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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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— Auf Grund der im Monat Juli l. I. abgehaltenen Prü-
fung sind folgende Inzipienten als I ust i z a k t u a r e aus-
genommen worden: Karl Beil von Konstanz, Hugo Brenner
von Karlsruhe, Adolf Dörr von Sinsheim, Friedrich Eb e r-
har d t von Philippsburg, Philipp Ewald von Steinweiler,
Mathäus Fischer von Nesselwangeu, Adolf Freihöfer
von Mosbach, Friedrich Hahn von Oberkirch, Josef Haunß
von Sichern, Heinrich Hecker von Eppingen, Wilhelm Hof-
mann von Rappenau, Anton H urst von Wiesloch, KarlHurst
von Wiesloch, Franz Xaver Jörger von Hügelsheim, August
Kroneisen von Söllingen, Ernst Metzger von Karlsruhe,
Emil Müller von Rappenau, Hermann Müller von Buchen,
Willibald Müller von Fützen, Karl Münch von Karlsruhe,
Emil Ott von Singen, Wilhelm Pfister von Luzern, Adolf
Rößler von Konstanz, Wilhelm Schmieg von Oestringen,
Alfred Schmitt von Karlsruhe, Karl Schlör von Brunnthal,
Albert Schurr voll Villingen, Wilhelm Volk von Rappenau,
Georg Volkert von Gemmingen, Karl Wäsch von Weinheim,
Robert Wagner von Gernsbach, Gottlob Walch von Unter-
kessach, Karl Welschinger von Waldshut, Wilhelm Zaiß
von Pforzheim, Georg Ziegler von Mosbach.

Ausland
Türkei. Der Sultan empfing heute in besonderer
Audienz den Staatssecretnr des deutschen Reichspostamts
v. Podbielski mit den in seiner Begleitung befindlichen
Herren aus dem Reichspostamt. Geh. Legationsrath von
Schloezer stellte die Herren dem Sultan vor.
Asien. Hongkong, 16. Juli. Eine Depesche aus
Canton besagt, hervorragende Persönlichkeiten der nen-
chinesisch en Partei kämen zur Unterstützung des Auf-
standes aus allen Weltthcilen dort zusammen. Gerücht-
weise verlautet, es solle eine neue Regierung gebildet wer-
den, welche aus Chinesen bestehen soll, die mit europäischen
Ideen erfüllt seien und für welche die Unterstützung Eng-
lands und Japans gesichert sei.
Shanghai, 16. Juli. Da die chinesische Regie-
rung sich weigerte, einige Ländereien, die zur franzö-
sischen Niederlassung in Shanghai gehören, zu über-
liefern, so wurden, laut Franks. Ztg., gestern Abend vom
französischen Kanonenboot „Eclaireur" 75 Manu und 2
Geschütze gelandet, um von den betreffenden Ländereien
Besitz zu ergreifen.' Die energische Aktion des französischen
Konsuls wird allgemein gebilligt. Es ist alles ruhig,
obgleich die chinesischen Behörden mit Unruhen drohten.
Die Karlsruher Zeitung über die Wahlrechtsfrage.
Gelegentlich der Vertagung des Landtags druckt die
Karlsruher Zeitung aus der von ihrem Redakteur heraus-
gegebenen Süddeutschen Korrespondenz eine Betrachtung
über die Wahlrechtsfrage ab, die Beachtung verdient, da
sie die Ansicht der Regierung wiedergeben dürfte. In dem
Artikel wird zuerst das famose Mißtrauensvotum der
Mehrheit der Zweiten Kammer gegen die Regierung kurz
abweisend besprochen. Dann heißt es:
Es erscheint aber angemessen, der zweiten politischen
Frage, die aufgeworfen wurde, der Abänderung des
Wahlverfahrens, einige Worte zu widmen. Man
kann daran festhalten, daß das Wahlrecht zum Reichstag
als einmal bestehende Einrichung auch fernerhin unan-
getastet bleiben soll und thatsächlich haben ja auch die ver-
bündeten Regierungen keinen Zweifel darüber gelassen,
daß die ihnen in unglaublich leichtfertiger Weise von einem
Centrumsabgeordneten unterschobenen Revisionsabsichten
jeder Begründung entbehren. Das schließt aber nicht aus,
daß man die Einführung desselben Wahlverfahrens in den
Einzelstaalen, an Stelle des bestehenden, ganz ent-
schieden verwirft. Wir nehmen keinen Anstand, offen aus-
zusprechen, daß wir es als einen politischen Fehler
von weitestgehender und unheilvoller Bedeu-
tung halten würden, wenn das Reichstags-
wahlsystem mit seiner naturgemäßen Ver-
drängung der politisch reifen, in ihrem
Wirken und in ihren Zielen aufbauenden,
wahrhaft staatserhaltenden Elemente nun
auch auf die Einzelstaaten überlra.gen werden
sollte. Noch stehen wir unter dem Eindruck der anläß-
lich der letzten Reichstagowahlen entfalteten vielfach ge-
radezu demoralisirenden Agitation, wir empfinden noch mit
unmittelbarer Lebendigkeit und in voller Frische, was es
heißt, wenn in großen Bezirken, einfach alles, was an der
Förderung des Staatsganzen mit opferwilliger Hingabe
mitwirkt, niedergetreten und muudtodt gemacht wird, durch
das Schwergewicht einer irregeleiteten Masse. Es liegt
angesichts solcher, selbst bei Aufbietung aller verfügbaren
Kräfte, in absehbarer Zeit kaum mehr abzuwendenden
Terrorisirung der Intelligenz und der werbenden Kreise
den Landtagen der Einzelstaaten ob, der Bedeutung der
wirthschaftlichen Interessen gegenüber der Nur-Politik-
macherei zu ihrem Rechte zu verhelfen und damit dem
Staatswohle und der Gesammrheit des schaffenden Bürger-
thums zu dienen. Wir begrüßen es deshalb mit aufrich-
tiger Genugthuung, daß die badische Regierung, und mit
ihr die gemäßigten Parteien der Zweiten Kammer im Zu-
sammenwirken mit der Ersten Kammer, erst dann die
Schranke des indirekten Wahlverfayreus fallen lassen
wollen, wenn ausreichende Bürgschaften dafür gegeben
sind, daß neben den durch das Uebergewicht der nackten
Stimmenzahl nach rein politischen Gesichtspunkten zur Mit-
arbeit an der Gesetzgebungsmaschine Berufenen, auch allen,
die gesunde Grundlage des allgemeinen Gedeihens bilden-
den Erwerbsständen die Möglichkeit der praktischen Antheil-
nähme am öffentlichen Leben gewährleistet wird. Daß die
Erkenntnis dieser politischen Nothwendigkeit auch während
der diesmaligen Tagung des Landtags das Feld siegreich
behauptet hat, betrachten wir als einen Erfolg, dessen Be-
deutung auch außerhalb der badischen Landesgrenzen un-
zweifelhaft dankbare Würdigung finden wird.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 18. Juli.
** Die Gesangsabtheilung der Harmonie, der sich noch eine
Anzahl weiterer Mitglieder der Gesellschaft angeschlossen hatte,
unternahm gestern mit ihren Damen einen Ausflug' nach
Schwetzingen. Nach einem Spaziergang durch den Schloßgarten

fand man sich im Gasthaus zum Falken zusammen, wo einige z
vergnügte Stunden in geselliger Unterhaltung verbracht wurden.
A Der Gesangverein Concordia Frankfurt unternahm gestern
mit Familie (etwa 130 Personen) einen Ausflug nach unserer
Neckarstadt. Nach dem Eintreffen auf dem hiesigen Bahnhof,
von der Concordia Heidelberg freundlichst begrüßt, wurde sogleich
der projekirte Morgenspaziergang angetreten und zwar über den
Speyererhof nach der Molkenkur und dem Schloß, woselbst bei
dem Scheffeldenkmal einige Lieder zum Vortrag gelangten.
Um 2 Uhr wurde das Mittagsmahl im Prinz Max eingenommen
und gegen 4 Uhr vereinigten sich. die Frankfurter mit den Mit-
gliedern der hiesigen Concordia und deren Familien, sowie der
Eintracht-Neuenheim im Garten des Museums, wo unter ab-
wechselnden Musik- und Gesangsvorträgen die Zeit bis zur Ab-
fahrt der Gäste nur allzu rasch verging. Um 9.40 traten die
Frankfurter die Rückreise an unter der wiederholten Versicherung,
den in Heidelberg verbrachten Tag lange in gutem Andenken be-
halten zu wollen.
Z Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Von
namhaften Persönlichkeiten, die hier mit am 26. und 27. Juli
tagen werden, sei u. A. noch erwähnt der Regierungs-
präsident a. D. von Die st, dessen politischer Thätigkeit sich
ältere Politiker wohl erinnern werden.
O Bezirksverein Vaden-Pfalz des Fleischerverbandes. Die
gestern im Stadtrheil Neuenheim im Grünen Laub tagende Vor-
standssitzung des Bezirksvereins Baden-Pfalz des deutschen
Fleischerbandes, zu der auch eine große Anzahl Obermeister aus
allen Theilen Badens, der Pfalz uns aus Württemberg erschie-
nen waren, fasste neben der Berathung verschiedener interner
Angelegenheiten den Beschluß, den Austritt aus dem Deutschen
Fleischerverband zu beantragen, wenn in Zukunft Baden-Pfalz
nicht auch im Vorstande des deutschen Fleischerverbandes seine
rechtliche Vertretung findet. Die Süddeutsche Fleischerzeitung
in Stuttgart wurde als offizielles Organ des Bezirksoereins
erklärt. Für die weitere Verbreitung des Jnnungswesens in den
Metzger-Fachkreisen soll energisch gewirkt werden.
* Verein deutscher Eisengießereien. Die 30. ordentliche
Generalversammlung des Vereins deutscher Eisen-
gießereien wird in den Tagen vom 12. bis 14. September d. I
hier in Heidelberg abgehalten.
M Oberrealschule. Wegen baulicher Veränderungen im Schul-
gebäude. die etwa acht Wochen in Anspruch nehmen werden, muß
das Schuljahr 1897/98 um eine Woche früher, d. h. schon am
23. Juli geschlossen werden. Dadurch kommen für dieses Jahr
die üblichen Schlußprüfungen und der Schlußakt in Wegfall, ein
Umstand, der an und für sich weniger zu bedauern ist, als die
nachtheilige Kürzung der Lernzeit. Als Ersatz für den Schlußakt
ist ein Spielfest in Aussicht genommen, das bei günstiger Witte-
rung kommenden Mittwoch oder Freitag Nachmittag stattfinden
soll, und wozu noch besondere Einladungen erfolgen werden.
Die Promotionsverkündigung findet Samstag, 2Z. Juli von 11
bis 12 im inneren Kreise der Schule statt.
-ß Höhere Mädchenschule. In der Höheren Mädchenschule
fand letzten Samstag ein schönesFest statt. Zwei Lehrerinnen
der Anstalt, Frl. Breunig und Frl. Kaufmann, wurde eine
auf Vorschlag des Oberschulraths von I. K. H. der Großherwgin
verliehene Auszeichnung für 25jährige Dienstzeit überreicht. Der
Direktor der Anstalt begrüßte die zu der Feier erschienenen Damen
des Frauenvereius, die Vertreter des Auffichtsraths und die
Geistlichen der beiden Coufesfionen und sprach in ehrenden Wor-
ten den Jubilarinnen im Auftrag der Oberschulbehörde den Dank
und die Anerkennung für ihre lange und erfolgreiche Arbeit aus,
die sie zuerst an der hiesigen Volksschule und dann seit deren
Gründung, an der Höheren Mädchenschule verrichteten. Herr
Oberbürgermeister Dr. Wtlckens dankte im Namen des Aufstchls-
raths und der städtischen Behörde den beiden Damen für ihre
treue Pflichterfüllung. Den Glückwunsch ihrer Schülerinnen
trugen drei ihrer Vertreterinnen in reizenden felbstverfaßten Ge-
dichten vor. Nach dem Schlußwort des Direktors, in dem dieser
der Verleiherin der Auszeichnungen, I. K. H. der Großherzogin
ein jubelnd aufgenommenes Hoch ausbrachte, schloß ein Chor die
Feier, wie sie ein solcher auch eingeleitet. Mögen die gefeierten
Damen, welche bei dieser Veranstaltung so viel verdiente An-
erkennung und Verehrung erfahren haben, noch viele Jahre in
der gleichen Frische ihrer Schule erhalten bleiben!
88 .Schloß- und Stadtgarten-Concerte. Das am Samstag
Nachmittag abgehaltene Schloß-Concert ließ an Klangfülle zu
wünschen übrig, da verschiedene Instrumente nicht vollständig
besetzt waren. Es fehlten von den Orchestermitgliedern eine
Anzahl, die, wie verlautet, zu einer Gesellschaftsmusik vergeben
waren, was in Mitte der Saison nicht vorkommen sollte. Gestein
war dafür großer Concerttag, begünstigt von schönster Witterung.
Musikdirektor Boettge von Karlsruhe mit seiner vortrefflichen
Kapelle und Herr Radig mit dem städt. Orchester theilten sich in
M Aufgabe, das Publikum musikalisch zu erquicken. Das außer-
ordentlich stark besuchte Doppel-Concert auf dem Schloß wurde
von unserem städtischen Orchester mit Meyerbeers „Fackeltanz"
eingeleitet, dann folgte die Ouvertüre zu „Tannhäuser" von
R. Wagner, nachher die II. Ungar. Rhapsodie von Liszt, in ganz
vorzüglicher Ausführung. Im II. Theil bestieg Musikdirektor
Boettge den Dirigentenpult, freudig als willkommen von den Zu-
hörern begrüßt. Den „Hoch- und Deutschmeister-Marsch" von
Ertl, Weber's „Freischütz"-Ouverture, die beiden Lieder von
Kutschera, für Flügel und Waldhorn, und das Divertissement
aus „Lohengrin" I. Akt waren ganz vorzüglich in der Wirkung,
da Boettge's Kapelle sich bekanntlich durch exaktes Zusammenspiel
und reinen Tonansatz auszeichnet. Der III. Theil gehörte wieder
unserm städt. Orchester, welches die Fantasie aus „Carmen"
und die aus den „Meistersinger" großartig ausfllhrte. Im IV. Theil
brachte Boettge unter nicht enden wollendem Beifall die histori-
schen Fanfaren und Märsche für das k. k. öfterr. Heer zusammen-
gesetzt von ihm selbst, nebst der originellen klagenden Altarabischcn
Musik der Jslamiten auf den alten Instrumenten, sowie die
„Kaiser Wilhelm-Jagd auf Kaltenbronn", ein ganz prachtvolles
Stück, und zum Schluß die Perlen aus Lanuer's Walzern
„Alt-Wien". Zum Abend-Concert im Stadtgarten hatte sich
abermals eine sehr große Zuhörermenge zusammengefunden. Auch
die Abend-Programme, welche von den beiden Kapellen so meister-
haft wiedergegeben wurden, verdienen alles Lob.
fifi Fabrikbesuch. Am letzten Freitag besichtigte eine größere
Zahl Studirender der Universität Heidelberg und der technischen
Hochschule in Karlsruhe unter Führung des Dozenten Dr. Kin-
dermann die Maschinenfabrik Gritzner in Durlach. Diese Fabrik
hat der deutschen, speziell der badischen Industrie, mit einen Welt-
ruf verschafft; neben Fahrrädern und Dampfmaschinen produzirt
sie besonders Nähmaschinen, 1897 stellte sie von letzteren circa
70000 her und exportirre viele nach Frankreich, Rußland, Süd-
amerika und weiter. Die Direktion stellte vor Beginn des Be-
suchs in freundlicher Weise statistisches Material über ihre Pro-
duktion und vor allem über die Arbeiten zur Verfügung. Darauf
ließ sie den Produktionsgang in den verschiedenen Betrieben und
die Funktionen der Arbeiter dabei eingehend erläutern. Die
Fabrik verdient Anerkennung, daß sie die Bedeutung der Be-
obachtung für das Studium der Volkswirthschaftslehre erkannt
hat; nur durch enge Berührung von Theorie und Praxis läßt
sich mehr und mehr die Gesetzgebung und Verwaltung am grünen
Tisch beseitigen.
X Rarität. In den Akademischen Mittheilungen erscheint
gegenwärtig eine Beschreibung des Auszugs der Heidelberger
Studenten im Jahre 1848. Die ursprüngliche Beschreibung die-
ses Vorkommnisses ist s.Z. illustrirt worden, da aber die Platten
damals auf polizeilichen Befehl vernichtet wurden, so haben sich
nur sehr wenige Abbildungen erhalten. Eines der seltenen
Exemplare besitzt Frau Max Mühlmann Wittwe, deren verstor-
bener Gatte eine der größten Sammlungen, die sich auf Alt-
Heidelberg beziehen, hinterlassen hat.
* Sehr belebt war es am gestrigen ersten echten Sommer-
Sonntage in unserer Stadt. Die Pferdebahn konnte den Verkehr

kaum bewältigen. Nach 3 Uhr marschirts vom Bahnhof her
ein imposanter Festzug mit zwei Vorreitern an der Spitze in die
Stadt binein und nach der Harmonie. Der Zug, in dem sich
zwei Musikkorps und mehrere Fahnen befanden, wurde von dem
Leibgrenadier-Vereiu und einer Anzahl ihm befreundeter
Vereine gebildet. Auf der Hauptstraße hatte sich eine zahlreiche
Menschenmenge aufgestellt, die den imposanten Zug an sich vorbei
marschiren ließ. Besonders freundliche Beachtung fand in dem
Zuge der Marine-Verein, der ein niedliches Schiffsmodell mit
sich führte. Die Feier galt der Fahnenweihe des Leibgrenadier-
Vereins.
— Polizeibericht. In der Nacht von Samstag auf Sonntag
kamen II junge Leute und 3 Arbeiter wegen Ruhestörung, in
letztvergangener Nacht etwa 20 junge Leute wegen Ruhestörung,
zwei wettere wegen Ausdrehens von Gaslaternen, ein Schneider-
und ein Schlossergehilfe wegen Thätlichkeiten und 10 bis 12
junge Leute, die in der Jngrimstraße vor einer Wirthschast einen
Malergehilfen durch Stockschläge und Fußtritte mißhandelten,
zur Anzeige.
A Eppingen, 16. Juli. Heute in aller Frühe wurden die
Bewohner der yiesigen Stadl durch Feuer lärm erschreckt.
Es brannte in einem Speicher des Hauses der Frauen
Melisel und Götz Wittwe. Dem Fleiße und der Umsicht der
hiesigen Freiwilligen Feuerwehr ist es gelungen, den Brand
auf den Herd, den Dachstuhl, zu beschränken. Eine wettere
Ausdehnung des Feuers hätte eine große zusammengehende
Häuserreihe in die Gefahr der Einäscherung gebracht. Frau
Götz soll versichert sein, Frau Meliset aber nicht.
Mannheim, 15. Juli. Maschinendirektor Laute nschläger
in München, welcher vom hiesigen Stadtrath beauftragt war, für
die Einführung der elektrischen Beleuchtung und den Umbau der
Bühne des hiesigen Hofrheaters ein Projekt auszuarbeiten, hat,
nachdem sein erster Plan nicht in allen Punkten die Zustimmung
des Stadtrathes gefunden, ein neues Projekt ausgearbeitet, das
in der letzten Stadtrathssitzung zur Annahme gelangte. Die
Kosten dieses Projektes betragen 420 600 zuzüglich 43000
für Erneuerung der Decorationen und 20000 für Unvorher-
gesehenes.
Mannheim, 15. Juli. Wegen der Frage der Einführ ung
der Fäkalien in den Rhein hat vorgestern dahier eine
außerordentliche Bezirksrathssitzung stattgefunden. Es
stand in derselben der Einspruch der Stadt Worms so-
wie der Landgemeinden bezüglich der Einführung der
Fäkalien in den Rhein zur öffentlichen Verhandlung. Die Stadt
Mannheim war vertreten durch ihren Herrn Bürgermeister Mar-
tin und als Sachverständige waren zugegen die Herren Hofrath
Prof. Kuauff aus Heidelberg, Oberbaurath Prof. Baumeister
aus Karlsruhe und Herr Oberingenieur Etsenlohr von hier. Die
Stadt Worms war vertreten durch ihren Beigeordneten, Herrn
Dr. Kayser, und Herrn Rechtsanwalt Dr. Hachenburg von hier.
Als Sachverständige waren zugegen die Herren Prof. Dr.
Fränks aus Halle und Stadtbaurath Fischer-Worms. Nachdem
Herr Geh. Regierungsrath Pfisterer das Projekt und die Er-
läuterung über die Einführung der Fäkalien sowie die Gutachten,
welche für und gegen diese Einführung sprechen, zur allgemeinen
Kenntniß gebracht hatte, wurde Herrn Prof. Fränkel das Wort
ertheilt. Derselbe hob hervor, daß er im Allgemeinen für die
Einführung der Fäkalien sei, wie auch der Fall in Marburg
zeige; allein hier läge ein außerordentlicher Fall vor, welcher
nur unter Bedingungen die Einführung gestatte. Die Stadt
Worms beziehe seit 10 Jahren ihr Wasser aus dem Rheine und
könne deshalb heute nicht zugeben, daß das Wasser durch die
Einführung der Fäkalien verunreinigt und bei ausbrechenden
Epidemien verseucht würde, wodurch der Stadt Worms die
größte Gefahr drohe. Die Gefahr ließe sich aber beseitigen,
oder doch zum Mindesten abschwächen, wenn folgende drei Punkte
ins Auge gefaßt würden: 1. Wenn die Fäkalien und Schmptz-
wasser durch einen Kanal bis unterhalb Worms geführt würden,
2. durch Anlegung von Rieselfeldern, 3. durch Anlegung ge-
nügend großer Klärbehälter. Diese drei Möglichkeiten wurden
von Seiten der Mannheimer Sachverständigen nicht anerkannt.
Zu Punkt 1 wurden die Kosten von Mk. 1300 000 für zu hoÄ
gehalten gegenüber dem Werth des Wormser Wasserwerks. Zu
Punkt 2 wurde Diangel an nöthigen Grundstücken für die
Rieselfelder und ebenfalls der Kostenpunkt vorgeschützt und
im Punkte 3 sind abermals die Kosten und der Mangel an ge-
eignetem Gelände die Ursache, weshalb nicht gleich eine ent-
sprechend große Kläranlage auszuführen sei. Herr Dr. Hachen-
burg verwies auf das badische Wasserrecht, wonach die Stadt
Mannheim nicht das Recht habe, durch die Einführung der
Fäkalien das Wasserwerk in Worms unbrauchbar zu machen und
verwahrte sich gegen die Einführung der Fäkalien, wenn nicht
eine der drei Bedingungen erfüllt würde. Herr Baurath Fischer
verwies auf die ungünstigen Grundwasserverhältnisse, in der
nächsten Umgegend der Stadt Worms. Jedoch aus weiter Ent-
fernung könne die Stadt Worms aus finanziellen Rücksichten
sich keine neuen Wasserbezeugsquellen verschaffen, denn was die
Stadt Mannheim selbst glaube nicht ausführen zu können, dürfe
sie der bedeutend kleineren Stadt Worms nicht zumuthen. Herr
Beigeordneter Dr. Kayser verwahrte sich ge gen jede Einleitung
von Fäkalien und hob ferner hervor, daß die Stadt Worms
heute mit ihrem Wasserwerk zufrieden sei; ob aber nach Ein-
führung der Fäkalien dies noch der Fall wäre, könne keiner der
Sachverständigen behaupten. Es sei aber Pflicht der Stadt
Mannheim, alles aufzudieten, ihre Schwesterstadt vor Unannehm-
lichkeiten zu schützen und keine Opfer zu scheuen und im reich-
lichen Maße Sorge zu tragen, daß die Stadt Worms nicht in
große Gefahr käme. Nach 5stündiger Verhandlung zog sich der
Bezirksrath zurück und verkündete nach halbstündiger Berathung
die Entscheidung, welche lautet: „Die Stadt Worms
und die Landgemeinden werden mit ihrem Einspruch a b-
gewiesen und der Stadt Mannheim wird empfohlen, eine
Kläranlage zu bauen, welche gestattet, mit 20 mm Geschwindig-
keit zu klären, anstatt mit 50 mw, wie im Gutachten der badischen
Sachverständigenkommission vorgeschlagen wurde. Das Projekt
soll in 3 Jahren ausgeführt werden, und zwar vom Tage der
Rechtskraft des Erkenntnisses an gerechnet".
Mannheim, 16. Juli. Mittlere und kleinere Kolonial-
w aarenhändler haben sich zu einem Einkaufs verein
zusammengeschlossen, um auf diese Weise der Konkurrenz von
Großhändlern zu begegnen, die nebenöei noch Detailgeschäfte
führen. Der Verein hat die Verpflichtung, bei keinem Groß-
händler, Lieferanten oder Fabrikanten zu kaufen, der an Firmen
mit Filialen verkauft.
Mannheim, 15. Juli. Die Dienstverträge mit den
Herren Bürgermeister Martin und Ritter hat der Stadtrath
dem Bürgerausschusse vorgelegt. Danach bezieht Herr Martin
einen Jahresgehalt von 8500 Mk. und einen Funktionsgehalt von
jährlich 1500 Mk. Herr Ritter erhält auch einen Jahresgehalt
von 8500 Mk-, dagegen bekommt er keinen Funktionsgehalt.
Karlsruhe, 16. Juli. Das Palais Schmieder wurde
heute in der Mittagsstunde durch Herrn Oberbürgermeister Schnetz-
ler mir den Herren Stadtbaumeister Strieder und den Stadi-
räthen Meeß und Glaser und in Begleitung eines Maklers einer
eingehenden Besichtigung unterzogen. Es steht, nach der Ldsztg-,
dies offenbar im Zusammenhang mit den seit länger bekannten
Verkaufsabsichten des Besitzers, der sich dieses Objektes unter
allen Umständen entledigen zu wollen scheint. Wir haben schon
vor einigen Tagen erfahren, daß ein vielleicht übereifriger Agent
seinen Provisionsverdienst dadurch fördern wollte, daß er glaubte,
Herrn Oberbaudirektor Dr. Durm, dem Schöpfer des Pracht-
baues, einen moralischen Einfluß dadurch abzwingen zu können,
daß er diesem gewissermaßen die Pistole auf die Brust setzte,
mit der Nachricht, das Palais, ein Denkmal seiner Knust, werde
eventuell niedergerissen, wenn sich ein Käufer dafür nicht fände.
Wir hoffen zuversichtlich, daß sich Mittel und Wege zur Erhaltung
dieser hervorragenden Zierde unserer Stadt finden lassen. Der
Preis, zu dem der Besitzer losschlagen will, soll außerdem eia
 
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