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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0348

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einen Beschluß unterzeichnen, der den Rath am Cassations- '
Hof Morichon zum Vorsitzenden des Pariser Appellhofes
an Stelle Perriers ernennt, der zur Genüge aus dem
Zweiten Zolaprozeß und als Dreyfusgegner bekannt ist.
Morichon gilt als Anhänger Brissons und als Dreyfus-
frennd. Die Dreyfus feindliche Presse hat in Folge dessen
in der letzteren eine heftige Hetze gegen ihn eröffnet, der
gegenüber Brisson jedoch tapfer Stand gehalten hat.
Morichon wird den Vorsitz bei der Wiederaufnahme des
DreyfusprozesseS führen. Im Uebrigen bemerkt die Li-
berte. der Ministerrath habe sich über die wichtigen Fragen
in Betreff Dreyfus' und Picquarts nicht einigen
können. Er sei deßhalb so früh geschlossen worden.
Schweiz. Bern, 4. Oct. Der Bundesrath hat be-
schlossen, weitere sechs Anarchisten auszuweisen.
Asien. Peking, 3. Oct. Dreißig Kosaken und
ebenso viele englische Marinesoldaten treffen heute
hier ein, um die russische, beziehungsweise englische Ge-
sandtschaft zu beschützen.
Afrika. Kairo, 4. Oct. Nach Berichten von Be-
gleitern Kitcheners auf seiner Fahrt nach Faschoda,
die soeben hierher zurückgekehrt sind, hatte der französische
Major Marchand von einer kleinen Insel oder Halbinsel
beiFaschoda Besitz ergriffen. Da Marchand sich weigerte,
sie zn räumen, landete General Kitchener eine Anzahl
seiner Leute und hißte englische und ägyptische Flaggen.
Kitchener stellte Posten hinter der von Marchand besetzten
Insel auf, wodurch diesem der Zugang zum Festlande ab-
geschnitten wurde. Marchand setzte dieser Handlung keinen
Widerstand entgegen.
Prätoria, 4. Oct. Der Staatssekretär Dr. Leyds
meldete seiner Regierung seinen Empfang im Auswärtigen
Amt in Berlin. Es heißt in dem Berichte, er sei hö flich
empfangen worden. Der ihm übermittelte Wunsch des
Kaisers habe sich nicht auf die deutschen Zeitungen und
die angebliche Agitation gegen das deutsch-englische Ueberein-
kommen bezogen.
Zum Kampf zwischen den Gewerbevereinen und dem
Handwerkerbund.
8. 0. Karlsruhe, 3. October. In Bühl kam es gestern
zu einem ähnlichen Zusammenstoß zwischen dem Ge-
werbeverein und dem .Handwerkerbund, wie am
28. September in Karlsruhe. Der dortige Gewerbeverein hatte
den Präsidenten des Landesverbandes, Herrn Hofsattlermeister
Ostertag-Karlsruhe eingeladen, in der gestrigen Sitzung einen
Vortrag über „d ie Entwicklung u. Neuorganisation der
Gewerbevereine und die Stellungnahme zumneuen
H andwerkergesetz" zu halten. Ostertag legte dar, daß bei
Einführung der Gewerbefreiheit die alten Innungen sich größten-
theils auflosten, ohne eine neue, den Zeitverhältnissen angepaßte
Organisation an deren Stelle zu setzen. Die dadurch entstehende
Lücke wurde von bereits bestehenden Gewerbevereinen ausgefüllt,
die den Behörden Informationen über Gewerbe- und Handwerker-
fragen zukommen ließen, durch Ausstellungen den Wettbewerb und
die Leistungen steigerten, Genossenschaftskassen des Schultze-
Delitzsch'schen Systems gründeten und durch theore-
tischen Unterricht, Prüfungen und Prämiirungen für die
Ausbildung der Lehrlinge sorgten. Es hätte noch mehr
geschehen können, wenn nicht die Uukenntniß der
Zeitverhältnisse und der Konkurrenzneid unter den Hand-
werkern selbst, wie er in seinem Amte als Jnnungsmeister er-
fahren habe, hier ein Hinderniß gewesen wären. In gesetzgebe-
rischer Hinsicht haben die Gewerbevereine dadurch vieles ge-
leistet, daß von ihnen die Initiative oder die Förderung der Ge-
setze über den unlauteren Wettbewerb, die Beschränkung der Re-
klame und der Wanderlager, sowie Beschränkung des Haustrwesens
ausging. Auch habe die Einführung einer Organisation, einer
anerkannten Interessenvertretung ähnlich, wie der Handelsstand
sie in der Handelskammer hat, stets eine Förderung erfahren.
Gegen den Berlepsch'schen Entwurf haben sich die Gewerbeveretne
nur deßhalb erklärt, weil er grundsätzlich gegen die Be-
stimmungen der Gewerbefreiheit verstieß. Er selbst
sei von jeher für zwangsweise Einführung der Handwerkerkammer
gewesen. Nachdem ihre Einführung beschlossene Sache sei, hätten
sich die Gewerbevereine um so eher auf den Standpunkt des
Handwerkergesetzes stellen können, als dieses nicht im Widerspruch
steht mit der Gewerbefreiheit. Die Gewerbevereine beanspruchen
der Kammermitglieder für sich, weil dies nach der ganzen
Sachlage eine berechtigte Forderung sei, denn von den 9000 Mit-
gliedern des Verbandes sind 80 Proz. ausübende Handwerker.
Die süddeutschen Regierungen seien so kräftig für die Gewerbe-
vereine eingetreten, weil diese hier viel geleistet haben und hier
im Lande fast keine Innungen bestehen. Die bestehenden haben
nichts geleistet. Die Reorganisation der Gewerbevereine auf der
Grundlage des Gesetzes sei im Werke. Alle angegliederten Fach-
vereine haben durch ihre Obmänner Sitz und Stimme im Vor-
stände der Gewerbevereine; außerdem muß der Vorstand zur
Hälfte aus ausübenden Meistern bestehen. Deren Mehrheit, die
heute schon ziffermäßig in den Vereinen vorhanden ist, sei also
gesichert. Zum Schluffe sprach er sein Bedauern über die Agi-
tation des Handwerkerbundes aus, die dem Handwerk nicht von
Nutzen sein könne.
Der nach Stit und Inhalt glänzende Vortrag erzielte einen
reichen stürmischen Beifall. Unmittelbar nach Beendigung des
Vortrags nahm die Sitzung einen sehr bewegten
Charakter an. Wagenfabrikant Walz-Karlsruhe, der ohne
eingeladen zu sein, dem Landcspräsidenten zur Sitzung des Bühler
Handels- und Gewerbevereins nachgereist war, benützte die Loya-
lität, mit der Vorsitzender Kuen jedem Anwesenden, ob er nun
Vereinsmitglied war oder nicht, das Wort gestattete, um als
erster Diskussionsredner auf den Plan zu treten. Er producirte
eine Reihe von Behauptungen, die von Ostertag schlagfertig
widerlegt wurden. Man darf ohne Uebertretbung sagen, daß
Walz sich eine geradezu klägliche Niederlage geholt hat.
Seine polemischen Bemerkungen gegen die verheerenden Wirkungen
der „liberalen Gewerbesreiheit" führte Ostertag durch den Hin-
weis, daß Walz nur der Gewerbefreiheit sein
Emporkommen verdanke, auf ihren Werth zurück, wie
er auch gegenüber der Behauptung, die Ausstellungen hätten
nichts geleistet, nachwies, daß sowohl das Geschäft des Herrn
Walz wie auch sein eigenes nach den Ausstellungen von 1877
mächtig emporblüthe. Wenn Walz den Befähigungsnachweis
unter der Parole „gleiches Recht für Alle" fordere, so trete er
gegen sich selbst auf, denn er wolle ungleiches Recht, da er die
zünftigen Meister bevorzugen wolle. Ec wies auch nach, was
die Gewerbevereine leisteten, während die Zünftigen schliefen. Dem
Vergleich des Herrn Walz, daß der Staat von seinen Beamten
Examina verlange, von den Handwerkern aber nicht, entgegnete
Herr Ostertag sehr geschickt mit der Bemerkung, wenn im Zu-
kunftsstaat einmal die Handwerker Staatsbeamte seien, könne
der Staat auch Prüfungen verlangen. Heute seien die Verhält-
nisse noch anders. Um es kurz zu sagen: Walz wurde auf der
ganzen Linie von Ostertag geschlagen und dessen Ausführungen
wurden noch durch den Stadlrath Klein-Baden bekräftigt,
der den Nachweis führte, daß im Lande wenig Neigungen für
die Zwangsinnungen bestehen, da diese die Arbeit zu sehr mit
Formalismus belasten und wenig leisten. Es sprachen dann

noch verschiedene Herren. Zum Schluffe gab der Vereinssekretär
Müller noch ein Bild über die Thätigkeit des Bühler Ver-
eins, aus dem hervorgeht, daß dieser in der Lehrlings-
ausbildung, in Ausstellungen, Unterstützung
und Ueberwachung der Lehrbetriebe u. a. Groß-
artiges geleistet hat. Trotzdem der Verein ein Handels- nnd
Gcwerbeverein ist, wurden alle Aufwendungen doch nur für das
Handwerk gemacht. Der siegreiche Verlauf der Versammlung
für die Gewerbevereine schuf die fröhlichste Stimmung unter den
anwesenden Mitgliedern, .die es nicht unterließen, den verdienst-
vollen Führern der Gewerbevereinsbestrebungen, den Herren
Ostertag und Klein, durch begeisterte Hochrufe deu Dank für ihre
erfolgreiche Thätigkeit zu bekunde».

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 5. October.
88 Zur Feier des 4üjährigen Dieustjubiläums der Herren
Musiker Krauste, Goetze, Dietzsch und Schwemer versammelten
sich gestern Abend die Mitglieder des städtischen Orchesters, denen
sich noch eine Anzahl pensionirter Mitglieder, die Herren Musik-
direktor Rosenkranz, Günther, Wolf, Zeise anschlossen, zu einem
gemächlichen Bankett im Weißen Bock dahier. Dasselbe nahm
einen sehr vergnügten Verlauf. Ansprachen hielten die Herren
Kapellmeister Radig, Musikdirektor Rosenkranz und Wollweber.
Daß auch der SO. Wiederholung des Tages gedacht wurde, an
dem Herr Rosenkranz seine Kapellmeisterlaufhahn begann, ver-
letzt sich von selbst.
Vortrag. Ueber den Kaffeegenuß in der Familie
hielt gestern Frl. Schmidt aus Hamburg in dem großen Saale
der Harmonie einen Vortrag. Der Saal bot den eigenartigen
Anblick eines enormen Kaffeekränzchens: der ganze große Raum
war dicht mit sauber gedeckten Tischen besetzt und an diesen
Tischen saßen vor Kaffeetassen Hunderte von Damen, die ge-
kommen waren zu hören und zu kosten, was die Vortragende
ihnen bieten würde. Die Rednerin erzählte zunächst historisch,
wie sich der Kaffeegenuß allmählich von Abesshnien und Arabien
aus verbreitet hat. Für die Länder deutscher Zunge ist die Be-
lagerung von Wien durch die Türken im Jahre 1683 in Bezug
auf den Kaffeegenuß bedeutsam geworden. In dem Lager der
abziehenden Türken fand man große Kaffeemengen. Ein Pole,
dem dieser Kaffee für geleistete Kundschafterdienste geschenkt wurde,
errichtete damit in Wien das erste Kaffeehaus. Heute bezieht
Deutschland für mehr als 200 Millionen Mark jährlich Kaffee
aus dem Ausland. Das ist eine große Ausgabe für das Volk
bis auf die einzelnen Familien heratz. Da nun der Kaffee zu-
dem der Gesundheit nicht förderlich ist, vielmehr, regelmäßig und
gar noch in starkem Auszug genossen, schädlich wirkt, so hat man
schon lange nach Ersatzmitteln gesucht. Die Rednerin empfahl
eine Mischung von Bohnenkaffee mit Kathreiners Malzkaffee.
Während die Kaffeebohnen einen starken Koffelngehalt haben, ist
das Fleisch, das die Bohnen umgibt, daran sehr arm. Von
diesem Fleisch der Kaffeebohnen, das bis vor einigen Jahren keine
Verwendung fand, läßt nun die Firma Kathreiner die Essenz
herausziehen und mit dieser Essenz imprägnirt sie ihren Malz-
kaffee, der dadurch einen wirklichen Kaffeegeschmack bekommt. Bei
der Zubereitung von Kaffee wird Kathreiners Malzkaffee ge-
mahlen und mit dem kalten Wasser beigesetzt. Rian läßt ihn
2—3 Minuten kochen und schüttet dann in der üblichen Weise
den Bohnenkaffee hinzu oder gießt das Wasser über den Bohnen-
kaffee. Am besten fängt man zunächst mit halb und halb an
und rechnet auf den Liter Wasser je 30 Gramm Malzkaffee und
30 Gramm Bohnenkaffee. Allmählich kann man dann von
ersterem 40 und von dem anderen 20 Gramm nehmen. In dieser
Zusammensetzung war der Kaffee bereitet, der nach Schluß des
Vortrags servirt wurde und der in der That einen sehr an-
genehmen reinen Geschmack hatte.
** Unterrichtskurse. Der Arbeiterbildungsverein beabsichtigt
auch in diewm Winter Unterrichtskurse in Buchführung, Rechnen,
Schönschreiben u. s. w. für seine Mitglieder zu eröffnen. Die
hiesigen Handwerksmeister dürften wohl Veranlassung nehmen,
ihre Gehilfen auf den Besuch diese Kurse, worüber eine Bekannt-
machung in der heutigen Nr. d. Bl. Näheres angibt, aufmerksam
zu machen bezw. sie zum Eintritt in den Verein aufznfordern
und zwar umsomehr, als die Unterrichtsstunden unentgeltlich und
Abends von 9—10 Uhr erthetlt werden. Der Verein verdient
für diese Veranstaltung alle Anerkennung.
** Die Kanalisationsarbeiten in dem Handschuhsheimer Theil
der Bergstraße sind am Montag in Angriff genommen worden
und werden in etwa 14 Tagen beendet sein. Alsdann werden
die Straßenherstellungsarbeiten beginnen.
— Polizeibericht. Ein Taglöhner wurde wegen Bettelns
und Landstreicherei verhaftet.
Mosbach, 4. Oct. Die Bad. Neckarzig. schreibt: Es dürfte
wohl von allgemeinem Interesse sein, zu erfahren, daß unser
alter hochverehrter Ehrenbürger. Herr Mcdizinalrath Dr.
Würth, der so viele Jahre hier gewirkt, in Freiburg in den
letzten Tagen sein 70 jähriges Doctorjubiläum ge-
feiert hat. Der hiesige Gemeinderath hat ihm seine Glück-
wünsche dargedracht und ist hellte hocherfreut worden durch
einen überraschend schön, wie von jugendlicher Hand ge-
schriebenen Brief des Jubilars, welcher von einer rührenden
Anhänglichkeit an Mosvach, seinem früheren Wirkungskreise,
zeugt.
— Weinheim, 4. Oct. Beinahe allenthalben ist Heuer das
Kernobst sehr rar und trotzdem ist dasselbe wider Erwarten
unter diesen Umständen nicht gerade zu theucr, woran freilich
allein die günstigen Verkehrsverhältnisse schuld sind. Zwei unter-
nehmende hiesige Kaufleute bezogen sehr schöne Aepfel aus der
Bodenseegegend, zusammen 400Centner, und hatten nach einigen
Tagen dasselbe sämmtlich abgesetzt, per Centner zu 9 Mk. Das
vom nahen Odenwald hierher gelieferte, im Ganzen aber wenig,
wird theurer, zu 10—12 Mk., verkauft. Kelterobst von Stockach
kommt in den nächsten Tagen, ebenfalls einige Eisenbahnwaggons
voll, hier an. — Für die Tr au b en le s e wird dieses Jahr kein
besonderer Herbsttag bestimmt, Jeder holt das Wenige, wann es
ihm beliebt. So haben gestern und heute verschiedene Winzer
den ganz geringen Ertrag schwarzer Trauben gesammelt. Es
erweist sich der diesjährige Jahrgang somit wohl als einer der
schlechtesten des ganzen Jahrhunderts. — Vor einigen Tagen
wurde Rechtsagent Stumpf von hier, vor einigen Jahren von
Mannheim hierhergekommen, wegen Unterschlagung von Mündel-
geldern u. s. w., wie erzählt wird, verhaftet und in das Amts-
gefängniß eingeliefert. Obgleich derselbe jährlich S—6000 Mk.
verdient haben soll, hat's doch nicht gereicht. — Eine hiesige
Bürgersfrau wurde letzten Samstag auf dem Wege zum Markt
vom Genickkrampf befallen, wahrscheinlich in Folge einer
zu schweren Tragjast; man brachte sie in die nächste Be-
hausung — Kleinktnderschule—, woselbst sie bald darauf verschied.
*»* Weinheim, 5. Octbr. Das hiesige Wilhelmsbad ist im
Laufe des Sommers durch einen imposanten Neubau bedeutend
vergrößert worden. Die Anstalt erfreut sich denn auch, trotz der
vorgeschrittenen Jahreszeit, fortgesetzt starker Frequenz. Zur Zeit
sind nicht nur Kranke aus benachbarten und entfernteren Städten,
sondern auch die Wasserkur gebrauchenden Patienten aus Amerika
anwesend.
8. 0. Karlsruhe, 4. October. Der um 6 Uhr 1 Min. fällige
Zug der Albthalbahn blieb bei der Brücke des neuen
Rangirbabnhofes plötzlich stehen. Alles sprang aus den Wagen,
ein Unglück vermuthcnd. Jndeß war dem Lokomottvle nur der
Dampf ausgegangen. Die meisten Passagiere legten
daraufhin den Rest des Weges nach der Stadt zu Fuß zurück.
Pforzheim, 3. Oct. Dem Vernehme» nach soll der ver-
haftete Reichsbankvorstand Heyrich die 5000 Mk. sich noch nach
Uebergabe der Kaffe an seinen Stellvertreter angeeignet haben,
der gekommen war, um den Vorstand während seines Urlaubs
abzulösen. Durch Umfragen bei den am Kassenvcrkehr betheiligten
Firmen soll sich dann ergeben haben, daß H. an demselben Tage

an einer Stelle 4000 Mk. Schulden auf einmal bezahlte, und sonnt
habe sich dann die Spur von selbst ergeben. H. ist verheiratet
und Vater von sechs Kindern. Börsenspekulationen und über-
mäßiger Aufwand sollen ihn in Bedrängniß gebracht haben. Man
pricht auch von einer großen Schuldenlast, die ihm im Laufe der
Jahre erwachsen sei. — In der gleichen Angelegenseu
wird berichtet: Die Unterschlagung des Vorstehers
der hiesigen Reichsbank - Nebenstelle beläuft sich nach zu-
verlässiger Information der Franks. Ztg- auf nur 5000 wo-
ür das Institut durch die 20 000 „/L betragende Kaution gedeckt
ist. Dagegen sind an Baar-Schulden des verhafteten Vorstehers
Heyrich bis jetzt 33000 konstatirt, darunter 22000
Schulden bei drei hiesigen Bankiers und einem hiesigen Bank-
institut, sowie 3 bis 4000 die H. sich bei seinem Kassen-
diener geliehen hat. H. scheint die Gelder in seinem Haushalt
verbraucht zu haben.
6 Kehl, 4. Oct. Unter Anwendung der elektrische"
Leitung unserer Straßenbahnen wurde ein Versuch gemacht,
mit den Wagen Lokalbahn Kehl-Bühl direkt nach StraßburgS"
uhren. Doch kamen dadurch mancherlei Verspätungen und sonstige
Unannehmlichkeiten vor, daß am 1. d. Mts. an die Züge genannter
Bahn nur bis zum Staatsbahnhof geführt werden, wo dn
Reisenden umsteigen müssen und mit den bereitstehenden Wage"
der elektrischen Bahn weiter befördert werden. Auch jene der
Lokalbahn Kehl-Altenheim fahren nicht mehr direkt durch.
Müllheim, 3. Oct. Dec allgemein bekannte und bestrenoM-
mirte Gasthof „zur Post" wurde dem Oberrh. Anz. Z"
Folge, von seinem seitherigen Inhaber Herrn I. G. Grether a"
Herrn Wilhelm Häusler, bisher Wirth im Ganterbräu in Fre"
bürg, zum Preise von 98000 Mark mit kleinem Nebengebäude
verkauft. — Aus Badenweiler verlautet, daß das Hotel
Sommer an Herrn Otto Bieringer von Triberg, z. Zt. Hotel'
direktor in Bonn a. Rh., verkauft wurde.
Niedereggenen (A. Müllheim), 3. Oct. Im Chor der hie-
sigen Kirche hat man unlängst Fr e s k e n bloßgelegt, die da»
Jnteresse der Kunstkenner erregen. Es handelt sich um elf Ge-
mälde: nämlich ein langgestrecktes in einem Gewölbefeld """
um zehn gleich große Gemälde, je zwei zusammengehörig, zwischs"
den das Gewölbe tragenden Rippen. Dargestellt sind religiös
Szenen und Figuren und zwar sind die Fresken im Großen """
Ganzen gut erhalten. Nach dem Urtheil des Konservators der
kirchlichen Alterthümer, des Geh. Hofraths Herrn Professor D"
Kraus von Freiburg, stammt die Malerei aus dem IS. Jahr'
hundert und ist zu den werthvollsten alten Kunstschätzen zu zähle"'
die unser badisches Land aufzuweisen hat. ,
Lörrach, 4. Oct. Abermals ist von einem Eisenbah
Unglück zu berichten. Auf dem Vieruhrzuge beugte sich
der Haagener Wiesenbrücke ein Passagier zu weit zum Coupe-'
fenster heraus, erhielt am Kopfe eine schwere Verletz"".-
und wurde hier ins Spital gebracht. Der Verunglückte ist e'"
22jähriger Wirthssohn aus tlntereggenen Namens Ludwig Net"
Noch gestern Abend lebte er, auf's sorgsamste durch den H°Ä
Spitalarzt verbunden und behandelt, doch erlag er in der Na«
der schweren Verletzung.
Aus dem bad. Oberland, 3. Oct. Gestern fand in Deges"""
bei Schopfheim eine Versammlung statt, welche sich mit eine"
Bahnprojekt Schopfheim-Tegernau-Belchen befaßte,
Schopfheim wohnten derselben Oberamtmann v. Grimm ""
Bürgermeister Fentzling an. Die technische Seite erörterte 0"
genieur Meyer von Freiburg, die finanzielle Bankier Buissou
da. Die Bahn ist normalspurig geplant und würde sich a"?
von Staufen auf den Belchen zu erbauende Bahn anschlieve"'
so daß hierdurch eine direkte Verbindung zwischen dem lsi"!.
Wiesenthal und der Hauptbahn bei Krozingen hergestellt wär-l
Aus Baden. In Karlsruhe ist am 30. d. nach läng^
Leiden Stadtrath August Ruh, Mitbegründer und Theilb""
der bekannten Nähmaschinen,- Ofen- und Gaskocherfabrik I""
L Ruh, gestorben. -
8. 0. Konstanz, 3. October. Die Generalversammlung
Pestalozziveretns war von über 300 Lehrern aus "jff.
Theilen Badens besucht. Den Vorsitz führte Gewerbeschule,
Maier-Konstanz. Nach dem von Direktor Steiger erstatt^
Rechenschaftsbericht beträgt jetzt die Mitgliederzahl 2812,
mehr als vor 3 Jahren). Im letzten Jahr starben 49 Mitglied '
deren Erben 56007 Mk. Benefizien zukamen. Seit 1846 wE -
in 1276 Fällen 1057254 Mk. an Benefizien ausbezahlt.
Reinvermögen des Vereins belief sich Ende 1897 auf 71507" <
(32518 mehr als im Vorjahr). Zum Vereinsdirektor
lt. Bad. Ldsztg. Herr Steiger einmüthig wiedergewählt.
die nächste Generalversammlung (1901) lagen Einladunge"
Städte Ettlingen uno Schwetzingen vor. Die E"" st,
düng über den Versammlungsort wird von der Centralverl"
tung getroffen. --

Eingesandt.
Heidelberg, 3. Oct. Anläßlich eines gestern wieder er""
Falles, da neuerdings ein Pferd infolge der schlechten PflE ^S
der Semmelsgasse stürzte (es ist dies in kurzer Ze"
dritte Mal, daß ich solches in dieser Gasse persönlich er».
gestatte ich mir, die städtische Baubehörde zunächst auf "ff h.
Wege darauf hinzuweisen, daß hier schleunige Besserung,
ein Umpflastern, dringend geboten ist. Das Pflaster dieser
weist, außer den merklichen Unebenheiten, hauptsächlich
Uebelstand auf, daß es, anstatt mit xauhen, kleineren
hergestellt zu sein, worauf die Pferdehufe besser zu
mögen, zumeist mit ganz großen, harten Porphyren
ist, die durch den Gebrauch so spiegelglatt potirt sind, dav
die rauhe Ledersohle darauf haftet, geschweige denn ein S'
abgelaufenes Pferdeeisen. Die Semmelsgasse zählt, "s""- hii
da, wo sie in die Hirschstraße einmündet, mit zu den ste»"*
Stadt, und sollte gerade an dieser Stelle der Pflaster""^,!
Auswahl des Materials ganz besondere Sorgfalt g°7,-, p
werden. (Wie ich solches z. B. an der Schiffgasse, wo o"^ß
die Hauptstraße einmündet, beobachtet habe.) Ich gl""ff ' M
es keinen Fuhrmann in der Stadt gibt, der diese Steuc
jedesmal mit gewissem Angstgefühl für das GutdurE'
seiner Pferde passirt, und sicherlich handle ich im Einoerst"',^,-
aller Pferdebesitzer, die oft genug in der Woche diese"
lichen Buckel befahren müssen, wenn ich an maßgebender^
um Verbesserung wenigstens dieses Theiles des Straße»"'^,
nachsuche. _—
Lheatee- und «.'unst-Nactzrichttn.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationalthealer.)
tag, 6. Oct.: „Mutter Erde"._ _
Handel und Verkehr.
Mannheim, 4. October. (Aktien.) Rheinische Cre° ^.
143 B. 142.50 G. Rheinische Hypothekenbank 169 G.
Bank 125.20 G. Heidelberger Akttenbrauerei 137.— B.
sche Brauerei-Aktien 138.— B. Portland-Cementwerk He
167.50 G.
Frankfurt, 4. Oct. Effektensocietät. 6 c»
Oesterr. Creditaktien 298V.-297V- b. Diskonto-KoM
196.10—195.80 b. Nationalbank für Deutschland 145 b. .AzSs
Handelsgesellschaft 165.20-165 b. Darmstädter Baitt
Deutsche Bank 200.10—199.70 b. Mitteldeutsche O-rc F
118.80 b. G. Banque Ottomane 109.20 B. 10 G.
Bank alte 116.20 b. Dresdener Bank 160 b. ult.,
compt. Oesterr.-Ungar.Staatshahn 296 b. Lombarden
b. Northern 76.30 b. 3vCt. Portugiesen 24.70 W M
42.70 b. 4pCt. Serb. Goldrente 58.60 b. G. GE gg»
188.70 b. Harpener 173.80 B. 70 G. Bochumer
Oberschles. Eisen 153.90 b. G. Sürther Maschinenfavr»
b. G. Gotthard-Aktien 141.L0 b. Schweizer Central i
Schweizer Nordost 105.10 b. Schweizer Union 77.30
Simplon 89.80 b.
6-/.-6V, Uhr:
 
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