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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0586

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gewähren sei, könne er heute keine bestimmte Auskunft geben,
doch glaube auch er, dak dieselbe sich auf die Bestreitung der
Ankaufskosten zu erstrecken habe. Zu den verschiedenen Aus-
führungen möchte er besonders bemerken, daß eine Hauptaufgabe
darin bestehe, das Verständnis für die Benützung der Weiden in
immer weitere Kreise zu tragen.
Geh. Regierungsrath S a l z er theilt die Erfahrungen aus
dem Kreise Freiburg mit, die dahin gingen, daß man mit den
Schweizer Farren außerordentlich zufrieden sei. Die Gemeinden
verlangten das beste Material und vor allem d e Aufzucht im
Freien, sobald das Oberland in der Lage sei, gleich gutes Ma-
terial zu liefern, so werde auch der Freiburger Kreis seine Ein-
käufe bei diesen Zuchtgenossenschaflcn machen.
Es werden hierauf die Anträge der Referenten, die in einer
Förderung des Ankaufs von oberbadischem Zuchtvieh gipfeln,
angenommen.

AuS Stadt und Land.
Heidelberg, 3. December.
O Kunstverein. Den Bemühungen des Vorstandes ist es
gelungen, eine äußerst interessante Kollektion von plastischen
Werken zur Ausstellung zu bringen. Die Bildhauer Carl Pracht
und N. Pfretschner, Berlin, haben je eine Anzahl von Kunst-
werken eingesandt, welche ihrem Wirken und Schaffen das beste
Zeugniß ausstellen. Carl Pracht ist mit 15 Nummern vertreten,
von denen namentlich die große Marmorbüste von Professor Th.
Mommsen, dann die von Hermann v. Helmholtz, das Portrait-
Relief Kaiser Friedrichs und von Aug. Schmitz und ebenso
einige kleinere Werke in Terrakotta ganz ausgezeichnete Arbeiten
find. Pfretschner stellt eine Koiossalbüste Hch. v. Treitschke's
und ein Bismarck-Relief, beide in Gyps, aus; seine beiden
Bronze-Gruppen „Rothwild" (Wildschütz» und Malerei (Nymphe
und junger Faun) können als vollendete Meisterwerke gelten.
Die Ausstellung bietet in Plastik einmal eine reiche Abwechslung
und darf mit den neuangekommenen Oelgemälden als sehr
sehenswerth bezeichnet werden. Im Hinblick auf die bevorstehende
Weihnacht sei es erlaubt, dem verehrl. Publikum den Wunsch
auszusprechen, auch der Maler und Malerinnen zu gedenken und
durch Ankäufe auch dorthin Weihnachtsfreude zu bringen, wo es
oft sehr Noth thut.
ff Todesfall. Der in hohem Alter stehende Wagner
Adam Schneider in Schlierbach, auf seinem Grundstück
mit der Aufbereitung von Holz beschäftigt, wurde daselbst
gestern Nachmittag vom Schlage getroffen und war sofort todt.
Vor einigen Jahren feierte derselbe mit seiner ihn überlebenden
Gattin die goldene Hochzeit in voller Rüstigkeit. Seine Mit-
bürger werden ihm ein freundliches Andenken bewahren.
— Polizeibericht. Ein vom Großh. Bezirksamt hier wegen
Straferstehung verfolgter Gärtnergehilfe wurde verhaftet. Ein
hier wohnhafter Gärtner kam wegen Hausfriedensbruchs zur An-
zeige, ebenso zwei junge Leute wegen Ruhestörung.
fff- Epfenbach, 1. Dec. Dem von hier nach Hemsbach, Amts
Weinheim, versetzten Herrn Hauptlehrer Ettner brachte der
hiesige ev. Kirchenchor, an dem sich auch der Militärverein sowie
der Gesangverein Ltederkranz angeschlossen hatten, dessen Ehren-
mitglied der Scheidende ist, ein wohlgelungenes Ständchen dar.
Nach Vortrag des Liedes „Heut' muß geschieden sein, Heimath
Ade" hielt der Vorstand des Kirchenchors, Herr V. Arnold, an
den Scheidenden eine herzliche Ansprache und überreichte dem
selben zum ehrenden Andenken einen prachtvollen Regulator.
Herr Hauptlehrer Ettner dankte mit bewegten Worten für die
ihm erwiesene Ehrung. Nach weiteren Gesangsvorträgen begab
man sich auf Einladung des Scheidenden in den aufs schönste
dekorirten Saul des Gasthauses zur Linde. Abwechselnde Ge-
fangsvorträge des Kirchenchors und des Gesangvereins Lieder-
kranz unter Leitung des Herrn Lehrer Herbst verschönten die
Feier. Herr Lehrer Bähr hielt Namens der Schule, Herr Pfarrer
Schober Namens der Ortsschulbehörde, Herr Rathschreiber Arnold
Namens des Militärvereins, von dem der Scheidende ein pracht-
volles Ehrendiplom erhielt, sowie der Vorstand des Gesang-
vereins Liederkranz, Herr Lindenwirth W. Ziegler, an den
Scheidenden herzliche Ansprachen. Mit bewegten Worten dankte
Herr Hauptlehrer Ettner nochmals für die ihm zum Abschiede
erwiesenen Ehrungen. Nach weiteren Gesangsvorträgen unterhielt
man sich noch lange in gemüthlicher Stimmung. Noch ist zu
erwähnen, daß die Schuljugend, der Kirchenchor sowie der
Gesangverein Liederkranz mit einem Fackelzuge dem Scheidenden
das Geleite zur Bahn gaben. Möge es Herrn Lehrer Ettner in
feinem neuen Wirkungskreise recht wohl gehen und möge er dort
die gleiche Liebe wiederfinden, die ihm hier zu Theil geworden ist!
M. Mosbach, 2. Dec. Gestern Nachmittag wurden 4 Erd-
arbeiter, darunter 3 Italiener, durch einen Erdrutsch vei dem
neu hergestellt werdenden Cemenrwerk Neckarelz-Diedesheim
Verschüttet. Einem Arbeiter wurde der Hintere Kopftheil zer-
schmettert, ein anderer erlitt einen Beinbruch. Die beiden
anderen sind weniger schwer verletzt. Alle 4 wurden sofort
in das hiesige Bezirksspital verbracht.
8. 0. Weinheim, 1. Dez Heute früh gegen 2 Uhr brach in
den der Firma Gebrüder Zanzer gehörenden, am Eingang des
Gorxheimerthales gelegenen Gerberei-Gebäulichkeiten Feuer aus,
wodurch lt. Weinh. Anz. der Dachstuhl des Gerbhauses mit Loh-
kammer theilweise zerstört wurde.
ff Mannheim, 2. Dec. (Strafkammer.) 1) Ein fünf-
zehnjähriges Mädchen, das als Straßendirne sich in Heidelberg
Herumgetrieben hatte, gab Zeugniß gegen den 20 Jahre alten
Taglötzuer Karl Götz von Unterbalbach, ihren Manager bei
diesem Geschäft. Götz wurde zu 10 Monaten Gefängniß und
Verlust ber bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 3 Jahren
verurtheilt. — 2) Der 21 Jahre alte Schreibgehilfe Wilhelm
Gehrig von Leutershausen leistete sich Ende October d. I.
ein theures Kirchweihvergnügen. Er ging am 30. des genannten
Monats nach Eppelheim zur Kirchweih, ohne einen Pfennig in
der Tasche zu Haven. Der Wirth Nikolaus Hedoecich borgte
ihm auf seine Angabe, er sei der beim Amtsgericht Heidelberg
angestellte Aktuar Schmitt, 10 Mark; am gleichen Tage kam er
nochmals, erklärte, das schönste Mädchen von Eppelheim sitze
neben ihm, die könne er doch jetzt nicht allein lassen, und nahm
noch einmal eine Anleihe von 10 Mark. Am Tage darauf ver-
lustirte sich der Aktuar abermals in Eppelheim und verwandte
dazu ein weiteres 10-Markstück aus der Kasse des Wirths Er
prahlte dabei mit einem Vermögen von 5000 Mark. Donners-
tags wollte er herauskommen und seine Schuld tilgen. Donners-
tags kam er auch, sagte aber, des Allerheiligentages wegen sei
kein Zahltag gewesen, Hedderich möge ihm noch einmal 10 Mark
geben. Trotz des Widerspruchs seiner Frau griff Hedderich
abermals in die Börse, um hinterher sich einen Schaden von
40 Mark zu besehen. Seit Frühjahr ist Gehrig stellenlos, er
schriftstellert, wie er sagt, und hat bereits einen Roman fertig.
Vielleicht hat er seinem Eppelheimer Kirchweihvergnügen ein
Kapitel darin gegönnt. Der vorbestrafte leichtsinnige junge
Mensch wurde zu 6 Monaten Gefängniß verurtheilt. — 3) Auf
das Conto seines früheren Arbeitgebers, des Installateurs Franz
Volz, borgte sich der 32 Jahre alte Schlosser Martin Daub
bei Eisenhändler Leopold Schlächterei in Heidelberg Rohr und
zwei Winkel im Werthe von 1 Mark 67 Pfg. Als rückfälliger
Betrüger wurde Daub zu 3 Monaten Gefängniß verurtheilt. —
4) Der 26 Jahre alte Metzger Johann Baust von Nußloch,
der auf einem Gesundheitsschein für eingeführtes Fleisch das
Datum abänderte, erhielt wegen Urkundenfälschung einen Tag
Gefängniß. — 5) Die Landwirthseheleute Peter und Eva Gölz
von Wilhelmsfeld, welche schöffengerichtlich wegen Körper-
verletzung mit 10 Mark Geldstrafe belegt worden waren, wurden
heute fretgesprochen. — 6) Wegen groben Unfugs wurden die
18 Jahre alten Gerber Josef Ludwig und Franz Josef Schnei-
der von Ziegelhausen zu je 1 Woche Haft verurtheilt Die
Anklage hatte auf Sachbeschädigung im Sinne des 8 305
R.Slr.G.B. gelautet.

8. 0 Karlsruhe, 2. Dec. Eine Reihe bemerkenswerther Be-
schlüsse faßte die Vereinigung selbständiger Kaufleute
»es badischen Oberlandes. Dieselbe will die Regierung er-
stehen, daß bei ausgedehnten Amtsbezirk.n für die Handelskam-
mern nicht nur in der Amtsstadt, sondern an jedem größeren
Ort, wo über 5 Kaufleute ansässig sind, gewählt und die Wahl
mindestens 14 Tage vor dem Wahltermin ausgeschrieben wird.
Auch soll die Handelskammer gebeten werden, das Firmenregister
alle Jahre im Januar zu erneuern. Für den nächsten Verbands-
tag der mittleren Städte Badens wird eine Eingabe vorbereitet
um eine landesgesetzliche Bestimmung, daß die offenen Ladenge-
schäfte der mittleren Städte und Ortschaften im Sommer an
Werktagen um halb 10 und im Winter um 9 Uhr Abends mit
Ausnahme des Samstags zu schließen seien. Ein früherer Ladens-
chluß wäre angesichts der Konkurrenz der größeren Städte von
großem Schaden. Die Zuckerfabriken und Zuckergrossisten ge-
denkt man aufzufordern, vom 1. Januar 1896 ab nur reines
Netto-Gewicht bei Würfelzucker, gestoßenem Zucker, Brodzucker,
Farin und Kandis zu verabfolgen. Norddeutsche Fabriken kamen
darin den gerechten Wünschen der Kaufleute bereits nach. Das
Papier, das zu Hutzucker und zum Ausschlagen der Würfelzucker-
kisten verwendet wird, ist so mit Schwerspath oder ähnlichen
Beschwerungsmitteln getränkt, daß man es zu nichts verwenden
kann.
Karlsruhe, 29. Nov. Eine Versammlung früherer Corps-
studenten hat jüngst dahier getagt und die Gründung eines
Verbands ehemaliger Corpsstudenten für Karlsruhe beschlossen,
der sich dem allgemeinen deutschen Verband als Zweigverein
anschließen wird. Zum 1. Vorsitzenden wurde Herr Geh. Ober-
rnanzrath Fuchs gewählt.
Freiburg, 2. December. Die Universität zählt in diesem
Semester 1238 Hörer, und zwar 1141 Studenten und 98 Hospi-
tanten, gegen 1154 (1073 - 8l) im letzten Wintersemester. Wie
immer im Winter steht Baden mit 482 Studenten obenan, es
stlgl Preußen mit 332 und diesmal an dritter Stelle Elsaß-Loth-
ringen mit 53 Studenten; die sonst beträchtliche Zahl der Sachsen
ist auf 23 herabgegangen. Die theologische Fakultät zählt 199,
die rechts- und staatswissenschaftliche'257, die medizinische 394
und die philosophische 291 Angehörige. Die diesmalige Besuchs -
Ziffer ist die stärkste, die je in einem Wintersemester erreicht
wurde.
Konstanz, 29. Novbr. Die Konst. Ztg. schreibt: Zur Zeit
geht in badischen Blättern die Nachricht um, daß infolge einer
erneuten Eingabe des hier wegen Brandstiftung in der
Salmansweilergasse zu 14 Jahren Zuchthaus verurtheilten
Sesselmachers Burkardt eine Einvernahme von Zeugen und
Wiederaufnahme des Verfahrens staltgefunden habe. Es mag
'ein, daß, wie es in jener Zeitungsnotiz heißt, zwischen dem
Bruchsaler Zuchthausgeistlichen und einem hiesigen Rechtsanwalt
eine Korrespondenz geführt wurde, wonach Burkardt, der unter
Merkmalen geistiger Umnachtung in die Krankenabtheilung des
Bruchsaler Zuchthauses verbracht worden sei, die ihm zur Last
gelegte Thal kaum begangen habe. Wir sind aber auf Grund
von Erkundigungen an maßgebender Stelle zu der Erklärung
ermächtigt, daß ein Antrag auf Wiederaufnahme des
Verfahrens noch nicht eiugegangen ist und daß demnach
auch eine neuerliche Einvernahme von Zeugen nicht statt-
gefunden hat.
8. dl. Aus Vaden, 30. Nov. Im Schuljahr 1897/98 zählten
im Großherzogthum die Gymnasien 4272, die Progymnasien 245,
die Realgymnasien 1015, die Realprogymnasien 445, die Ober-
realschulen 3019, die höheren Bürgerschulen 8184 Schüler. Die
Gesammtzahl dieser Lehranstalten zählten somit 12701 Schüler.
Die sieben höheren Mädchenschulen wurden von 2519 Schülerinnen
besucht. Am Schluffe des Schuljahres wurden zum Studium
auf der Hochichule von den Gymnasien 323, von den Real-
gymnasien 60 und von den Oberrealschulen 50 Zöglinge entlassen.
Die Realschule in Pforzheim wurde als Oberrealschule anerkannt.
Aus Vaden. Wie der Breisg. Ztg. vom Feldberg ge-
schrieben wird, mißt die Schneedecke dort augenblicklich 60 Cenli-
meter. Am nächsten Sonntag dürfte sich anläßlich der Jahres-
versammlung des Skiklubs Schwarzwald ein reges Leben droben
entfalten; ist es doch zugleich der erste Sonntag dieses Winters,
der dem Schneeschuhläufer Gelegenheit giebt, seine Kunst aus-
zuüben.
— (D i e n st n a ch r i ch t e n.) An Stelle des bisherigen
Kommandeurs Generallieutenants z. D. v. Grone ist nunmehr
General v. Oertzen, bisher Kommandeur der 38. Infanterie-
brigade in Hannover, mit der Führung der 28. Division beauf-
tragt worden, v. Schmid, Hauptmann und Komp.-Chef vom
2. Bad. Gren.-Regt. Kaiser Wilhelm I. Nr. 110, mir Beibehalt
seiner bisherigen Uniform zum Festnngsgefängniß in Spandau
versetzt. Müller, Premlt. von demselben Regiment, zum Haupt-
mann und Komp.-Chef befördert. Krumm, Premlt. von dem-
selben Regiment, unter Beförderung zum Hauptmann und Komp.-
Chef in das Pomm. Füs.-Regiment Nr. 34 versetzt. — Aus
dem Bereiche der Großh. bad. Staatseis en bah neu.
Versetzt wurden die Expeditionsgehilfen: Johann Michel in
Offenburg nach Bammenthal, Max Schultheiß in Lörrach nach
Neckargemünd. — Aus dem Bereiche des Schul-
w e s e n s. K. Volz, Lehramtspraltikant, an die Oberrealschule
in Heidelberg, W. Lutz, Schulverwalter, von Hemsbach nach
Epfenbach, W. Mayer, Hilfslehrer, von Oberöwisheim nach
Eschelbach, Wilhelm Reich, Unterlehrer in Windschläg, als
Hilfslehrer nach Dielheim, A. Wiesloch.

Eingesandt.
Handschuhseim, 1. Decbr.' Das Eingesandt in Ihrer
Mittwochs-Nummer in Bezug auf die Frage des Anschlusses der
Gemeinde Handschuhsheim an Heidelberg schließt
mit den Worten: „Wenn wir (in Heidelberg) Unterschriften haben
wollten gegeir den Anschluß, so würde das von den Heidelberger
Bürgern mit großer Genugthuung ausgenommen werden und
Tausende würdeiAsich gerne unterzeichnen."
Angenommen, dies wäre wirklich der Fall, so würden diese
Bürger damit ganz sicher nicht im Interesse ihrer Stadt handeln;
ich bin jedoch überzeugt, daß der Herr Einsender mit seinem
engherzigen Ansinnen beim größten Theil seiner Mitbürger ent-
schiedener Ablehnung begegnen würde, denn es liegt doch klar
am Tage, daß, wenn die Stadt ihren bevorzugten Rang als
Fremdenstadt nicht bloß erhalten, sondern auch fruktifizireu will,
sie keine andere Wahl hat, als sich m der Richtung der Ber g-
straße nordwärts hin auszudehnen beziehungsweise dafür
zu sorgen, daß Fremde, die sich in Heidelberg dauernd nieder-
lassen wollen, dort ihren Erwartungen und Lebens-
gewohnheiten entsprechende Verhältnisse vor-
finden. Wer iir Heidelberg feinen Aufenthalt nimmt, thut
es in der Regel dessen prachtvoller Lage und Umgebung wegen
und er wird sich deßhalb schwerlich entschließen, sein Heim in
der Verlängerung der Bergheimer Straße, d. h. auf dem
platten Land aufzuschlagen — das könnte er ja billiger in
der ganzen Rheinebene haben — sondern er will gerade da
wohnen, wo sich ihm die ersehnten Naturherrlichkeiten täglich in
unmittelbarster Nähe präsentiren und er sie gleichsam aus erster
Hand genießt. Die Rohrbacher- und Gaisbcrgstraße hinauf?
Wohl, aber doch nur mit einer gewissen Beschränkung. Der
Verfasser des Eingeiandt wird wohl auch schon gehört haben,
daß sich die wenigsten Menschen gerne an dem steten Anblick
eines Friedhofes erbauen. Gewiß würde übrigens die
Gaisbergstraße eine Zierde der Stadt bilden, dem vollen Be-
dürfnisse derselben kann sie aber nicht genügen; die weitere Aus-
dehnung nach Norden ist deßhalb eine unabweisbare Nothwendig-
keit, und wahrlich, auch sie würde die „feine" durch einen neuen
herrlichen Schmuck bereichern, an dessen Anziehungskraft gar
kein Zweifel bestehen kann. — Was Handschuhsheim betrifft, so
sind die für dasselbe sich ergebenden Vortheile seines Anschlusses
an Heidelberg von anderer Seite schon so treffend und überzeugend
nachgewiesen worden, daß cs unnöthig ist, darauf weiter einzu-

gehen; ich will deßhalb die Frage nach einer anderen Richtung
hin zu behandeln versuchen. Aus den Thatsachen an sich und
aus den Vorth eilen, die für eine Dorfgemeinde aus deren
unmittelbaren Nähe zu einer Stadt erwachsen, resultiren ft"
erstere unzweifelhaft Verpflichtungen nach verschiedene"
Richtungen hin, au deren Nutzen und Segnungen übrigens die
Gemeinde selbst wieder partizipirt. Die Gemeinde Handschuhs'
heim hat sich nun für diese Erkenntniß bis jetzt nicht in dem
wünschenswerthen Maße empfänglich gezeigt — man denke
beispielsweise nur an die unter jeder Kritik stehende Beleuchtung'
die stets aussetzt, wenn der Mond im — Kalender steht und die
im Sommer überhaupt nicht vorhanden ist; an die UnanuehM'
lichkeiten u. s. w., denen hauptsächlich die Villenbewohner durch
die Nachtschwärmer und noch gefährlichere Individuen ausgesetzt
sind. Um nicht unbillig zu erscheinen, soll zugegeben werden, da°
die Lasten, die in dieser Hinsicht, sowie auch in Bezug auf die
Herstellung und Neuanlage der Straßen rc. an die Gemein^
herantreten und noch heranzutreten drohen, von letzterer kaum
noch auf die Dauer getragen werden können. Gerade aber da»
bildet mit den vorhin angedeuteten Vortheilen ein zwingende»
Moment mehr zu der Erwägung, nein, zur Forderung de»
Anschlusses an die Stadt. Beide Theile sind an diesem AnscWv
aufs lebhafteste interessirt und deßhalb müssen sich auch beim
Theile die zu einem ersprießlichen Uebereinkommen und Abschw»
nöthigen Zugeständnisse machen. Auslassungen, wie sie der Ver-
fasser des Eingesandt, anführt: „Wir lassen uns nicht verkaufen,
wir bleiben, wie wir sind, und wer städtisch werden will,
hinüber nach Heidelberg ziehen", entstammen lediglich der er-
hitzten Phantasie und bleiben deßhalb bei einer ernsten Besprechung
der wichtigen Angelegenheit lieber unbeachtet. Auch was jener
Herr Einsender von den „sogenannten Ausmärkern" sagt,
kaum beachtenswerth. Ich bin „ohne Ar und Halm", wünstm
aber dennoch mit vielen Einheimischen im Interesse der Ge-
meinde selbst den Anschluß, und — warum soll ich es niÄ'
sagen? — auch in meinem eigenen Interesse. Bei dieser Frage
handelt es sich aber weder um Sympathie noch um Antipathre-
sondern lediglich um pure Juteressen, und ich glaube, letztere
werden schließlich sowohl in Heidelberg als in Handschuhsheim
den Ausschlag geben_

Kleine Zeitung.
— Koblenz, 2. Dec. Hauptmann Feez, Bezirksoffizier 'N
Forbach, erschoß sich, wie die Franks. Ztg berichtet, hier in der
Wohnung seiner Mutter.
— Leipzig, 29. Nov. Zu einem buchhändlertschen Ereign'v
ersten Ranges gestaltete sich heute Morgen die Ausgabe vsM
Bismarcks „Gedanken und Erinnerungen". Als st"
Punkt 8 Uhr die Pforten des weltbekannten Steinacker'ichen
Geschäfts, des hiesigen Commissionshauses der Cotta'scheu Buch-
handlung in Stuttgart, öffneten, kamen sofort 500 große Kiste"
zum Veisandt, und 8 große Rollwagen nahmen die von ds"
übrigen Leipziger Commissionshäusern bestellten Exemplare
Empfang. Ein Verkehr, wie er wohl kaum an einem Aus-
lieferungstage zur Erscheinung gekommen ist, entwickelte sich
dem Steiuacker'schen Hause. Wird doch der weitaus grob',
Theil der vorläufig 10000» Exemplare betragenden Gesawn"'
ciuflage oes nationalen Werkes von ihm ausgeliefert. Was"
den zwei Stunden von 8—10 Uhr bewältigt wurde, entspr""
etwa der Ladung von 14 Eisenbahnwagen von je 100 Zentner»
(das zweibändige Werk wiegt zwei Kilogr.), also einem Gew'«
von 1400 Zentner. Abgesehen von der Maffenauslieferung kawe»
auch noch viele Hundert von Einzelpackeien zur direkten Abholung
Die Nachfrage war eine so gewaltige, daß die große fabiikmiM
betriebene Buchbinderei, vormals Gustav Fritzsche, mit ff
Lieferung der Einbände nicht ganz fertig zu werden vermach^
Ein Theil der ersten Auflage kann daher erst in einigen Tage"
in die Welt gehen. Inzwischen sind massenhaft neue Auftrag
eingelaufen, ein Zeichen, daß das Verlangen nach dem literal'
scheu Vermächtniß unseres großen Tobten noch lange nicht m
friedigt ist.__

Theater- und Kuminachrichten.
Heidelberg. 3. Decbr. Montag geht am Stadttheate
die Lustspielnovität „Auf der Sonnenseite" von Blumenthal st»
Kadelburg, deren Erstaufführung sich bekanntlich eines groß'"
Erfolges zu erfreuen hatte, wiederholt in Scene. -
Heidelberg, 3. Dec. Es sei an dieser Stelle nochmals dara»
aufmerksam gemacht, daß das ursprünglich auf heute auberarn»'
zweite der von Kapellmeister Sahlender veranstalten
Abonnementsconcerte wegen Verhinderung der Kammersänger
Frau Kutscherra de Nys auf Anfang Januar 1899 vernd
worden ist.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Sonins
4. Dec.: „Dornröschen", Oper von Langer. Montag, 5. Dee-
„Mutter Erde". ...
Karlsruhe. (Großh. Hoftheater.) Im Hoftheater in Karlsruhe'
Sonntag, 4. Dec.: „Martha". „Cappella". Montag, 5. Der'
Meerleuchten". Dienstag, 6. Dec.: „Aida" (Amonasso: «er
Julius Kiefer vom Sladttheater in Würzburg a. G.). Donner»',
tag, 8. Decbr.: „Der Traum ein Leben". Freitag, 9. Dee''
„Minna von Barnhelm". Samstag, 10. Dec.: Zum ersten MM-'
„Die Schmetterlingsschlacht". Sonntag, 11. Dec.: „Der fliege» .
Holländer". — Im Theater in Baden-Baden: Mittwoch, 7. Dee'
„Die Schmetterlingsschlacht". _.

Handel und Verkehr.
Frankfurt, 2. Dec. Ekfektensacietät. Abends 6'/« d'A
Oesterr. Creditaktien 304^—'/,—^ b. Diskonto-Kommaffff
195.10—20 b. Darmstädter Bank 153 b. Deutsche Bank 201 '
w.ittelmeer 101.30 B. 20 G. 3pCt. Portugiesen 24.10 b. '
Spanier 41.40 b. 3pCt. Jtal. gar. E.-B. 59.40 b. G. Pri"
Henri 103.80 b. 4pCt. Griechen 49.10 B. 49 G. 3pCt. Mexika»
23.80 b. Allgem. Elektr.-Aktien 272 20 b. G. Ungar. Ele"'
Aktien 113.90-114.20 b. Harpener 176.20 B. 10 G. La"r°»
208 b. Bochumer 217.30 b. Oberschles. Eisen 152.30 b. G. ff? -
cordia 262.50 b. Hoch- und Tiefbau-Aktien 156.80 b. 8/9
168 b. G. Internat. Elektr. 133.30 B. 20 G. Gotthard-ÄkM
148.30 b. Schwitzer Central 148.30 b. Schweizer Vor»
109.90 b. Schweizer Union 78.40 b. Jura-Simplon 89.3"
5pCt. Italiener 93.80 B. 70 G. ult. .
6'/.—6*/, Uhr: Creditaktien 304°/i- Disconto 195.20. Ho»?
und Tiefbau-Aktien 158.
Bei stillem Verkehr zeigten die Kurse allgemein feste Halt"»"
Berlin, 1. Dec. Heidelberger Stragen- und BergvE
gesellschaft 148.75 g. . ,
Heidelberg, 3. Dec. (Marktpreise.) Heu per Cent«
2.20 bis 2.40, Korn-Stroh per Ctr. 2.— bis 2.30, Ze»'
1.60 bis 1.80, gelbe Kartoffeln per Centner 3.20 bis ff ,
Salatkartoffeln per Ctr. 4.20 bis 4.50, per Pfd. 0 bis Off
Butter in Ballen 90 bis 95 in Pfd. 1.05 bis,
Zwiebeln per Pfund 7 bis 8 Knoblauch 35 bis 40 ff
Gelbrüben 3 bis 4 Rosenkohl 20 bis 25 SchwarzwE
20 bis 40 Kastanien 10 bis 12 Eier per Stück ff ..
10 per Hundert 6.50 bis 7.50, Nüsse per Hundert 40 §
60 Mispeln 30 bis 45 Blumenkohl per Stück 25
50 Rothkraut 20 bis 25 Weißkraut 8 bis 12 WM'»
3 bis 10 Kohlrabi 2 bis 3 Boden-Kohlrabi 5 bis 1»
Sellerie 1 bis 10 Lauch 1 bis 5 Rettich 2 bis ff
Meerrettich 5 bis 25 Weiße Rüben per Stück 1 bis o
Rothe Rüben 1 bis 2^, Endivien 3 bis 6 Aepfel perA»
3 bis 10 Birnen per Stück 3 bis 15 Gehund Petettff
1 bis 3 Schnittlauch 2 his 3 Tomaten per Pfd. 40 .
12 Welschkorn 8 bis 9 Stachys 18 bis 20
Aal per Pfund 1 Hecht 80 bis 1.20, Karpfen 4
Weißfische 30 Barbe 35 bis 40 Knülps 35 bis 40 §
Braise 40 dis 45
Eppiugen, 2. December. Dem heutigen Schweinern aff-
wurden zugeführt: 405 Milchschweine und 16 Läufer.
 
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