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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 229 - 254 (1. Oktober 1898 - 31. Oktober 1898)
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und sich nach Clemenceau unter den BertuluZschen Unter- <
suchungsakten befinden fall. — Sind diese Angaben richtig,
dann wäre der frühere Generalstabschef nicht ein Getäusch-
ter, sondern ein Mitschuldiger.
Italien. San Remo, 19. Oct. Die Offiziere
des 11. Bersaglieri-Regiments brachten heute Vormittag
den deutschen Veteranen einen Ehrcnpunsch dar. Die
Mannschaften des Regiments marschirten an den Veteranen
vorbei, die die Truppen lebhaft begrüßten. Die Veteranen
und die Mitglieder der deutschen Kolonie sandten Huldi-
gungstelegramme an König Umberto und die Kaiserin
Friedrich.
Türkei. Konstantinopel, 19. Oct. Die Zeitung
Terdjuman erblickt in dem zweiten Besuch des mächtigen
deutschen Kaisers eine Anerkennung der politischen
Weisheit des Sultans. Die Zuneigung des türkischen
Volkes zu Deutschland beruhe auf Beweggründen un-
vergänglicher Art, namentlich auf der Dankbarkeit für die
Verdienste Deutschlands für die militärische Ausbildung
der Türkei und eine richtige Würdigung ihres politischen
Daseins. Kaiser Wilhelm werde an dem Freundschafts-
bündniß mit dem Osmanischen Reich unverbrüchlich fest-
halten. Der Sultan befinde sich eins mit dem deutschen
Herrscher in dem Wunsche, den friedlichen Fortschritt zu
begünstigen. Die Unterredungen beider Souveräne würden
zur Stärkung und Erhaltung des Friedens beitragen.
Die Zeitung Jkdam bringt zwei Leitartikel, in denen die
Bedeutung des kaiserlichen Besuches für eine weitere An-
näherung zwischen den deutschen und türkischen Elementen
im Orient und des Werthes der Freundschaft Kaiser
Wilhelms für das türkische Reich hervorgehoben werden.
In ähnlicher Weise feiern andere Blätter das Ereigniß
und begleiten ihre Artikel mit Lebensbeschreibungen und
Bildern des deutschen Kaiserpaares.
Konstantinopel, 19. Oct. Nach der Daily News
wurde der deutschen Verwaltung der Bahnlinie Haidar
Pascha-Angora die Concession zum Bau eines Handels-
hafens in Haidar Pascha bei Skutari ertheilt.
Konstantinopel, 19. Oct. Der deutsche Kaiser
empfing außer dem hier beglaubigten Botschafter auch den
päpstlichen Delegaten Bonelli in besonderer
Audienz.
Asien. Peking, 19. October. Der Besuch des
französischen Arztes bei dem Kaiser fand auf
Veranlassung des englischen Gesandten statt. Der
Arzt wurde deßhalb dazu ausersehen, weil er der einzige
ist, der augenblicklich einer auswärtigen Gesandtschaft amt-
lich beigegeben ist. Er fand den Kaiser in Gesellschaft
der Kaiserin-Wittwe, des Prinzen Tsching und einer Anzahl
Mandarinen. Der Kaiser schien in guter Stimmung zu
sein und bezeugte der Kaiserin-Wittwe äußerste Ehrerbie-
tung. Der Arzt untersuchte den Kaiser in eingehendster
Weise und fand ihn zwar schwach, blutarm und bestän-
diger Pflege bedürftig, stellte jedoch fest, daß eine
unmittelbare Gefahr nicht vorhanden sei.
Die Handelsschule des Kaufmännischen Vereins.
HI Heidelberg, 20. October.
In den letzten zehn Jahren ist die Existenzberechtigung, mehr
noch die Nothwendigkeit kaufmännischer Fachschulen zur
Heranbildung eines berufstauglichen Handelsstandes von allen
Seiten anerkannt worden. Man hat eingesehen, daß die ver-
änderten Verhältnisse, unter denen der moderne Kaufmann arbeitet,
Anforderungen an die Ausbildung zum kaufmännischen Berufe
stellen, die in der althergebrachten Weise der Unterweisung durch
den Lehrherrn allein nicht mehr erfüllt werden können. Zwar
muß lobend hervorgehoben werden, daß manche Lehrherren in
wahrhaft väterlicher Fürsorge sich alle Mühe geben, den ihnen
anvertrauten Lehrlingen eine tüchtige praktische Ausbildung zu
geben. Aber wie oft bleibt auch hier die Ausführung hinter der
wohlmeinenden Absicht zurück unter dem Drucke des Kampfes
um's Dasein, den heutzutage mehr denn je der Kaufmann zu be-
stehen hat! Die Zahl der Prinzipale, die inmitten der Sorgen
ihres Berufes Zerr und Luft finden, sich dem Unterrichte ihrer
Lehrlinge zu widmen, ist klein. Wie viele haben es aufgegeben,
die Erfüllung dieser Pflicht überhaupt nur zu ver-
suchen, und lassen cs in veryängnißooller Kurzsichtigkeit geschehen,
daß ihre Lehrlinge für längere oder kürzere Zeit zu niederen
Dienstleistungen herangezogen werden, durch welche die jungen
Leute eigentlich mehr zu Packern, Ausläufern und Komptoir-
dieuern abgerichtet, als Hu praktisch tüchtigen Kaufleuten aus-
gebildet werden!
Will der deutsche Handelsstand sich auf der Höhe erhalten, die
er augenblicklich einnimmt, so darf er in den Anstrengungen um die
Heranbildung seiner jungen Mitglieder nicht Zurückbleiben hinter
den Leistungen, die andere Länder auf diesem Gebiete zu ver-
zeichnen haben. Ganz gewaltige Fortschritte hat das kauf-
männische Bildungswesen in Frankreich gemacht, wo opferwillig
und verständnißvoll Privatthätigkeit und staatliche Fürsorge
einander in die Hände arbeiten. Auch in England und Amerika
wendet man der Frage des kaufmännischen Unterrichts fortgesetzt
die größte Aufmerksamkeit zu und scheut vor keinem Opfer zu-
rück, um dem Kaufmannsstand einen arbeitsfähigen, mit gedie-
genen Kenntnissen ausgerüsteten Nachwuchs zu sichern. Professor
Ed. James, ein praktischer Amerikaner, der die hervorragendsten
Handelsschulen Europas besucht und ihre Einrichtungen, Lehr-
pläne, Methoden und Lehrziele eingehend studirt hat, bezeichnet
Len Weg, kaufmännische Bildung ausschließlich durch eine prak-
tische Lehre zu gewinnen, als vollständig veraltet und absolut
unzureichend. Mit Nachdruck fordert er für Jünglinge, die sich
dem Geschäftsleben widmen, Fachschulen, die dem jungen
Mann viele Kenntnisse geben, welche er sonst nur gelegentlich oder
überhaupt gar nicht erwerben kann; die seine Augen für die
Wechselfälle des Geschäftslebens öffnen; die ihn befähigen, den
größtmöglichen Gebrauch von seinen Kenntnissen zu machen; die
ichließlich sein Interesse für alles belehen, was das Geschäft be-
trifft, und dazu helfen, sein Geschäftsieben sowohl zu einer
Quelle der Freude als des Nutzens für ihn zu gestalten.
In richtiger Erkenntniß dessen, was noth thnt, hat der
hiesige kaufmännische Verein von jeher als eine seiner
vornehmsten Aufgaben erachtet, seinen jungen Mitgliedern reiche
Gelegenheit zur Erwerbung einer gründlichen Fachbildung zu ge-
*stahren. Trotz mancher Schwierigkeiten, die ihm nicht zum ge-
ringsten Tyeile aus den Rethen der Kaufmannschaft selbst bereitet
wurden, hat der Verein es verstanden, in seiner Handels-
j H l ? "ne Stätte tüchtiger fachmännischer Bildung zu schaffen
und zu erhalten. Möchten die jungen Leute, die den Kaufmanns-
verus zu ergreifen gedenken, nicht säumen, von der gebotenen
Gelegenheit Gebrauch zu machen. Nur wer seine Zeit ausnutzt
und unablässig danach strebt, seine Bildung durch reiche Arbeit
zu vervollkommnen, kann darauf rechnen, voranzukommen und
vei der im kaufmännischen Beruf herrschenden Ueberfüllung eine
befriedigende Stellung einzunehmen.

Ueber den Unterrichtsplan der hiesigen Handelsschule und die
Bedingungen für die Theilnahme an den Kursen gibt eine An-
zeige in der heutigen Nummer der Heidelberger Zeitung nähere
Auskunft.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 20. October.
X Aus dem Stadtrath. In der Stadtraths-sitzung
vom 20. d. M. wurden u. A. folgende Gegenstände zur Kennt-
niß bezw. Erledigung gebracht:
1) Nach dem Geschäftsberichte des Vorstandes des städtischen
chemischen Laboratoriums wurden von demselben im vorigen
Monate zwei Proben von Bier, 9 von Fischkonserven, 2 von
Haarwasser, 8 von Käse, 9 von Kuhbutter, 14 von Kuhmilch, 6
von Kaffeesurrogaten, 15 von Mehl, 4 von Mundwasser, 3 von
Neckarwasser, 6 von Petroleum, 41 von Wurst, 16 von Trink-
wasser und 6 von Majoran untersucht uud dabei eine Milch- und
2 Butterproben beanstandet. Die 141 Untersuchungen erfolgten
sämmtlich im Auftrage von Behörden. Die Untersuchung je einer
Milchprobe aus den Milchkuranstalten von I. Baur uud Jakob
Schweickart lieferte günstige Ergebnisse.
2) Nach dem Berichte des Vorstandes des städtischen Aich-
amtes wurden von den Aichmeistern im 3. Quartal ds. Js. 12
Brückenwaagen mit Laufgewicht, 12 Höckerwaagen, 4 oberschalige
Tafelwaagen, 5 Eisenbahngepäck-Zeigerwaagen, 583 eiserne und
572 messingene Gewichte, 336 Flüssigkeitsmaße, 26 Längenmaße
und 832 Fässer geaicht.
3) Die umlagevflichtigen Steuerkapitalien der hiesigen Stadt-
gemeinde haben anläßlich des diesjährigen Ab- und Zuschreibens
zugenommen und zwar: die Kapitalrentensteuerkapitalien um
4 379 000 Mk-, die Grundsteuerkapitalien um 40000 Mk., die
Häusersteuerkapitalien um 1180 000 Mk, die Gewerbesteuerkapi-
talien um 1018000 Mk. und die Einkommensteueranschläge um
580 000 Mk.
4) Folgende Vorlagen an den Bürgerausschuß wurden fest-
gestellt:
a. Verwendung der 1897er Ueberschüsse der städt. Sparkasse;
b. die Hiebs-, Kultur- und Wegbauvorschläge für die städt.
Waldungen für 1899;
s. Ankauf der Gebäude Nr. 2 der Großen Mantelgasse, Nr. 1
und 3 der Marstallstraße durch die Stadtgemeinde.
5) Die Kosten der Unterhaltung und Reinigung der Droschken-
halteplätze, die bisher von den Droschkenbesitzern erhoben wurden,
sollen vorbehaltlich ver Zustimmung des Bürgerausschusses vom
nächsten Jahre an auf die Stadtkasse übernommen werden.
6) In dem Gewerbeschulgebäude sollen die nöthigen baulichen
Herstellungen, welche für die Aufnahme des besonderen Lehr-
kurses in der Kunstschlosserei erforderlich sind, alsbald ausgeführt
werden.
7) Die Bauvorhaben des Fabrikanten Ed. Jrion an der
Eppelheimerlandstraße, der Bürgerkasino-Aktien-Gesellschaft und
des Privatmannes Alfred Wassermann, in der Gewann Unter-
Kies werden nicht beanstandet. »
8) Für eine entsprechende Erweiterung der Küchenräumlich-
keiten in der Stadtgarten-Restauration sollen die erforderlichen
Mittel im Gemeindevoranschlag für 1899 vorgesehen werden.
X Gewerbegerichtssttzung vom 7. Oct. Gegenwärtig Bürger-
meister Dr. Walz als Vorsitzender, Schlossermeister Anton
Scherer uud Schlosser Wilhelm Tappe als Beisitzer und Se-
kretär Dürr als Gerichtsschreibsr. 1. I. S. des Schlossers Ed.
Sas gegen Schloffermeister Wilhelm Kinzinger dahier wegen
einer Lohnforderung von 29 Mk. 60 Pfg. verständigten sich die
Parteien dahin, daß der Beklagte an den Kläger 8 Mk. bezahlt,
wodurch das beiderseitige Abrechnungsverhältniß ausgeglichen sein
soll. 2. Der Metzgergeselle Karl Wiedemann klagte gegen Metzger-
meister Wilhelm Schwab in Neuenheim auf Zahlung von 10
Mk. Lohn und Herausgabe des Koffers. Beklagter machte eine
Gegenforderung geltend, weil der Kläger die Arbeit unbefugt ver-
lassen Halle. Die Parteien einigten sich dahin, daß der Kläger
auf seine Forderung verzichtet nnd der Beklagte den Koffer
herausgiebt. 3. I. S. des Tüuchermeister Andreas Hane gegen
Tüncher Philip» Senk dahier wurde der Beklagte zur Zahlung
der gesetzlichen Entschädigung von 13 Mk. 20 Pfg. verurthetlt,
weil solcher die Arbeit ohne Kündigung bei dem Kläger verlassen
hat. 4. I. S. des Werkmeisters Johann Nikolaus Krank gegen
die Firma C. Magnet dahier wegen Zchluug einer Entschädigung
von 533 Mk. wuroe der Kläger wegen Unzuständigkeit des Ge-
richts mit der erhobenen Klage aogewiesen. Ohne Zuzug von
Beisitzern wurden bis zum October noch folgende Streitfälle
erledigt: 5. Der Metzgerlehrling Dietrich Schäufele, welcher bei
Metzgermeister Milhelm Gamber in der Lehre stand, beantragte
die Auflösung des Lehrverhältnisses und die Herausgabe der von
dem Lehrmeister zurückbehaltenen Gegenstände. Die Parteien
verständigten sich dahin, daß der Lehrling an den Beklagten 25
Mk. zahlt und einen Stahl herausgiebt, wogegen der Lehrmeister
den zurückbehaltenen Koffer freigab und in die Auflösung des
Lehrverhältntfses einwilligte. 6. I. S. des Kochs Ludwig Dürr
gegen Wirth B. Wernwag „zum goldenen Herz" wegen Zahlung
von 49 Mk. 88 Pfg. erklärte sich der Beklagte zur Zahlung von
41 Mk. bereit, worauf Kläger auf die Weiterführung der Klage
verzichtete. 7. Bäckermeister Gottlos Schmied klagte gegen den
Bäckergesellen Johann Berg auf Zahlung von 13 Mk. 20 Pfg.
Entschädigung wegen Bruchs des Ardeitsverhältnisses. Beklagter
erbot sich zur Zahlung von 7 Mk. bereit, worauf der Kläger auf
seine Mehrforderung verzichtete. 8. I. S. des Zimmermanns
Gottfrieo Bühler gegen Zimmermeister Theodor Oberfeld wegen
Zahlung von 9 Mk. 60 Pfg. Lohn wurde der Kläger auf Aus-
bleiben im Termin mit der erhobenen Klage abgewiesen.
» Zur Fleischtheuerung. Alle Eingaben an die Reichs-
regierung wegen Aushebung der Grenzsperre sind bis jetzt ver-
geblich gewesen. Da aber ohne Oeffnung der Grenzen für
ausländisches Vieh normale Fleischprcise nicht eintreten können,
so soll jetzt eine Bitte an die Reichstagsabgeordneten den Wunsch
der Konsumenten und der Metzger zum Ausdruck bringen. In
dieser Bitte wird ausgeführt, daß die Fleischeinfuhr ungefähr
den sechsten Theil des Fleischbedarfs der Städte zu decken hat.
Infolge der Ausschließung des fremden Viehes sei das Angebot
hinter der Nachfrage zurückgeblieben. Die Fleischpreise seien
gestiegen, obgleich jetzt ein größerer Theil minderwerthigen
deutschen Viehes an den Markt komme. Die Einfuhr amerika-
nischer Fleischwaaren habe kolossal zugenommen, worin ein
großer Mißstand liege. Wohl sei die deutsche Landwirthschaft
zu berücksichtigen und zu schützen, allein es sei ungerecht, wenn
dies ausschließlich auf Kosten der minderbemittelten städtischen
Bevölkerung geschehe. Die Eingabe schließt mit der Bitte, die
Retchstagsabgeordneten möchten darauf hinwirken, daß die Zu-
fuhr ausländischen Viehes nicht mehr als wie es der anscheinend
nur vorgeschützte sanitäre Zweck erfordert, erschwert wird, sowie
daß die eingehenden ausländischen Fleischwaaren an der Grenze
so untersucht werden, daß auch der minderbemittelte Mann sein
Fleisch ohne Gefahr für die Gesundheit seiner Familie und mit
Appetit essen kann. — Die Eingabe liegt zur Unterzeichnung
in der Expedition der Heidelberger Zeitung auf. Wer sich
durch die jetzigen hohen Fleischpreise gedrückt fühlt, wird aufge-
fordert, die Petition zu unterzeichnen und so seine Willens-
meinung im Sinne der Eingabe zu bekunden.
* Die Verunreinigung der öffentlichen Vedürfnihanstalten.
Vom städt. Tiefbauamt erhalten wir folgende Zuschrift: In
Nummer 243 Ihres Blattes ist ein Eingesandt abgedruckt, in
welchem über die Reinhaltung der öffentlichen Bedürfnißanstalten
Klage geführt wird. Der bezüglichen Klage gegenüber diene zur
Nachricht, daß alle Anstalten der gedachten Art jeden Tag ver-
schiedene Mal durch einen städtischen Arbeiter nachgesehen und
gereinigt werden, daß in sämmtlichen Pissoirs mit Ausnahme
derjenigen in der Bergheimer- und Bahnhofstraße eine gut funk-
tionirende Oelspülung eingerichtet ist und daß überhaupt Alles
geschieht, um die nöthige Reinhaltung zu bewirken. Bedauerlicher

Weise giebt es aber, wie auch das Eingesandt hervorhebt, Leute,
die dor der Verübung der gröbsten Verunreinigung nicht zurück-
schrecken. Erst vor Kurzem ist es zweimal vorgckommen, daß
in die Bedllrfnißanstalt am Krahnenplatze zur Nachtzeit einge-
stiegen und dieselbe abscheulich verunreinigt worden ist, ohne das
es bis jetzt gelungen wäre, den Thätcr zu ermitteln. Solche
Vorkommnisse ganz zu verhindern, ist unmöglich. Es so»
übrigens auch in der Folge, was an Ueberwachung und Aufsicht
auf diesem Gebiete möglich ist, diesseits veranlaßt werden. ,
* Das alte Schlachthaus. Mit Bezug auf das Eingesandt
in nnserm gestrigen Blatte werden wir vom Stadtrath ersucht
mitzutheilen, daß die Behauptung, es solle demnächst ein größerer
Umbau des alten Schlachthauses vorgenommen werden, durchaus
unzutreffend ist. Dem Abbruch dieses Gebäudes näher U
treten, sei der Stadtrath jedenfalls insolange außer Stand, al»
der Plan der Errichtung eines städtischen Bauhofs, der sich
Zeit in Bearbeitung befindet, noch keine Verwirklichung ge-
funden hat. ' ' , .
O Fußball. Kestern wurde auf dem Spielfeld von Heidel-
berg College ein Fußballwettspiel zwischen der Mannschaft des
College und einer Stadtmannschaft gespielt. Für letztere gewann
in der zweiten Halbzeit Landvoigt 2 Versuche, die beide >»
Treffer verwandelt wurden. Demnach siegte die Stadtmannschaft
mit 10 Punkten. ,
O Unglücksfall. Am 18. ds. Abends nach halb 6 Uhr -nt-
stand auf dem neuen Meßplatz vor der Stadt dadurch ein iw'
glück, daß ein Mann aus einer sog. englischen Schaukel stürzte-
Ob der Verunglückte zu unvorsichtig war, oder ob die nöthigen
Vorsichtsmaßregeln seitens des Personals nicht angewandt wur-
den, ist nicht bekannt. Eines ist aber zu rügen, nämlich, das
keine Tafel zu sehen war, die wenigstens einige Vorsichlsinas-
regeln hätte bekannt geben können. Ueberhaupt sollte diese Arr
von Schaukeln gar nicht gestattet werden. Nicht nur hier, sonder»
auch in andern Städten vergeht selten eine Messe, ohne daß nm»
zu lesen bekommt, daß bei diesen Schaukeln Jemand verunglückt ft»
-- Polizeibericht. Eine Frauensperson wurde wegen Umher-
ziebens und eine weitere wegen Diebstahls verhaftet; die letzter-
wähnte hatte in einer Wirthschaft dahier 170 Mark gestohlen.x"
Ein angeblicher Techniker und Postassistent aus Friedrichsbastu-
der einem Reisenden eine goldene Uhr sammt Kette geflotM'
hatte, wurde ebenfalls verhaftet. ,
Mannheim, 19. Oct. Die Ingenieurschule wurde hemf
Vormittag um 10 Uhr mit einer Feier in der prächtig S-'
schmückten Aula der Friedrichsschule eröffnet, zu welcher ven
Geh. Regierungsrath Pfisterer, Herr Oberbürgermeister Beck, w
Vorstände der hiesigen Mittelschulen, die Lehrer der neuen Anstw
sowie die Schüler derselben, etwa 125 an der Zahl, sich euigr-
funden hatten.
Karlsruhe, 19. Oct. Wie schon berichtet, hat der Fahj-
markt zum Besten des Lehrerinnenheims j»
Lichtenthal wegen des Umbaus der Festhalle auf künftige
März, verschoben werden müssen; im ersten Augenblicke sch'^
es, als ob damit auch der so dringende Neubau des Heims ver-
zögert sei, dessen Kosten wenigstens theilweis^A,^ dem erhoff"'
Ertrage des Jahrmarktes gedeckt werden soMi.'' Der Vorstan
hat aber in seiner letzten Sitzung, bet der auch Vertreterium
der verschiedenen Attheilungcn zugegen waren, nach reiflich
Erwägung beschlossen, dennoch zum Bau zu schreiten; es mu»
durchaus für die vielen erholungsbedürftigen Mitglieder Rau»
geschaffen werden. Um bei der veränderten Sachlage den -va
jetzt zu ermöglichen, wurde beschlossen, A n t h e i l s ch e i n e )
je 100 Mark zu 3 Prozent verzinslich, zahlbar am 1- Apn»
auszugeben; der Vorstand hofft, daß die Mitglieder des Vereins'
außerordentliche wie ordentliche, und seine Freunde uud Gönne
sich hilfbereit zeigen werden. In der Vorstandssitzung fttw
wurden von den Anwesenden 4200 Mark gezeichnet; die LM
wird, sobald die nöthigen Förmlichkeiten erledigt sind, in alle'
badischen Städten kreisen. Möge das Ergebniß das erwllnsaN
und erhoffte sein! Vor Schluß der Sitzung konnte den Per
sammelten noch eine gute Nachricht mitgetheilt werden: ein
kürzlich verstorbene Freundin des Vereins hat ihm ein Ve»
mächtniß von 1000 Mark hinterlassen. §

Kleine Zeitung.
— Dortmund, 19. Oct. Gestern Nachmittag wurde
ein KaiserFriedrich - Denkmal in Gegenwart der Spitze»
der staatlichen uud städtischen Behörden, sowie einer zahlreich-'
Festversammlung feierlich enthüllt. ...... ..sie
— Aus Mecklenburg, 14. Oct. Alt - Strelrtz ist die erst
Stadt auf dem Festland, die ganz mit A c e t y l e n g a s
leuchtet wird. Seit einer Woche erstrahlen, wie gemeldet w'-"'
sämmtliche Straßen und Plätze der Stadt im Glanze des neu
Wien, 19. Oct. In der Klinik des Prof. Nothnagel starb
gestern nach der N. Fr. Pr. ein Diener des Allgem. Kranke»
Haases an der Beulenpest. Er hatte sich im Leicheuhofe a»
Krankenhause au deu Kulturen des Pestvazillus, die dort «
züchtet werden, angesteckt. Ueber den traurigen Fall wem
die W. Abendpost: Die Prüfung des Bronchialauswurfes »
Laboratorium ergab das Vorhandensein von den PestbazfM
ähnlichen Mikroorganismen. Die erforderlichen sanitätspolM
lichen Maßnahmen zur Verhinderung weite,erAnsteckungen wur°c
getroffen, sodaß kein Anlaß zur Besorgniß besteht. Die Wien
Abendpost verspricht unter lobender Erwähnung der «>tttve»
renden Aerzte und SanitätSorgane weitere rückhaltlose PU°'
kationen über diese Angelegenheit. .
— Paris, 19. Oct. In der letzten Nacht ist wiederum w
Versuch gemacht worden, in verbrecherischer Weise "
Eisenbahnunglück herbeizuführen. In derNahe des Bay'
Hofs Mont-Morency waren die Zugdrähte zweier Signal,ch"»"
durchgefeilt. ,
— Messina, 19. Oct. Die „Midnight Sun" mck den TM
nehmern der Fe st fahrt nach Palästina an Bord rst b -
Mittag 12 Uhr im hiesigen Hafen eingelanfen und setzte» '
einstündtgem Aufenthalt die Reise fort. Während am Mvw »
und Dienstag ziemlich starker Seegang herrschte, ist das We
heute sehr schön. ,,
— Newyork, 19. Oct. Ein furchtbarer Orkan mit stm"
Scheefall ist gestern über Newyork niedergegangen. Die R»
ist enorm. Der Sturm h-elt 4 Stunden an._._

Vermischtes.
— (Politische Demonstration im Dresden
Hoftheater.) Wie man der Köln. Ztg. schreibt, hat «m ir-
dener Hoftheater Felix Philtppis neuestes Drama „D as Er»
einen merkwürdigen Erfolg gehabt, der einer politischen Demo
stration aufs Haar glich. In München, Hamburg uno Hanno
gab man in den letzten acht Tagen das Srück, sonst noch '
gends. (Heute, Donnerstag, wird es hier in Heidelve
in Scene gehen, Red.) Von München aus wurde zuerst bew
„Das Erbe" behandle den Konflikt Bismarcks mit K
ser Wilhelm H. und bringe unverkennbare Schlagworte s
Entlassung Bismarcks. Das Stück wurde in Dresden fos,str.¬
bejubelt. Aber der Beifall hatte einen merkwürdigen pvlttü '
Hintergrund. Er brach stets dann aus, wenn gegen die -c
maßung der begabten, aber unerfahrenen Jugend gewer
wurde; der Undank des „jungen Erbes des Besitzes' gegen
alten „Schöpfer" der Werke, den man so nicht behandeln o» i
rief stürmische Zustimmung wach, während man bei den »
führungen der Rechte der Jugend, die doch auch einmal i ,
ständig werden wolle, unmuthig murrte. Die Bismarck-Be
rung erreichte in Dresden die Höhe, als der Kanzler a. »). .
Privatmann nach Dresden gereist kam (auf der Fahrt '
Wien) und hier die Huldigungen der Bürgerschaft entgege
nahm. Bismarck war unter dem Regime Beust rn Dcesüei
gehaßteste Preuße gewesen; 1866 hätte ihn das Landvo »
liebsten gesteinigt. Aber 1870, als Beaumont und St. Pnv»
 
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