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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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M. 288

Zweites Klatt

Mittwoch, den 7. December

1888

tragen, indem sie Mittel zu schaffen sucht, um namhaften deutschen
Schriftstellern oder deren Hinterbliebenen den Kampf um die
Existenz in Fällen der Noth zu erleichtern. Gilt dies für ganz
Deutschland, so verbleiben der Badischen Zweigstiftung noch eigene
Mittel zu freien Verfügung, die ausschließlich Angehörigen unseres
engeren Vaterlandes Badens zugute kommen. Auch an dieser
Stelle ergeht darum an alle Gebildeten die Einladung, die Sache
der Deutschen Schillcrstiftuug durch ihren Beitritt zum Badischen
Zweigverein zu unterstützen. Denn wenn sich auch in der Jahres-
versammlung vom 27. November ein abermaliger VermögcnszuwachS
ergeben hat, sodaß nunmehr 850 M. nach Weimar abgeliefert
werden können und 425 M. für den Zweigverein verbleiben (gegen
800 resp. 400 M. im Vorjahre), so wachsen doch auch die au die
Stiftung gestellten Anforderungen. — An die Jahresversammlung
schloß sich die V o r st a nd s s itzn n g an, in welcher über die
eingelaufenen Gesuche berathen und beschlossen ward. — Möge
die Theilnahme des Publikums in weiten Kreisen die Schiller-
stjftung in ihrem segensreichen Wirken auch fernerhin unterstützen.
L. 0. Karlsruhe, 4. December. Gestern Abend wurde die
von Grund aus reuovirte Fe ft Halle durch die bürgerlichen
Collegien einer Besichtigung unterzogen. Es herrschte nur eine
Stimme über die durchaus gelungene, ebenso geschmcckvolle als
zweckmäßige Renovation. Der prachtvolle Festsaal hat nicht nur
an äußerer Eleganz bedeutend gewonnen, sondern ist jetzt auch
gegen Feuersgefahr so ziemlich gefeit; jedenfalls ijr durch die
Anbringung zweier großer steinernen Freitreppen, die auf den
beiden Seiten direkt ins Freie führen, sowie durch Entfernung
der Draperien und sonstiger leicht entzündbarer Schinuckgcgenstände
die Feuersgefahr erheblich verringert worden. Der mit allego-
rischen Figuren reich bemalte Plafond kommt im strahlenden
Lichte von sechs großen elektrischen Bogenlampen zur vollen
Geltung. Wenn erst die Nebengebäude (Wirthschaftsräumlich-
keiten) vollständig eingerichtet und der ganze Saal mit elektrischem
Licht und Dampfheizung versehen ist, dann kann sich die Karls-
ruher Festhalle getrost au die Seite ähnlicher Etablissements anderer
Großstädte stellen. — Wie nicht anders zu erwarten, strömten
heute die Residenzler in Schaaren zur Festhalle, um deren neues
Gewand zu bewundern und Meister Böttge leistete mit seiner
wackeren Schaar beim Eröffnungskonzert das Mögliche, um die
„Einweihungsfeier" zu einer genußreichen zu gestalten.
— (D i e nst n a ch r i ch t e n.) Aus dem Bereiche des
14. Armeekorps. Mayer-G'schrey, Vizefeldwebel vom
Landwehr-Bezirk Heidelberg, zum Sekonde-Lieutcnant der Reserve
des 2. Bad. Grenadier-Regmts. Kaiser Wilhelm 1. Nr. 110,
Henking, Vtzewachtmeister vom Landwehrbeztrk Heidelberg,
zum Sekonde-Lieutenant der Reserve des Bad. Train-Bat. Nr. 14
befördert.

sums nichts wahrgenommen worden sei. Die Arbeiterbevölkerung
sei in ihren Einnahmen bedeutend gestiegen, so daß dieselbe
auch in der Lage sei, eventuell eine kleine Mehraufwendung zu
ertragen.
Abg. Frank-Bnckenberg führt ans, daß in Bezug auf die
Pforzheimer Viehmärkte bis zum Juli mehr Vieh als Käufer
gewesen wären. Von da ab sei der Markt schwächer befahren
worden. Die Gründe seien darin zu suchen, daß viele Einkäufe
direkt gemacht worden seien und daß andererseits der Landwirth,
unterstützt durch reiche Futtermittel, weniger schnell als sonst sein
Vieh verkauft habe. Und als die Fleichpreisc etwas hinaufge-
gangen, sei der Spektakel in den Städten losgegangen. Der
Konsum sei jedenfalls nicht zurückgegangen, wie auch heute wieder
der Normalpreis zu bezahlen sei. Fettvieh sei auf den Märkten
in durchaus genügender Zahl vorhanden.
Die übrigen Redner, Müller-Welschingen, Faller-Bonn-
dorf, Stein-Kudach, sprechen sich in gleichem Sinne aus, wo-
rauf die nochmals gestellte Frage, „ob durch die Grenz-
sperre ein erheblicher Mangel an Schlachtvieh ein-
getreten sei!" einstimmig verneint wurde.

Aus Stadt und Land.
Karlsruhe, 1. December. Der bad. Zweigverein des
Deutschen Schiller st iftung hielt, wie die Landesztg.
berichtet, am letzten Sonntag seine Jahresversammlung
ab. Von Heidelberg, Mannheim und Baden-Baden waren
Vertreter erschienen. Nach kurzer Begrüßung der Anwesenden
durch den Vorsitzenden, Herrn Direktor Dr. Löhlein und nach
Verlesung des Protokolls der letzijährigen Jahresversammlung
ging man sofort zum Hauptpunkt der Tagesordnung überStand
und Wirksamkeit der Stiftung. Es wurde festgestellt, daß die
Zahl der Mitglieder eine Vermehrung erfahren hatte, nachdem
in den Vorjahren stets ein Rückgang zu beklagen war. Darin
zeigte sich der Erfolg eines in Umlauf gesetzten Rundschreibens,
das über die Zwecke der Stiftung aufklären und zum Beitritt
auffordern sollte. Es ist damit aufs neue der Beweis erbracht,
daß die Bestrebungen der Deutschen Schillerstiflung in allen
Kreisen der Gebildeten auf berechtigte Theilnahme hoffen können,
daß, wo dieselben bekannt, sie auch anerkannt werden.
Dabei möchten wir ins Gedächtniß des Lesers zurückrufen: Die
Deutsche Schillerstiftung will eine Dankesschuld der Nation ab-

Ausland.
Oesterreich-Ungarn. Pest, 5. Decbr. Der Minister
für Kroatien, Emerich Josipodich, erklärte heute einem
Berichterstatter des Magyar Orszag, er müßte, falls Banffy
nach Neujahr den gesetzlosen Zustand einbürgern wollte, mit
Rücksicht darauf, daß nach seiner Ansicht der Fortbestand des
heutigen Verhältnisses Kroatiens zu Ungarn nur auf ver-
fassungsmäßiger Grundlage gesichert erscheint, aus dem
Kabinet austreten. Diese Erklärung des Ministers erregt
großes Aufsehen; überhaupt beginnt die Lage sich nach
allen Richtungen zu Ungunsten Banffys zu verwickeln.

Deutsches Reich.
— Dem Generalmajor Liebe rt, Gouverneur von
Deutsch-Ostafrika, hat der Kaiser persönlich den Rothen
Adlerorden zweiter Klasse mit der Krone und Schwertern
verliehen. Es ist ungewöhnlich, daß ein Offizier im
Frieden einen Orden mit Schwertern erhält. Diese Aus-
zeichnung bedeutet deshalb nicht nur die vollste Zufrieden-
heit mit der Amtsführung des jetzigen Gouverneurs von
Ostafrika, sondern enthält auch die Anerkennung für die
Leistungen der Schutztruppe, deren Chef der Gouverneur
gleichfalls ist. Generalmajor Liebert hat im Sommer 1897
eine Expedition der Uhehe geleitet. Es gelang zwar da-
mals nicht, des Rebellenführers Luawa habhaft zu werden,
aber doch die Maßregeln einzuleiten, welche in diesem
Sommer Luawa unschädlich gemacht und damit die völlige
Unterwerfung des kriegerischen Stammes der Wasagera
herbeigeführt haben.
— Der Landverkauf von Kiautschou hat dem
Gouverneur eine Einnahme von 100 000 Pfund Sterl.
(2 Millionen Mark) gebracht.

Kleine Zeitung.
— Parts, 2. Dez. Dem Einen stirbt ein reicher Onkel, dem
Andern eine reicheTante, letzteres ist soeben, nach der Köln. Ztg.,
der Fall bei den Pariser Obdachlosen; eine steinreiche
Kanadierin, Frau Maxwell-Heddle, hat ihnen, d. h. der Pariser
Gesellschaft der Nachtherbergen, „Lsilss cko vu.it-', ihr Vermögen
im Werthe von ungefähr 10 Millionen Franken vermacht. Neben-
bei fällt für einen Mitarbeiter des Figaro, Ferrari, die Summe
von IM 0M Frk. und eine Leibrente von 3000 Frk. ab; er hatte
das große Glück, eine so kostbare Erbtante zu kennen; ferner
erhielt ihre Gesellschaftsdame, die Spanierin Fräulein Satorös,
ein prachtvolles Haus zu Paris — cs liegt neben dem Hotel des
Expräsidenten Casimir-Perier — und eine Leibrente von 30 000 Frk.

Badischer Landwirthschaftsrath.
m Karlsruhe, 1. Dezember.
Nachmittags-Sitzung.
Abg. Frank-Buckenberg berichtet sodann über die Denkschrift,
betreffend die Behandlung der Magermilch und des
Ccntrifugenschlammes in den Molkereien. In
der Denkschrift wird auf die Gefahren hinsichtlich der Verschleppung
ansteckender Thierkrankheiten hingewiesen, welche durch den Betrieb
der Genossenschaftsmolkereien durch ihre für den Konsum be-
stimmten Produkte erwachsen. Besonders wird dabei hervorgehoben,
daß festgestellt, daß die Maul- und Klauenseuche eine nicht un-
erhebliche Ausbreitung durch Rückgabe der Magermilch aus den
Sammelmolkereien gefunden habe. Die Denkschrift weist nach
ausführlicher Begründung die Frage auf, ob nicht die Erlassung
von Anordnungen in Aussicht genommen werden sollten, wonach
die Sammelmolkereien zur Abkochung der Magermilch vor der
Rückgabe an die Milchlieferanten, sowie zur Vernichtung des
sogenannten Centrifugenschlammes allgemein verpflichtet werden.
Der Referent legt in längeren Ausführungen dar, daß eine der-
artige Forderung zu weit gehen würde und daß deßhalb die Re-
gierung von einer solchen Anordnung Abstand nehmen möge.
Der Mitrefereut Dreher-Wittlingen steht im allgemeinen aus
dem gleichen Standpunkt und stellt folgenden Antrag:
Der Landwirthschaftsrath wolle beschließen
I. der Großh. Negierung zu empfehlen:
s. Die Einführung der Vorschrift des 8 61 Absatz 2 der
bundesräthlichen Instruktion zum Reichsseuchengesetz zum
Schutz der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche durch
die Sammelmolkereien;
b. die Erlassung von Anordnungen, wonach die Sammel-
Molkereien zur Vernichtung bezw. Unschädlichmachung des
sogenannten Centrifugenschlammes verpflichtet werden;
II. Die Großh. Negierung zu ersuchen, von der Erlassung von
Anordnungen, welche die Abkochung der in den Sammel-
molkereien gewonnenen Magermilch allgemein verpflichtend
vorschrciben, zur Zeit abzusehen.
In der in der N a ch m i t t a g s s i tzu n g begonnenen Debatte
sprach sich Heitzmann für Abkochung der Magermilch und für
Vernichtung des Centrifugenschlammcs aus, da derselbe zur Ver-
breitung der Tuberkulose außerordentlich viel beitrage. Durch
Abkochung der Magermilch würden die Tuberkeln beseitigt und je
mehr man Vollmilch verabreiche, je besser gedeihe der Viehstand.
Scipio-Mannheim tritt für die Resolution des Referenten
ein, so sympathisch an und für sich die Ausführungen des Vor-
redners gewesen seien.
Ministerialrath Dr. Krems führt aus, daß die Regierung
bei der Ausarbeitung der Denkschrift sich der Bedenken wohl
bewußt gewesen sei, die in der Versammlung zu Tage gelangen.
Die Denkschrift sei in der Ueberzeugung ausgearbeitet worden,
daß hier eine wichtige Frage, die man nicht außer Acht lassen
dürfe, vorliege. Es sei aber auch hinreichend äußere Ver-
anlassung vorhanden gewesen, da Uebertragung der Tuberkulose
durch die Milch nachgewiescn. Er sei deshalb überrascht von der
wenig wohlwollenden Beurtheilung, die die Denkschrift gefunden.
Werde aber die Frage der Uebertragung bejaht, so dürfe man
doch die weitere Frage der Abhilfe nicht ohne Weiteres von der
Hand weisen. Auch in anderen Staaten habe man sich mit dieser
Frage befchästigt.
Dreher- Wittlingen hält die Frage noch nicht für spruch-
reif, da hier Behauptung gegen Behauptung stehe und der Be-
weis noch nicht erbracht sei, daß eine Uebertragung durch die
Milch stattfinde. Die Ziffer I seines gestellten Antrages ziehe
er zurück.
Berichterstatter Frank wendet sich gegen die Ausführungen
Heitzmanns. Bisher habe man in der Landwirthschaft vornehm-
lich die Meinung vertreten, daß kuhwarme Milch für die jungen
Kälber das Beste sei. Er stehe heute noch auf dem Standpunkt,
daß in den Orteu, in denen Molkereien bestünden, der Viehbestand
sich gehoben habe. Baden sei mit Einführung der Molkereien an
der Spitze marschirt, im Interesse der kleinen Landwirthschaft
Müsse man dieselben schonen. Jedenfalls könne man abwarten
was die Nachbarstaaten thun, deshalb bitte er um Annahme der
Anträge der Referenten.
Dieselben werden sodann angenommen in der Dreher'schen
Form.
Es wird hierauf die Frage zur kurzen Beantwortung gestellt:
„Hat sich im Laufe der Zeit ein Mangel an Angebot von
Fleisch gezeigt und ist es richtig, daß infolge der Grenzsperre
ein Mangel von Schlachtvieh eingelreten sei?"
Abg. Scipio-Mannheim glaubt in Bezug auf den Kreis
Mannheim konstatiren zu sollen, daß von eine»! Nothstand nicht
gesprochen werden könne, wie auch von der Abnahme des Kon-

.jmll üartwLM, Cigmentzaus l. Ranges,
8 Leopoldstraße (Anlage) 3.
Cigarren: Reichhaltige Auswahl erstklassiger deutscher Fabrikate
sowie importirte Havanas. — Cigaretten: Hauptniederlage von
Hayden Wwe., Frankfurt a.M., sowie Russische u. Egypt. Marken
Hierzu Heidelberger Familienblätter Nr- 97.
Inhalt: Prinzeßchen. Erzählung von Mrs. Hungerford. (Fort-
setzung.) — Herzenskämpfe. Von E. Wald. (Fortsetzung.) —
Haus-, Garten- und Landwirthschaftliches. — Vermischtes. —
Für den Büchertisch.

Expräsidenten Casimir-Perier — und eine Leibrente von 30 000 Frk.
Leider gibt es daneben noch ein früheres Testament, und von einer
Nachtherbergengesellschaft kann nicht die Rede sein; sie existirt nicht,
dafür aber sehr viele Nachtherbergen, wo alles kunterbnnd durch-
einanderliegt; indessen da es sich um die Obdachlosen handelt,
wird sich mit dem Gesetze schon reden lassen._
Für die Redaction verantwortlich: F. Montna in Heidelberg.
äod. OKr. 1^008, volläitorei,
Minis an äsr kksräsbsbu- null Usbsubsftu-Usltsstslls
lolopbou 136. Sioplrlsirsti-Lsss IS. Islspbou 136
Lu88otmnk von Osts, Mies, Okooolulls u uä Laos».
Oekrorenes. Ll^ueure, IVstiis, Limo nulle.

„Freili," entgegnete die Bäuerin ängstlich; „freili; i hab
ja mein geistlichn Herrn Bruder* —
„Dein geistlicher Herr Bruder soll mir ans Pfeifn!" pol-
terte der Bauer heraus. „Der Goldreiner bin i und in dem
Haus ist mein Schaffen und mein Wille 's allererste.—Aber
gut, i stimm bei; aber nit zwegn dem Geistlichen, nit zwegnen
Maler und nit zwegn mir. Deinethalben stimm i zu, denn
i will nit haben, daß oan Mensch in Ort und Thal wissen
soll, daß Du ohne Dein Mann zu fragen, solchene Sachen
einfädelst. Nachher noch ein's Mutter. Unser Rosel, acht-
zehn Jahr ist sie alt und a saubers Diandl ist's. Hab die
Augen offen, denn wann i in der Richtung was gspüret, zelm
donnert's Alte."
(Fortsetzung folgt.)

Die Goldreiner Rosel.
Erzählung von Karl Wolf in Meran.
(Nachdruck verboten.)
„Beim Goldreiner." So nannte man den stattlichen
Bauernhof, der von der Anhöhe so stolz auf das Dorf her-
niedersah wie der Besitzer auf die übrigen Einwohner des
Der Bauer schrieb sich eigentlich Thaler, und seine Vorel-
tern waren über's Joch eingewandert. Eiserner, unermüdlicher
Fleiß zeichnete die Leute aus, und sie brachten es dahin, daß
der heruntergekommene Hof der erste im Thale wurde und
der Besitzer das größte Ansehen in der Gemeinde genoß.
Der jetzige Besitzer des,Hofes hatte das Haus schön Herrichten
lassen, mit Söldern und zierlichen Giebeln und ganz beson-
ders stolz war er auf die mit Zirbelholz ausgetäfelte Stube.
Ueher der Kammerthüre war ein sogenanntes Spruchband
mit dem Namen eingeschnitten: „Hannes Thaler, beim Gold-
reiner."
Der Schnitzer wollte schreiben: „auf Goldrein." Dagegen
wehrte sich aber der Tbaler und meinte: „selb ist mir zu ade-
lig und i bin, Gott iei's gedankt, a Bauer."
In dieser schönen Stube saß der Bauer am runden Eß-
tisch in der Ecke, dort wo das Kruzifix an der Wand hing,
umgeben von bunten Heiligenbildern, und der Palmzweig da-
hinter gesteckt. Einen Krug Wein hatte er vor sich, auf einem
zinnernen Teller alten blauen Käse und hartes Brod.
Bedächtig kauend horchte er seinem Weibe zu. welche et-
was stockend berichtete: „Ja da schreibt mir mein geistlicher
Herr Bruder aus der Sladt, den armen Maler könn' lei die
Einsamkeit und Ruhe heilen. Er sei a g'schickter Maler und
hätt' für die Kirch' große Gmaleter zum Ausbeffern über-
nommen. Auf einmal sei von Wien her a Schreiben ein-
troffen und seit der Zeit sei der arme Mensch zusammen-
brochen an Leib und Seel'. So schreibt mein geistlicher Herr
Bruder aus der Stadt."
Langsam und bedächtig hob der Bauer den Krug an den
Mund und trank, die Stirne in krause Falten gezogen und

Literarisches.
—8 Aus Leuz und Herbst, Erzählung für die reifere
Jugend von Klara Jäger, illustrirt von Aug. H. Plinke; Preis
2 Mark, Verlag von Moritz Schauenburg in Lahr in Baden.
Das Buch enthält eine Reihe von Erzählungen für die reifere
Jugend, welche Frau M. v. Etzel, unter dem Pseudonym Klara
Jäger im Lenz ihrer Tage geschrieben und jetzt, im Spätherbst
ihres Lebens, in einem Bändchen zusammengestellt hat. Unter
den verschiedenen Zusammenstellungen von Erzählungen, die es
unternehmen, unterhaltend und zugleich veredelnd auf ihre Leser
in dem zarten Alter, für welches sie berechnet sind, einzuwirken,
nimmt in der That das obige Bändchen einen hervorragenden
Platz ein. Zu den alten Freunden, welche in der Jugend mit
Vergnügen begrüßt wurden, wird manche Mutter die Erzählungen
rechnen, welche jetzt in einem kleinen Bändchen vereinigt sind,
und in dankbarer Erinnerung froher Stunden die Ueberzeugung
gewinnen, daß es eine willkommene Festgabe für den Weihnachts-
tisch ihrer herangewachsenen Lieblinge sein wird. Eine Reihe
von Künstlerhand ausgeführter Vignetten und Illustrationen,
welche Bezug auf den Inhalt der einzelnen Erzählungen nehmen,
erhöhen das Interesse der Leser; ferner macht die sorgsame und
geschmackvolle äußere Ausstattung einen wohlgefälligen Eindruck.

die Augen auf die Stubendecke gerichtet. Dann stellte er den
Krug hin, milchte sich mit dem Rücken der Hand den Mund
und sagte: „Nachher? Was soll denn i bei der Sach? Etwas
muß mir vermeint sein, weil D' mir davon erzählst. JJenn
Di, Alte!"
„Ja schon," meinte etwas verlegen das Weib, „ja schon
selb. Mein geistlicher Herr Bruder hat halt gemeint, in un-
ferm Tbal, da wär a a'sunde Luft für den armen Häuter
und an Ruh thät er haben und an Frieden."
„Ja nachher soll er halt einer kummen in's Thal," meinte
ganz richtig der Bauer.
„Das mvcht' er schon, so schreibt mein geistlicher Herr
Bruder," siel nun die Bäuerin hastig ein. „Freili möcht' er
selb. Aber drunt bei die zwei Wirt kann er schier nit blei-
ben un da hat mein geistlicher Herr Bruder halt gemeint,
bei uns, wenn wir ihm oben die zwei lichten Kammern ein-
richten thäten —"
„Was Dir nit einfallt!" zürnte der Bauer. „Bist denn
narrisch? Den wildfremden Menschen so mir wx Dir nix
ins Haus nehmen, verköstigen und pflegen —"
„Er könnt ja 's Kruzifix neu malen," begütigte eilig die
Bäuerin. „Und der St. Martin auf der Stallthür ist a
schadhaft und die schmerzhafte Mutter in der Kapelln ist a
schon arg gschoßn."
„Und's Zifferblatt auf'n Thurm, selb könnt er ja a über-
nehmen, Dein Maler," spöttelte der Bauer. „Bist denn ganz
aus 'm Häusl? Dein geistlicher Herr Bruder, derselb wird
nit an Teufelmaler, oder an Martermaler, oder an Zimmer-
maler unter sein Schutz nehmen. — Der Maler muß schon
was rechts sein. Leicht einer, der Altarbilder macht, oder
Heilige im Goldrahmen. Und so a vornehmer Mensch taugt
nit einer in unser Haus; glaub mir's Alte, es taugt nit
einer."
„Aber mein Gott," jammerte Vie Bäuerin, „was werd
mein geistlicher Herr Bruder in der Stadt sagen, wenn i ihm
jetzt schreiben soll, der Maler derf nit kummen!"
„Deine Reden nach hast also den Versprach schon gmacht
für 'n Maler," forschte der Bauer.

Erscheint täglich.
Sonntags ausgenommen.
Preis
mit Familienblättern
monatlich 50 Pf.
frei in's Haus gebracht.
Durch die Post bezogen
vierteljährl. 1.25
ausschließlich Zustellgebühr.
Telephon-Anschluß Nr. 82.

WckkM Zeitmz

Jnsertionsgebühr
15 Pf. für die Ispaltige
Petitzeile oder deren Raum.
Für hiesige Geschäfts- und
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
Gratis-Anschlag
W der Inserate auf den Plakat-
tafeln der Heidelb. Zeitnng
und den Plakatsäulen.
Telephon-Anschluß Nr. 82.
 
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