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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0386

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Es waren 185 Teilnehmer zugegen, darunter 110 Dele- c
girte. Liebermann v. Sonnenberg führte den Vorsitz. /
Beim Rechenschaftsbericht legte Zimmermann-Dresden die
Stellungnahme der Partei zu der Flottenvorlage dar; die
drei Fraktionsmitglieder, welche gegen die Vorlage
stimmten, hätten sich von wirthschaftlichen Bedenken leiten
lassen, nach den Erklärungen Werners hätten sie sich vor-
her in Volksversammlungen gebunden. Bei den bevor-
stehenden preußischen Landtagswahlen erklärte Werner, daß
er im Wahlkreis Rotenburg-Hersfeld und Liebermann in
Ziegenhain-Homberg Aussicht habe, gewählt zu werden.
Es wird beschlossen, bei den preußischen Landtagswahlen
überall da, wo nicht eigene Kandidaten aufgestellt sind,
oder ein Ausgleich für die Unterstützung gewährt wird,
strengstens Wahlenthaltung zu üben. In Zukunft soll
alles vermieden werden, was ein Zusammengehen mit der
christlich-sozialen Partei erschwert.
Baden. 8.6. Karlsruhe, 13. Oct. Die Bitte der M an ri-
tz e im er Handelskammer um ausnahmsweise Ermäßigung
der Eisenbahntarife für Obstsendungen aus der badi-
schen Seegegend innerhalb Badens wurde von der Gr. General-
direktion abschlägig beschicken, da eine Beschränkung eines
solchen Tarifs auf Obst badischen Ursprungs nicht möglich sei.
Die Frachtermäßigung müsse auch im Interesse der badischen
Landwirthschaft abgelehnt werden, weil die badischen Obst-
produzenten in guten wie in mittleren Jahren auf den Absatz
nach auswärts angewiesen seien, und hierbei zu befürchten stehe,
daß auch außerbadische Obstproduzenten sich den Tarif alsbald
zu Nutzen machen. In der Begründung des ablehnenden Be-
scheids wurde darauf hingewiefen, daß die ständige Tarif-
kommission schon öfters, zuletzt im Jahre 1891, die allgemeine
Detarifirung von frischem Obst abgelehnt hat.
Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Groß!) erzog haben dem
Kammermusikus Julius Vater und dem Hofmusikus Friedrich
Richter am Großh. Hsftheater in Karlsruhe das Verdienstkreuz
vom Zähringer Löwen und dem Operninspizienten Wilhelm
Dickgießer daselbst die silberne Verdienstmedaille verliehen.
Karlsruhe, 13. Oct. Der Großherzogreiste in
Potsdam Dienstag Abend ^11 Uhr ab und kam gestern
früh 8'/r Uhr nach Camenz. Um 10 Uhr wohnte der-
selbe der Beisetzungsfeier in der dortigen Kirche an. Die
Abreise von Camenz erfolgte 12 Uhr 21 Min., die An-
kunft in Berlin, nach kurzem Aufenthalt in Breslau,
Abends 8 Uhr 50 Min. Seine Königliche Hoheit ist im
Königlichen Schlosse abgestiegen. Heute empfing der Groß-
herzog zahlreiche Personen und machte mehrere Besuche.
Die Rückreise wird Seine Königliche Hoheit heute Abend
antreten.

Ausland
Frankreich. Paris, 13. Oct. Dem Matin zufolge
sei es entschieden, daß die Anklage wegen Fälschung
gegen Piquart fallen gelassen und nur die wegen
Gebrauch gefälschten Papiers aufrecht erhalten
werde.
Paris, 13. Oct. Wie es heißt, hat der Cassations-
rath Bard den Advokaten Mornard, der von Frau
Dreyfus beauftragt ist, sich an der Revisionsverhandlung
als ihr Rechtsbeistand zu betheiligen, ermächtigt, die Drey-
fusakten einzusehen.
Paris, 13. Oct. Der Temps erklärt, Marchand sei
nach Faschoda gegangen, nicht um neue Gebiet- zu durch-
forschen, diese seien schon erforscht, sondern um zur poli-
tischen Kenntniß des Nil-Thales beizutragen. Wo die
Diplomatie noch alles zu thun habe, könne weder von
einem Angriff noch von einer Drohung die Rede sein.
(Das sicht sehr nach einem Rückzug aus. D. R.)
Paris, 13. Octbr. Die Wiederaufnahme der
Arbeit trat heute früh sehr deutlich in die Erscheinung.
Trotzdem bleiben die Truppen zum Schutz der Arbeitenden
bereit. In der Arbeiterbörse fanden heute Vormittag einige
Versammlungen statt, doch war die Zahl der Theilnehmer
bedeutend geringer als in den letzten Tagen. Der Aus-
stand der Erdarbeiter kann als beendet angesehen
werden.
Paris, 12. Oct. Vor einigen Tagen lief das Ge-
rücht um, der bonapartistische Thronanwärler Victor Na-
poleon sei zu Gunsten seines jüngeren Bruders, des als
Ulanenoberst in russischen Diensten stehenden Prinzen Louis
Bonaparte, zurückgetreten und habe ihm alle „Rechte auf
den französischen Thron" überlassen. Man behauptet sogar,
es stehe eine wahre Palastrevolution bevor, die den Zweck
habe, den „rechtmäßigen" Kaiser zu „entthronen" und den
Bruder an seine Stelle zu setzen. Nun erfährt man aber,
daß an diesen bösen Gerüchten kein wahres Wort ist.
Der Petit Caporal Hal den Prinzen Louis bei Gelegenheit
seines neulichen Aufenthalts in der französischen Hauptstadt
befragt, und der russische Oberst hat darauf wörtlich ge-
antwortet: „Lassen Sie nur, Frankreich weiß sehr gut,
daß es keinen Orleans in der Familie Bonaparte giebt!"
Das hört sich fast wie ein geflügeltes Wort an oder doch
wie eins, dem einmal die Flügel wachsen könnten, aber
sonderlich schmeichelhaft ist eS für die „Concurrenzfirma"
nicht.
Italien. Rom, 13. Oct. Der Papst empfing heute
den Bischof Kor um von Trier.
Afrika. Kapstadt, 13. Oct. In Folge eines von
der Kammer beschlossenen Mißtrauensvotums gab das Mi-
nisterium Springg seine Entlassung, die der Gouverneur
annahm. Die letzten Wahlen waren für das Ministerium
nicht günstig ausgefallen. Wohl wurde von der englischen
Partei mit allen Mitteln versucht, einen Theil der Ab-
geordneten holländischer Abstammung einzuschüchtern. Allein
das gelang nicht. Bei der Einbringung eines neuen
Wahlgesetzes, das die Städte und damit die engl. Partei
begünstigt hätte, erhielt die Regierung ein entschiedenes
Mißtrauensvotum, so daß sie abdankte. Das ist eine
Niederlage des Herrn Cecil Rhodes und seiner Politik.
Kapstadt, 13. Oct. Wie der Times von hier ge-
meldet wird, werden die Nachrichten, daß Soldaten in
Deutsch-Südwestafrika im Kampfe mit den Eingeborenen

gefallen seien, für unrichtig erklärt. Die Soldaten '
waren an Zahl zu schwach, um einen Angriff auszufüh-
ren. Die Eingeborenen werden, wenn die deutschen Trup-
pen Verstärkungen erhalten, wahrscheinlich eine feste Stel-
lung einnehmen.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 11. October.
ff Der Circus Lorch übte auch gestern eine starke Anziehungs-
kraft aus. Die sehr zahlreich erschienenen Zuschauer waren von
den künstlerischen Darbietungen aufs beste befriedigt und gaben
dies durch vielfachen reichen Beifall kund.
X Der Würzburger Salonhumorist Weigand tritt heute
im „Prinz Max" hier auf. Wie man hört, versteht derselbe das
Publikum gut zu unterhalten, sodaß ein Besuch keiner Vorstel-
lungen empfohlen werden kann.
** Von der Garnison. Heute rückten die Rekruten ein.
lll Schöffengerichtsfitzung vom 13. Octbr. 1) Karl Georg
Eberle, z. Zt. in Haft, erhielt wegen Unterschlagung 10 Tage
Gefängniß. 2) Die Verhandlung gegen Kaufmann Moritz Würz-
burger in Mannheim wegen Beleidigung wurde vertagt, desgl.
3) diejenige gegen Schreiner Ludwig Jungmann hier wegen
Körperverletzung. 4) Metalldreher Karl Josef Pfisterer in Eppel-
heim erhielt wegen Körperverletzung 2 Wochen Gefängniß,
5) Kaufmann Johann Peter Bach in Eppelheim wegen Jagd-
vergehens eine Geldstrafe von 5 6) Schlosser Hermann
Baumbusch, Schlosser Karl Hch. Theobald Schweikardt, Schlosser
Jakob Eder und Schlosser Hermann Kühn, alle in Heidelberg,
sind wegen Körperverletzung angeklagt; Baumbusch und Schweikardt
erhielten je 1 Woche Gefängniß, Eder erhielt 12 Tage Gefängniß,
Kühn wurde freigesprochen. 7) Wegen Widerstands erhielten
Maurer Johann Georg Weigel hier 3 Tage Haft und 3 Wochen
Gefängniß, Taglöhner Karl Sutter hier 1 Woche Gefängniß,
8) Richard Ritsche erhielt wegen Betrugs 4 Tage Gefängniß.
— Polizeibericht. Ein junger Mann kam wegen Abbrennens
von Feuerwerkskörpern zur Anzeige, vier weitere, die an der
Universitätsbibliothek und an der Turnhalle Fensterscheiben einge-
schlagen haben, wegen Unfugs und Sachbeschädigung. Ein
Metzgerbursche wurde wegen groben Unfugs und Widerstands
verhaftet, sowie ein Hausirer, der ohne Wanderschein hausirte,
wegen Uebe-tretung der Gewerbeordnung.
8. öi. Eberbach, 13. Oct. Unsere Brückenfrage ist nun-
mehr in ein neues Stadium getreten. Dieser Tage weilten die
Herren Oberbauoirektor Honsel aus Karlsruhe und Oberbaurach
Fieser aus Mannheim hier, um mit den maßgebenden hiesigen
Persönlichkeiten die bis jetzt in Frage kommenden beiden Plätze
für die Brücke einer Prüfung zu unterziehen. Nach Ansicht der
beiden Fachleute sind beide Plätze für die Brücke geeignet; bei
beiden sind Schwierigkeiten zu überwinden, doch können dieselben
mit mehr oder weniger Kosten überwunden werden. Sache der
hiesigen maßgebenden Kreise wird es nun sein, das Für und
Wider zu erwägen und eine für unsere Stadt sowie für die
umliegenden Ortschaften befriedigende Lösung zu finden.
-s Mannheim, 12. Oct. Der Stadtrath hat dem Bürger-
ausschusse für dessen nächsten Dienstag statlfindende Sitzung eine
größere Anzahl Vorlagen unterbreitet. Er beantragt n. A. ge-
mäß den Vorschlägen des Jutenoanten dem hiesigen Hof-
theater für das Spieljahr 1898/99 einen außerordentlichen
Zuschuß von 121400 Mk., die gleiche Summe wie im verflosse-
nen Jahre 1897/98 zu bewilligen. Der Intendant hat in seinem
Budget die Ausgaben des Theaters auf 571500 Mk. normirt,
denen an eigenen Einnahmen nur 450100 Mk. gegenüberstehen,
somit eine Unzulänglichkeit von 121400 Mk. Die Abonnements-
einnahmen sind erfreulicherweise in fortwährendem Steigen be-
griffen, trotzdem noch immer eine größere Anzahl Logenplätze
nicht abonniit sind.
-j-Mannheim, 13. Oct. (Schwurgericht.)
12. Fall. Ein Verbrechen der versuchten Nothzucht lag dem
24 Jahre alten Schueidergesellen Johann Valentin Walter
von Waldmichelbach zur Last. Der Angeklagte hatte in der
Nacht zum 23. Aug. d. I. in Heidelberg die Aushilfskellnerin
Crescentia Hofmann nach ihrer in der Klingenteichstraße ge-
legenen Wohnung begleitet und unterwegs einen Vergewaltigungs-
versuch unternommen. Der Angeklagte wurde unter Zubilligung
mildernder Umstände zu 5 Monaten Gefängniß verurtheilt.
13. Fall. Der 20 Jahre alte Schmied August Butsch von
Wurmlingen verlegte sich, nachdem er schon zweimal mit dem
Gesetz in Konflikt gekommen, aufs Falfchmünzen. Er legte ein
20-Pfennigstück aus Nickel zwischen zwei Platten aus Kom-
pofitionSmetall, wie es in der Werkstätte des Mechanikers August
Fay in Diedesheim, wo er arbeitete, zum Ausgießen von Lagern
verwendet wurde, preßte die Platten zusammen und erzielte so
eine Matritze, in welche er kleine Scheiben aus Zink und Blei
einpreßte, bis sie das Stempelbild annahmen. Diese Münzen
feilte er am Rande glatt, und das Falsifikat war fertig. Auf
dieselbe Art stellte er auch ein Einmarkstück her. Die Münzen,
zum Theil scheußlich schlecht und kaum als Münzen erkennbar,
waren auf den ersten Blick als falsch zu erkennen. Nichtsdesto-
weniger suchte sie Butsch in Verkehr zu bringen, was ihm auch
unter Benützung der Dämmerung und des Verkehrs in Wirth-
schaften in vereinzelten Fällen gelang. Der Angeklagte suchte
sich heute mit der Ausrede zu entschuldigen, er habe die Münzen
nur hergestellt, um daraus eine Uhrkette auzufertigen. Die Ge-
schworenen erklärten ihn des Müuzverbrechens schuldig und be-
jahten die Frage der mildernden Umstände. Das Gericht erkannte
auf 3 Monate Gefängniß abzüglich 1 Monat Untersuchungshaft.
14) Am Abend des 1. Febr. d. I. brannte zwischen 10 und
11 Uhr die Scheune des Landwirths Peter Läufer in Reilingen
vollständig nieder. Der Gebäudeschaden betrug 2600 ^L, der
Schaden an landwirthschafilichen Vorrätheu 1500 Man ver-
muthete sofort Brandstiftung, aber erst im September gestand der
Nachbar der Brandbeschädigten, der 25 Jahre alte Schreiner
Martin Bauer seinem Schwager, dem Versicherungsinspektor
Frey, zu, er habe dem Läufer die Scheuer angebrannt. Er habe
keine Ruhe mehr und wolle es sagen. Er äußerte weiter, er
werde noch dem Schuppe! und dem Sauer ihre Scheunen an-
stecken oder ihre Trauben abschneiden. Dem Schwager wnrde
es unheimlich bei diesen Drohungen und er zeigte Bauer an.
Derselbe wurde verhaftet und legte auch vor dem Amtsgericht
Schwetzingen ein umfassendes Geständniß ab. Er gab an, daß
er im Winter 1897 ar. der Kopfrose krank gewesen sei und seit
der Zeit „mit dem Kopf" zu thun habe. Er wisse manchmal
nicht, was er thue. Er sei am kritischen Abend im Wirthshaus
„zum Engel" gewesen. Als er heimgekommen, habe er starke
Kopfschmerzen verspürt und sich im Hofe niedergelegt. Da sei
ihm der Gedanke gekommen, die Scheuer des Läufer in Brand
zu stecken. An der nach dem Hof des Schwiegervaters von Bauer
gerichteten Seite war die Wand der Läuser'schen Scheuer etwas
schadhaft und zeigte im Fachwerk Lücken. Durch diese habe er
einige Streichhölzer geworfen und habe sich dann in sein Haus
begeben. Als Feuerlärm entstand, habe er sich nicht einmal
gleich erinnert, daß er den Brand gelegt habe. Der Angeklagte
suchte heute sein Geständniß zu korrigiren. Er behauptete, er
sei durch den Zaun geschlüpft und habe wegen eines Geräusches
in die Läuser'sche Scheuer hineingelcuchtet und dabei sei ihm
ein Streichholz wohl entfallen. Da die Vertheidigung Bauers
geistige Abnormität geltend machte, so war Herr Bez.-Arzt Dr.
Greiff geladen, um über die Geistesverfassung des Angeklagten
ein Gutachten abzugebcn. Derselbe sagte aus, daß der Ange-
klagte zwar geistig etwas beschränkt, aber doch nicht unzurech-
nungsfähig sei. Als Motiv der Thal des Angeklagten wird an-
gegeben, daß dieser hoffte, das Feuer werde auf das Anwesen
seines Schwiegervaters übergreifen und dasselbe einäschern. Mit
einem Theil der Versicherungssumme wollte der Angeklagte sich
eine Werkstatt bauen. Der Angeklagte, dem mildernde Umstände
zugebilligt wurden, erhielt 2 Jahre Gefängniß, auch wurden

Vermischtes. <
— (Zehn Gebote, um mit den Hausbewohucft
in Frieden zu leben!) 1. Man sei stets nachgiebig»'
nachsichtig. — 2- Man begrüße sich stets freundlich und M

ihm die bürgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre abgesproche«-
Damit schloß die Session. ,,,
Bruchsal, 12. Octbr. Zu einer wahrhaft imposanten KUM
gebung gestaltete sich die gestrige A b s ch i e d s f e i e r für Heil
Ministerialrath Straub, zu welcher die Freunde und Verehrer
des Scheidenden aus allen Kreisen der Bevölkerung und au
allen Parteien in so großer Anzahl herbeigeströmt waren, da»
der große, ans diesem Anlaß festlich und sinnig geschwuai
Fortunasaal die Theilnehmer bei weitem nicht zu fassen ver-
mochte. Insbesondere verdient es Erwähnung, daß die Landori
des Bezirks zu der Festversammlung ein so starkes Continge»
gestellt hatten, wie man es bei dem ungünstigen regnens»^
Wetter kaum erwartet hätte, ein Beweis, daß es all den irr-
schienenen Herzenssache war, dem langjährigen verehrten Ann-'
Vorstand bei seinem Scheiden ihre Sympathie zu bekunden.
Karlsruhe, 13. Oct. Vorbehaltlich mündlicher Begründung
sowie unter Hinweisung auf das Gutachten der Herren: L>ver-
baurath Professor Baumeister. Generaldirektor v. Ebermayer u»
Civilingenieur Gleim vom 25. v- M. beantragt der Stau ¬
rath, cs wolle sich der B üi g e ra ns s ch u ß damit einversta»'
den erklären, daß der Stadtrath bei Großh. Ministerium de-
Großh. Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten NanttN
der Stadtgemeinde für Vie Lösung der hiesigen Bahnhofsftag
durch Höherlegung des Bahnhofs sich ausspricht.
8. 0. Karlsruhe, 12. Oct. In verflossener Nacht legte M
der 19 Jahre alte Arbeiter Karl Maier aus Ellmendingen am
das Bahngeleise in der Nähe der Station Beiertheim, so d"d
ihm von dem daherbrausenden Zuge der Kopf vollständig U?
Rumpfe getrennt wurde. Der Selbstmörder wurde tu die h>eB
Leichenballe verbracht. ...
8. X. Karlsruhe. 13. Oct. Vom Ministerium wird die Ne»'
Wahl des Ausschusses der Thierärzte angeordnet, »e
die vierjährige Periode abgelaufen ist. Die Wahl muß bisz»»'
15. November stattfinden. Der Ausschuß besteht aus fünf An
gliedern.
A Vom Hanauerland, 12. Octbr. Bekanntlich spielte °
Bahn frage, d. h. die Verlängerung der Vollbahnlinie v.,
Rastatt bis Kehl bei den letzten Reichstagswahlen eine niw
unbedeutende Rolle, indem z. B. in der Gemeinde Linx
wenig Wähler an der Urne erschienen. Bei den künftigen La»
tagswahlen wird die Agitation noch mehr einsetzen, um die ve -
stimmte Bewohnerschaft zu veranlassen, auf die eine oder an»e
Art ihren Unwillen zu bekunden. Nun scheint allerdings dm
Bahnfrage in eine neue Phase getreten zu sein, indem ve
Landeskommissär Dr. Reinhard und Herr Geh. Reg.--»»
Teubner-Kehl vor einigen Tagen in Boderswcter sich
kündigten, wie eine Lokalbahn Achern-Gamshurst-Wagshuu
Holzhausen-Zierolshofen-BoderSweier-Kehl ausgenommen wuro:
denn an den Ausbau der Bahnlinie von Rastatt aus wäre "
den jetzigen Verhältnissen und Personalbesetzungen der ausschmö
gebenden Stellen in Karlsruhe nicht zu denken, während l
genannte Linie ein gröberer Staats beitrag in Aussicht ,geB»
werden könnte. Diese Linie findet nun weniger Sympathien a
die Kehl-Rastatt über Ltchtenau. Es wäre ja immerhin e
Fortschritt; wenn aber die in absehbarer Zeit erwartete Legvm
eines Geleises Rastatt-Kehl der Hauptbahn für unseren Bezirk ve ¬
laren wäre, so wäre die Pfeife theuer bezahlt. Wenn überha»-
die Angelegenheit nur der Bersonalbesetznng der maßgebende
Stellen wegen nicht den allein besten Weg nimmt, so' könnte I
auch schließlich eine andere Anschauung Platz greifen. Aber r»
Ruhe kommen wird die Frage nimmer, das ist sicher. Möge v
Lösung eine glückliche werden! -
Radolfzell. Der Verfasser des anonymen Drohbriefe-'
worin vor einiger Zeit dem Herrn Kaufmann Noppel erbst»''
wurde, daß ihm, sowie dem Herrn Dekan Werber und
Bürgermeister Mattes von anarchistischer Seite der Tod S.j
schworen sei, wurde in der Person eines jetzt in der Faft
Schießer beschäftigten Schneiders, der zuvor bet Noppel >
Arbeit stand, entdeckt und ins Gefängniß gebracht._

Kleine Zeitung.
O Mölsheim (bei Worms), 14. Oct. Seit einigen Tage
macht wohl durch die deutschen Tagesblätter die Nachricht "
Runde, die einzige Tochter eines hiesigen wohlsituirten Oekonon»
und Weingutsbesitzers, welche gegen den Willen ihrer Elter
mit einem Lehrer ein Verhältniß unterhielt, habe die Kasse °
Vaters um 600 erleichtert und sei mit dem Bräutigam sp»ft
los verschwunden cc. Wir können nun heute ans sicherster Oue
berichten, daß dieses Liebesdrama teilweise wenigstens,8»
Erledigung gefunden hat; denn das glückliche Liebespaar in >
Waldmichelbach im Odenwald aufgefunden und zwar ve
heirathet aufgefunden worden. Die Hochzeit wurde in
glettung der Waldmichelbacher Verwandten in Helgoland >'».
den dort noch bis 1900 giltigen englischen Ehestandsgesetzen
aller Form vollzogen. Da die Sache gerichtlich zur Anzeige S?
bracht ist, so wurde auch die junge Frau bereits vor das doiM
Amtsgericht citirt. Der Lehrer liegt bereits wieder sei" -
Dienste in Offenbach ob. Die Leute bestreiten aber, Geld "ft
der väterlichen Kasse entnommen zu haben. Der Vater »ft
also den Beweis zu liefern haben, daß ihm seine Tochter »»,
lich 600 Mk. entwendet hat. Erst wenn ihm das gelingt, daft
erst kann die Tochter bestraft werden. Wegen der Flucht »ft
der Verehelichung kann der Vater nichts machen; die Lochtet
26 Jahre alt. ,
— Brüssel, 12. October. Die Verhandlungen über die »i
läge eines Telephons zwischen Berlin und Paris
Brüssel sind nunmehr endgültig abgeschlossen. Die Eröffn»
des Verkehrs soll bald stattfinden.
— Brüssel, 13- Oct. Der Gemeiuderath von Osten
hat beschlossen, die Spietgeselischaft in Ostende.»»
jährlich 500000kr Steuern zu belegen und außerdem
Mitglied mit 100 kr jährlich zu belasten. Der Gemeinder»
von Spaa legte der dortigen Svielgesellschaft eine L-lcu
von IOOOOO kr auf. Diesem Beispiel werden alle anver
Städie in Belgien folgen, in denen sich Spielgesellschast
befinden. ,
— Paris, 12. October. Gestern trat eine Frau in en
Modewaarenladen der Rue Notre-Dame de Lorette, stellte enft
Korb, der mit einer Schürze bedeckt war, auf einen Tisch jft
entfernte sich eiligst. Als man die Schürze lüftete, fand 'ft,
in dem Korbe einen kleinen Jungen, an dessen K» .
chen ein Zettel geheftet war: „Mein Mann macht den Aussia
mit, ich habe seit drei Tagen nichts gegessen und will mich
die Seine stürzen. Ich empfehle mitleidigen Leuten ulen -
Sohn Paul, der am 3. November 1896 geboren ist-"
Kind wurde von dem Polizeikommissar des Viertels der Ar»' -
pflege überwiesen. g
— Adelaide, 7. Sept. Ein entsetzlicher Varga»"
spielte sich vor kurzer Zeit in der Nähe von Numea (Ne"'ft
donien) ab. Das große Segelschiff „Bat von Neapel" ließ .
mit 14 Personen bemanntes Boot hinab, das an Land W
sollte. Als es kaum 100 Schritte vom Schiffe entfernt»»»
wurde es von einem Schwarm Haifischen umringt und Ml
zum Kentern gebracht. Die Scene, die sich nun vor den Aus
der zurückgebliebenen Mannschaft entrollte, war grauenvoll,
so mehr, als es unmöglich war, vom Schiffe aus Huste ft
bringen. Das Wasser wimmelte förmlich von den gefE'ft
Ungeheuern, ein Mann nach dem andern wurde unter hem
reißenden Schreien hinabgezogen — bald verschwanden die 88
flehend ausgestreckten Arme und die angstverzerrten Geslch'
und die Stille des Todes breitete sich über die rothgefaft
Wasserfläche. Unter den Umgekommencu befand sich auch
Sohn des Chefs der
 
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