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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203 - 228 (1. September 1898 - 30. September 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0246

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nahm Vormittags die Parade über das 7. Armeecorps
und die 7. Cavalleriebrigade ab. Bei beiden Vorbei-
märschen der Truppen setzte sich der Kaiser an die Spitze
des Infanterieregiments Nr. 53 und theilte dem Regiment
nach der Parade in einer Ansprache, mit, daß er zum Chef
des Regiments, welchem der Kaiser Friedrich so nahe ge-
standen habe, die Prinzessin Adolph von Schaumburg-
Lipps ernannt habe.
Baden. LO. Karlsruhe, 5. Sept. Die zweite
Ständekammer tritt Mitte November zu einer höchstens
4tägigen Berathung zusammen, um die Wahl des Abg.
Fieser und die Nachwahl für den ff Abg. Weber zu prüfen.
Dies ist nöthig, damit die Verhandlungen der Justizcom-
mission vor dem endgiltigen Wiederzusammentritt im Januar
n. I. ihren ungestörten Fortgang nehmen können. Mit
dem Mandat ist zugleich Fiesers Amt als Vorsitzender der
Justizkommission erloschen. Er erhält auch diese Funktion
nicht durch die Wiederwahl zurück; hierzu bedarf es der
Wahl des Hauses.
Bayern, -ff Aus der Pfalz, 5. Sept. Gestern fand
in Frankenthal der 9. pfälzische sozialdemokratische
Parteitag statt. Es wurde beschlossen, sich energisch an
den bevorstehenden Landtagswahlen zu betheiligen. Für
die Pfalz soll ein besonderer Aufruf herausgegeben werden.
Eingehend wurde die Frage der Organisation der bayrischen
Sozialdemokratie erörtert. Einen weiteren Gegenstand der
Berathung bildete die Presse. Die verschiedenen hierzu
gestellten Anträge auf Errichtung einer pfälzischen Druckerei,
Herausgabe eines zweiten sozialdem. pfälzischen Blattes,
Herausgabe von Kopfblättern für die verschiedenen Orte
der Pfalz rc. wurden särnmtlich aus finanziellen Gründen
abgelehnt.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Altdürgermeffter und Landragsabgeordneten Wilhelm Flüge
in Lahr das Ritterkreuz zweiter Klasse mit Eichenlaub des
Ordens vom Zähringer Löwen verliehen; den Privatdozenten
an der Universität Freiburg Dr. Simon Weber zum außer-
ordentlichen Professor für Apologetik an dieser Hochschule
ernannt.
— Mit Entschließung Großh. Generaldirektion der Staats-
eisenbahnen wurde Exveditionsassistent Ludwig Richter in
Dinglingen nach Basel versetzt.
Karlsruhe, 5. Sept. Der Großherzog begab
sich am Samstag den 3. d., früh 7 Uhr, zu Schiff nach
Ueberlingen und fuhr von hier in das Manövergelände der
56. Infanterie-Brigade (Generalmajor von Hugo). Gegen
halb 9 Uhr traf Seine Königliche Hoheit in Lippertsreuthe
ein und stieg, nachdem eine kurze Begrüßung durch die
Vertreter der Gemeinde stattgefunden hatte, zu Pferd. Zu-
nächst ritt Se. Königl. Hoheit dem Westdetachement (In-
fanterie-Regiment von Lützow, verstärkt durch die Unter-
offiziersschule Ettlingen, drei Eskadrons Dragoner des
Regiments Nr. 21, zwei Batterien Feldartillerie des Regi-
ments Nr. 14 und eine Pionier-Kompagnie unter Befehl
des Obcrstlieutenants von Wrochem) nach Owingen ent-
gegen und begleitete sodann dessen Vormarsch und Ent-
wicklung auf dem Schellenberg östlich Ernatsreuthe. Nun
begab sich Seine Königliche Hoheit zu den Osttruppen
(Infanterieregiment Markgraf Ludwig Wilhelm mit den
Jägerbataillonen Nr. 10 und 14, zwei Eskadrons und drei
Batterien unter Oberstlieutenant Kettler), welche von Salem
die Richtung über Baufnang genommen hatten und im
Begriff standen, sich mit der Richtung auf Oberhof—Wacken-
hausen zum Angriff zu entwickeln. Nach 12 Uhr wurde
das Gefecht abgebrochen und die Offiziere zur Besprechung
gerufen, welche der Großherzog mit anerkennenden Worten
der Befriedigung über den Verlauf des Uebungstages und
die wahrgenommenen Leistungen abschloß. Gegen '/?3 Uhr
traf Seine Königliche Hoheit zu Wagen wieder in Ueber-
lingen ein und versammelte die anwesenden Generale mit
ihren Stäben, den Amtsvorstand und Bürgermeister von
Ueberlingen zu einem Frühstück im Badhotel. Um 4 Uhr
erfolgte die Rückreise nach Mainau. Der Minister von
Brauer und Gemahlin sind heute Nachmittag 1 Uhr wieder
von Schloß Mainau abgeretst. Der Großherzog begiebt
sich heute Abend 7 Uhr von Konstanz nach Sigmaringen,
um von dort aus in den nächsten Tagen militärische Be-
sichtigungen vorzunehmen. Die Rückkehr nach Schloß
Mainau ist auf den 8. ds. Alts, festgesetzt.

Ausland.
Holland. Amsterdam, 5. Sept. Die Königin
Wilhelmine hat heute ihren feierlichen Einzug hiersclbst
gehalten.
Frankreich. Paris, 5. Sept. Ministerpräsident

Brisson empfing heute Morgen General Saussier
und hatte eine lange Unterredung mit ihm. Saussier
stattete darauf dem Präsidenten Faure einen Besuch ab.
Später theilte Brisson den übrigen Ministern mit, daß
General Saussier heute Morgen zu ihm gekommen sei,
um ihm die Gründe zu nennen, weswegen er das ihm an-
gebotene Kriegsportefeuille glaube ablehnen zu müssen.
Auch General Zurlind en, an den sich Brisson wandte,
erwiderte, er glaube nicht den Ministerposten annehmen zu
können. Brisson wandte sich darauf an andere Generäle,
deren Antwort noch aussteht. — Bei dem heute Vormittag
abgehaltenen Minister rat he gab der Justizminister den
Empfang des Revisionsgesuches der Frau Dreyfus be-
kannt. Der Justizminister hat den Kriegsminister um die
Mittheilung des Protokolls über das Geständniß Henrys
und der Aktenstücke des Dreyfus-Prozesses ersucht. Er
wird das Ergebniß der Prüfung im nächsten Minister-
rathe mittheilen, welcher erst nach der Ernennung eines
neuen Kriegsministers stattfindet und in dem auch über
die Revision des DreyfusprozesseS Beschluß gefaßt werden
wird. — Der Kolonialminister Trouillot gab einem
Berichterstatter die Versicherung, daß, sobald die Justiz
die Revision angeordnet haben wird, die Rückkehr des
Kapitäns Dreyfus unverzüglich stattfiuden kann. Der
Minister sagte auch, die Mauer, mit der man das Ge-
fängniß Dreyfus' umgeben habe, sei nicht sehr hoch, der
Gefangene könne sich darauf setzen, und durch den die
Mauer krönenden Bretterzaun habe Dreyfus immer noch
einen Ausblick auf die See.
Havre, 5. Septbr. In dem benachbarten Badeorte
Etretat war die Antwort des Siöcle auf die Rede Ca-
vaignacs ebenfalls angeschlagen worden. Dec Pariser
Journalist Daniel bemühte sich, sie mit Hilfe zweier
Damen abzureißen. Hierüber kam der frühere Abgeord-
nete Hubbard hinzu und verabreichte Daniel eine Ohr-
feige, der sofort mit einem kräftigen Faustschlag erwiderte.
Mit großer Mühe gelang es schließlich, die beiden Gegner
zur Ruhe zu bringen und auch die Badegäste, die sich auf
die Kunde sofort in ein semitisches und antisemitisches La-
ger gespalten hatten, allmählich wieder zu beschwichtigen.
Dänemark. Kopenhagen, 5. Sept. Das Be-
finden der Königin gibt heute Abend zu Besorgniß An-
laß. Die Entkräftung nimmt von Stunde zu Stunde zu.
Das Königspaar wird morgen das Abendmahl nehmen.
Afrika. Nach einer Meldung der Times aus Kairo
ist bei der dortigen britischen diplomatischen Agentur gestern
folgendes Telegramm des deutschen Kaisers eingegangen:
Ich bin aufrichtig erfreut, meine Glückwünsche aussprechen zu
können über den großen Steg von Omdurman, der endlich des
armen Gordon Tod rächt.
Die Times bemerkt hierzu, dies sei der erste Glück-
wunsch, der aus Europa eingegangen sei. Das Telegramm
des deutschen Kaisers, der mit gewohnter freundlicher
Schnelligkeit seine Glückwünsche übermittelt, drücke un-
zweifelhaft das Gefühl aus, das die -Brust der meisten
Engländer erfüllt, daß Gordon endlich gerächt sei. — Der
Times-Correspondent Hovard ist gefallen und der Times-
Correspondent Rhodes ist verwundet. Die englischen
Verluste in der Schlacht von Omdurman beziffern sich
auf 23 Gefallene, Subalternoffiziere und Mannschaften,
von denen 19 auf das 21. Lanzenreiterregiment entfallen.
19 Mann sind verwundet, unter denen sich 12 Offiziere
befinden. Die Egypter haben 25 Todte und 230 Ver-
wundete.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 6. September.
* Gautag der Gewerbevereine. Der diesjährige Gau tag
der Gewerbevereine des Pfalzgaues findet am
nächsten Sonntag in Wiesloch anläßlich der Eröffnung
einer Lokalgewerbeausstellüng daselbst mit folgender
Tagesordnung statt: 1. Bericht des Vororts über die Thätig-
keit des Verbandes und Berichterstattung über die Verhand-
lung der 7. Hauptversammlung des Verbandes deutscher Ge-
werbevereine in Erfurt. 2. Das Submisstonswesen in den
Gemeinden. 3. Wäre eS dem Handwerkerstand möglich, durch
genossenschaftlichen Zusammenschluß seine Lage zu verbessern,
und welche Genossenschaftsform würde sich hierzu am besten
eignen? — Die Verhandlungen des Gautags beginnen un-
mittelbar nach der Eröffnung der Ausstellung etwa 12 Uhr
Vormittags und finden im Saale des Gasthauses zum Erb-
prinzen statt. Der Verband zählt 16 Vereine, gegen 10 im
Jahre 1897. Neu beigetreten sind die Vereine Hockenheim,
Heddesbeim, Ladenburg, Ravvenau, Reilingen und Waibstadt.
X Stadt. Arbeitsnachweisanstalt Heidelberg. (Monats-
bericht.) Nach amtlicher Zusammenstellung wurden im Monat
August im Ganzen 1015 Gesuche eingetragen und zwar 498 von
Arbeitgebern, (32S männliche und 113 weibliche), welche 578
Arbeitskräfte verlangten (460 männliche und 118 weibliche) und
621 Arbeitskräfte zugewiesen erhielten. Arbeitnehmer waren es,

dann entweicht, wenn ihr Druck durch Belastung des Rades >
ein gewisses Maaß übersteigt. Das Freigeben und Sperren
dieses Ausweges geschieht mit Hülse eines Schlüssels, welchen
der Besitzer bei sich führt. Was diese Vorrichtung für die
Praxis am meisten geeignet macht, ist die Thatsache, dag sich
das Ganze von einem gewöhnlichen Lufrreifenventil nur sehr
wenig unterscheidet.
—- (E u g e n R i ch t e r s Menu.) Die Deutsche Tagesztg.
schreibt scherzweise: „Zu den begeistertsten Surrogatenschwärmern
gehört Herr Eugen Richter. Heute verthetdigt er den Kunst-
honig, morgen den Kunstzucker, übermorgen den Oeltalg. Wir
möchten dem unverbesserlichen Surrogatschützer, damit er am
eigenen Leib die Wohlthat der Surrogate empfinde, folgenden
Tagesspeisezettel empfehlen: 1. Frühstück: Mohren-Kaffee,
Brödchen aus amerikanischem Weizenmehl, mit Magarine und
Kunsthonig gestrichen, galizische Eier, die auf dem Schlesischen
Bahnhof genügend gelagert haben. — 2. Frühstück: Schwerspat-
brod, mit Margarine oder Cuba-Schmalz gestrichen, mit amerika-
nischer Trichinenwurst belegt. — Mittagessen: Gefrorener russischer
Fisch, dänisches Tuberkelfleisch, russische Choleragans. Getränk:
Kunstwein und Anilin-Portwein. — Abendessen: Margarine-
Brödchen mit amerikanischem Schinken und Oeltalgkäse. Getränk:
Saccharin-Bier. — Wenn Eugen Richter diesen vorzüglichen
Speisezettel 8 Tage „genossen" hat, wird er kaum noch in der '
Lage oder geneigt sein, den Surrogaten und den amerikanischen
Schwetneerzeugnissen ein schützendes Wort zu widmen."
— Professor Emil Behring in Marburg veröffentlicht
in der Oberhessischen Zeitung folgende Erklärung: „Es ist

richtig, daß mir in Amerika die Herstellung eines Diph-
therieserums patentirt worden ist, und es ist richtig, daß
die amerikanischen Firmen, welche bisher die Herstellung des
Diphtherieserums geschäftlich ausgenützt haben, sehr ärgerlich
darüber sind. Wenn die amerikanischen Interessenten in amerika-
nischer Art ihrem Aerger Ausdruck geben, so haben sie das mit
sich selber auszumachen; wenn sie aber in dieser Sache — ganz
wider ihre sonstige Gewohnheit — die Inanspruchnahme gelten-
der Gesetze für die Verwerthung einer praktisch bedeutsamen
Entdeckung oder Erfindung als unmoralisch und skandalös er-
klären, so kann ich dieses Urtheil nicht ganz ernsthaft nehmen.
Ich meinerseits halte einen legitimen Gelderwerb nicht für un-
ehrenhaft; ich möchte beinahe so weit gehen, die Verzichtletstung
auf einen rechtmäßig zustehenden erheblichen Vermögensvortheil
als unverantwortlichen Leichtsinn zu betrachten. Es wird ab-
zuwarten sein, ob die amerikanischen Gerichte durch die inscenirte
Zeitungshetze sich wirklich einschüchtern lassen werden. Wenn
das, wie ich zuversichtlich hoffe, nicht der Fall sein sollte, dann
wird das amerikanische Publikum großen Vortheil von dem
Patent haben; es wird nämlich dann das Diphtherieheilserum
besser und billiger bekommen. Was endlich die Bestreitung
meines Entdecker- und Erfinderrechts betrifft, so beruht dieselbe
auf Unkenntniß oder Unehrlichkeit. Man frage jeden einzelnen
der Forscher, welche als mitbetheiligt bei der Entdeckung des
Dtphtherieheilserums genannt werden; keiner von ihnen wird mir
die Priorität streitig machen wollen."

insoforn dieselben einen Eintrag verlangten, 577 (501 männliche
und 76 weihliche), von welchen 527 sofort Arbeit nachgewiesen
wurde. Befriedigt wurden im Ganzen 652 und zwar: 288 Ar-
bcitgeher (241 männliche und 47 weibliche) und 364 Arbeit-
nehmer, darunter 319 männliche und 45 weibliche. Zu den an-
geführten 652 Befriedigten können auch in diesem Monat noch
12—15 Gesuche als befriedigt angesehen werden, von denen die
Anweisungsscheine nicht mehr an die Anstalt zurückgebracht wurden.
Außerdem haben »och 247 Arbeitnehmer bei der Anstalt um Ar-
beit nachgesucht, welche, da ihnen nicht sofort passende Arbeit
nachgewiesen werden konnte, auf einen Eintrag verzichteten.
Der Centralvorstand der natiönalliberalen Partei hat an
Fran Konsul Weber folgendes Telegramm gerichtet: „In
aufrichtiger Theilnahme über Ihren persönlichen Verlust beklagt
unsere Partei den schmerzlichen Verlust eines ihrer treuesten
Mitglieder. Dr. Hammacher." — Herr Professor Meyer ist vom
Centralvorstande gebeten worden, einen Kranz am Sarge des
dahingeschiedenen Freundes niederzulegen. (Soviel uns bekannt,
hefindet sich Herr Geh. Hofrath Meyer zur Zeit nicht hier son-
dern in Aachen. Red.)
U Befitzwechsel. Bei der gestrigen Zwangsversteigerung
wurde das Haus des Kaufmanns Peter Olbert, Fischmarkt
Nr. 2, um den Anschlag von 28000 von Möbelhändler
Gustav Kander dahier ersteigert.
!D Schöffengerichtssitzung vom 5. Sept. 1) Die Verhandlung
gegen Fuhrmann Philipp Hug in Petersthal wegen Körper-
verletzung wurde vertagt. 2) Fabrikarbeiter Michael Bitsch hier
wurde von der Anklage wegen Mißhandlung freigesprochen,
3) Maurer Kaspar Alles von Wallstadt erhielt wegen Bettelns
14 Tage Haft. 4) Durch Vergleich wurde erledigt die Klage
gegen Hutmacher Heinrich Abel jun. wegen Beleidigung des
Kaufmanns Moritz Großberger hier, 5) die Klage gegen Bahn-
wart Peter Treiber Ehefrau in Wieblingen wegen Beleidigung
des Feldhüters Michael Gieser daselbst, 6) die Klage gegen
Feldhüter Michael Gieser in Wieblingen wegen Beleidigung des
Bahnwarts Pster Treiber daselbst, 7) die Klage gegen Marga-
retha Ganb Ehefrau in Petersthal wegen Beleidigung des Tag-
löhners Josef Frei daselbst.
— Polizeibericht. Ein Schuhmacher wurde gestern wegen
Sittlichkeitsoergehen, begangen an einem Kinde, verhaftet. Ein
Bahnarbeiter war in vergangener Nacht durch ein offenes Fenster
in ein Hotelzimmer eingestiegen; die zwei in demselben sich be-
findenden Herren bemerkten es jedoch, worauf sich der Einsteiger
dann scbleunigst wieder entfernte; er wurde indeß später ermittelt
und verhaftet.
Schwetzingen, 4 Sept. Die vom hiesigen Bürgeransschuß
eingesetzte Kommission zur Vorbereitung der hiesigen Bürger-
melfter wähl hat beschlossen, den Amtsrevisor Häfner
von Donaueschingen für den Bürgermeisterposten vorzuschlagen.
Mannheim, 5. Sept. Zu der Panik im Hoftheater wird
dem Gen.-Anz. von geschätzter Seite geschrieben: Auf den
Artikel in Nr. 240 Ihres werthen Blattes gestatte ich nur
als erster Augenzeuge der Ursache der Panik im Theater
bei der Donnerstag-Vorstellung Einiges z« erwidern. Ter
während des dritten Aktes sich bemerkbar machende Brand-
geruch war ein solch' intensiver, daß ich einen größeren Brand
vermuthete und möglichst unbemerkt meinen Platz verließ und
auf den Corridor ging. Gleich beim Austreten aus der Loge
gewahrte ich über einer der Gasglühlampen, daß die Decke
sich im Glühen befand. Das sich über der Lamps befindliche
Schutzblech war keineswegs zerstört, sondern ich riß das
g lühendeBlech aus dem Balken, der effektiv brannte,
nicht kohlte, heraus, nachdem ich die eigentliche Lampe ent-
fernt hatte. Ein wahrer Funkenregen fiel aus der Oeffnung,
die ich mit dem Taschenmesser geschaffen batte, und gelang
es mir durch berbeigebrachteS Wasser den brennenden Balken
und die glühende Decke zu löschen. Wenn man sich die Kon-
struktion dieser Lampen genauer betrachtet, wird man sich
sagen müssen, warum verwendete man hier nicht mehr Vor-
sicht! Es ist unausbleiblich, daß der Balken Feuer fangen
muß, da die mit der großen Hitze unmittelbar in Verbindung
stehende Schutzblechschraube glühend wird. Der Anlaß zur
Panik war keineswegs geringfügiger Art, da bei Schluß der
-Vorstellung die glühende Decke leicht herabfallen konnte, und
die darunterstehenden Leute sehr leicht halte verletzen können-
Da ich von Anfang bis zu Ende der Affaire beiwohnte, kann
ich nur versichern, daß leicht ein großes Unglück hätte paffiren
können. Ein totales Umändern der Lampen ist dringend
nöthig, da die Decke im Umkreise von einem halben Meter
ungemein erhitzt war.
Vruchsal, 5 Sept. Die Oberbürgermeisterwahl
findet am 10. d. Mts. statt.
Karlsruhe, 2. Sept, Die Bad. Landesztg. erzählt: I"
tiefe Trauer versetzt wurde die Familie des Herrn
Josef Kritsch zum „Tannhäuser" hier, dessen 2 Schwestern,
blühende Mädchen von 17 und 18 Jahren, mil noch einer
Freundin bei Dürnstein in der Donau ertrunken sind-
Aus Dürnstein wird geschrieben: Drei junge Mädchen, eine
18jährige Wienerin und 2 Dürnsteinerinnen, fuhren mittags
in einem Kahne auf die Donau hinaus; eines saß beim
Steuer, das andere handhabte die Ruder, während das dritte
am anderen Ende des Kahnes saß. Bei Dürnstein fließt die
Donau eine kurze Strecke zwischen einem starken Felsenvor-
sprung, der jede Aussicht auf rückwärts benimmt. Gerade
als der Kahn mit den drei jungen Mädchen diese Stelle hln-
abfuhr, hörten sie plötzlich hinter sich laute Rufe. Hart
hinter ihnen kam ein Floß daher, und die Mannschaft riet
den Mädchen zu, rascher zu rudern, um aus dem gefährlichen
Engpaß zu kommen. Die Mädchen versuchten aber, an Ork
und Stelle auszuweichen, was nicht mehr ging. Noch ein-
mal wurde ihnen zugerufen, allein das Unglück ließ sich niast
mehr hindern. Der Zusammenstoß erfolgt, die Mädchen
verlieren die Geistesgegenwart, eins springt ins Wasser. Der
Kahn bekonmt dadurch das Uebergewicht, kippt um und die
beiden anderen Mädchen stürzen ebenfalls kopfüber in den
Strom. Rufe des Entsetzens werden laut, die am Uter
stehenden Verwandten des Schwesternpaares ringen fassungs-
los die Hände. Von den drei Mädchen ist nichts zu sehen,
sie sind unter dem Floß verschwunden. Ein Herr machte
rasch einen Kahn los und ruderte aus Leibeskräften der Un-
glücksstätte zu» aus den Fluthen sieht er einen Mädchenkopt
zum Vorschein kommen. Die Unglückliche winkt mit der
Hand. Der Retter rudert schnell aus sie zu. Allein er hm
keinen Rettungshaken mit, den hat er in seiner Verwirrung
ganz vergessen. Er hält der mit den Wellen Kämpfenden
sein Ruder hin, sie kann es nicht mehr fassen, er schiebt es
ihr unter den Rücken, allein schon verlassen sie die Kräfte,
sie kann sich nicht sesthalten und sinkt unter. Die Leichen
der unglücklichen Mädchen sind noch nicht gefunden.
IV Karlsruhe, 5. Sept. Die Leichen der 3 bei Dürnstein i"
der Donau verunglückten Mädchen sind nunmehr gefunden. Eine
derselben wurde in Krems a. D-, die 2. in Brigittenau b. Wie"
und die 3. in Preßburg aufgefunden. Infolge der weiten Strecke,
die sie vom Wasser fortgetrieben waren, befanden sich die Leiche"
in einem fast unkenntlichen Zustande, so daß eine Agnoscirung
derselben nur durch die gezeichnete Wäsche möglich war.
Karlsruhe, 3. Sept. Die Steigerung der Fleisch preise
ist eine andauernde und zum Theil ganz erhebliche. Nach der
vorletzten Bekanntgabe der hiesigen Metzgergenossenschaft betrug
der Preis für ein halb Kilo Schweinefleisch je 72 Pfennige-
Nach der neuesten Bekanntmachung der Genossenschaft sind du
Preise für diese Fleischarten bedeutend in die Höhe gestiegen;,ei"
halb Kilo Kalbfleisch kostet jetzt 76 und ein halb Kilo Schweins
fleisch 80 Pfennige. Für die enorme Preiserhöhung des
Schweinefleisches geben die Metzger als Grund an, daß infolge
der großen Hitze in der letzten Zeit viele Schweine umgestanden
sind, so daß auf den inländischen Schweinemärkten nur wenig
Schlachtvieh zum Auftrieb kam.
 
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