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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 203 - 228 (1. September 1898 - 30. September 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0294

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bade im deutschen Volke und starb, ohne diesen Hochgenuß
eines „eisernen Kanzlers" erlebt zu haben." Einen Kom-
mentar hierzu wollen wir uns erlassen.
Karlsruhe, 19. Sept. Dem demokratischen Mann-
heimer Anzeiger wird von hier geschrieben: Minister
v. Brauer ist nach Italien gereist, angeblich zur Er-
holung, vielleicht aber auch zur Erreichung eines kirchen-
politischen Zieles. Es ist nämlich hier kein Geheimniß,
daß man in maßgebenden Kreisen einem gewissen Ent-
gegenkommen in der Ordens fra g e nicht abgeneigt wäre,
sich aber vorher vergewissern möchte, daß sich die Kurie
mit den beabsichtigten Zugeständnissen auch wirklich zu-
frieden gibt und dieselben nicht als bloße Abschlagszahlungen
betrachtet. Die Regierung ist bekanntlich gemäß Z 11 des
Kirchengesetzes berechtigt, religiöse Orden zuzulassen. Bis-
her hat sie davon keinen Gebrauch gemacht. Es wäre
aber nicht ausgeschlossen, daß künftighin von diesem Usus
abgewichen würde. Die Sache ginge ja zunächst den
Herrn Minister Nokk an, aber tatsächlich ist Herr von
Brauer heute schon die einflußreichste Persönlichkeit unserer
Regierung. Man darf jedenfalls darauf gespannt sein,
mit welchem hohen kirchlichen Würdenträger Herr v. Brauer
demnächst „zufällig" zusammentreffen wird.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Plantagendilektor Fr. Wandres in Stephansort in Neu-
Guinea das Ritterkreuz zweiter Klasse des Ordens vom Zähringer
Löwen verliehen.
— Mit Entschließung des Ministeriums des Großh. Hauses
und der auswärtigen Angelegenheiten vom 14. September d. I.
wurden die Postpraktikanten Hermann Röd l t ngs d ö rfer aus
Flinsbach, Wilhelm Trey aus Steinmauern und Hermann
Brehm aus Mannheim zu Postsekretären ernannt.
Karlsruhe, 19. Sept. Die Prinzessin Wilhelm
stattete gestern Mittag auf der Durchreise von Salem nach
Baden-Baden den Großherzoglichen Herrschaften in Schloß
Mainau einen kurzen Besuch ab. Dec Grobherzog ist
gestern Abend 7 Uhr von Konstanz zur Fortsetzung der
militärischen Besichtigungen nach Donaueschingen gereist.
Ausland
Oesterreich-Ungarn. Wien, 18. Sept. Der Kaiser
begab sich heute Vormittag von Schönbrunn nach der Hof-
burg und empfing dort die Herzöge Siegfried und Christoph
in Baiern, Söhne des verstorbenen Herzogs Max Ema-
nuel, ferner den Fürsten und die Fürstin Albert von
Thurn und Taxis und seinen Schwager, den Herzog Fer-
dinand von Alenyon. Sodann fuhr der Kaiser dreimal
bei der Gräfin von Trani, der Schwester der Kaiserin
Elisabeth, vor und traf sie beim dritten Mal an; er ver-
weilte einige Zeit bei der Gräfin und fuhr am Nach-
mittag nach Schönbrunn zurück. Im Laufe des heutigen
Tages haben der König von Sachsen, der König von
Rumänien und andere Fürstlichkeiten Wien wieder ver-
lassen.
Wien, 18. Sept. Bei der Leichenfeier kamen
23 schwere Ohnmachtsfälle vor, etwa 70 Per-
sonen wurden von leichtem Unwohlsein befallen, jedoch
wird kein ernsterer Unfall gemeldet.
Wien, 19. Sept. Der Kaiser stiftete zur Erinnerung
an seine Gemahlin und gleichzeitig zur Ehrung der heiligen
Elisabeth von Thüringen einen Elisabethorden. Die
Elisabeth-Verdienstmedaille soll zur Belohnung an Frauen
und Jungfrauen für Verdienste in ihrem Beruf oder auf
religiösem, humanitärem und philantropischem Gebiete, ver-
liehen werden. Der Orden zerfällt in drei Abtheilungen,
Großkreuz, erste und zweite Klasse. Die Gräfin Sztaray
erhielt das Großkreuz für Verdienste um die Kaiserin in
deren Todesstunde.
Belgien, z Brüssel, 17. Sept. Belgien ist, wie
ein hiesiges angesehenes Blatt schreibt, gegenwärtig das vom
Alkohol am stärksten vergiftete Land der ^Velt. Jährlich
werden in Belgien 75 Millionen Liter Alkohol konsumirt,
das sind 12 Liter auf jeden Einwohner. Während von
1870—1894 die Bevölkerung nur um 24 Prozent An-
genommen hat, ist der Konsum von Alkohol um 54 Proz.
gestiegen, und gleichzeitig hat eine Zunahme der Geistes-
krankheiten um 90 Proz., der Verbrechen um 52 Proz.,
der Selbstmorde um 129 Proz. und der Zahl der Bettler
und Vagabunden um 123 Proz. stattgefunden. Diese
Lage der Dinge ist hauptsächlich dem Alkohol zuzuschreibcn.
Für starke Getränke gibt das Land jährlich 150 Millionen
aus, während der Staat nur 16^ Millionen für den
öffentlichen Unterricht aufwendet. Es gibt in Belgien
6209 Schulen und 195 000 Wirthschafteu oder je eine
Wirthschaft auf 36 Einwohner resp. auf 7 Familien.
Der Alkohol, so schließt das oben citirte Blatt, tödtet
jährlich 15—20 000 Belgier, er vergiftet die Lebens-
quellen und macht aus den Belgiern allmählich eine Nation
von Epileptikern, Idioten und körperlich verkommenen
Individuen.
Frankreich. Paris, 18. Sept. Der Soleil meldet,
die Regierung gehe damit um, die Rückkehr Dreyfus'
noch vor der Entscheidung des Cassationshofes anzuordnen.
Die Libre Parole bestätigt zwar, daß Esterhay in Lon-
don gewesen sei, bezeichnet jedoch die Angaben des Ob-
server (s. unten) als unrichtig. Einige radikale Blätter
sprechen sich entschieden gegen die Wiederernennung Zur-
lind en s zum Militärgouverneur von Paris aus, selbst
wenn er von Faure eine etwaige Zusage erhalten hätte.
Durch sein Rücktrittsschreiben habe Zurlinden sich öffentlich
gegen die Entscheidung der Regierung aufgelehnt; es wäre
daher bedenklich, ihm den Oberbefehl über die gesummte
Pariser Garnison anzuvertrauen.
Paris, 19. Septbr. Für die Revisionskom-
mission wird in dem Justizministerium ein eigener,
streng isolirter Salon eingerichtet. Die Arbeiten der
Kommission werden etwa zehn Tage beanspruchen, so-
daß Ende der nächsten Woche der Revisionsantrag von
dem Justizminister an den Kassationshof gerichtet werden
kann. Gleichzeitig dürfte dann Sarrien, wie man an-

Aus Buschs nmem Bismarckbuch
veröffentlichen die Zeitungen die Antwort Bismarcks an den
Kaiser auf die Annahme seines EntlassungsgcsucheS:
„Ich danke Ew. Majestät respektvoll für die gnädigen Worte,
womit Ew. Majestät meine Entlassung begleitet haben, und ich bin
hocherfreut über das Geschenk des Bildes, das mir ein ehren-
volles Andenken an die Zeit bleiben wird, während welcher Ew.
Majestät mir erlaubten, meine Kräfte Ew. Majestät Dienst zu
widme». Ew. Majestät hat zu gleicher Zeit mir gnädigst die
Würde eines Herzogs von Laueuburg verliehen. Ich habe mir
respektvoll die Freiheit genommen, mündlich dem Geh. Kabinets-
rath Lucauus die Gründe auseinauderzusetzen, welche es für mich
schwierig machen, einen solchen Titel zu führen, und ihn zugleich
gebeten, diesen zweiten Gnadenakt nicht zu veröffentlichen. Die
Erfüllung dieses Gesuches war nicht möglich, da zur Zeit, da
ich meine Bedenken hierüber ausdrückte, die Publikation schon
stattgefunden hatte, am 17. März. Ich erlaube mir jedoch, Ew.
Majestät zu bitte», mir gnädigst zu erlauben, in Zukunft den
Namen und Titel zu führen, den ich bisher getragen habe. Ich
bitte um die Erlaubnis, Ew. Majestät meinen ehrerbietigen Dank
für die hohe, mir durch die militärische Beförderung gewährte
Ehre zu Füßen zu legen, sobald ich im Stande sein weroe, mich
zu melden, woran ich im gegenwärtigen Augenblick durch Unwohl-
sein verhindert bin."
Busch erklärt sodann, in der gegenwärtigen internationalen
Lage halte er es für gefährlich, eine in seinem Besitz befindliche
Urkunde zu veröffentlichen, die den Titel trägt: „Entwurf einer
vertraulichen Erklärung betreffend die Motive meines Rücktritts
vom Amte". Die Interessen Deutschlands an der Geheimhaltung
dieses Schriftstückes während der nächsten Zeit erscheinen ihm
größer als die Interessen der Geschichte der gegenwärtigen Zeit.
Das Buch enthält viele Unterredungen und Briefe mit hohen
Personen, darunter einen Brief des jetzigen Kaisers (damals
Kronprinz) über die Battenbergsche Herrathsaffäire, die jedoch
nichts wesentlich Neues enthalten. Zum Schluß finden wir noch
mehrere Streiflichter auf den neuen Kurs nach Aufzeichnungen
aus Friedrichsruh. Das Manuskript ist in deutscher Sprache ab-
gefaßr und bei Macmillan in London deponirt. Da das Buch
zahlreiche scharfe Aussprüche Bismarks gegen England, den eng-
lischen Einfluß uno das von ihm sogenannte „Unterrockregiment",
sowie die von Bismarck durch Busch etngeleitete Preßcampagne
gegen diesen Einfluß enthält, so bricht die englische Presse in
einen Entrüstungssturm gegen die Publikation aus. Die Times
bemerken jedoch, keine Enthüllung könnte Bismarcks Ruhm als
einer der größten Staatsmänner, der je die Geschicke Europas
gelenkt hahe, trüben.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 20. September.
A Gewerbegerichts-Sitzung vom 2. Sept. Gegenwärtig
Bürgermeister Dr. Walz als Vorsitzender, Kleidermacher Christian
Hummel und Maurer Adam Schmitt als Beisitzer und Rechts-
praktikant Hoffmann als Gerichtsschreiber. 1. Taglöhner Otto
Hauptmann wurde mit seiner gegen Kohlenhändler Friedrich
Handrichs erhobenen Klage auf Zahlung von 5 Mk. 41 Pfg. Lohn
abgewiesen. 2. Posamentier Wilhelm Jost, welcher gegen Posamen-
tier L. Eckert wegen kündigungsloser Entlassung eine Entschädi-
gungsforderung von 42 Mk. geltend gemacht hatte, wurde mit
feiner Klage ebenfalls abgewiesen. Ohne Zuzug von Beisitzern
wurden bis zum 15. Sept, noch folgende Streitfälle erledigt:
3. In Sachen des Dienstmädchens Katharina Oelschläger gegen
Wirth Ferdinand Schmidt zur Hirschgasse dahier wegen Zahlung
von 24 Mk. Lohn einigten sich die Parteien dahin, daß der Be-
klagte an die Klägerin 15 Mk. bezahlt und Letztere auf ihre Mehr-
forderung verzichtet. 4. Fabrikant Wilhelm Reis dahier klagte
gegen Kutscher Hch. Weigel dahier auf Zahlung der gesetzlichen
Entschädigung von 13 Mk. 20 Pfg. wegen Bruchs des Arbeits-
verhältnisses. Beklagter erklärte sich zur Zahlung von 5 Mark
bereit, worauf der Kläger auf die Weiterführung der Klage ver-
zichtete. 5. Kaufmann Oskar Schepp dahier klagte gegen den
Hausburschen Friedrich Keller aus dem gleichen Grunde. Beklagter
erklärte sich zur Zahlung von 8 Mk. 20 Pfg. bereit, womit sich
Kläger begnügte. 6. Taglöhner Heinrich Koch dahier wurde mit
seiner gegen Glasmaler I. Beiler dahier erhobenen Klage auf
Zahlung von 5 Mk. 60 Pfg. Lohn auf Ausbleiben im Termin
abgewiesen. 7. I. S. des Bäckergesellen Valentin Fritz dahier
gegen Bäckermeister Jakob Vögely wurde der Beklagte auf Aus-
bleiben im Termin zur Zahlung von 9 Mk. 60 Pfg. Lohn
verurtheilt.
-X- Deutsch-nationaler Handlungsgehilfen-Verband. Man
schreibt uns: Der Deutsch-nationale Handlungsgehilfen-Verband,
der seit Jahresfrist auch hier in Heidelberg eine Ortsgruppe be-
sitzt, hat, wie die Deutsche Handelswacht, die Verbandszeitschrift,
mitkheilt, am 27. August die Nummer 16 000 in seiner Mit-
gliederstammrolle überschritten. In den ersten sechs Monaten
dieses Jahres nahm der Verband über 2000 Mitglieder auf, im
Monat Juli 1549, im August 1053. Gesammtz-chl der Orts-
gruppen gegenwärtig rund 200. Während man dem Verbände
am 1. Januar 1896 mit 570 Mitgliedern noch den 80. Platz in
der Reihe der deutschen kaufmännischen Vereine anweisen konnte,
steht er heute hinsichtlich seiner Mitgliederzahl bereits an dritter
Stelle.
A Varitzts zum Zwinger. Nach längerer Pause hat das
Varists zum Zwinger am vergangenen Sonntag seine Pforten
wiederum geöffnet. Der große Saal ist renovirt und hat noch
insofern eine Aenderung erfahren, als sich auf der Seite, wo
früher die Bühne war, jetzt der Eingang befindet. Das Entree
ist dadurch geräumiger und auch zweckmäßiger geworden, indem
i auf derselhen Seite die Restaurationsräume liegen. Der rührigen
- Direktion des Herrn Kersebaum ist es gelungen, eine Anzahl
tüchtiger Spezialitäten zu gewinnen, die nicht verfehlen werden,

- zeigte sich als vorzügliche Konzertsängerin. Großen Beifall fand
der Gesangshumorist, Herr Roheit Nickel, besonders sein Eisen-
bahn-Couplet erzielte einen stürmischen Lachersolg. Die Leistungen
der serbischen Mar-ta-.fi-Truppe auf dem Gebiet der Akrobatik
waren ausgezeichnet. Ferner gefielen außerordentlich die Tyroler
Liedersängerin Fräulein Anny Ferrand, die mit voller, klarer
Altstimme bald heitere, bald traurige Volksweisen vortrug, und
die Verwandlungstäuzerinneu, Geschwister Sandor, die durch
graziösen Tanz nicht minder wie durch geschmackvolle Kostüme
sich auszeichuen. Herr Kinna erwies sich als geschickter Instru-
mentalist, dessen Leistungen ebenfalls allseitige Anerkennung
fanden. — Trotz dem schönen Abend war der Besuch ein guter
und wird sich bei den Leistungen, die geboten werden, jedenfalls
noch steigern, je weiter die Jahreszeit vorrückt.
* Main-Neckar-Bahn. Nach dem endgültigen Entwurf des
vom 1. k. M. an in Kraft tretenden Winterfahrplans fällt
für die Folge der bis zum 30. d. Nachmittags 6.36 und Abends
9.40 hier ahgehende, sowie der Morgens 7.10 von Frankfurt ab-
geycnde und 8.56 hier ankommende Zuq aus. Ebenso ist der
während des Sommers Sonntag Nachmittags 4.04 von
Frankfurt hier ankommende Zug gestrichen und der gleichfalls
Sonntags Abends 9.08 eintreffende Zug wird künftig nur nach
von Frankfurt bis Heppenheim — täglich — geführt. T»e
sonstigen Aenderungen sind unbedeutend.
5 Unser Bataillon. Heute Vormittag kehrte unser Bataillon
aus dem Manöver zurück. Um 8 Uhr traf es auf dem Bahnhol
hier ein und marschirte mit Musik durch die Anlage nach der
Kaserne. Der Krieg im Frieden scheint unseren Grenadieren
recht gut bekommen zu sein, denn sie sahen frisch und munter aus.
Q Schöffengerichtsfitzung vom 19. Sept. 1) Agent Louis
Reiß hier erhielt wegen Uevertretung der Gew.-Ordn, eine Geld-
strafe von 510 und wegen Ungebühr vor Gericht eine Geldstrafe
von 20 2) Anna Ravp hier wurde von der Uebertretung
des Z 19' des bad. Armengesetzes freigesprochen. 3) Johann
Gottlob Weidner hier erhielt wegen Vergehens gegen Z 36»
R.-St.-G.-B. 14 Tage Hast, 4) Nikolaus Seibert Ehefrau hier
wegen gewerbsmäßiger Unzucht 6 Wochen Haft. 5) Die Ver-
handlung gegen Mathias Windmeier von Eppelheim und Kea-
Wegen Ruhestörung wurde vertagt. 6) Friseur Otto Höhn von
Pforzheim wurde von der Anklage wegen groben Unfugs frei-
gesprochen. 7) Die Verhandlung gegen Bauinspektor Ludwig
Maier hier wegen Beleidigung des Architekten Michael Wiesels-
berger in Würzburg und 8) gegen Taglöhner Georg Wernz >»
Handschuhsheim wegen Beleidigung des Eisenbahnarbeiters Anton
Stroh daselbst endete mit einem Vergleich.
— Polizeibericht. Zwei Taglöhner kamen wegen Ruhestörung
zur Anzeige.
W Neckarsteinach, 19. Sept. Bei der heute hier vorgenow
menen Gemeinderathswabl wurden die bisherigen Atu-
glieder Herren Frz. Diemer und Chr. Schneider wieder und Herr
Fabrikant Fr. Hartmeier neu gewählt.
Neckarbischofsheim, 15. Sept. Heute schloß der 29. Kurs der
hiesigen Haushaltungsschule mit 22 Schülerinnen. D"
Winterkurs, welcher am 26. October beginnen wird, ist nach dem
Nb. Vlksb. schon jetzt vollzählig besetzt. Von einer öffentliche»
Prüfung wurde abgesehen; die reiche Ausstellung der Industrie'
arbeiten legte ja auch Probe für treu geleistete Arbeit ab.
Wiesloch, 18. Sept. Gestern Morgen um halb 11 Uhr ver-
kündeten frohe Klänge aus den für die la ndwirth sch östliche
Ausstellung bestimmten Räumlichkeiten, daß sich die Aus
stellung, allerdings zunächst nur einem kleinen Kreise geladener
Gäste, erschlossen habe. Bald ergriff auch der Vorsitzende des
landw. Bezirksvereins Wiesloch, Herr Oberamtmann Dr. Crvn,
das Wort zur Begrüßung der Erschienenen, wies in bündiger
knapper Rede auf den hohen Werth, insbesondere der landw-
Ausstellnngen hin, die den Gesichtskreis des allen Erneuerungen
mißtrauisch entgegenkommenden Landwirthes erweiterten, und
klärte die Ausstellung feierlich für eröffnet. Unter seiner Führuu»
erfolgte hierauf der Rundgang durch die Ausstellung und allen»
halben konnte man Aeußerungen der Bewunderung und des llrr-
staunens über die Reichhaltigkeit und Solidität des Gebotene»
vernehmen. Als Vertreter der eingeladcnen Behörden wass»'
nach der Wiesl. Ztg-, erschienen: Großh. Herr Landeskomnnim
Geh. Oberregierungsrath Frhr. v. Rüdt, als Vertreter der !»e
gierung, Herr Kommerzienrath Scipio, der frühere Gouverne»
von Kamerun, Excellenz Frhr. v. Soden, Herr Hofrath ReßlM'
der Vorsitzende des Kretsausschusses Heidelberg, Herr Dr. Blum-
Herr Major a. D. Koenhorn, die Herren Amtsvorstände vo
Schwetzingen und Sinsheim u. a. m- Um 1 Uhr begann om
der unteren Tuchbleiche programmgemäß die Vorführung?,
prämiirten Thiere, zunächst der Pferde, dann des NW»'
Viehs, welche bis gegen halb 3 Uhr dauerte. Gegen 3 Uhr v-'
sammelten sich die Festtheilnehmer, 83 an der Zahl, im KW'
Haus zur Pfalz zu einem Festessen« Dasselbe wurde durch
reiche Toaste gewürzt und nahm einen sehr animirten Verlauf-
Wiesloch, 19. Sept. Wohl noch selten dürfte Wiesloch
solche Menschenmenge beherbergt haben, wie gestern. Die »!>?-
stellungsräume waren von Morgens bis Abends dicht gef»»'
Wie die Wiesl. Ztg. hört, gingen gestern in beiden Ausstellung-
ca. 2000 Alk. L 20 Psg. ein; man kann somit sich selbst e>
Bild machen von dem gewaltigen Umtrieb. Aber auch uins
Lieferanten für leibliche Bedürfnisse können den gestrigen 4»»
roth anstreichcn. Metzger und Bäcker waren Abends total a»
verkauft, sogar versiegte hin und wieder auf kurze Zeit die B>
quelle in verschiedenen Wirthschaften. .
Bruchsal, 19. Septbr. Am Samstag Nachmittag war v
Notar Stritt von Freiburg hierhergekommen, um mit se>» -
Wählern sowie auch einigen Vertrauensmännern der GegenPMO
Besprechung zu Pflegen und sich über die Annahme der W
endgiltig zu entscheiden. Nachdem alle in Frage kommen
Punkte erörtert, gab Herr Stritt die mit lebhafter Freude »ms
genommene Erklärung ab, daß er die auf ihn gefallene -w
annehme und seine ganze Arbeitskraft in den Dienst um
Stadt stellen werde. Somit hat Bruchsal wieder einen O .
bürgermeister, der voraussichtlich gegen Mitte Oktober sem
anlreten wird.
j-ff Karlsruhe, 19. Sept. Eine Versammlung derGewer
vereine des Mittelbadischen G a u verb and es ' -?
gestern in Gernsbach statt. Der Geschäftsbericht konstatirt e
beträchtliche Zunahme der Mitglieder. Vier neue Vereine
im Laufe des Jahres dem Gauverband bei, so daß dieser
14 Vereine mit 1599 Mitgliedern (davon 1314 Handwerkers»^,
Der Zuwachs beträgt 418 Mitglieder (357 Handwerker).
ruhe wurde wieder zum Vorort für die nächsten zwei 3 '
gewählt. her
L.O. Karlsruhe, 19. Sept. Heute Vormittag fand >n
St. Stephanskirche ein feierliches Requiem für dir "
storbene Kaiserin Elisabeth von Oesterreich statt. AN
Trauerfeier betheiligten sich außer dem ö sterr eich
Hilfsverein, von dem die Anregung ausging, , k,
Hof- und Staatsbeamte, u. a.: Staatsminister Dr. ,
Oberstkammerherr Frhr. v. Gemmingen, Oberschwv»»»^,
mann v. Offensandt-Berckholtz, Oberststallmetster» 1
v. Holzing, Preuß. Gesandter v. Eisendecher,^,
Ober-Reg.-Rath v. Bodman, österr. Consul Vieles
Beim Katafalk lagen zahlreiche Kränze, die heute swÄ >7^-
abgehen und an der Bahre der entschlafenen Kaiserin n
gelegt werden. oq,
Feldberg, 17. Sept. Unter außergewöhnlich zahlreichem
zug von Nah und Fern fand heute Abend hier oben eine * g
würdige, als erhebende Trauerfeier für Bismara
Forstrath Klehe lud während des Abendessens die in der o
von etwa 300 Personen erschienenen Bismarckverehrer em-
dem Essen sich mit Fackeln zu versehen und unter Voran»'
Bärenthaler Musik sich im festlichen Zuge zum Denkma- »» er-
geben. Dort etwa um 8 Uhr angekommen, sang die »l
Versammlung den Vers des Cuuäsamus: Vita nostra vro

nimmt, die Rückberufung des verurtheilten Dreyfus eine große Anziehungskraft^ auszuüben. Fräulein Paula Severa
anordnen. ' ' " .---
England. London, 18. Sept. Ein Berichterstatter
des Observer meldet, Esterhazy, der den Schnurrbart
abrasirt habe und daher schwer erkennbar sei, weile seit
zehn Tagen in London und habe ihm oft gesagt, alles,
was er gethan habe, habe er in blindem Eifer gegenüber
dem Befehle eines vorgesetzten Offiziers gethan. Esterhazy
habe dem Berichterstatter im Beisein von Zeugen sein Ver-
halten und seine gegenwärtige Lage in allen Einzelheiten
auseinandergesetzt. Von tausend das Dreyfus-Akten-
bündel bildenden Schriftstücken seien ungefähr sechs-
hundert gefälscht. Esterhazy sei bereit, zu zeigen,
durch wen und unter welchen Umständen diese Fälschungen
begangen worden seien. Vermuthlich würden seine Ent-
hüllungen, deren Veröffentlichung nunmehr beabsichtigt
sei, ihn verhindern, jemals nach Frankreich zurückzukehren.
(Es muß sich ja bald zeigen, was an diesen Neuigkeiten
wahr ist.)
London, 19. Sept. Daily Mail meldet aus Kairo
von gestern: Die französische Regierung habe im Sudan
England gegenüber eine versöhnliche Haltung angenommen.
Der englisch-egyptische Oberkommandirende habe dem franz.
Expeditionsführer Marchand die Angelegenheit aus-
einandergesetzt und ihm das Anerbieten gemacht, daß er
ihn nach Kairo bringen werde. Das Blatt fügt hinzu,
daß es die Bestätigung des Obigen aus zuverlässiger Quelle
erfahren habe.
 
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