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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0592

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Choral einstudirt hatte und in der Schloßkapelle zum Vor-
trag brachte. Um 10 Uhr gratulirten die in Baden an-
wesenden Mitglieder der Umgebung und die Oberhofmeisterin
Freifrau von Holtzing, die Hofdamen Freiin von Schönau
und Freiin von Reck, die von Karlsruhe gekommen waren,
sowie Hofmarschall Freiherr von Freystedt. Später em-
pfing die Großherzogin den Kommandeur ihres Königin
Augusta Garde-Grenadier-Regiments Nr. 4 Obersten Grafen
von Kanitz, sowie Vertretungen der Stadt und der Frauen-
vereine, ferner den Kommandirenden General, General der
Kavallerie von Bülow und Gemahlin und den General-
oberst Freiherrn von Los, der seit zwei Tagen in Schloß
Baden weilt. Gegen 11 Uhr trafen der kaiserliche Statt-
halter Fürst Hohenlohe und die Fürstin Hohenlohe, um
halb 1 Uhr die Prinzessin Wilhelm, Prinz Karl mit der
Gräfin Rhena und die Fürstin zur Lippe auf Schloß
Baden ein und nahmen am Familienfrühstück theil, zu dem
die Prinzessin Amelie zu Fürstenberg erschien. Im Lauf
des Nachmittags reisten die fürstlichen Gäste wieder ab.

Ausland
Oesterreich-Ungarn. Pest, 3. Dec. Franz Kossuth
kündigte eine Interpellation darüber an, ob die Antwort
des Grafen Thun in der Angelegenheit der A u s w ei sun g
österreichischer Staatsbürger und die Drohung
mit Repressalien das Bundesverhältniß mit Deutschland
nicht beeinträchtige.
Frankreich. Paris, 3. Dec. In einem an den
Temps und an das Petit Journal gerichteten Briefe
erkläret Poiucars nochmals öffentlich, er habe gesagt
und wiederhole, daß der General Mercier als Kriegs-
minister seine Kollegen über die angeblichen Geständnisse
des Dreyfus nicht in Kenntniß gesetzt habe. Er, Poin-
cars, habe gesagt und wiederhole, daß der Hauptmann
Lebrun-Renault, als er vor den damaligen Minister-
präsidenten Dupuy gerufen wurde, um sich über seine Unter-
haltung mit Dreyfus zu äußern, antwortete, Dreyfus
habe ihm keine Geständnisse abgelegt. Dupuy
habe ihm (Poincars) noch heute die Richtigkeit seiner Er-
innerungen bestätigt und er kenne seine Loyalität zur Ge-
nüge, um überzeugt zu sein, daß er diese Erklärung auch
vor dem Cassationshofe abgeben werde, wenn er geladen
werde. Erst 1897 habe man von einem mündlichen Bericht
gehört, den Lebrun-Renault im Jahre 1895 seinen Vor-
gesetzten erstattet habe und der erst zwei Jahre später nieder-
geschrieben und unterzeichnet worden sei.
Paris, 3. Dec. Besonders bemerkenswerth ist, daß
das Siscle heute in Fettdruck seine Anklage gegen
du Paty ve Elam wieder aufnimmt und daß gleichzeitig
der Rappel meldet, die Untersuchung gegen du Paty
wegen Betheiligung an verschiedenen Angelegenheilen des
Dreyfushandels sei soweit fortgeschritten, daß die Anklage
gegen ihn demnächst dem Militärgouverneur von Paris ein-
gereicht werden könne.
Paris, 3. Dec. In einem Lokale der Rue Cadet
fand eine Versammlung für Picquart statt. Daran
schloß sich eine große Vvlkskundgebung in demselben Sinne.
Picquart ist all diese Tage jeweils stundenlang vom
Kassationshofe verhört worden.
England. London, 3. Dec. Der Präsident des
Handelsamts Ritchie sagte in einer Ansprache an die
Freiwilligen in Croydon, die Kriegsgefahr sei dem
Lande näher gewesen, als mancher wisse, aber die That-
sache, daß man nichts gefürchtet habe, sei dem Vertrauen
des Landes in die Stärke der nationalen Vertheidigungs-
mittel zu danken. — Der frühere Unterstaatssecretär Grey
hielt in Blackburn eine Rede, in welcher er zugab, die
Regierung habe sich Vertrauen erworben infolge des bessern
Einvernehmens, das jetzt zwischen England und Deutsch-
land bestehe. Grey gab der Hoffnung Ausdruck, daß
Deutschland und die Vereinigten Staaten mehr und mehr
mit der englischen Politik der „offenen Thür" sich befreunden
werden, die zu einem großen Aufschwung des Handels in
der ganzen Welt führen werde. Redner fragte, warum
der Versuch nicht gemacht worden sei, über China ein
Einverständniß mit Rußland zu erzielen. Die chinesische
Frage sei für England und die andern Länder die schwierigste
von allen und es sei durchaus wesentlich für den Frieden
in Asien, daß zwischen der englischen und russischen Re-
gierung ein Einverständniß zustande komme. Er glaube,
die letztere sei ehrlich besorgt für den Frieden in aus-
wärtigen Angelegenheiten.
Badischer Landwirthschastsrath.
H Karlsruhe, 1. Dezember.
Oekonomierath Schmid berichtet sodann über die Maß-
nahmen zu umfassendem Vorgehen behufs Errichtung von
Ortsviehversicherungsan st alten auf der Grund-
lage des Gesetzes, die Versicherung der Rind-
vieh st ände betreffend. Hier sei die Hauptsache die Be-
lehrung, die von den landwirthschaftltchen Vereinen auszugehen
habe. Auch sei die unentgeltliche Vertheilung einer populären
Schrift wünschenswerth, in welcher iltpp und klar die Vortheile
des Gesagten dargethan würden. Referent erörtert sodann die
einzelnen Bestimmungen der Novelle, auf welche die Belehrung
sich besonders zu erstrecken habe. Bor allem müßten die größeren
Viehbesitzer darüber aufgeklärt werden, daß sie gewissermaßen
eine moralische Verpflichtung hätten, mit gutem Beispiel voran-
zugehen. Endlich sollte versucht werden, innerhalb der einzelnen
Bezirke gleichsam ein Netz solcher Versicherungsanstalten zu ziehen,
das sich schließlich über das ganze Land erstrecke. Die Regierung
verdiene Dank, daß sie solche bedeutende Mittel für dieses In-
stitut ausgeworfeu habe. Es sei eine Ehrensache der Vieh-
besitzer, mit beizutragen, daß dieses Institut immer weiter aus-
gebaut werde.
Mitberichterstatter Schüler-Ebringen tritt diesen Aus-
führungen in allen Punkten bei. Die Belehrung sei vor allem
geboten, da ein gewisses Mißtrauen immer noch zu beseitigen
sei. Die Regierung sei den Wünschen der Volksvertretung in
dieser Frage weit entgegengekommen. Vor allem müsse man die
größeren Viehbesitzer, die zum Theil die geborenen Gegner des
Gesetzes seien, über die Vortheile des Gesetzes aufklären. Be-
merken möchte er aber, daß die Regierung die Seuchenbestimmungen
stramm aufrecht erhalte, trotz der augenblicklichen Mache der so-
genannten „Fleischnoth".

Scipio-Mannheim ist mit den Anträgen einverstanden,
denn nur auf dem Wege solcher Versicherungsanstalten können
die Tuberkulose und Perlsucht wirksam bekämpft werden. Man
müsse dabei auch darauf sehen, daß kein Thier ausgenommen
werde, das nicht die Jmpfprobe bestanden. Redner plädirt für
Einführung der Zwangsimpfung für die zu versichernden Thiere
zur Bekämpfung der Perlsucht.
Regierungsrath Haffner verbreitet sich des Eingehenden
über Schutzimpfungen bei ausbrechenden Seuchen.
Frhr. v. Göler dankt für die freundliche Begrüßung durch
den Vorsitzenden; er bringe ein warmes Herz für den badischen
Bauern mit und wenn er auch die Lücke, die Frhr. v. Bodman
hinterlassen, nicht auszufüllen vermöge, so werde er seine Kraft,
so schwach sie auch sei, gern in den Dienst des Landwirthschafts-
raths stellen. In der vorwürfigen Frage sei er mit den Aus-
führungen der Referenten einverstanden. Die Belehrung müsse
vor allem durch die Mitglieder der landwirthschaftlichen Vereine
geschehen. Hier könne der Landwirthschaftliche Verein einmal
zeigen, ob er noch genügende Aktionsfähigkeit besitze. Sympa-
thisch hätten ihn die Bemerkungen Schüler's über die Fleisch-
noth berührt. Er hoffe, daß auf dem nächsten Laudwirthschafts-
rath diese Frage, wie diejenige der Getreidepreise eine eingehende
Erörterung erfahre.
Steingötter-Heidelberg führt aus, daß im Heidelberger
Bezirk eine Belehrung durch die Presse schon erfolgt sei.
Präsident des Ministeriums des Innern Geh. Rath Dr.
Eisenlohr ist der Ansicht, daß es allerdings geboten sei, daß
die einzelnen Anstalten bei Aufnahme der Thiere mit größerer
Sorgfalt zu Wege gehen, als vielfach bisher geschehen. Von der
betreffenden Bestimmung des Gesetzes werde nicht der hinreichende
Gebrauch gemacht, ja es sei ihm ein Gerücht zu Ohren gekommen,
nach welchem von Händlern geflissentlich kranke Thiere in Ote
mit Versicherungsanstalten verkauft werde», um die Versicherung
zu erhalten. Eine scharfe Kontrolle müsse über die Thiere geführt
werden, doch könne man nicht vorschreiben, daß jedes Thier vorher
einer Jmpfprobe unterzogen werde. Damit würde man ein trau-
riges Resultat für den Fortschritt der Versicherungsanstalten er-
zielen. Er dürfe wohl anuehmen, daß hier Einstimmigkeit da-
rüber herrsche, daß diese Viehverstcherunz zur Unterstützung des
Bauernstandes geschaffen sei. Er Halle sie für einen Grundpfeiler
zur Erhaltung des bäuerlichen Wohlstands. Deßhalb müsse man
auch dringend München, daß die heutigen Vorschläge von Erfolg
gekrönt seien. Möchten doch auch die Viehbesitzer überlegen,
welche große Opfer der Staat bringe. Würde aber das Gesetz
außer Kraft treten, so würden auch die Beiträge des Staates
aufhöreu. Dieselben betrügen im laufenden Jayre 80- bis 90000
Mark. Blieben die Viehbesitzer träge, so liefen sie Gefahr, daß
dieses Institut wieder aufhöce. Auf dem letzten Landtag sei es
gelungen, eine einstimm ge Billigung des neu revidirten Gesetzes
herbeizuführen. Durch einmllthiges Zusammenwirken aller Par-
teien werde es hoffentlich gelingen, dem Gesetz ein größeres Wir-
kungsfeld zu verschaffen, als bis jetzt geschehen sei. (Beifall.)
Nach kurzen Bemerkungen der Referenten werden oie Anträge
angenommen und die Regierung ersucht, eine populäre Schrift
über die Vortheile des Gesetzes ausarbeiten und unentgeltlich
verkheilen zu lassen.

Aus Ltadt und Lund.
Heidelberg, 5. December.
** Fürstlicher Besuch. Se. Durchlaucht Prinz Franz Joseph
von Battenberg nebst Gemahlin Anna, geb. Prinzessin von
Montenegro, sowie Prinzessin Alice von Battenberg kamen
Sonntag Vormittag 11 Uhr 15 hier an und stiegen im Viltoria-
Hotel ab. Abends fuhren die hohen Herrschaften nach Darmstadt
zurück
K Auszeichnung treuer Dienstboten. Am «amstag, als am
Geburtstag der Gioßherzogin, werden Nachmittags im großen
Nathhaussaale die von Ihrer Königl. Hoheit für langjährige
treue Dienstzeit gestifteten Kreuze und die Gaben aus der
Umbstädler-Riedmüller'schen Stiftung vertheilt. Herr Stadlpfarrer
Schlick hielt eine zu Herzen gehende Ansprache, worin er auf
das segensreiche Wirken' der Großherzogin hinwies und zum
Dank für dasselbe und zum Gelöbniß, dieses Wirken zu unter-
stützen, aufforderte. Tann verlas Herr Dr. Blum als Beirath
des Frauenvereins die Namen der knei mit Kreuzen Ausgezeich-
neten, worauf Frau Geh. Reg.-Rath Pfister die Güte Halle, das
Kreuz den Dekorirten umzuhängen. Es erhielten: Tas silberne
Kreuz für 25jährige Dienste Sophie Rügener bei Herrn
Geh. Rath Kühne und Änne Marie Wilhelm bei Frau Rech
Wittwe; das silber-vergoldete Kreuz mit Kranz für
50jähr. Sienste: Elimbeth Rücker bei Herrn Tekan a. D. Buch.
Hierauf ergriff Herr Bürgermeister Dr. Walz das Wort, um
mitzutheilen, daß 24 treue Dienstboten diemal mit Geldprämien
ausgezeichnet werden konnten. Eine Anzahl von Gesuchen konnte
bei aller Anerkennung für die treue Arbeit der Betreffenden deß-
halb leider nicht berücksichtigt werden, weil dieselben nicht eigent-
liche Dienstboten sind, d. h. weil sie nicht in der häuslichen
Gemeinschaft mit ihren Arbeitgebern leben. Es erhielten ans
den Umbnätter-Niedmüller'schen Stiftungen Prämien und zwar:
von je 45 Mark für 24—41jährige Dienste: Lisette
Achberger bei Herrn I. P. Rummel, Johanna Koch bei Herrn
Karl Müller (Hotel Victoria), Juliane Hinrichs bei Frau Kirchen-
rath Holsten Wwe, Juliane Knopf bei Herrn Franz Krcher,
Peter Krieg bei Landwirth Ludwig Reinhard Wwe., Neuenheim,
Emilie Olbert bei Frau Geheimerath Knies Wwe, Karoline
Glinz bei Frau P. Desaga Wwe, Lisette Sohns im Akademischen
Krankenhaus. Ferner Prämien zu je 35 Mark für
13—18jährige Dienste: Christine Kuhn bei Franz Waltz
Erben, Wilhelmine Richter bei Herrn F. W. Buchheim, Barbara
Kriechbaum bei Herrn Oberpostsekretär Kraft, Johanna Läglcr
bei Herrn Karl Müller (Hotel Victoria, Katharina Teuf! er
bei Frau R. Langer Wwe. geb. Kleinlein, Katharina Weber bei
Händler G. H. Kraft. Endlich Prämien von je 25 Mark
für 10—12jährige Dienste: Marie Lindner Wwe. bei
Dr. Frank Marperger Erben, Elisabeth Belz bei Herrn Dr.
Aug. Schneider, Babette Stadtmüllec bei Frau Baronin v. Merck,
Josef Jochim bei Kirner Willmann u. Cie., Elisabeth Schnecken-
berger bei Herrn Fried. Burgweger, Uhrmacher, Katharina
Kupferschmidt bei Frau Buchhändler Karl Schmitt Wwe.,
Gertrud Dehonst bei Frau Philipp Eberlein Wwe., Lydia Arnold
bei verrn Privatmann Wilh. Liebenstein, Rosine Freund im
Akadem Krankenhaus, Katharina Salzgeber im Akadem. Kranken-
haus. Ferner gab Herr Bürgermeister Dr. Walz bekannt, daß
durch Beschluß des Verwaltungshofs Eva Katharina Heckmann
bei Frau Werte aus der Pfarrer Herrmann'schen Dienstboten-
stiftung eine Prämie von 90 erhalten habe. Redner beglück-
wünschte die Ausgezeichneten und ihre Herrschaften und ichloß
mit dem Hinweis, daß eine, in der Belohnung treuer Arbeit
bestellende Feier des Geburtstags der Großherzogin eine solche sei,
wie sie ganz dem Herzen und der Gesinnung der hohen Frau
entspreche.
O Höhere Mädchenschule. Der Geburtstag Ihrer Königl.
Hoheit der Groß Herzogin wurde gestern von der Höh. Mäd-
chenschule mit zahlreich erschienenen Gästen, unter welchen man
auch Vertreter der städtischen und staatlichen Behörden bemerkte,
festlich begangen. Herr Direktor Dr. Thorbecke hieß die An-
wesenden willkommen und wies darauf hin, wie die im Juli wegen
der Trauerkunde aus Friedrichsruhe abbestellte Aufführung der
„Glocke" auf heute verschoben worden sei. Wie könne man auch
den aufs Ideale gerichteten Sinn der edlen Fürstin, der Tochter
Kaiser Wilhelms, der Enkelin der Königin Luise, besser feiern als
durch den Vortrag einer Dichtung, in welcher das Familienleben,
die Arbeit und die Segnngen der gesetzlichen Ordnung verherrlicht
werden. Sodann sprach der Redner von dem segensreichen Wirken
unserer Großherzogin und den Verdiensten, die sich die hohe Frau
um die Hebung der weiblichen Bildung erworben, und wie sie
sich besonders die Mädchenschule durch ihre fördernde Theilnahme

und Anregung zu Dank verpflichtet habe. Nach Verlesung eines
Glückwunschtelegrammes, das Ihrer Königl. Hoheit zugesandt
wurde, schloß die Ansprache mit einem begeistert aufgcnommene»
Hoch auf die Fürstin. Schillers „Glocke", von Rauchenecker in
Musik gesetzt, bildete das Hauptstück des musikalischen Theiles der
Feier. Ein Schubert'scher Psalm leitete ihn ein, Schuberts
„Hallelujah" beschloß ihn. Der „Glocke" ging Geibels Gedicht:
„Zum 10. November 1859" voraus, wie ihr Goethes „Epilog z»
Schillers Glocke" unmittelbar folgte. Fräulein Elisabeth Manchen
und Fräulein Hedwig Hartfelder hatten wieder wie im letzten
Schlußakt den Vortrag dieser Gedichte übernommen. Auch die
andern Damen, die bei der ersten Aufführung mitgewirkt haben,
stellten in dankenswerther Weise ihre Unterstützung der Schule
wieder zur Verfügung. So vor allen Fräulein Luise Wachter, in
deren Händen nicht nur die Klavierbegleitung der „Glocke", sondern
auch die der beiden Schubert'schen Chöre lag, und die ehemaligen
Schülerinnen der Anstalt, Fräulein Elfriede Bülow (Sopran)
und Fräulein Elisabeth Leimbach (Alt), welche die Solostellen zuvj
Vortrag brachten. Ebenso war den Fräulein Minna Curtaz und
Elisabeth Heck wieder die Deklamation übertragen worden.
Schülerinnen des Seminars und der drei obersten Schulklassen
trugen die Chöre vor. Besonderer Dank gebührt Herrn Neallehre»
Stein, der die prächtigen Chöre mit großem Erfolg und Flew
eingeübt hatte und sich damit ein großes Verdienst um die erhebende
Feier erworben hat.
5V. lll. Vierprobe des Liederkranz. Am gestrigen Sonntage,
Nachmiltags 5 Uhr, hielt der Liederkranz in seinem Vereinshaust
seine 3. und in diesem Jahre letzte Bierprobe ab. Der große
Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. In komischen Vor'
trägen wurde wieder das denkbar Beste geleistet. Auch die z»>»
Vortrag gebrachten Lieder, Duetts und Chöre wurden reichlich
applaudirt. Die Aufführung der Parodie der „Räuber" ent-
fesselte mit ihrer drastischen Komik wahre Beifallsstürme und es
wurde den Darstellern ein nicht endenwollender Beifall zu The»-
Erst in den Abendstunden erreichten die Veranstaltungen ihr Ende.
V7. Kaufmännischer Verein. Letzten Samstag veranstaltete
der Kaufmännische Verein einen Herren-Abend mit musikalischeu
und humoristischen Vorträgen; die Veranstaltung war sehr gut
besucht. Herr Petters begrüßte die Erschienenen, worauf die
Veranstaltungen ihren Anfang nahmen. Es wurde Vorzügliches
geboten und so gestaltete sich der Abend zu einem sehr genȧ-
ieichen und gemüthlichen. Die von Herrn Petters organisirte
Hanskapelle that ihr Bestes. Gut vorgelragene Solis wechselte»
mit allgemeinen Liedern und komischen Vorträgen ab. De»
Glanzpunkt des Abends bildete ein komisches Terzett, L-a
schwanden die Stund.n in der angenehmsten Unterhaltung schue»
dahin und erst in vorgerückter Zeit trennte man sich.
Vortrag im kaufm. Verein. Ter Sonntag Abend 8 Uhr u»
großen Harmonie-Saale von Herrn Jens Lützen, Dozenten a»
der Humboldt-Akademie Berlin, gehaltene Vortrag über: „Das
Gold land Alaska", war sehr zahlreich besucht. Die äußer»
interessante Darstellung wurde von dem Vortragenden mit Humor
reichlich gewürzt und durch wunderbar schöne Lichtbilder erläutert-
Zuerst beschrieb Herr Lützen die Lage des von so manchem hsw'
ersehnten Goldlandes. In der Nähe des nördlichen Polarkreiies
gelegen, den äußersten Nordwestzipfel Amerikas bildend, ist
ein unwirthliches Land. Früher hat es den Russen gehört, wurde
aber im Jahre 1887 von den Vereinigten Staaten käuflich er-
worben. Da das Land vollständig werthlos erschien, war der
Kaufpreis ein äußerst niedriger; trotzdem herrschte in Amerika
größter Unwille und es wurde allgemein die Frage aufgeworfen;
„was man denn mit diesem Eisklumpen anzufangen gedenke-
Jedoch der Eisklumpen sollte sich in einen Goldklumpen verwandel»-
Im ersten Jahre wurde soviel Gold gefunden, daß der Kaufpreis
gedeckt war. Die Goldfunde mehrten sich von Jahr zu Jahr uiw
vor einigen Jahren erreichten sie eine solche Höhe, wie es bis
jetzt in keiner anderen Goldgegend der Fall war. Redner be-
schrieb hierauf die Reise dorthin. Nach der lebhaften Schilderung
dürfte wohl jedem der Zuhörer die Lust vergangen sein, »aat
Alaska zu reisen. Viele, die die Reise unternehmen, komme»
nicht bis in das eigentliche Goldland, sondern erliegen den große»
Strapazen. Bald geht es durch Flußläufe oder gar die Fluß-
belte entlang, bald durch dichten Urwald oder über hohe, mit ewigem
Schnee bedeckte Berge und über Gletscher, wo jeder immer gen»»
in die Fnßstapfen des Vordermannes treten muß, einen Sch-m
mehr links oder rechts und man ist verloren. Dies Alles schildert
Redner so lebhaft und veranschaulichte alles durch Lichtbilder,
daß man sich selbst schon auf dem Wege nach Klondycke glaubte-
Mit einer eingehenden Schilderung des Ortes der reichliche»
Goldfunde selbst, der Goldwäschereien, des Lebens und des Tre«
bens in denselben schloß der hochinteressante und lehrreiche

Vortrag. , .
§ Auszeichnung. Se. Königl. Hoheit der Großherzog »»
dem Letter des zahnärztlichen Universitätsinstitutes, Heu'
Dr. Jung, den Titel Professor verliehen.
-t- Angebot. Der Verwaltungsrath der Heidelberger
Baugesellschaft hat beschlossen, der Museums-Aktie»-
Gesellschaft ein Angebot von 400000 für deren Liegen-
schaft zu machen. Das Angebot ist der Museumsgesellschast
bereits schriftlich zugefertigt worden. Gleichzeitig erklärt sich »»
Baugesellschaft bereit, dem Museum eine Anzahl von Räume-
pachtweise auf längere Jahre zu überlassen.
** Hansverkauf. Das zur Verlassenschaft des verstorbene»
Herrn Jakob Lindau gehörige Haus Hauptstraße 194 »»j
Markt wurde um den Preis von 60000 von Herrn Mob«
fabrikant M. Burckhardt käuflich erworben.
* Der Theaterbericht mußte heute Raummangels wege»'
wegbleiben. ,
— Polizeibericht. In der Nacht von Samstag auf sonnt»-
kamen acht Personen wegen Ruhestörung und Thätlichkeiten z>»
Anzeige- Gestern wurden zwei Mannspersonen wegen Bettel»
und eine Franensperson wegen Umherziehens, sowie ein Bia»"
aus Eppelheim, der vor einer Wtrthschaft in der Haspelgasse >»
betrunkenem Zustande ansrtef: Hoch lebe die Anarchie! verhallen
In vergangener Nacht kamen zehn Personen wegen Ruhestör»»»
zur Anzeige. Aus Unvorsichtigkeit schoß ein Schlosser eine»
anderen Schlosser in den Oberschenkel; der Getroffene mußte ß«
im Akademischen Krankenhause verbinden lassen.
8. 0. Karlsruhe, 3. Dec. Geistlicher Rath. Dekan B - »°
wurde heute unter außergewöhnlich zahlreicher Betheiligung
Leidtragenden aller Stände beerdigt. Ter Trauerfeier wohl»"
u. a. Oberschloßhauptmann von O f f e n s a n d - B e r ck h o "
als Vertreter des Großherzogs, Minister Eisenlohr, Land"
kommtssär H eil, Geh- Legationsrath Freiherr von Bab°-
die drei Bürgermeister der Residenz und fast sämmtliche GeistUM
des Dekanats an. Zum Universalerben hat der Verstorbene
Vincentiusverein eingesetzt. ,
8.6. Karlsruhe, 4. Dec Der elektrische Betrie
auf der Strecke Karlsruhe—Ettlingen der Albthalbahn ist »"»'
mehr in Funktion getreten. Vorerst laufen nur zwei Wage»-
Bis zur Einstellung weiterer Elektromotoren werden für einzew
Züge noch Locomotiven verwendet. Die neuen elekt. WaS-
laufen gut und sind bequem eingerichtet. ,
8. R. Pforzheim, 5. Dec. Der Presser Humbert BoNw
von Amberg hat gestern Abend V-9 Uhr den verheiratheten Sch"«
Gültinger nach vorhergegangenem Wortstreit in seiner Wohn»»»
erstochen.
8. dl. Pforzheim, 5. Dec. Der Elektrizitätsarbeiter FrrdoU»
Echle stürzte beim Repariren einer Bogenlampe in einen Scham'
brach das Genick und war sofort todt.
8. Erstngeu bei Pforzheim, 5. Dec. Der Arbeiter Joh»»
Fluor, der gepern Abend von Pforzheim nach Hause ren '
gerteth unter den Zug; beide Beine wurden ihm abgefayr
und der Tod trat in kurzer Zeit ein.
N- 8. Offenburg, 4. Dez. In Friesenheim ist ein Wi ¬
der er von einem Waldhüter erschossen worden. In der N»^
zum 2. d. M. kehrte Ersterer, der 24-jährige Andreas Arnold »
 
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