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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203 - 228 (1. September 1898 - 30. September 1898)
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ihre
Re-
ein-


Holland. Amsterdam, 7. Sept. Der Niederlän-
dische Sängerbund brachte der jungen Königin heute
ein Morgenständchen vor dem Palaste dar, an dem 900
Sänger und 4 Militär-Musikcorps theilnahmen. Die
Königin und die Königin-Blutter wohnten mit dem Fürsten
und der Fürstin zu Wied dem Ständchen vom Balkone des
Palastes aus bei. Unter anderen wurde der Choral „Nun
danket alle Gott" und das Wilhelmuslied vorgetragen.
Bei dem letzteren entblößten alle Zuhöhrer das Haupt.
Frankreich. Paris, 6. Septbr. Ein Marine-
offizier, welcher Dreyfus kürzlich gesehen, schildert
den Eindruck mit folgenden Worten: „Als ich Dreyfus
zum ersten Male gegenübsrstand, krampfte sich mein Herz
zusammen: Dreyfus ist entsetzlich abgemagert — geradezu
ein lebendes Skelett. Sein Gesicht ist tief gebräunt
von der schrecklichen Tropensonne. Es ist ganz fleischlos.
In diesem furchtbar verwitterten Antlitz hat nur Eines
noch Leben: die Augen, von unsagbarem Leid erfüllte
Augen, die einem bis auf den Grund der Seele blicken,
die Einen verzweifelt, hoffnungslos befragen. Denn Drey-
fus weiß, daß man ihm nicht antworten würde. Es ist
verboten, mit ihm zu sprechen. Die Gesundheit von Drey-
fus ist schwer erschüttert, sowohl in Folge des Klimas
Wie in Folge der Nahrung. Auf dem von der Sonne
verbrannten Eiland ist nichts als die nackte Erde und
zerbröckelndes Felsgestein. Seit vier Jahren lebt Dreyfus
nur von Konserven. Seine Energie ist gleichwohl unge-
beugt. Er ist ruhig und macht seinen Wächtern keinerlei
Schwierigkeiten. Er unterwirft sich der Disziplin; er be-
klagt sich nicht und protestirt nicht. Er wartet! Stunden-
lang steht er mit gekreuzten Armen vor seiner Hütte und
blickt durch die Pallisadenritzen hinaus auf das unendliche
Meer. Er wartet, er hofft noch immer!
Paris, 7. September. Dem Matin zu Folge
theilte der Kriegsminister zur Linden in dem gestrigen
Ministerrath mit, seit Entdeckung der Fälschungen Henry's
ergebe die einleitende Untersuchung Anhaltspunkte, daß
mehrere Gene ral stabs o ffizier e sich gewisser straf-
würdiger Vergehen schuldig gemacht haben. Zur Lin-
den legte ferner einen Entwurf zur Reorganisation des
Jnformationsbureaus vor, wonach fernerhin zu dem von
diesem Bureau zu eröffnenden Polizeidienst Generalstabs-
offiziere nicht mehr verwendet werden sollen. Die Aurore
will wissen, daß seit gestern die Festnahme du Paty de
Elams entschieden sei. Mehrere Blätter verzeichnen das
Gerücht von einer Flucht Esterhazys.
Paris 7. Sept. Von Zola traf ein Brief ein mit
der Ankündigung, daß er in den ersten Octobertagen nach
Paris zurückkehre.
Rußland. Nach einer Meldung des Daily Telegraph
aus Petersburg haben beinahe alle europäischen Mächte
auf den A b rüstun gs vors chl ag des Zaren bestimmte
und günstige Antworten gegeben. Man hege keinen Zweifel,
daß die noch ausstehenden Antworten ebenfalls günstig
lauten werden. Verschiedene Regierungen Härten
Hauptstädte für die Konferenz angeboren, die russische
gierung wolle aber die Delegirten nach Petersburg
laden.
Spanien. Santander, 7. Sept. General L in ar es
ist aus Cuba hier eingetroffen. Von den mit dem letzten
Transportdampfer aus Cuba zurückgekehrten 2400 Spaniern
starben während der Ueberfahrt 76 Mann. Bei der
Einlieferung in das hiesige Lazareth starben 6 Mann.
Türkei. Kanea, 7. Sept. Die Agentur Havas erfährt
über die Vorfälle in Ccrndia (Creta) folgende Einzel-
heiten: Als die Engländer die Zchntenbureaus besetzten,
sammelten sich die Mohamedaner an, welche jedoch der
Untergouverneur von Candia, Tschevad Pascha, auseinander-
bringen ließ. (Das internationale Comite hat nämlich
trotz dem Protest der Türkei beschlossen, von sich aus die
Zölle erheben zu lassen.) Dann wurden die Christen und
Mohamedaner handgemein. Von den Fenstern der christ-
lichen Häuser aus fielen Schüsse. Auch die Engländer
feuerten. Mehrere Mohamedaner erlitten Verwundungen.
Jetzt eilte die gesammte mohamedanische Bevölkerung zu
den Waffen. Tschevad Pascha ließ die englischen Soldaten
und die Christen unter türkischem Schutze sich einschiffen.
Die Mohamedaner zogen dann nach dem Christenviertel
und setzten eine große Anzahl Häuser und Magazine in
Brand. Mehrere Christen sind ermordet worden, auch
einige englische Soldaten und der engl. Consul sind ge-
tödtet worden. Ein Kriegsschiff bombardirte die Stadt,
die zum Theil in Flammen steht. Man hegt die Befürch-
tung, daß in der Nacht Zerstörungen und Plünderungen
vorkommen. Der britische Vicekonsul in Kanea meldet über
den Vorfall Folgendes: Ein Mann der britischen zeit-
weiligen Wache des Zehntenhauses in Candia wurde plötz-
lich niedergestochen: sein Gewehr ging beim Fallen los
und tödtete einen Mohamedaner. Inzwischen begann das
Schießen in der Stadt und in kurzer Zeit wurde eine
Abtheilung Engländer von etwa 20 Mann, die sich zu-
fällig am Quai zusammengefunden hatten, beschossen und
fast ganz aufgerieben, bevor sie auf das Schiff ge-
rettet werden konnten. 45 britische Soldaten, die in der
Nähe der Telegraphenstation einquartiert waren, wurden
aus ihren Quartieren vertrieben und erlitten sehr
schwere Verluste. Soviel bisher bekannt, sind zwanzig
Engländer getödtet und fünfzig verwundet. Aber die Ver-
luste können noch gar nicht festgestellt werden, da keine
Verbindung zwischen den einzelnen Stadtvierteln besteht.
Ueber das Schicksal der Christen und der Stadt ist nichts
bekannt. Man fürchtet jedoch, daß nur diejenigen gerettet
sind, die sich in den Konak geflüchtet hatten.
Kanea, 7. Sept. Die Agence Havas meldet von
heute Vormittag: Die Feuersbrunst ist gelöscht. Das deutsche,
das englische und das amerikanische Consulat sind nieder-
gebrannt. Das Zollgebäude, die Casernen und der Konak
wurden gerettet. Jetzt herrscht wieder Ruhe. Eine fran-

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 8. September.
* Zum 9. September. Aufrichtige Freude herrscht in allen
badischen Herzen, denn in wiedergekehrter Gesundheit begeht
Großherzog Friedrich morgen seinen72.Geburtstag. Unablässig
in seiner Pflicht und ein leuchtendes Vorbild rühriger Thätig-
keit, weilte er in der letzten Zeit auf dem Manöverterrain, nm
als Generalinspekteur die Kriegstüchtigkeit der Truppen zu
prüfen und deren Ausbildung zu überwachen. AVer gerade darin,
daß er sich diesem schweren Amte, in dessen Ausübung er vor
Jahren einen Theil seiner Gesundheit opferte, wieder mit der
ihm eigenen Energie hingeben kann, darf man «den Beweis er-
blicken, daß der greise Fürst sich wieder frisch fühlt in seiner
Kraft und Gesundheit. Mögen ihm, dem Stolze und edelsten
Kleinod des badischen Volkes, noch lange, lange Jahre beschieden
sein, dem Lande zum Besten, dem Reiche zur Ehre!
X Aus dem Stadtrath. In der gestrigen Stadtraths-
sitzung wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kenntniß bezw.
Erledigung gebracht:
1. Nach dem Geschästsausweis der Verrechnung der städtischen
Sparkasse wurden bei dieser im vorigen Monate 1492 Einlagen
mit zusammen 247210 32 gemacht, dagegen in 852 Einzel-
beträgen zusammen 243 402 29 an die betreffenden Ein-
leger zurückbezahlt und hat die Gesammtzahl der letzteren seit
dem Anfang des Jahres um 547 zugenommen.
2. Auf den 1. d. M. zählt- die Ortskrankenkasse 5180 männ-
liche und 1322 weibliche Mitglieder, während auf den gleichen
Zeitpunkt 2506 weibliche und 426 männliche Personen bei der
Gemeindekrankenversicherungskasse versichert waren.
3. Nach der Zusammenstellung der Stadtkasse haben die Ver-
brauchssteuern im Juli d. I. 17071 32 ertragen.
4. Dos Ergebniß der Obst- und Ohmedversteigcrung vom
30. v. M. mit einem Erlöse von 1649 50 wurde ge-
nehmigt.
5. Das Geschenk des Herrn Privatmannes Johann Trau
an das städtische Archiv, bestehend in einem Buche mit den
Bildnissen der hiesigen Universilätsprofessoren aus dem Jahre
1660, wird mit Dank eutgegeugenommcn.
6. Dem Herrn Landgerichtsrathe Dr. Reichardt, welcher in
Folge seines Wegzuges nach Konstanz das Amt eines Stadt-
verordneten dahier niedergelegt hat, wird für seine Thätigkeit in
der Gemeindevertretung der Dank des Stadtrathes ausgesprochen.
; Spargesellschast für Landgemeinden. In der am 5. d. M.
im Sparkassengebäude, Akademiestr. 4, hier abgehaltencn General-
versammlung der Spargesellschaft für Landgemeinden Heidelberg
wurde der 1897er Rechenschaftsbericht zur Veröffentlichung ge-
bracht. Derselbe ist im Anzeigentheil der heutigen Nummer der
Heidelberger Zeitung abgedruckt. Sodann wurden folgende
Wahlen vorgenommen: in den Verwaltungsrath wurde an
Stelle des verstorbenen Herrn Oberzollinspektors a. D. von Langs-
dorfs Herr Oberrechnungsrath Wenz zum Vorsitzenden und Herr
Gerichtsnotar Bucherer hier zum Mitglied gewählt, sowie die
statutenmäßig austcetenden Mitglieder Herren Privatmann Fried-
s rich Schrade, Finanzrath Melde und Kaufmann Eugen Wißler
hier wiedergewählt; in den Ausschuß wurden die statutenmäßig
austretcnden Herren Hofrath Professor Dr. Cantor hier zum

Vorsitzenden, Kaufmann H. Fr. Knaubsr in Kirchheim und Kaust
mann Louis Leist in Neckargemünd wieder-, sowie an Stelle de?
von hier verzogenen Herrn Dr. Fretter Herr Bankdirektor Kruste
hier zu Mitgliedern neugewählt.
O Harmonieconcert. Die herrlichen Septemberabende, der«
wir uns zu erfreuen haben, ermöglichten es der Harmoniegeseu-
schäft trotz der schon etwas vorgerückten Jahreszeit noch ein Gortes
concert für ihre Mitglieder abzuhalten und rasch entschlossen ordn«
die Vergnügungskommission ein solches auf gestern Abend an-
Das Concert wurde unter Kapellmeister Radigs Leitung von
städtischen Orchester ausgeführt, dessen vortreffliche Leistungen ,
lebhaftem, verdientem Beifall ausgenommen wurden. Das
gramm war sehr mannigfaltig ausgestattet und bot ebensov«
Unterhaltung wie Abwechslung. Herr Brumm zeichnete sich
Solist auf dem Cello in einigen Sätzen aus dem Goltermann
Konzert aus; das Solo au' den Piccoloflöten in der P.?«"
Nachtigall u. Drossel wurde von den Herren Schmiedel und Krame
allerliebst ausgesührt und zum Schluß erwies sich noch Hf:
Werner als Künstler auf dem Xylophon. Es war ein schbn«'
genußreicher Abend.
** Eine kleine Betriebsstörung entstand heute früh bei d"
Pferdebahn, die indeß rasch gehoben war. An einem beladene»
Steinfuhrwerk brach auf der Hauptstraße beim Ludwigsplatz ""
Achse, und ein Theil der Steine fiel auf das Gleise der Pferm
bahn. Der herankommende Pferdebahnwagen umging
Hinderniß, indem er aus dem Gleise heraus- und einige Schrsts°
weiter wieder in dasselbe htneinfuhr. Die Steine wurden soso«
von den Schienen entfernt.
O Handschuhsheim, 7. Sept. Nr. 207 des Neuen Heisst
berger Anzeigers vom 6. d. M. bringt im öffentlichen SprechM«
eine Entgegnung unseres Artikels betr. die „Einverleibung
von Handschuhsheim in die Stadtgemeinde Heidelberg-
Darauf wird erwidert: Zugegeben, daß die Eingabe nickt va»
3 Villenbesitzern ausgeht, sondern von einer größeren AnW
hiesiger Einwohner, sowie daß dieselbe bis jetzt 250 Unterschrift^"
gefunden hat, und nicht nur von Villenbesitzern. Kaufleute»'
Geschäftsleuten und Wirthen, sondern auch von „ächten, wahre»
Landwirthen unterschrieben ist, so wird trotzdem aufrecht erhalte»'
daß die Petition meist nur von solchen Einwohnern unterschrieb«
ist, die aus dem Anschluß an Heidelberg pekuniären Nutzen
hoffen. (Das schließt durchaus keinen Vorwurf in sich ein, den
es ist überall im Leben so, daß Diejenigen eine Sache erstreb«'
die davon Nutzen zu ziehen hoffen. Red) Ja, es sollen,
man hört und sagt, mitunter Leute unterzeichnet haben, die, "
Fall es wirklich zur Gemeinde-Abstimmung kommen sollte, ü"
nicht stimmberechtigt wären. Was die Bemerkung über den A>m
anbelangt, so sind dieGegner der Petition und der Einsender tuest-
doch nicht so bornirt, daß sie glauben, „der Wald werde sogst
holzt oder aar veräußert rc." Nein. Das glaubt kein vernu»!'
tiger Handschuhsheimer; aber trotzdem sind und bleiben st
Gegner der Petition der Ansicht: Unser Wald, unser Back n>.
unsere Qellen sind „Objecte", auf die es abgesehen wird, sobsst
wir mal bei der Stadt sind. Der Vergleich mit Neuenheim ftM
für hier, wenigstens zur Zeit, nicht zu; wir zahlen 58 P'st
Umlagen; diese sind zu erschwingen und werden auch stfst
prompt entrichtet. Wen» in der Entgegnung gesagt ist, -st
Petition ist nicht verfrüht, die Frage des Anschlusses ist ("»
absolut reif", so bleiben die Gegner derselben doch bei ihrer fst'
Häuptling: die Petition ist noch verfrüht und macht hier ».,
Unruhe und Unfrieden. Man darf nur als stiller Beobachter -
den Wirthschaften zuhören an Sonntagen und manchmal «
an Werktag-Abenden, wenn die Gegenparteien aneinander k "
rathen, wie sie sich erhitzen. Und zum Schluß nochmals:
sich anbieten und das große, schöne und wohlhabende HandschNd -z
heim feil halten? Vielleicht, damit Heidelberg nur zugreifen brau« .
Wir sagen nochmals: Will und muß Heidelberg absolut M
haben, so soll es kommen und mit uns unterhandeln.
t. Handschuhsheim, 7. Septbr. Zur Feier des G e bürst
tag es unseres Großherzogs findet hier Donnerstag Mst
Glockengelüute statt. Freitag Vormittag 8 Uhr ist Kirchenvar"
und evang. Gottesdienst. Nach dem Gottesdienst veranstalt""
Freiw. Feuerwehr einen musikalischen Frühschoppen im Ro>e
garten; Abends 8 Uhr kommen die Veteranen und die iibr>S
Vereine zu geselliger Unterhaltung auch im Rosengarten » ,
sammen. ,,-.x
ff Neckarsteinach, 7. Sept. Heute Nachmittag gegen 6
ertrank der 10jährige Sohn des Steinhauermetsters " „
Mineralwasserfabrckanten Joh. Kiefer. Mit mehreren andest
Jungen wollte der Verunglückte, wie das hier von Kindern >
in vorwitziger Weise geschieht, vom Nachen aus im am. st
Neckar badxn. Er sprang am s. genannten „Mainhof", "st,
ziemlich tiefen Stelle, hinein und kam nicht mehr zum Vorscvsst
Trotzdem sehr rasch Hilfe zur Stelle war, konnte der sonst ist
brave und intelligente Knabe, als man ihn herauszog, nicht Mst
ins Leben zurückgerufen werden. Möge doch dieser traurige ost
eine ernste Mahnung für unsere Jugend sein, damit sie
Baden die größte Vorsicht beobachtet »
Mannheim, 7. Sept. Auf dem Rangirbahnhof wurde
Mittag der Bahnarbeiter Wilhelm Herrmann von "»
Schnellzug erfaßt und auf die Seite geschleudert. Er erlitt «»
Schädel- und einen Armbruch und wurde in sehr bedenk»«'
Zustand nach dem Allgem. Krankenhaus überführt.
Karlsruhe, 7. Sept. Die Maschinenfabrik Maffey in
ist eben damir beschäftigt, der badischen EisenbahnoecwaltulM
bestellte Güterzu g sm aschi n en neuester Konstruktion
liefern. Ein Theil davon wird z. Z. auf unseren Bahnen « ,
gefahren. Auch die Karlsruher Maschinenbaugesellschaft hm st
Mannh. Gen.-Aiiz. noch größere Aufträge zu LokomotivlieferuNg
die successive effektuirt werden.
86. Karlsruhe, 7. Sept. Der Krankenstand und st
Ster bl ich keir waren im Allgemeinen im GroßberMt"st
während des 2 Quartals 1898 sehr gering, besonderster
Juni war in alleu Bezirken des Landes der Zustand
Bevölkerung ein sehr befriedigender. ,
Karlsruhe, 7. Sept. Die in den letzten Jahren ausgeMst,
zum Theil großartigen Neubauten der Technischen vst,
schule in Karlsruhe können nunmehr als vollendet bezeMX,
werden. Der sog. Aulabau mit der großen prachtvoll ges««^,
ten Aula (im dekorativen Theil eine Stiftung von Freum,^
Gönnern und zahlreichen ehemaligen Studirenden) nimmt
unteren Stockwerk die mathematischen und graphischen
sowie die Zoologie und Kunstgeschichte auf, während der g«L
obere Stock der Abtheilung für Architektur zugewiesen ist- ä
einem besonderen freien Baue ist die Elektrotechnik untergevr°st
die sich — außer durch zahlreiche sonstige zweckmäßige Cim ^,
tungen — namentlich durch ihren geräumigen Maschinensaat " z
theilhaft auszeichnet. Ein dritter freistehender Bau ist für ,,
Botanische Institut bestimmt, an das sich noch ein besEst
Versuchsgarten anschließt. Die Neubauten de« großen .dhemn^
Laboratoriums und der elektrischen Centrale, mit denen dü
Zeit begonnen wird, werden die Gesammtanlage vollenden-
in ihren vielen Haupt- und Unterabtheilungen mit ihren
zeitigen rationellen Einrichtungen den weitestgehenden Ansm»
gerecht zu werden geeignet ist. .
Konstanz, 5. Septbr. Für lachende Erben gedarbt h"stst-
Mann, der kürzlich hier begraben wurde. Er hieß Georg
mann, stammte aus Crailsheim (Württemberg) und kam
etwa einem Viertel Jahr aus der Schweiz hierhergezogen-
er sich in der Bodanftraße ein „möblirtes" Zimmer z»m sst/»
von 6 Mark miethete, um darin als „Private" zu Hausen-
barleute erzählen sich von ihm mancherlei Kurioses: er d"
einen einzigen Anzug besessen und nackt geschlafen, uwstet-
zu schonen, bis gegen 10 Uhr Vormittags sei er im Bett g
um sich das Frühstück zu sparen, gegen Mittag sei er >>»«
Kloster Zoffingen gegangen und habe sich dort als Arm-st^,
Gratissuppe spenden lassen, die seinen Mittagsschmaus » ^s'
u. dgl. m. Vorige Woche wurde er todt in seinem Zimwe

Mische und eine italienische Kompagnie sind auf dem
Marsche von Suda nach Candia.
Afrika. Chartum, 7. Septbr. Fünf britische
Kanonenboote find von hier den weißen Nil hinauf-
gefahren. Nach einer Timesmeldung beabsichtigten die-
selben, mit dem Major Macdonald, der vom Sudan
her nordwärts marschirt, Fühlung zu halten.
Die Schlacht bei Omdurman.
Den in England eingelaufenen ausführlichen Nachrichten über
die Schlacht bei Omdurman, die der Herrschaft des Mahdi ein
Ende bereitet hat, entnehmen wir nach der Köln. Ztg. noch
folgende ausführliche Angaben:
Am Freitag früh rückten die Streitkräfte des Khalifa unter
Trommel- und Paukenwirbel, dem Gesänge wilder arabischer
Kriegslreder und dem Wehen eines Waldes von Bahnen aus
Omdurman aus. Sie gingen mit einer solchen Schnelligkeit zum
Angriff vor, daß die rekognoscirende englische Reiterei knapp
noch Zeit hatte, die Front der englisch-egyptischen Linie frei zu
machen. Diese stand bereit, den Angriff zu empfangen, und war
zusammengesetzt aus den englischen Bataillonen auf dem linken,
den sudanischen Brigaden auf dem rechten Flügel und den
Egyptern in der Reserve. Die Derwische sammelten sich in dich-
ten Schaaren auf einem vor dem englischen Lager liegenden
Höhenrücken, stürmten dann auf den englischen linken Flügel los
und versuchten diesen zu überflügeln. Dem Angriff wurde mit
stetigem, wohlgezieltem Feuer vegegnet, das die Angreifer in
Unordnung znrückwarf; sie sammelten sich jedoch auf dem Höhen-
rücken und versuchten einen neuen stürmischen, aber erfolglosen
Angriff, diesmal auf das Centrum. Dann ging Kitchener zum
Angriff über. Seine gesammten Streitkräfte, in Bataillonen
echelontrt, gingen auf den zurückziehenden Feind los. Die Der-
wische hatten sich in einer Entfernung von zwei englischen Mei-
len neu formirt und standen hinter einer Felsenhöhe mit der
schwarzen Fahne des Khaliva in ihrer Mitte. Die ganze etwa
15000 Mann starke Abtheilung stürzte sich auf die zwei egyp-
tischen Brigaden auf dem rechten Flügel des vorrückenden Heeres.
Die Fellahs deployirten und behaupteten ihre Stellung tapfer.
Inzwischen schwenkte Kitchener das Centrum und den linken
Flügel auf die Flauke der Derwische, und Maxwells sudanische
Brigade nahm die erwähnte Felscnhöhe. Nunmehr waren die
Derwische zwischen zwei oder drei Feuern gefaßt, und ein Hagel
von Geschossen regnete in ihre gedrängte Formation hinein,
während das 21. Manen-Regiment auf dem linken und die egyp-
tische Reiterei auf dem rechten Flügel die zersprengten Ab-
theilungen der Derwische niederritten. Nach tapferer Gegenwehr
ergriffen die Derwische die Flucht, und das siegreiche Heer mar-
schirte 'Nachmittags in Omdurman ein.
Die schwarze Flagge des Khalifa ist erbeutet, dieser mit den
Resten seiner Truppen wird verfolgt von Reiterei und Kanonen-
booten. Die Maschinengeschlltze trugen viel zum Siege bei. Die
Gesammtzahl der Derwische betrug ungefähr 35 000 Mann. Ihr
Verlust an Tobten wurde auf 1500 geschätzt.
Die Freude über den Sieg Kitcheners ist in England natür-
lich sehr groß. Auch ruft das Telegramm des deutschen Kaisers
eine große Genugtyuung hervor, zumal er dem hier allgemein
gehegten Gedanken, daß nun endlich der Tod Kordons gerächt
ist, Ausdruck gibt.
Der Standard schreibt: Das Schicksal des Sudan ist ent-
schieden. Wenn irgend ein ehrgeiziger Machthaber der Nachbar-
schaft daran dächte, sich mit einem neuen Stücke Gebiets zu be-
reichern, wird er sich seinen Entschluß noch einmal überlegen.
Ein ähnliches Nachdenken wird sich irgend welcher europäischen
Macht ausdrängen, die etwa Agenten mit Jntriguen irgendwo
beschäftigt hat, wo Kitcheners Heer hinreichen kann. Kitcheners
glänzender Feldzug muß irgendwelchen ernstlichen Gedanken
fremder Einmischung in dem Nilthal ein Ende machen. Auch
wird der Eindruck sich nicht auf die afrikanische Politik be-
schränken. Es ist eine große Genugthuung, daß die Leistungen
des Heeres Kitcheners einen- günstigen Eindruck auf das Ober-
haupt des mächtigsten Heeres der Welt gemacht haben. Der
Werthschätzung des Kaisers gebührt Dank, namentlich, wenn sie
die Anerkennung seiner Regierung bedeutet, daß England die
Vormacht in Nord- und Südafrika sein und bleiben muß. Die
Schlacht wird alle, denen es darum zu thun ist, sich eine rich-
tige Schätzung des englischen Heeres zu machen, daran erinnern,
daß dieses keine unbedeutende Kleinigkeit ist, wie es oft im
Auslande dargestellt wird.
 
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