiligten Mitarbeitern, den Herren Adolf Brechter und
Hermann Müller, unterstützt worden sei. Nach einigen freundlichen
Dankesworten des Hrn. Brechter toastirte Hr. Stadtrath Ammann
auf den Herrn Oberbürgermeister, worauf dieser im Hinblick
darauf, daß die neue Hütte auf ehemaliger Neuenheimer Ge-
markung stehe, der thatkräftigen Mitwirkung des verehrten Hrn.
Stadtraths Albert Ueberle, des früheren Bürgermeisters der Ge-
meinde Neuenheim, gedachte, die dieser in selbstloser uneigen-
nütziger Weise bei dem Werke der Vereinigung von Heidelberg
und Neuenheim zum Segen und Vortheil beider Gemeinwesen
entwickelte. Die Worte des Herrn Redners fanden allseitige
freudige Zustimmung. Herr Bankdirektor Dünkel hatte die
Freundlichkeit, einige pfälzische Gedichte vorzutragen, deren präch-
tiger Humor die Tischgenossen in die heiterste Stimmung ver-
setzte. In freundlicher Erinnerung werden ihnen stets die so
schön verlaufenen Stunden bleiben.
88 Der antisemitische Volksbote, der längere Zeit hier und
zuletzt in Mannberm erschien, ist in eine neue Phase seiner
wechselvollen Existenz getreten. Er wird fortan in Offen-
bach a. M. gedruckt und von Herrn Otto Hirschel dortselbst
redigirt werden. Verlag und Expedition des Volksboten
bleiben in Mannheim.
O Vesttzwechsel. Herr Architekt Joseph Schmieder kaufte
von Herrn Stadtpfarrer Rapp in Karlsruhe die Häuser Schloß-
berg Nr. 27 und neue Schloßstraße Nr. 24 um den Preis von
51000
El Schöffeugerichtssttzung vom 25. Juli. 1) Die Verhandlung
gegen Auguste Seibert geb. Frey hier wegen Uebertretung des
361 ° R.St.G.B. wurde vertagt, desgl. 2) die Verhandlung gegen
Michael Kopp Eheleute in Leimen wegen Uebertretung des 8 1"
des Ges. über den Elementarunterricht. 3) Taglöhner Peter
Linnebach in Wieblingen erhielt wegen Uebertretung des 8 76a
P.St.G.B. 3 Tage Haft, 4) Wirth Joseph Ziegler in Pforz-
heim wurde von der Anklage wegen Weinsteuerhinterziehung frei-
gesprochen. 5) Verwaltungsgehilfe Emil Scherer hier erhielt
wegen Uebertretung der Fahrradordnung eine Geldstrafe vou6^L,
6) Simon Keller, Cigarrenmacher in Horrenberg, u. Gen. wurden
von der Anklage wegen Ruhestörung freigesprochen, 7) Student
Karl Heydemann hier erhielt wegen Schmähung eine Geldstrafe
von 10 8) Fuhrmann Peter Alles in Heddesheim wurde von
der Anklage wegen Thierquälerei freigesprochen. 9) Die Ver-
handlung gegen Installateur Franz Volz Ehefrau hier wegen
Beleidigung der Gastwirth Will;. Herrmann Ehefrau wurde durch
Vergleich erledigt, desgleichen 10) diejenige gegen Zimmermann
Adam Wesch hier wegen Beleidigung des Schreiners Anton Jung
in Wieblingen, und 11) diejenige gegen Zimmermann Philipp
Lauer in Eppelheim wegen Beleidigung des Privatmanns Fried.
Martin in Eppelheim.
— Polizeibericht. Drei Schwindler, die in einer Wirthschafk
in Neuenheim einen Müller durch falsches Spiel um 50 Mark
brachten, wurden gestern dahier in einer Wirthschaft ermittelt und
zwei davon verhaftet; der dritte ist entkommen. Ein Student
mußte wegen fortgesetzten groben Unfugs in den Karzer verbracht
werden. Ein Taglöhner in Schlierbach wurde wegen Ruhe-
störung, Widerstands und Schmähung und eine Frauensperson
wegen Umherziehens verhaftet; zwei Schneidergcsellen kamen
wegen Ausdrehens von Gaslaternen zur Anzeige, ebenso ein
junger Mann, der die Laterne an einer Feuerwache ausdrehtc,
und ein Taglöhner wegen Thätlichkeiten, die er in einer Wirth-
schaft dahier verübt hatte.
8t. Haudschuhsheim, 25. Juli. Gestern feierte der Bet e-
ranenverein sein 25jährtges Stiftungsfest verbunden mit
Ueberreichung der von unserem Kaiser gestifteten Kaiser Wilhelm-
Erinnerungsmedaille an die hier lebenden 33 Veteranen. Die
Medaille nebst Urkunde wurde ihnen um 2 Uhr im Bürgersaal
von unserem Herrn Bürgermeister Fischer in feierlicher Weise
überreicht und angeheftet. Herr Thurecht, Vorstand des Vereins
und selbst Veteran, brückte den Dank der also Geehrten aus.
Dann war Umzug durch den Ort; am Kriegerdenkmal wurde
Halt gemacht. Vorstand Thurecht legte mit geeigneten Worten
einen Kranz nieder zu Ehren und zum Andenken der Gestorbenen,
insbesondere der bei Nuits gefallenen 3 Kameraden Hübsch, Rück
und Schilberth, die Feuerwehrkapelle spielte dann einen Choral.
Das Festbankett mit Familienangehörigen war in dem großen
neuerbauten und schönverzierten Saale zur Traube. Zuerst trug
der Gesangverein Liederkranz ein Lied vor; die Kapelle spielte
dann ein Musikstück. Herr Thurecht, Vorstand des Ver-
eins, sprach die Begrüßung und hielt die Festrede.
Kamerad Stein sprach über die Verleihung der Kaiser Wilhelm-
Erinnerungs-Medaille und über die, am 5. Juni l. I. bei dem
Gauverbandsfeste in Kirchheim überreichte Fahnen-Medaille mit
Schleife und brachte ein Hoch auf die Veteranen aus. Das Hoch
auf unseren Kaiser brachte Herr Lehrer Reuther und das auf
unfern Großherzog Herr Postverwalter Pfaff aus. Herr Bäcker-
meister Frey, Ehrenmitglied des Vereins, toastete auf die Frauen.
Herr Heckmann, Vorstand des Gesangvereins „Freundschaft",
überreichte dem Verein zu seinem 25jährigen Stiftungsfeste einen
Lorbeerkranz, wofür Vorstand Thurecht dankte. Beim gemüth-
lichen Theil trugen die zwei Herren Nägele ein humoristisches
Stück „Stadt und Land" vor. Die Zwischenpausen wurden
durch Gesang und Musik ausgefüllt. Es war ein schönes,
patriotisches Vereins- und zugleich ein Familien und Gemeinde-
fest, durchweht von Liebe und Treue zu Kaiser und Reich, Fürst
und Vaterland.
mbr. Schönau b. H., 25. Juli. Gestern Vormittag wurde
auf dem hiesigen Rathyause in feierlicher Weise an 16 Personen
die Kaiser Wilhelm-Erinnerungsmedaille durch
Herrn Bürgermeister" L a u e r übergeben. Derselbe hielt eine
zweckentsprechende Ansprache an die Dekorirten und schloß mit
einem begeisterten Hoch auf Se. Majestät Kaiser Wilhelm II.
Auch der gesummte Gemeinderath wohnte diesem patriotischen
Akte an.
-j- Neckarsteinach, 25. Juli. Fast kein Sonntag vergeht, an
dem nicht ein oder mehrere Vereine ihren Ausflug nach
unserer „Perle des Neckarthales" richten. Auch der gestrige Tag
brachte trotz der schwankenden Witterung eine Menge
Fremder hierher. So hielt der evangel. „Kapellenchor" von
Heidelberg in einer Stärke von ca. 100 Personen Einkehr im
„Hirsch" dahier und machte sich bei hübschen gemischten und
Männer-Chören, sowie humoristischen Vorträgen einige vergnügte
Stunden. Besonders schön klangen die beiden Lieder, welche
dieser Verein an unserm reizend gelegenen Schwalbennest in die
reine Waldesluft ertönen ließ. Im Gasthaus zum „Schwalben-
nest" hatte sich der „naturwissenschaftliche Verein" von Heidel-
berg häuslich niedergelassen und nahm dort sein Gastmahl ein.
Der „Schwabenverein" von Mannheim hatte, über Dilsberg
kommend, sein Ziel auf die Brauerei zum „Schwanen" gerichtet.
Die etwa 40—50 Personen zählende Gesellschaft machte gegen
Abend eine Kahnfahrt bis Neckargemünd. Im Gasthaus zum
„Schiff" bereitete ber Heidelberger „Maschinenmeister-Club" seinen
Mitgliedern einen gemächlichen Nachmittag. Von der „Odenwald-
Club-Sektion" Offenbach war eine Gesellschaft von Schwetzingen-
Heidelberg kommend in der Brauerei „Diemer" cingetroffen; sie
blieb daselbst über Nacht. Außerdem hielten sich längere oder
kürzere Zeit hier auf ber „Cäcilien-Verein" von Laudenbach,
welcher sein früheres Mitglied, Herrn Gastwirth Schnorr in
Darsberg mit einem Besuch überraschte und der „Cäcilien-Verein"
von Neckargerach, der nach Schönau ausgeflogen war. Eine
Menge durchweichte Radler nahm ebenfalls hier Nachtquartier,

Fahrbahn abzuwarlen.

X Waldmichelbach. 26. Juli. Ein schwerer Unglücks-
fall ereignete sich im benachbarten Hartenrod. Ein im Stein-
bruch beschäftigter Mann nahm eine Dynamitpatrone mit nach
Hause und bewahrte so'ehe so leichtfertig auf, daß iu Abwesen-
heit der Eltern die Kinder das gefährliche Spielzeug ins Feuer
warfen. Man kann sich leicht die Wirkungen der Explosion vor-
stellen. Unglücklicherweise wurden aber auch mehrere Kinder —>
auch ein vom benachbarten Aschbach zu Besuch zufällig anwesen-
der Knabe — recht empfindlich verletzt. Das zehnjährige Söhn-
chen des betreffenden Mannes aber erlitt so schlimme Verletz-
ungen, daß es sofort in die Universitätsklinik nach Heidelberg
verbracht werden mußte, wo ihm leider bereits ein Auge ausge-
nommen wurde, um womöglich das andere noch zu retten.
Mannheim, 25. Juli. Wegen Beleidigung hatten sich
heute Vormittag vor dem hiesigen Schöffengericht der Reichstags -
abgeordnete Anyust Dreesbach und der Redakteur H. Keßler
von der Volksstrmme zu verantworten. Die Beleidigung ist be-
gangen worden gegen den Damenschneider Christian Fischer in
der Weinwirthschaft von Schenk am Abend des 14. Mai. Eine
Anzahl Gäste, darunter Fischer, führten am Abend in dem Neben-
zimmer der Wirthschaft Schenk ein politisches Gespräch, wobei
auch die Rede auf das Einkommen des Herrn Dreesbach kam.
Einer der Gäste sagte, Herr Dreesbach beziehe 7—8000 Mk. von
der Stadt, worauf Fischer erklärte, wenn er dieses Gehalt be-
kommen würde, ging er morgen nach Kiautschou. Bemerkt sei,
daß Kiautschou eine große Rolle in dem Gespräch gespielt hatte.
Der Angeklagte Keßler, welcher sich in der Wirthschaft befand,
hörte die Aeußeruug Fischers und theilte sie sofort dem Ange-
klagten Dreesbach, welcher in dem Hauptzimmer Karten spielte,
mit. Dreesbach gerieth hierüber so in Aufregung, daß er Fischer
znr Rede stellte, und als dieser seine Worte wiederholte, ihn am
Halse packte und ihm die Kravatte herunterriß mit den Worten:
„Ich schlage Ihnen auf die Schnud!" Keßler gebrauchte gegenüber
dem Privatklüger Fischer den Ausdruck „Schuft". Die Angeklagten
waren in der heutigen Sitzung geständig und bedauerten ihr Vor-
gehen, welches sie damit entschuldigten, daß sie sehr aufgeregt ge-
wesen seien über die Fischersche Aeußeruug. Auf Vorschlag des
Vorsitzenden des Schöffengerichts, Herrn Amtsrichter Dr. Schlimm,
wurde ein Vergleich abgeschlossen auf folgender Basis: Der An-
geklagte Dreesbach erklärt, daß er in der Erregung zu weit ge-
gangen sei und Fischer durchaus nicht habe beleidigen und
namentlich nicht thätlich angreifen wollen. Der Angeklagte Keßlec
nimmt den gegenüber Fischer gebrauchten beleidigenden Ausdruck
als iu der Erregung gesprochen mit dem Ausdruck des Bedauerns
zurück. Die beiden Angeklagten tragen die bisher erwachsenen
Kosten und als Sühne Dreesbach 20 Mk., Keßler 30 Mk. zu
Gunsten der Diakonissenanstalt und der Niederbronner Schwestern.
6 Kehl, 24. Juli. Trotz Verbilligung des Personentarifs,
trotz Herabsetzung der Frachtsätze, allerdings nicht am Anfang des
Betriebsjahres 1897198 konnte die Straßburger Straßenbahn-Ge-
sellschaft einen bedeutenden Reingewinn erzielen. Speziell die
Linie Kehl-Bühl weist einen Ueberschuß von 43675Mk. 5 Pfg-
auf, während 1896 unr gegen 31000 Mk. erzielt wurden. Der
Gesammtüberschnß genannter Gesellschaften beträgt 187 738 Mk.
40 Pfg. gegen 176741 Mk. 89 Pfg. im Jahre 1896. Es konnten
deshalb noch ganz bedeutende Zuweisungen zu den verschiedenen
Reservefonds, Hilfskassen u. s. w. gemacht werden, um trotzdem
wiederum 8 Prozent Dividende Vertheilen zu können. Dabei ist
noch betont, daß die Witterungsverhältnisse im letzten Nachsommer
und Spätjahr verminderte Einnahmen brachten. So sehr wir der
Gesellschaft ihre Erfolge gönne», so müssen wir als gute badische
Staatsbürger doch stets bedauern, daß diese vorzügliche Einnahme-
quelle nicht dem Staat zufließt. Wir müssen ferner immer wieder
sagen: daß dieLinie Rastatt-Kehl auch neben der gut rentirenden
Lokalbahn Kehl-Bühl gute Geschäfte machen, mindestens das An-
lagekapital gut verzinsen würde. Mit jedem Bericht über die ge-
nannte Linie muß einem der Vergleich nahe liegen. Wenn nur
auch Kammern und Regierung ihre Schlüsse zögen. Endlich hat
der günstige Abschluß gezeigt, daß die Preisherabsetzung der Fahr-
karten, die Sonntagskarten u. s. w. ganz im Sinne der Reformer
ausfielen, d. h. erhöhte Einnahmen brachten.
Karlsruhe, 23. Juli.^Der um die Sache des Evangel.
Bundes lehr verdiente Seminar-Professor T h o m a ist von
der theologischen Fakultät der Universität Jena zum Ehren-
doktor ernannt worden. Die Ehrung loll aus Anlaß der
Fertigstellung des Freiburger Diakonissenbauses, einer
Sckövning des Evangel. Bundes, erfolgt sein.
Kirchen, 22. Juli. Wie der Oberl. Bote hört, befinden
sich unter den Verunglückten dV„ B o u r a o gn e " auch
eine von hier stammende Frau mit ihren vier Kindern. Dm
Verunglückte, eine Tochter des Briefträgers Bury, soll leit
15 Jahren in Amerika gewesen sein und habe sich mit ihren
Kindern in die Heimath begeben wollen.
Aus Vaden. Kammersänger Knapp in Mannheim ist
am 25. d- Nachmittags nach langem, schweren Leiden (Magen-
krebs) gestorben. Der Tod des beliebten Künstlers ruft da?
größte Bedauern hervor. — Dieser Tage bemerkte man im Gerbe-
weier des alten Stadtgrabens zu Stühlingen einen starken
Erdölgeruch und es stellte sich heraus, daß Oel auf dem Wasser-
spiegel schwamm. Viele Leute schöpften das Oel iu geleerte Lampen,
das längere Zeit brannte. Das Wasser des Weihers wurde dann
abgelassen und nnn stiegen Gasblasen auf. Man glaubt, daß sich
auf dem Grunde des Weiers eine Erdölquelle befindet.

Kleine Zeitung.
— Herreualb, 22. Juli. Ein Zeitbild. Gestern Abend hielt
Frl. Dr. med. Grüuberg, Braut des Dr. med. Hummel hier,
im Saale des Couversationshauses vor einer großen Versamm-
lung einen populär-wissentschaftlichen Vortrag über Urfachen,
Verhütung und Heilung der Frauenkrankheiten. Tue Versamm-
lung zollte den vorzüglichen Ausführungen der Rednerin leb-
haften Beifall. Dr. med. Hummel hat auf seinem Besitzthu«,
der Hummelsburg, ein Sanatorium gebaut, in dem Frl. Dr-
med. Grünberg die Leitung der Abtheilung für Frauenkrank-
heiten übernimmt.
— Bensheim. Der bekannte alte Gasthof „zum weißen Roß
auf dem Rittsrplotz wird gegenwärtig niedergelegt. Bei Aus-
räumung des Kellers fand sich eine Sandsteinplatte vor, die nast
gründlicher Reinigung folgende Inschrift deutlich zeigt:
ckobannos Lüoülsr

gonunnt Zobrnäsrlrannos
1804.
Die Platte ist dem Andenken des Räuberhauptmanne»
Schinderhannes gewidmet, der sich einer gewissen Beliebtheit bei
den niederen Schichten der Bevölkerung unserer Gegend erfreute-
wo er manchen Hehler hatte, und s. Z viel im „weißen Roß" S"
Bensheim verkehrte, bis zu Anfang unseres Jahrhunderts seim
Hinrichtung mit mehreren Spießgesellen in Mainz erfolgte. ,,
— Bad Nauheim, 25. Juli. Der Arzt der Kaiserin Elisabeth
von Oesterreich, Dr. Schott, ist zum Professor ernanm
worden.
— Aus dem Harz, 22. Juli. Eine gegenwärtig im
weilende Amerikanerin erregt die Aufmerksamkeit der übriE
Touristen dadurch, daß sie am Knöchel ihres rechten Fuße-
einen breiten, goldenen Ring trägt, den man bei hockgeschür?
tem Kleide sehr gut sieht. Auf Befragen gab die Dame aU'
daß dies das neueste Schmuckstück der eleganten Welt Nest
Jorks, ein Verlobungsring, sei. Der Ring wird der Brad,
vorher angemessen und ist so gearbeitet, daß der StruiE
bequem an, und ausgezogen werden kann, ohne daß hier»-
der Ring abgestreift wird. Er besteht a.'s purem Golde u»
ist mit einem kleinen schloß versehen, zu welchem allein de
Bräutigam den Schlüssel besitzt.
— Hamburg, 25. Juli. (9. d e u ts ch e s T ur n fest.) D
Festplatz war gestern Nachmittag trotz des kühlen Wetters aE
ordentlich gut besucht. Beim deutschen Weilsprung erM
Buchheit-Leipzig mit 11,97 Meter die größte Weite, zwe"
wurde mit 11,90 Meter ein Amerikaner. Beim Schleuderbad
 
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