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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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Sinsheim, 3. Oktober. Durch den Kreisausschuß der Feuer-
wehren wurde gestern unter Leitung des Herrn Konsul Menzer aus
Neckargemünd die I n s p e k t i o n der hiesigen Freiwilligen
Feuerwehr vorgeuommen, zu der auch verschiedene Abord-
nungen auswärtiger Feuerwehren erschienen waren. Zuvor fand
im unteren Rathaussaale die Kreisausschußsitzung statt, in der
die Ausschußmitglieder auf die nächsten drei Jahre wiederge-
wählt und sodann einige geschäftliche Fragen erledigt wurden.
lli Hirschhorn, 4. Oct. Die hiesige Apotheke wurde
um die Summe von 91000 Mark an einen Herrn aus Nord-
deutschland verkauft. Ein Beweis, daß auch Landapotheken einen
hohen Werth repräsentiren.
Unterschönmattenwag, 4. Oct. Von dem Reichthum
unserer Forellenbäche mag die Thatsache zeugen, daß von
W- in wenigen Stunden hier nahezu zwei Centner dieser kost-
baren Fische gefangen wurden. Außerdem wurden hier in den
letzten Wochen schon mehrere Centner gefangen, ohne daß der
Reichthum der Bäche erschöpft wäre.
O Ober-Abtsteinach, 4. Oct. Großes Glück im Unglück
hatte letzter Tage der Steinbrecher Gg. Stein aus Siedelsbrunn.
Er stürzte von einer hohen Felswand herab. Den Stürzenden
in die Tiefe fallen sehend, streckte der zufällig unten vorüber-
gehende Anton Kohl II. von Unter-Abtsteinach die beiden Arme
aus und fing den Stein wirklich auf. Beide kamen zwar zu
Fall; aber die Wucht des Falles war doch so abgeschwächt, daß
Stein keinen nennenswerthen Schaden erlitt.
Mannheim, 30. Sept. (Strafkammer.) 1) Die Be-
rufung des 39 Jahre alten Fuhrmanns Wilhelm Körber von
Gauangelloch, den das Schöffengericht wegen Körperverletzung zu
einer Geldstrafe von 20 verurtheilt hatte, wurde als un-
begründet verworfen. — 2) Zwei verwahrloste Burschen, die
17 Jahre alten Taglöhner Heinrich Machmeier und Martin
Dörr von Sandhausen standen wegen verschiedener Strafthaten
unter Anklage. Am 22. August d. I., einem Montag, machten
sie blau. Als Nachmittags der bet Kaufmann Paul Kuhu in
Sandhausen bedienstete Hausbursche Eduard Huckele mit einem
Kantinenwagen nach dem bei der Bahnstation St. Ilgen befind-
lichen Schrempp'schen Neubau fuhr, hielten sie ihu an und als
Huckele die Abgabe von Bier verweigerte, zog Machmeier ein
Messer, setzte es dem Huckele auf die Brust und drohte ihm:
„Wenn Du kein Bier hergtbst, steche ich Dich todt." Dann
nahmen sie sich eigenmächtig aus dem Wagen je 4 Flaschen Bier,
einen Häring und ein Stück Wurst im Werthe von 20 Pfennig
heraus. Darauf zwangen sie den Pflästcrermeister Jakob Lächele
aus Nußloch, der auf dem Wege nach dem Neubau begriffen
war, zur Umkehr, wobei Machmeier zu ihm sagte: „Mache,
daß Du vom Platze kommst, sonst schlag ich ich Dich,
daß Du nicht mehr laufen kannst." Hierauf drangen sie in den
erwähnten Schrempp'schen Neubau ein, deinolirten zwei neue
Fensterläden, schlugen mit Schraubenschlüsseln mehrere Kreuzstöcke
von Fenster hinaus, zerrissen eine dem Maurerpolier Ziegler ge-
hörige Joppe und Mütze und außerdem versetzte Machmeier dem
Ziegler mehrere Ohrfeigen. Nicht genug damit, trieben sie sich
schließlich in schamloser Entblößung in der Nähe der am Bahn-
hof St. Ilgen gelegenen Gerberei herum. Wegen des Angriffs
auf Huckele war Anklage wegen Raubes erhoben, doch nahm das
Gericht nur Nöthigung als vorliegend an. Das Urtheil lautete
sodann wegen Nöthigung, Hausfriedensbruch, Sachbeschädigung,
Thätlichkeiten und Erregung öffentlichen Aergernisses gegen
Machmeier auf 11 Wochen, gegen Dörr auf 6 Wochen Gefäugniß,
abzüglich je 4 Wochen der Untersuchungshaft. — 3) In an-
getrunkenem Zustande stieß der 31 Jahre alte Taglöhner Leon-
hard Spreng von Unterschönmattenwag im Hirschwtrthshans
in Sandhausen eine Gotteslästerung aus. Als ihm der Maurer-
meister Josef Stemmler deshalb auf den Mund schlug, drohte
er Jenem mit Todtstechen. Das Gericht verurtheilte den An-
geklagten zu 7 Wochen Gefäugniß, abzüglich 3 Wochen der
Untersuchungshaft. — 4) Die Berufung des 18 Jahre alten
Bäckerburschen Christian Pippes von Spranthal, den das
Schöffengericht Heidelberg wegen Körperverletzung zu IS
Geldstrafe verurtheilt hatte, wurde für begründet erklärt, weshalb
Freisprechung erfolgte.
Mannheim, 3. Octbr. Eine Ausstellung für Amateur-
photographie wird in der Zeit vom 14.-18. October in
unserer Stadt veranstaltet. Der Kunstverein hat für diese von
der hiesigen photographischen Gesellschaft veranlaßte Ausstellung,
welche die erste dieser Art in Südwestdeutschland ist, zwei Säle
zur Verfügung gestellt. Mit der Ausstellung ist eine Prämiirung
der künstlerisch und technisch hervorragendsten Bilder verbunden,
wozu die photographische Gesellschaft, sowie hiesige und aus-
wärtige photographische Geschäfte werthvolle Preise gestiftet
haben- Die Anmeldungen sind bereits überaus zahlreich aus
Mannheim und Umgegend, sowie auch aus anderen Theilen Süd-
westdeutschlands eingelaufen.
8. 0. Karlsruhe, 30. Sept. Die Umwandlung der hiesigen
Pferdebahn in eine ele k tr i l ch e Bahn soll in Angriff genommen
werden, sobald die Genehmigung des zwischen der Stadt und
der Bahngesellschaft vereinbarten Konzessionsvertrags Seitens
des Ministeriums des Innern erfolgt ist. In der Kaiser- und
der Karl-Friedrichstraße kommt Accumulatorenbetrieb zur An-
wendung. — Auf eine Eingabe des Vorstands des Handwerker-
ausschusses, daß bei städtischen Arbeilsvergebungeu im Falle des
Ausbruchs von Streiks oder Geschäftssperren Fristverlänge-
rung gewährt bezw. Konventionalstrafen bei verspäteter Fertig-
stellung von Arbeiten nicht erkannt werden, erwiderte der Stadt-
rath, daß er die Erstreckung von Lieferungsfristen verfügen und
auf Konventionalstrafe verzichten werde, wenn ein Geschäfts-
mann unverschuldeterweise infolge von Arbeiterausständen
in die Unmöglichkeit versetzt wird, seinen vertragsmäßigen Ver-
pflichtungen nachzukommen. Ob diese Voraussetzung vorliege,
müsse in jedem einzelnen Fall geprüft werden.
8.0. Karlsruhe, 2. Octbr. Für das hiesige Bismar ck-

Es war ein herzliches, allgemeines Interesse, das sie hierbei
begleitete, und die Ueberzeugung, daß Frl. Heinrich keiner
trügerischen Neigung, sondern einer Berufung zum Berus folge,
war es, was die zahlreichen Anwesenden von dem Debüt ent-
nahmen.
Daß es sich um einen „ersten Versuch" handelte, trat ja in
Manchem noch zu Tag. Frl. Heinrich besitzt noch nicht die
Mannigfaltigkeit der Geste, wie sie die Routine beschafft, ihre
Bewegungen haben noch viel Einförmiges und Mechanisches, sie
wird sich auch rascher und behender auf den Brettern zu be-
wegen lernen müssen, sie wird manche Gefühle erst begreifen
und erleben müssen, um sie schauspielerisch zu reflektiren. Von
diesen Zeichen des Anfängerthums abgesehen, war diese erste
Probe geradezu verblüffend.
Nur unter der künstlerischsten Leitung vorbereitet, kann eine
Debütantin mit solcher abfoluten Sicherheit, so ohne Stocken
und Zagen das Wort beherrschen. Die Rede floß ihr heute
schon vollendet, musterhaft von den Lippen. Frl. Heinrich
spricht sehr schön, vielleicht oft noch zu schön, und von klugem
Verständuiß geleitet erscheint ihre sinngemäße Deklamation. Einen
werthvollen Schatz besitzt sie in ihrem klangvollen, weichen und
für jede Art Affekt ausgiebigen Organ, dessen dunkle Färbung
es besonders sympathisch macht. Auch das mimische Mitgehen,
besonders im Gesichtsausdruck, ist ihr heute schon in hervor-
ragender Weise zu eigen. Ihre „Hero" war ein rührendes Kind,
das aber den Ernst schon fast begreift. In der Liebesscene, be-
sonders am Schluß, ferner in dem Moment, da Hero mit ent-
zückender Ironie ihr Geheimniß zu vertheidigen beginnt, traten
die schauspielerischen Anlagen, von denen die ganze Leistung ge-
tragen war, schon in schärfer ausgeprägt individuellem Aus-
druck hervor. Zum Staunen wurde die Ueberraschung
mit der Wendung des Dramas zum Tragischen. Hier
fand Fräulein Heinrich eine Unmittelbarkeit des Aus-
drucks. eine Kraft des tragischen Accentes, des dramatischen

denkmal sind in der ersten Woche, nachdem die Sammlung
eröffnet wurde, 2803 eingegangen, darunter eine Svende des
Brauereibesitzers Höpfner mit 2000 — Die Fleisch-
preise sind nach der neuesten Notirung der Metzgergcnoffen-
fchaft wieder etwas zurückgegangen.
8. 0. Karlsruhe, 3. Oktober. Der frühere sozialdemokratische
Abg. Dr. Rüdt wird die ihm von der freireligiösen Gemeinde
in Milwaukee angebotene Predigerstelle aus Gesundheitsrücksichten
nicht antreten. Er ist vor kurzem von einer Erholungsreise aus
Italien zurückgekehrt und weilt z. Zt in Tölz.
8. 6. Karlsruhe, 3. Okt. Die Karlsruher „Liederhalle",
bekanntlich einer der besten Männerchöre Deutschlands, beabsichtigt
im Juni nächsten Jahres bei dem Wettstreit deutscher Gesang-
vereine um den Kaiserpreis in Kassel aufzutreien. — In
der nächsten Woche beginnen am Polytechnikum die Vor-
lesungen des Wintersemesters. Nach den bis jetzt vorliegenden
Anmeldungen dürfte die Frequenz des letzten Wintersemesters
mindestens erreicht, wenn nicht übertroffen werden.
8. 0!. Ettlingen, 1. Oct. Im hiesigen Lehrerseminar
sind 56 Schüler in den untersten Kurs eingetreten, der deßhalb
wieder parallelisirt werden mußte.
8. 6. Pforzheim, 3. Oktober. Der verhaftete Reichsbankvor-
steher Heyrich hat der ihm anvertrauten Kasse die Summe
von 5000 Mk. (nach einem Bericht der Frkf. Ztg. 37 000 ^L) ent-
nommen, um eine Schuld damit zu decken. Wie der Gewährsmann
des Bad. Ldsb. hört, hat Heyrich 33 000 Mk. Privatschulden,
darunter über 20000 Mk. bei Pforzheimer Bankiers. Er legte
sofort nach seiner Verhaftung vor dem Untersuchungsrichter ein
umfassendes Geständniß ab. H. ist 45 Jahre alt, vcrheirathet
und Vater von 4 Kindern.
8.0. Lahr, 1. Oct. Der Einzug des Regiments 169
in die neue Garnison Lahr gestaltete sich zu einem festlichen Er-
eigniß, an dem, wie wir aus einem längeren Bericht der Lahrer
Ztg. ersehen, die ganze Stadt den herzlichsten Äntheil nahm.
Das Regiment wurde auf dem Urtheilsplatz von den Behörden
und geladenen Gästen, darunter der kommandirende General
von Bülow, Divisionskommandeur Frhr. von Bissing
und Brigadegeneral von Kehler, sowie von dem Gros der
Bevölkerung — ein Theil hielt die via triumpllalis besetzt —
erwartet. Den Willkommgruß des Oberbürgermeisters Dr.
Schlusser erwiderte Oberst von Krogh in militärisch
knapper, aber doch herzlicher Form. Nach dem Festakt zogen
die Bataillone zur Kaserne, wo der kommandirende General
von Bülow die Truppen ermahnte, sich des ehrenden Em-
pfangs stets würdig zu zeigen und bestrebt zu sein, mit der
Einwohnerschaft Lahrs ein gutes Einvernehmen zu halten. An
dem Festmahl, das von der Stadt dem Offiziercorps geboten
wurde, nahmen 120 Personen Theil. Oberbürgermeister Dr.
Schlusser toastete auf Kaiser und Großherzog, Geh. Com-
merzienrath Sander auf die Garnison und deren Offiziercorps,
Generalmajor von K ehler auf die Stadt Lahr. Außer dem
Kriegsminister von Goßler sandte auch der Groß Herzog
einen telegraphischen Glückwunsch, in dem er dem Regiment eine
gesegnete Zeit heimischen Gefühls in dem neuen Standort und
freudige Arbeit zu weiterer gedeihlicher Entwicklung seiner neuen
Formation, der Stadt reichlichen Lohn für ihr bereitwilliges
Entgegenkommen bei Schaffung der neuen Heimstätte wünschte.
Mit dem Dank für die huldigende Begrünung sprach der Groß-
herzog schließlich den Wunsch aus: Es möge eine sich immer
fester begründende Einigung Garnison und Bürgerschaft zu ge-
meinsamem Wirken und Streben verbinden. In der „Sonne"
versammelten sich die städtischen Beamten mit ihren geladenen
Gästen zu einem Festessen. Die Mannschaften des Regiments
wurden auf Kosten der Stadt in den verschiedenen Gastlokalen
reichlich bewirthet.
Freiburg. 1. Oct. In Sachen der ermordeten 20 Jahre alten
Franziska Doll von Lörrach erläßt der Staatsanwalt eine
öffentliche Fahndung. Es wird angenommen, daß das
Opfer erst bewußtlos geschlagen und dann in den Kanal ge-
worfen wurde, wo es ertrank. Dies begründet in Verbindung
mit weiteren Umständen die Vermuthuug, daß der Mord in der
Nacht vom Donnerstag auf Freitag voriger Woche stattfand.
Auf Mittheilungen, die zur Ergreifung und Ueberführung des
Thäters führen, ist eine Belohnung von 500 Mark ausgesetzt.
Eingesandt.
X. Handschuhsheim, 3. Oct. Der Einsender eines kürzlich in
der Heidelberger Zeitung über die Einverleibung der Gemeinde
Handschuhsheim in die Stadt Heidelberg erschienenen Artikels
gibt den Anregern dieser Sache mehr Wesentliches zu, als von
diesen erwartet werden konnte.
Die seitherigen „3" Villenbesitzer und einige Speculanten läßt
er fallen und nimmt dafür bereitwillig 250 Bürger und Ein-
wohner aller Klassen und Berufsarten an (jetzt?), welchen nur
noch die Vorwürfe gemacht werden, daß sie vom Anschluß an
Heidelberg pekuniären Nutzen erhofften und daß darunter Leute
seien, die gegebenen Falles nicht stimmberechtigt wären.
Ueber den ersten Vorwurf hat die verehrliche Redaktion der
Heidelb. Ztg. den Herrn Einsender aufgeklärt, daß dies überall
im Leben so sei und daß darin kein Vorwurf läge.
Besten Dank der Redaktion für die freundliche Belehrung des
Einsenders mit dem Bemerken, daß derselbe im weiteren Verlauf
seines Artikels die Opposition durchaus nicht etwa interessenlos,
sondern im Gegentheil sehr interessirt schildert.
Man erwartet bei der Opposition, daß die Stadt Heidelberg
nur kommen soll, damit man mit ihr über unseren Wald, unseren
Bach und unsere Quellen als „Objekte" unterhandeln kann. Es
ist also nicht die Gegnerschaft gegen die Einverleibung, als das
Ueberlegen, wie man am Meisten aus diesen „Objekten" heraus-
schlagen kann, das den Herrn Verfasser beschäftigt.
Der zweite Vorwurf, daß Leute für die Einverleibung seien
! und die Petition unterzeichneten, die kein Recht der Abstimmung in

> Aufschreis, die den Gedanken an ein Debüt vollständig ver-
drängten. Es scheint fast, als weise die reiche Begabung der
! Debütantin sie weit mehr nach dem Hochtragischen, als nach
weicher Lyrik hin. Die verzweifelnde und sterbende Hero haben
wenigstens mit stärkstem Nachdruck für dies ausgesprochen tragische
Talent plaidirt.
In dem lebhaften Beifall und den Hervorrufen lag mehr als
Wohlwollen und Aufmunterung, es sprach die Anerkennung
daraus, daß die Debütantin des reichen Beifalls Werthes
geschenkt.
Den Naukleros hatte Herr Mayring klar und gesund an-
gelegt, vielleicht ließ ihn die noch junge Darstellung etwas zu
gesetzt und vernünftig gerathen.
Leander ist beinahe eine passive Rolle Er hat eigentlich nur
eine lebhaftere Deklamationspassage, die von Herrn Ehrens
lebhaft behandelt wurde. Der Zauber, den Leander zu üben
vermag, muß in dem knabenhaft-jugendlichen Jünglingswesen
liegen. Er muß schon als Bild wirken. Man muß Herr«
Ehrens einen weiteren Spielraum lassen, um über ihn urtheilen
zu können.
Herr Sigl, der gewissenhafte, tüchtige Schauspieler, den man
so gerne wiederkommen sah, gab den Oberpriester. Er verlieh
dem Werk jene Bestimmtheit, jenen kräftigen Nachdruck, wie man
es bei seiner ernsten, verständnißvollen Auffassung gewöhnt ist.
Er sollte es nur vermeiden, oft lange Zeit jenen lauten Kom-
mandoton anzuschlagen, der dann einen viel zu harten und
scharfen Eindruck hervorruft.
Die Regie hatte Grillparzer liebevoll behandelt, die Dar-
stellung abgerundet und würdig gestaltet.
Der scenische Hintergrund muß allmählich eine Auffrischung
erhalten. Die MeereSdekoration mit dem geölten Blitz, der uralte
Tempel werden mit der Zeit unmöglich. Der ist kein Rahmen
zu den Leistungen, die man zu bieten sucht. 8r. 8.

dieser Frage haben, zeugt von einer unrichtigen Auffassung dieser
Bewegung seitens des Herrn Verfassers.
Die Bewegung geht von Ortsbewohnern aus, welche, wenn
auch einige davon nicht Ortsbürger sind, doch das Recht der
freien Meinungsäußerung und das Recht der Petition in einer
so wichtigen Sache an die Behörden haben.
Der Herr Einsender mag sich übrigens beruhigen. Auch wenn
man einige .Ortsfremde" in Abrechnung bringt, ist trotzdem die
große Mehrheit der hiesigen Einwohnerschaft für den Anschluß
Die Frage nach den Ursachen, welche die Bewegung ins
Leben gerufen haben, hat bisher noch Keiner der Widersacher des
Anschlusses gestellt. Unserem Ort ist seit Jahren nichts Besseres
passirt als diese Bewegung, die hoffentlich dem Stillstand in der
Entwickelung der Gemeinde ein Ende bereiten wird.
Zwei oder drei Petroleum-Straßenlampen, die laut Verein-
barung zum Theil von Heidelberg mitbezahlt werden, bilden den
einzigen nachweisbaren Fortschritt seit 3 Jahren.
Soll und kann dies so weiter gehen oder ist es nicht besser,
aus dieser Ruhe endlich einmal herauszukommen?
Daß durch die Anschlußbewegung Unfriede nnd Streit in
unseren Ort eingezogen sein soll, konnten wir bis jetzt nicht
bemerken.
Kleine Zeitung.
— Regensburg, im Oktober. In Folge des schlechten Ge-
schäftsgangs im Zirkus Schumann gerieth dieser in Zah-
lungsschwierigkeiten. Der Hauptgläubiger ließ das Pferde-
material pfänden. Mit Rücksicht auf das Personal werden die
Vorstellungen weiter geführt.
— Hildesheim, 30. Sept. In Sachen der Manöver-
geschichte, die aus der Halberstädter Zeitung in einen großen
Theil der Presse übergegangen ist und wonach der Kaiser ge-
legentlich des letzten Kaisermanövers in Westphalen in der Apo-
theke des auf dem Kamme des Wiehergebirges im Regierungs-
bezirk Minden belegenen Dorfes Bergkirchen einen nächt-
lichen Besuch abgestattet haben sollte, wandte sich die Hildes-
heimer Allgemeine Zeitung an den ihr bekannten Pfarrer zu
Bergkirchen mit der Bitte um eine zutreffende Darstellung des
Vorganges. Sie erhielt heute folgende Schilderung, die auf den
persönlichen Mittheilungen des Apotheker Dr. S'schen Ehepaars
beruht und von der Darstellung der Halberstädter Zeitung
wesentlich abweicht: Es war am 10. September, Morgens früh
etwa 4 Uhr, während die Bewohner des Dorfes Bergkirchen, die
wegen des in sogenannten „engen" Quartieren liegenden Mili-
tärs die Hausthüren während der Nacht offen lassen mußten, im
Schlummer lagen, als der Apotheker Dr. S. plötzlich aufwachte
und Jemand in sein Schlafzimmer eintreten hörte. Herr S.
fuhr den Eindringlmg mit den Worten an: „Das geht mir denn
doch zu weit, sind Sie denn verrückt?" Der so Angeredete war
der Herzog-Regent von Mecklenburg, der Folgendes antwortete:
„Entschuldigen Sie, ich habe angeklopft, aber es wurde nicht
Herein gerufen. Dürfen wir auf Ihren Balkon treten? Uebri-
gens kommt Se. Majestät schon die Treppe herauf." Dr. S-
wandte sich darauf an seine noch im Bette liegende Ehefrau mit
den Worten: „Frau heraus!" Im Nu war die Frau im an-
stoßenden Zimmer, wohin ihr der Mann, der eben noch Zeit
gewann, in die Beinkleider zu schlüpfen- die nothwendigste
Garderobe nachbrachte. Kurz darauf trat der Kaiser mit seinem
Gefolge in das Schlafzimmer, um von da zum Balkon zu ge-
langen. „O'sst la gusrrs, Herr Docior, nehmen Sie es nicht
übel"; sagte er, „den Regenten von Mecklenburg haben Sie aber
freundlich begrüßt, das wußte ich noch gar nicht, daß er verrückt
wäre." Die hohen Herrschaften mögen dann etwa eine Stunde
auf dem Balkon verweilt haben. Von Kaffeetrinken und dergl,
ist keine Rede gewesen. Beim Abschied sagte der Kaiser zu dem
Apotheker: „Gnädige Frau ist Wohl sehr erschrocken. Ich hofft,
mich Ihnen irgendwie erkenntlich zeigen zu können." Einigt
Tage später erhielt Frau Dr. S. aus dem Civilkabinet das Bild
des Kaisers mit der Unterschrift: „Zur freundlichen Erinnerung
an den Ueberfall in der Nacht vom 9. zum 10. September 1898.
4 Uhr. Wilhelm I. 8." >
— Berlin, 30. Sept. An der Abiturienten Prüfung
am Friedrichs-Realgymnasium nahm mit Erlaubniß des Kultus-
ministers auch ein Fräulein Hedwig Levy von auswärts
Theil. Das junge Mädchen, das Mathematik studiren will, hat
das Examen glänzend bestanden. — Dem langjährigen Kammer-
diener des Fürsten Bismarck, Pinnow, ist, wie der Berliner
Lokalanzeiger meldet, vom Kaiser eine Pförtnerstelle im Schlos
Bellevue verliehen worden. Pinnow, der sich gegenwärtig M
Friedrichsruh aufhält, wird diese Stelle anfangs October
antreten
— Dresden, 1. Oktober. Der deutsche Congreß f»r
erziehliche Knabenhandarbeit wurde heute früh unter
sehr zahlreicher Betheiligung aus allen Theilen Deutschlands er-
öffnet. Eine größere Anzahl von Ministerien, Regierungen und
Städten hatten Vertreter entsandt. Ueber die Neubildung des
deutschen Vereins für Knabenhandarbeit, die einstimmige An-
nahme sand, berichtete der Vorsitzende von Schenckendorff. E
heute Nachmittag ist auf Einladung der Stadt ein Ausflug nach
der Bastei in Aussicht genommen.
— Aus Westfale», 28. Septbr. Vom Amtsgericht McndeN
wurde, wie man der Köln. Ztg. berichtet, ein Radfahrer ver-
urtheilt, der vor einiger Zeit sich geweigert hatte, an der
Ruhrbrücke zu Langschede das Brückengeld zu zahlen, und da»
Rad deßhalb über die Brücke getragen hatte. In dem UrtheU
heißt es, daß bei Zahlung des Brückengeldes es nicht darauf aN-
komme, wie das Rad über die Brücke gebracht werde.
— Sitten (Schweiz), 3. Oktober. Der Luftschiffer Spelte-
rini, der das Alpenmassiv von Sitten bis zum Bodensee M»
seinem Luft ballon zu überflieg e n beabsichtigt, ist heim
Vormittag hier aufgestiegen. In seiner Begleitung befinden M
Professor Heim-Zürich, Dr. Maurer vom Meteorologisch^,
Bureau in Zürich, Professor Morel, Professor Dr. Herg e s e l -
Straßburg und Dr. Biedermann aus Rußland. Die Erpe-
dition trägt einen rein wissenschaftlichen Charakter. Der Ballon
ist mit wissenschaftlichen Instrumenten reich ausgestattet. Spe>
terini rechnet auf eine Fahrt von 10 bis 12 Stunden und Hom
bei günstigem Winde im Rheinthal zu landen.

Theater- und Skunst-SLachrirhten. . „
Heidelberg, 4. Octbr. (Stadttheater.) „Pietro Caruso'
das einaktige Drama Roberto Bracco's, ist ein Seelengemm"
erschütterndster Art, voll Lebenswahrheit und Gemüthstttft
Neben Herrn Direktor Heinrich, der in der Titelrolle zum erste»'
male in dieser Saison auftritt, sind Herr Blank und Frl. Kauft
in den Hauptrollen beschäftigt. Herr Blank spielt auch os,
„Heinrich Heine" von Mels. Die anderen ersten Rollen dien
Stückes werden von den Damen Frenzel, Hoheneck, von Taft'
und den Herren Sigl, Steuer, Jensen, Murauer u. s. w- o»
gestellt. Die erste komische Rolle des „Lotteriekollekteurs »n
Hühneraugenoperateurs Hirsch" spielt Herr Direktor Hei»^'
Beide Stücke werden morgen im Stadttheater zur Darstelluir
gelangen. — Die Theaterdirektion hat das Schauspiel
Erbe" von Philippi, das bei seiner vor einigen Tagen im
chener Hoftheater erfolgten Erstaufführung großartigen Erft»
hatte und durch seinen aktuellen Inhalt geradezu Aufsehen erreg '
angekauft und wird dasselbe baldigst zur Aufführung bring»,'
Ebenso wurde das neueste Zugstück des Lessingtheaters „Großmam
erworben und soll gleichfalls in kürzester Zeit in Scene gehe»-.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Mittwo«'
5. Oct.: Zum ersten Male: „Lobetanz". Bühnenspiel in3A»
von Ludwig Thuille. Dichtung von Otto Julius Bierbau
Donnerstag, 6. Oct.: „Mutter Erde".

Handel und Verkehr. ",
Frankfurt, 3. Oct. Effektensocietät. 6'/. Uhr AbeN» -
Oesterr. Creditaktien 300'/,-300 b. Diskonto-Kommandit 1i"-'
 
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