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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0110

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Antheilyahme, sei es durch Briefe, Telegramme oder per-
sönlich: Nachfragen, erwachse. Er selber könne zeitweise
nicht mehr über die Straße gehen, man solle Maß halten
und berücksichtigen, daß er in erster Linie Arzt sei und
mit der Zeit für seine Patienten rechnen müsse. Es sei
ihm nicht möglich, aller Welt Auskunft zu geben. —
Hamburg, 28. Juli. Wie die Börsenhalle berichtet,
hat sich das Befinden des Fürsten Bismarck seit
gestern nicht verschlechtert, eher gebessert, wenn nicht noch
immer heftige Schmerzen am Fuß und im Gesicht vor-
herrschten. Das Befinden ist als ein ziemlich gutes zu
bezeichnen. Die Nacht ist gut verlaufen, der Fürst hat
ziemlich gut geschlafen und auch gegessen. Er nahm ge-
schabten Schinken, etwas Caviar mit Ei, trank Bier dazu
und etwas Sect. Heute Morgen um 9 Uhr las der Fürst,
im Bette liegend, mit Eifer die neuesten Zeitungen und
hat auch schon wieder eine Pfeife geraucht.
Homburg, 28. Juli. Nach Beendigung der Bade-
kur in Nauheim wird die Kaiserin von Oesterreich
gleichzeitig mit dem Kaiser Franz Joseph hier zur
Nachkur eintreffen.
Baden. Die Erzbischo fsWahl findet laut Beob.
nächsten Dienstag Vormittags 9 Uhr statt. Als Kandidat,
der gute Aussichten habe, wird Stadtpfarrer Dr. v. Rüpp-
lin in Ueberlingen genannt. Ob daran etwas Wahres
ist, muß dahingestellt bleiben. Auf der Liste stehen an-
geblich u. A. noch Pfarrer Knörzer von Heddesbach und
Stadtpfarrer Halbig von Lauda.
L. 6. Karlsruhe, 28. Juli. Trotz der dankens-
werthen amtlichen Aufklärung in der Steuerdefrau-
dationssache des Brauereibcsttzers Graf in Staad
gicbt sich die Oppositionspresse nicht zufrieden, sondern
lamentirt weiter über die „gelinde Bestrafung des Hof-
lieferanten". Als seinerzeit ein volksparteilicher Bierbrauer
mit 70 000 Mk. und ein anderer, der auf die Centrums-
fahne schwor, mit 80 000 Mk. bestraft wurde und der
Erstere, nachdem er den Gnadenweg beschritten, nur 20 000,
der Letztere nur 24000 Mark zu bezahlen hatte, da blieben
diese wackeren Streiter für Wahrheit und Recht stumm
wie das Grab; jetzt aber, da es sich zufälligerweise um
einen Nationalliberalen handelt, fragen sie voll Ent-
rüstung, ob sich der Staatsanwalt überhaupt mit der
Sache befaßt hat!
8. 0. Karlsruhe, 28. Juli. Nach dem amtlichen Ausweis
über die Einnahmen der von Privatbahngesellschaften betriebenen
badischen Nebenbahnen im Monat Juni d. I. rangirt die Alb-
thalbahn mit ca. 22000 Mk. an zweiter Stelle und wird
nur von der Lokalbahn Mannheim—Weinheim—Heidelberg-
Mannheim übertroffen. Das Ergebnih wird sich zweifellos im
laufenden Monat noch weit günstiger gestalten, da die Gesammt-
strecke Karlsruhe—Herrenalb erst seit 2. Juli im Betrieb steht.
So viel steht jetzt schon fest, daß die Albthalbahn ein gewinn-
bringendes Unternehmen ist.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Mil Entschließung Gr. Gewerbeschulraths wurde Gewerbe-
lehrer Georg Wöhrle an der Gewerbeschule in Meßkirch in
gleicher Eigenschaft an jene in Bruchsal versetzt.

Ausland
Frankreich. Paris, 27. Juli. Der Temps publizirt
einen neuen Brief Bj örnstjerne Björnsons. Björn-
son nimmt als alter Abonnent das Wort, um dem Temps
vorzuwerfen, daß er die offiziösen und offiziellen
Erklärungen, welche im Auslände über die Affäre
Dreyfus abgegeben wurden, seinen Lesern verschweige.
Ein Volk könne sich heute ebenso wenig isoliren wie ein
einzelnes Individuum. Die französischen Blätter hätten die
Pflicht, ihrem Lande zu sagen, daß die Haltung der Re-
gierung, der Kammer, der Tribunale und der Majorität
des Publikums von der zivilisirten Welt einstimmig streng
verurt heilt werde. Er, Björnson, spreche als alter
Republikaner. Denn wenn Frankreich heute der allgemeinen
Achtung verlustig gehe, so sei das ein Verlust für die
republikanische Idee. Und warum das alles? Um den
Generalstab zu decken! Aber der Generalstab sei heute in
den Augen Europas und Amerikas so kompromittirt, daß
er bei einer Revision des Drcyfus-Prozesses weder etwas
gewinnen noch verlieren könne. — Der Temps begleitet
diesen Brief mit Randbemerkungen, worin er ausführt,
das Publikum des Auslandes bestehe nicht nur aus Freun-
den wie Björnson, sondern auch aus Feinden. Es sei oft
unmöglich, die Wohlmeinenden hetauszufinden. Man dürfe
die Meinung des Auslandes nicht überschätzen; es müsse
für das ausländische Publikum noch schwerer sein als für
das französische, sich über die Dreyfus-Affäre ein gerechtes
Urtheil zu bilden. Der Temps übersieht dabei, daß das
ausländische Publikum vor dem französischen eines voraus
hat: Es hat jene offiziellen Erklärungen gelesen, von denen
Björnson spricht.
Paris, 27. Juli. Von Esterhazy wird jetzt er-
zählt, der Untersuchungsrichter beschäftige sich nicht nur
wegen der oft erwähnten gefälschten Briefe und Depeschen,
sondern auch deßhalb mit ihm, weil er einen jungen Ver-
wandten um 40 000 Franken beschwindelt habe. Esterhazy,
dem das Geld zur Aufbewahrung anvertraut worden sei,
habe angegeben, es liege auf der Bank Rothschild, aber
eine Anfrage bei dem Bankhause ergab, daß dieser niemals
irgend eine Summe dort hinterlegt hatte.
Paris, 28. Juli. Nach der Petite Ropublique suspen-
dirte der Unterrichtsminister Bourgeois den Professor
Stapfer von Bordeaux auf sechs Monate. Stapfer hat
beim Begräbniß des Rektors Couat eine Rede gehalten, in
der er mittheilte, der Gram über die Schmach seines Landes
habe den Tod Couats beschleunigt; was nachträglich durch
die Veröffentlichung eines Briefes, den Couat wenige Tage
vor seinem Tode schrieb, bestätigt wurde.
— Die Aurore veröffentlicht das Facsimile eines
Briefes Esterhazys, worin die unfranzösische Wen-
dung vorkommt: xartir su maiwouvro (statt xour los
luauoouvros oder aux mauosuvros) genau wie in dem
bekannten Bordereau. Die Schriftzüge dieser Worte zeigen

eine vollkommene Aehnlichkeit mit denselben Worten in dem
Bordereau. Auch widerlegt der am 20. Mai 1894 datirte
Brief die von Esterhazy vor dem Gericht abgegebene Er-
klärung, er habe im Frühjahr 1894 eine Theilnahme an
dem Manöver nicht ins Auge fassen können, wie der
Schreiber des Bordereaus.
Asien. Der Times meldet aus Hongkong, der Leiter
des Aufstandes in Kwangsi in China, Lilapyan,
verkündete eine neue Dynastie unter dem Titel: Großer
Fortschritt. Der Aufruf erklärt, die Bevölkerung habe
sich erhoben, weil die gegenwärtige Dynastie wegen der
Gewaltthätigkeit der Mandarine ohnmächtig sei und weil
das chinesische Gebiet von Fremden in Besitz genommen
werde. — Ein späteres Telegramm der Times aus Hong-
kong dagegen besagt, einer Meldung aus Wutschau zufolge
sei die Stadt Jungan von den Reichstruppen wieder ge-
nommen worden. 1000 Aufständische seien gefallen. In
Kwangsi sei der Aufstand nahezu unterdrückt.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 29. Juli.
** Der Gewerbe- und Industrie-Verein hielt gestern Abend
in der Heidelb. Aktienbrauerei (vorm. Kleinlein) eine gut besuchte
Versammlung ad. Den eisten Gegenstand der Verhandlungen
bildete die Frage der Bildung eines Handwerkerausschusses. Nach
eingehendem Vortrag des Vorsitzenden, Herrn Altoberbürgermeister
Bilabel, und nachdem sich noch Herr H. Beiler jun. über die
in dieser Angelegenheit gepflogenen Verhandlungen geäußert
hatte, wurde einstimmig beschlossen, von der Bildung eines
Handwerkerausschusses bezw. vom Eintritt des Gewerbevereins
in einen solchen vorerst Umgang zu nehmen. Sodann berichtete
der Vorsitzende über die am 3. d. M. in Neckarbischofsheim ab-
gehaltene Gauausschußsitzung und brachte die auf den 7. k. M.
nach Karlsruhe auberaumle Sitzung des Landesausschusses zur
Sprache, an der sich eine Anzahl Mitglieder des hiesigen Vereins
betheiligen werden. Schließlich berichtete er noch über das Er-
gebniß der Prämiirung der zur Landesausstellung gesandten
hiesigen Lehrlingsarbeiten. Dasselbe war ein außerordentlich
günstiges. Von 87 eingesandten Arbeiten ging nur eine leer
aus, alle übrigen wurden in irgend einer Weise bedacht. Aus
dem 3. Lehrjahr erhielten 5 Lehrlinge den ersten Preis (einen
Geldpreis von 20 ^L), 8 den zweiten (Preis im Werthe von
10 ^L), 5 den dritten (Preis im Werthe von 5 und 2 den
vierten Preis (Diplom); aus dem zweiten Lehrjahr erhielten
13 den zweiten, 14 den dritten und 3 den vierten Preis; aus
dem ersten Lehrjahr erhielten 35 Aussteller Diplome (an Lehr-
linge im 1. Lehrjahr werden andere Preise nicht ertheilt); einem
Lehrling im 4. Lehrjahre wurde der zweite Preis zuerkannt.
Eine solch' reichliche Prämiirung hiesiger Lehrlinge, namentlich
auch die Vertheilung einer so namhaften Zahl erster Preise an
hiesige Aussteller steht bis jetzt einzig da. Möge sie zur An-
etferung dienen, daß die Prämiirung auch in künftigen Jahren
so glänzend sich gestaltet.
O Frauenarbeitsschule. Von vorgestern bis heute findet im
kleinen Saale der Harmonie die alljährlich stattfindende Aus-
stellung der Arbeiten der hiesigen Frauenarbeitsschule statt.
Diese Ausstellung zeigt, wie die Schülerinnen durch einen geord-
neten und wohldurchdachten Unterricht vom einfachen Nähtuch
bis zur vollendeten Kunsthandarbeit geführt werden. Das Hand-
nähen zeichnet sich durch pünktliche Ausführung aus, ebenso das
Maschinennähen sowohl in einfacher, wie in reich garnirter Wäsche
aller Art; die ausgestellten Kleider zeugen von einem guten, der
jetzigen Mode entsprechenden Geschmack. Besonders praktisch ist
das Musterschnittzeichnen, nach welchem sowohl für Wäsche, wie
für Kleider nach selbstgenommenem Maß die Muster gezeichnet
und die betreffenden Gegenstände angefertigt iserden. Das Weiß-
sticken ist vom einfachen Buchstaben vis zum reichverzierten Mono-
gramm zu sehen. In der Kunststickerei findet man Arbeiten, die
meistens nach in der Schule selbstentworfenen Mustern in Nadel-
malerei und Goldstickerei ausgeführt sind. Aufmerksamen Be-
schauern wird es nicht entgehen, daß die Schule es sich zur
Aufgabe macht, jungen Mädchen für ihr späteres Leben eine
praktische und darum nützliche Ausbildung zu geben. Möchte
auch die diesjährige Ausstellung dazu beitragen, daß der Schule
immer mehr lernbegierige Schülerinnen zugeführt werden und
daß der hohe Werth derselben in immer weiteren Kreisen erkannt
und geschätzt werde.
§ Verein gegen den Mißbrauch geistiger Getränke. Die
Ausstellungen des Vereins haben, wenn auch immerhin
einige, keineswegs genügende Theilnahme gefunden und doch
boten sie sehr viel Interessantes. Namentlich hätte die Theil-
nahme für die Ausstellung der Ersatzgetränke eine lebhaftere sein
sollen, da sie den Ausstellern Ansporn gegeben hätte, noch besseres
zu liefern, als bisher geschehen ist. Erst wenn die Nachfrage
lebhaft und die Konkurrenzkämpfe dadurch etwas angeregier sein
werden, dürfte man auf so billige und so gute Ersatzgetränke
rechnen können, daß mit deren Hilfe dem Alkohol ein wesentlicher
Abbruch geschieht und die Wtrthe auch dabei ihre Rechnung
finden. Die Ausstellung im Volksheim leitete Herr Tapezier
Berner, Mitglied des Heidelberger Vorstandes, mit warmem Eifer
und Geschick.
Schreib- und Buchführungs-Kurse für Herren und
Damen. Wie aus dem heutigen Jnseratentheil ersichtlich ist,
werden die bekannten Lehrer Herren Gebrüder Gander am
nächsten Donnerstag, 4. August, in ihrem hiesigen Unterrichts-
lokal, Kettengnsse 7, wieder ihre Kurie im kaufmännischen
Schnell-Schönschreiben, sowie in der Buchführung eröffnen.
Die überaus günstigen Erfolge, welche die Herren Gebrüder
Gander stets bei ihren diesigen Schülern erzielten, sind ge-
nügend bekannt, so baß wir es für überflüssig erachten, die
Vorzüge der Gander'schen Lehrweiie besonders zu erörtern.
Von den Manöver«. Die Infanterie-Regimenter der 28.
Division (Infanterie-Regimenter Nr. 109, 110, 25 und 111) üben
vom 16., 19. bezw. 20. August ab im Regimentsverbande bei
Forchheim und Lippertsreuthe. Vom 26. bezw. 27. August bis
2. September ist Brigadeexerziren der 55. Brigade bei Forchheim,
der 56. Brigade bei Lippertsreuthe. Vom 3. bis 6. September
finden Detachementsübungen der Brigaden bei Sigmaringen und
bei Ueberlingen statt. Vom 7. bis 13. September ist Manöver
der 28. Division zwischen Engen und Sigmaringen. Korpsmanöver
finden am 16. und 17. September bei Donaueschingen statt. Am
19. und 20. September findet eine große Angriffsübung mit
schwerer Artillerie des Feldheeres statt. Am 21. September kehren
die Truppen in die Garnison zurück.
** Militär-Concert. Im Bremeneck fand gestern Abend
ein gut besuchtes großes Concert der Kapelle des Grenadier-
Regiments Nr. 110 aus Mannheim statt. Die Kapelle spielt
flott und schneidig und erntete lebhaften Beifall. Besonderes
Interesse erregten die nach authentischen Quellen vom Kaiser
zusammengestellten historischen Märsche und das Saro'sche große
Militärpotpourri. Außerhalb des Gartens standen Hunderte, um
diese in Musik gesetzten Bilder aus dem Kriege 1870/71 mitzu-
genießen.
lü Schöffengerichtsfitznng vom 28-Juli. 1) Schreiner Her-
mann Stoll, z. Zt. in Haft, erhielt wegen Diebstahls 1 Woche
Gefängniß, 2) Kellner Wilhelm Barall gen. Bey und Hausbursche
Richard Luckesch, z. Zt. in Haft, erhielten wegen Betrugs je
1 Woche Gefängniß, 3) Taglöhner Jakob Knobel, z. Zt. in Hast,
wegen Unterschlagung 18 Tage Gefängniß, 4) Taglöhner Philipp
Ludwig Nüchtern und Flaschner Johann Wunsch, beide in Haft,
erhielten wegen Widerstands Nüchtern 3 Wochen Ges., Wunsch
2 Wochen Gefängniß. 5) Die Verhandlung gegen Gärtner Paul

Reinhold Geicke von Crossen wegen Beleidigung wurde vertagt!
6) Metzger Valentin Wacker hier erhielt wegen Unterschlagung
10 Tage Gefängniß, 7» Reisender Friedrich Haberkern hier wegen
Körperverletzung eine Geldstrafe von 40 8) Lokomotivführer
Heinrich Mutschler in Leimen wegen Körperverletzung 2 Wochen
Gefängniß, 9) Taglöhner Nikolaus Böhm in Ziegelhausen wegen
Bedrohung 1 Woche Gefängniß. 10) Taglöhner Philipp Lersch
in Kirchheim wurde von der Anklage wegen Sachbeschädigung
freigesprochen, II) Schneider Josef Fecht, in Haft, erhielt wegen
Betrugs 3 Wochen Gefängniß, 12) Schüler Heinrich Dörzbach,
in der Erziehungsanstalt Sinsheim, erhielt wegen Diebstahls
einen Verweis.
— Polizeibericht. Ein Kellner wurde gestern wegen Land-
streicherei und weil er sich der Erfüllung der Militärpflicht ent-
zogen hatte, verhaftet, ebenso zwei Frauenspersonen wegen Um-
herziehens und ein led. Eisenvreher, der mittels Nachschlüssels
seinen Eltern aus dem Schrank 60 M. gestohlen hatte; ein Dienst-
mann kam wegen Thättichkeiten und ein junger Mann wegen
Ausdrehens von Gaslakeruen, sowie ein weiterer wegen Unfugs
zur Anzeige.
----- Vom Odenwald, 29. Juli. Zur Zeit werde» in unserer
Gegend allenthalben die sog. Vogelbeeren gebrochen und
verhältnißmäßig theuer bezahlt, solche kommen in chemische
Fabriken benachbarter Städte. Auch rother Fingerhut und Farren-
kräuterwurzeln sind gesuchte Artikel. Besonders aber herrscht
rege Nachfrage nach Tollkirschen, von denen es aber nur noch
sehr wenig gibt.
Neckarbischofsheim, 27. Juli. In der Nacht vom Sonntag
auf Montag wurde der von Wollenberg heimkehreuoe 24 Jahre
alte Sohn des Müllers Heiß von Bargen von drei ihm un-
bekannten Burschen überfallen und übel zugerichtet. Ein Hund,
welchen die Burschen mit sich führten, wurde auf Heiß gehetzt,
der ihm verschiedene Verwundungen beibrachle und die r.leider
vom Leibe riß.
Neckarburken, 28. Juli. Gestern wurde hier, laut Neckarztg,
ein Mann verhaftet, welcher dringend verdächtig ist,
Mädchenhandel zu treiben. Derselbe hatte in hiesiger Gegend
angeblich für Verwandte und Bekannte verschiedene Mädchen ge-
dingt. Eine derselben sollte sogar gestern schon abreisen. Es
wäre wirklich mit Freuden zu begrüßen, wenn es gelungen wäre,
eines dieser Subjekte dingfest zu machen, und dürfte derselbe
einer exemplarischen Strafe nicht entgehen. Eltern und Ver-
wandte von den Mädchen können aber nicht vorsichtig genug
sein beim Abschluß eines Dienstverhältnisses für dieselben.
6. Kehl, 28. Juli. Die Kehler Kreditbank kommt nicht
zur Ruhe; es ruht der Fluch so vieler Geprellter auf ihr. Am
6. August wird zum so und so vielsten Male eine Gläubiger-
versammlung im hiesigen Schöffensaal stattfinden. Es handelt
sich dabei neben der Aeußerung der Gläubiger darüber, ob sie
den nach der Flucht des früheren Konkursverwalters Richter
provisorisch eingesetzten Kaufmann Sommer aus Straßburg als
Konkursverwalter annehmen wollen, vor allem um die schwer«
wiegende Frage, ob gegen die Mitglieder des Gläubtgerausschusses
Klage auf Ersatz des Schadens erhoben werden soll, welcher der
Masse durch die Veruntreuungen des flüchtig gegangenen Kon-
kursverwalters Richter entstanden sind. Es wird bei dieser Ver-
sammlung deshalb voraussichtlich lebhaft zugehen, da in Geld«
fachen bekanntlich die Gemüthlichkeit aufhört.
Lahr, 28. Juli. Bei der heute Morgen in der Stiftskirche
vorgenommenen Wahl eines Geistlichen für die Pfarrei der
Christusktrche wurde Herr Pfarrer Barck von Holzen, der Re'
dakteur des evangelisch-protestantischen Sonntagsblattes Die
Kirche, mit 54 von 56 abgegebenen Stimmen gewählt.
Offenburg, 27. Juli. Der katholische Pfarrer Bollian, der
vor einem Monat von der Strafkammer in Konstanz wegen
Unterschlagung zu 7 Monaten Gefängniß verurtheilt wurde, hatte
sich heute vor der hiesigen Strafkammer wegen desselben Delikts
zu verantworten. Bollian hat in seiner Eigenschaft als Pfarrer
von Zunsweier im Ganzen etwa 600 Mark unterschlagen, die zu
Stiftungen bestimmt waren. Er wurde zu 10 Mon. Gefängniß
verurtheilt.
Aus Vaden. Dem Karlsruher Turner W. Küpferle von
der dortigen Turngesellschaft ist es gelungen, bei dem am Diens-
tag abgehallenen Einzelwetturnen auf dem 9. deutschen Turnfest
in Hamburg einen Preis zu erringen. Am EinzelwettturneN
betheiligten sich im Ganzen ca. 1000 Turner, von Karlsruhe nur
der oben Genannte.

Eingesandt.
Heidelberg, 29. Juli. Ich möchte im allgemeinen Jnteresst
auf einen Mißstand Hinweisen, dem leicht abgeholfen werden
könnte:

In Heidelberg bestehen vier in verschiedenen Stadttheilen öe«
legene Polizeistationen; während nun in anderen größeren Städten
die vorgeschriebenen polizeilichen An- und Abmeldungen (st
Preußen auch die für die Alters- und Invalidenversicherung) be>
diesen Polizeistationen erfolgen, hat hier die Meldung ausschließ«
lich im Bezirksamtsgebäude zu geschehen — die in Neuenhein>-
dem Bergheimer- oder Rohrbacherstrabenviertel wohnenden 'M'
sonen müssen zum Dorthingehen, Warten und Heimkehren eM
1 Stunde Zeit sich nehmen — daß dies ein Mißstand ist, wird
einer weiteren Begründung nicht bedürfen. Es können ja aller-
dings die Meldungen auch schriftlich geschehen — allein einM^
müssen zunächst Formulare beschafft werden, auch bedürfen viels
Meldcpflichtigen dec Anleitung bei Ausfüllung derselben — be>
nicht ganz korrekter Ausfüllung werden sie auf das MeldebureaN
einbestellt — sodann schreibt die Verordnung über das Melde-
wesen vor, daß die Ortspolizeibehörde die Meldepflichtigen ver-
anlassen kann, die Ausweispapiere vorzulegen — geschieht dies
und es wird hier von dieser Bestimmung reichlich Gebrauch ist'
macht — so wird der Anmeldeude regelmäßig aufgefordert, da?
verlangte Ausweispapier auf das Mcldebureau zu überbringen st"
es ist also die Regel, daß der Meldepflichtige den oft wellst
Weg zum Bezirksamtsgebäude machen und damit viel Zeit ver-
säumen muß, während bei An- und Abmeldungen bei den st.
die einzelnen Stadttheile zuständigen Polizeistationen dies lei«
vermieden werden könnte. N.

Der amerikanisch-spanische Krieg.
JnPortorico dringen die Amerikaner nach b"
Landung weiter vor. Sie hatten mehrere kleine Gefecht
gegen 700 spanische Reguläre und einige Freiwillig'
Am Morgen des 28. ds. fand dann ein größeres GefE
statt. Die spanischen Berichte, die hierüber vorliegen, be-
mühen sich zwar, das Vordringen der Amerikaner zu be-
kritteln und im Werth herabzusetzen; man sieht ast
doch schon, daß sie in Portorico einem ernsthaften Wider-

stand nicht begegnen werden.
Die spanische Regierung hat, als sie in Washingst^
durch den französischen Botschafter ihre Friedensgeneigtßst
mittheilen ließ, zunächst an die Erzielung eines Waffen-
stillstandes gedacht. Wenn von Amerika ein Waffenstillstand be-
willigt werden sollte, so wird, wie von dort versichert wird, bist
nur dann geschehen, wenn durchaus bindende Bürgschaften dg
für gegeben werden, daß sich daran auch Friedensoer-
handlungen anschließen. Ferner muß der PrälinnM-
vertrag die Verpflichtung Spaniens enthalten, sich eist
Reihe von Bedingungen zu unterwerfen, die von Aniera
als Grundlage für die Friedensverhandlungen erkst
werden. Man vermuthet in Washington, daß, rstst
Spanien diese Bedingungen erfährt, vorübergehend e>
Rückschlag zu gunsten der Fortsetzung des Krieges erfow'
 
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