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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0644

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tagswahlpflicht. Seine Partei werde einen entsprechenden
Initiativantrag einbringen. Eine ernsthafte Prüfung sei nöthig,
ob nicht die bestehenden Gesetze zum Schutze der Arbeitswilligen
ausreichten. Die Bestimmungen über den unlauteren Wettbewerb
enthielten noch viele Lücken, die ergänzt werden müßten. Redner
bespricht sodann die Verhältnisse der Deutschen in Oesterreich.
Ein Schlußantrag wird angenommen. Nach persönlichen Be-
merkungen Bebels wird der Etat der Budgetkommifsio» über-
wiesen. Hierauf vertagt sich das Haus auf den 10. Januar
1899. 2 Uhr Nachmittags: Rechnungssachen, Interpellation
v. Wangenheim über die Fleischnoth. Schluß 6 Uhr.
Baden. Auf die Anzeige von der erfolgten Gründung
eines badischen Landescomitss des deutschen Flotten-
vereins hat der Kaiser in einem Telegramm an den
Prinzen Karl seine hohe Befriedigung darüber kundgegeben.
Vom Großherzog kam ein Telegramm aus München
an den Prinzen Karl, in welchem derselbe in sehr warmen
Worten seine besten Wünsche für das Wirken des badischen
Landescomitös des Deutschen Flottenvereius aussprichl.
Karlsruhe, 15. Dec. Der seiner Zeit aus der sozial-
demokratischen Partei ausgeschlossene Führer und vielfache
Reichstagskandidat Andreas Kalnbach wurde nach dem
Mannh. Anz. in einer Mitgliederversammlung des hiesigen
sozialdemokratischen Vereins gestern Abend nahezu einstimmig
wieder ausgenommen. Kalnbach hatte sich beschwerdeführend an
die Landesversammlung gewendet, welche die Sache hierher
zurückverwiesen hat
Bayern. München, 15. Dec. Die Allg. Zeitung
schreibt: Der Grotzherzog von Baden ist, wie wir
versichern können, mit den allerbesten Eindrücken von
München geschieden. Der Empfang am königlichen Hofe,
der ganze überaus rege Verkehr mit dem Prinzregeuten
und den übrigen Mitgliedern des königlichen Hauses waren
von denkbar größter Herzlichkeit erfüllt. Auch die Mün-
chener Bevölkerung brachte bei jeder Gelegenheit dem er-
lauchten Gaste warme Ovationen dar. Der Grobherzog
hat sich auch über die Aufnahme am königlichen Hofe, in
der Stadt und namentlich auch über den Empfang im
Rathhause wiederholt mit äußerster Befriedigung geäußert.
Durch die ihm eigene bestrickende Liebenswürdigkeit hat der
hohe Herr alle Herzen gewonnen, wie seine Frische all-
gemein Freude und Bewunderung erregte. Wenn auch
der Besuch jedes politischen Charakters entbehrte, so schließt
das natürlich nicht aus, daß der Großherzog und der
Prinzregent in ihren vielen vertraulichen Besprechungen
auch die schwebenden politischen Fragen behandelt haben.
Der Besuch und sein ganzer Verlauf haben die innige
Freundschaft zwischen den beiden Fürsten und den
beiden Staaten in glänzendem Lichte gezeigt. Auch hierin
liegt naturgemäß ein politisches Moment von höchster Be-
deutung. Nicht allein für die einzelnen Staaten, sondern
auch für das deutsche Reich und seine Wohlfahrt.
Hessen. Darmstadt, 15. December. Die Zweite
Kammer trat heute zu einer kurzen Tagung zusammen.
Der neue Staatsminister Rothe stellte sich dem Hause
vor. Der Präsident widmete dem Fürsten Bismarck
einen warmen Nachruf, dessen Tod ein schwerer Verlust
für das ganze deutsche Volk und das ganze deutsche Vater-
land gewesen sei. Die Sozialdemokraten hatten den Saal
verlassen.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben dem
Geheimen Kabinetsrath der Großherzogin, Kammerherru Richard
von Chelius, den Rang eines Geheimen Oberregierungsraths
verliehen.
— Der mit Versetzung einer Grenzkontroleurstelle betraute
Hanptamtsassistent Julius Strack in Riedheim wurde in den
LIII. Grenzkontrolbezirk mit dem Wohnsitz in Wollmatingen
versetzt,
Karlsruhe, 15. Dec. Heute Vormittag halb 11
Uhr traf der Großherzog in Stuttgart ein. Der-
selbe wurde am Bahuhof von dem König empfangen und
zum Schloß geleitet, wo Begrüßung durch die Königin
statlfand. Seine Königliche Hoheit nahm Wohnung im
Schloß. Gegen 12 Uhr nahm Seine Königliche Hoheit
bei den Majestäten das Frühstück ein und machte dann
Besuche bei Fürstlichkeiten. Um halb 5 Uhr war Familien-
tafel. Die Abreise Seiner Königlichen Hoheit von Stutt-
gart erfolgt 6 Uhr 10 Minuten, die Ankunft in Karlsruhe
halb 9 Uhr.

Ausland.
Oesterreich. Wien, 15. Dec. In der heutigen
Sitzung des Abgeordnetenhauses ereigneten sich wieder
große Lärm auftritte. Wolf trat mit einem Exemplar
seiner heute konfiscirten Ostd. Rundschau hervor und rief
dem Justizminister zu: „Diese Confiscation ist eine Schuf-
terei!" (Großer Lärm.) Ministerpräsident Graf Thun
ersuchte den Präsidenten, seine Antworten auf die zur Ver-
handlung stehenden Interpellationen unter diesen Umständen
dem Protokoll des Hauses einzuverleiben. Da verschiedene
Abgeordnete sich hiergegen als eine Provocation des Hauses,
dem Graf Thun nicht als Mitglied angehöre, aussprechen
und nachdem Wolf gegen die Confiscation gewettert, erklärt
der Präsident, er werde die Antworten nicht zu Protokoll
nehmen lassen, da sie nicht verlesen worden seien.
Schweiz. Bern, 15. Dec. Die Bundesregierung
wählte zum Bundespräsidenten für 1899 den bisherigen
Vicepräsidenten Müller-Bern (radikal) und zum Vice-
präsidenten den Bundesrath Hauser-Zürich (radikal).
Frankreich. Paris, 15. December. Oberstlieutenant
Hache, Unterstabschef beim XV. Armeekorps, ist zum
Leiter des Nachrichtenbureaus im Generalstabe als
Nachfolger Henrys und Picquarts ernannt worden. Die

anders, ich glaube, Sie müssen es doch.Da habe
ich mich in den Finger gestochen — ja das kommt vom
Schwatzen-Wenn ich nur gleich ein bischen Leinwand
hätte."
Olga, die wie geistesabwesend vor sich hingestarrt batte,
kehrte mit ihren Gedanken zur Gegenwart zurück. Sie stand
auf, um etwas Verbandzeug zu holen. Aber sie schien wie
vom Blitz getroffen. Das Einräumen des Balllkeides und
der Garnituren mußte Hannchen heute allein besorgen.
(Fortsetzung folgt.)

Stelle war seit mehreren Monaten infolge der Zwischen-
fälle des Dreyfushandels unbesetzt geblieben.
Asien. Peking, 15. Dec. Die Kaiserin-Wittwe
empfing gestern die Gemahlinnen der Gesandten der euro-
päischen Mächte. Die Damen versammelten sich in der
englischen Gesandtschaft und begaben sich von dort nach
dem kaiserlichen Palast, wo sie feierlich empfangen wurden.
Der Kaiser saß zur Linken der Kaiserin-Wittwe. Die
Gemahlin des englischen Gesandten als Doyenne verlas
eine Adresse in englischer Sprache, worin sie die Kaiserin-
Wittwe namens der Damen zu ihrem Geburtstage beglück-
wünschte. Die Kaiserin zeigte sich äußerst huldvoll und
herzlich.
Amerika. Philadelphia, 13. Dec. Wie der
Times gemeldet wird, gedenkt die Regierung der Vereinig-
ten Staaten in diesem Winter die Verhandlungen mit
Deutschland wegen eines neuen Handelsvertrages
wieder aufzunehmen. Deutschlands jüngst amtlich bekundete
Freundschaft werde in Washington voll anerkannt und
werde wahrscheinlich dazu beitragen, Deutschland die Bei-
behaltung seiner Handelsvorrechte auf den von Spanien
abgetretenen Inseln zu sichern.

Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 16. December.
—ii. Vereinsleben in Stadt und Bezirk Inwieweit dem
vorhandenen „Bedürfniß" nach Bildung von Vereinen im Geb ete
des Amtsbezirks Heidelberg entsprochen wird, dürften die folgenden
statistischen Aufzeichnungen zeigen, die wohl manchen unserer
Leser interessiren werden. Zahlen reden. Heidelberg mit seinen
Vorstädten Neuenheim und Schlierbach zahlt am Schlüsse des
Jahres 1898 allein gegen 200 angemeldete Vereine. 27 dienen
der Pflege der Wissenschaft, der Lolksbelehrung und Fortbildung
in sittlicher und intellektueller Hinsicht sowie der Förderung des
Glaubenslebens. 1 Verein bestrebt die Hebung der Kunst,
3 machen sich die Verbreitung der Stenographie zur Ausgabe,
in 26 Vereinen pflegt man Gesang und Musik. Zur Bethäti-
gung des Gemeinsinns, zur Unterstützung Bedürftiger und zur
Krankenpflege haben sich 27 Vereine gebildet; 1 Verein sucht
Freunde des Naturbeilverfahrens zu gewinnen; der Förderung
der Berufs- und Standssinteressen dienen 28 Vereinigungen.
7 politische Vereine, je 1 Geflügelzucht-, Gartenbau-, Thierschutz-
und Kirchenbau-Verein tragen dem hier bekundeten Bedürfniß
Rechnung, 4 Vereinigungen bestreben die Hebung des Verkehrs
in Heidelberg und Umgebung, in 14 werden Sport, Spiel,
Turnen, Fechten und Kraft-und gymnastische Uebuugen gepflogen.
Je 1 Verein bestrebt die Förderung wissenschaftlicher Berufe für
die Frauenwelt, und die Verbreitung der fakultativen Feuer-
bestattung. In 60 Vereinen wird lediglich gesellige Unterhaltung
gepflogen. — Altenbach hat 3 angemeldete Vereine, Altneudorf 1,
Bammeuthal 8, Brombach 1, Dilsberg 4, Dossenheim 8, Eppel-
heim 15, Gaiberg5, Gauangelloch 1, Haudschuhsheim 14. Heddesbach
2, Heiligkreuzsteinach mit Eiterbach 5, Kleingemünd 1, Kirchheim
22, Lampenhain 1, Leimen 11, Löbenfeld 1, Mauer 4, Meckes-
heim 5, Mönchzell 0, Mückenloch 3, Neckargemünd 7, Nußloch 11,
Ochsenbach 0, Petersthal 3, Rohrbach 17, St. Ilgen 10, Sand-
haufen 10, Schönau 9, Spechbach 2, Waldhilsbach 1, Wald-
wimmersbach 1, Wieblingen 10, Wiesenbach 4, Wilhelmsfeld 2,
Ziegelhausen 21. Summa 221 (!) 62 Vereine des Landbezirks
pflegen Gesang, 2 Musik, 30 das Turnen und gymnastische
Körperübungen, 38 dienen lediglich der geselligen Unterhaltung,
53 haben sich die Bethatigung des Gemeinsinns durch Hilfe in
Roth und Krankheit zur Aufgabe gemacht, 6 pflegen Sport und
Spiel, in 12 Vereinen sucht man die Standestnteressen zu wahren,
8 dienen der Förderung der allgemeinen Bildung durch Lektüre
und Vorträge. Ferner existiren 1 Obstbauverein und 9 politische
Vereine. Mithin bestehen im Heidelberger Bezirk weit über 400
eingetragene Vereine, ohne die vielen nicht gemeldeten Gesell-
schaften und Gesellschäftchen. Und da frägt man noch, wo's
Geld hinkommt!
* Im Druck erschienen ist bei I. Hörning hier die akademische
Rede, die der derzeitige Prorektor der Universität, Geh. Hofrath
Kehrer, bei der Feier des Geburtsfestes weiland Großherzog Karl
Friedrichs gehalten hat.
ü) Schöffengerichtssttzung vom 15. Decbr. 1) Elisabeth«
Schlund, Dtenstmagd aus Zuzenhausen, z. Zt. hier in Hast, er-
hielt wegen Diebstahls 2 Wochen Haft, 2) Ludwig Friedrich
Haußmann aus Steinheim, z. Zt. hier in Haft, wegen Betrugs
3 Wochen Gefängniß, 3) Georg Kling, Maurer aus Wilhelms-
feld, wegen Betrugs 2 Wochen Gefängniß, 4) Emil Holzhäuser,
Eisengießer in Frankenthal, wegen Betrags 1 Woche Gefängniß.
5) Elisavetha Ewald, Dienstmagd in Dossenheim, wurde von der
Anklage wegen Unterschlagung freigesprochen. 6) Wilhelm Wagner,
Schlosserlehrling aus Heidelberg, erhielt wegen Diebstahls einen
Verweis, 7 > Friedrich Heinrich Scholl, Eisendreher in Mannheim,
wegen Betrugs eine Geldstrafe von 10 8) Auguste Schmitt,
geb. Bundschuh, und Frieda Schmitt, beide dahier, wurden von
der Anklage wegen Körperverletzung freigesprochen. 9) Mathias
Windmaier, Lorenz Windmaier, beide Maurer in Eppelheim,
Heinrich Becker, Maurer in Handschuhsheim, und Jakob Krauß,
Maurer in Wiesenbach, sind wegen Körperverletzung angeklagt:
Math. Windmaier erhielt 2 Wochen Gefängniß, die übrigen er-
hielten eine Geldstrafe von je 20 10) Dienstmagd Anna
Barbara Mayer in Bruchsal wurde von der Anklage wegen
Diebstahls freigesprochen.
--- Polizeibericht. Drei Mannspersonen wurden wegen
Bettelns vergastet; vier junge Leute kamen wegen Ruhestörung
zur Anzeige.
Nutzloch, 15. Decbr. Einer Circusgesellschaft wurde durch
die Gendarmerie hier ein Kind abgenommeu, da es mißhandelt
und zum Betteln angehalten wurde. Die Frau der Gesellschaft
wurde vom Bezirksamt Heidelberg verurtheilt, das Kind aber
wird It. Bad. Ldsztg. seinen Eltern, wohnhaft in Sachsen-Weimar,
zugesiellt werden.
A Feudenheim, 13. Decbr. Herr Hauptlehrer Val. Bock,
Kassier des Bad. Lehrerwittwen- und Waise n-
stifts zugleich, versandte diese Woche den Rechenschaftsbericht
für das Jahr 1897. Daraus nehmen wir folgende Daten von
allgemeinem Interesse: Die Mitgliederzahl beträgt 1508 (21 mehr
als im Vorjahr, trotz 48 abgegangenen), die Zahl der Wittwen
stieg von 300 auf 321, die der Waisen von 158 auf 161, das
Vermögen von 198221,92 auf 207163.57 sodaß ein Zu-
wachs von 8941,65 zu konstatiren ist. An Unterstützungen
wurden im Jahr 1897 ausbezahlt 14801,30 im Ganzen seit
dem Bestehen des Vereins 123 799,34 Möge auch fernerhin
ein glücklicher Stern über dem edlen Unternehmen leuchten!
L. 0. Mannheim, 15. Dec. Im Mannheimer Stadtrath haben
Verhandlungen stattgefunden, die eine ähnliche Regelung der
Verhältnisse der städt. Arbeiter vorsehen, wie sie in
Karlsruhe bereits perfekt geworden ist.
L. 17. Karlsruhe, 15. Decbr. Im Miether- und Bauverein
e. G. m. u. H. referirte heute Herr Rechtsanwalt Frühauf über
die vom Vorstand beabsichtigte Erbauung von ca. 250 Einzel -
familienhä usern mit je 3 Zimmern, Küche, 2 Mansarden,
Veranda und Hausgarten, zum Preise von je 6100 welche
in Albthal oberhalb Ettlingen erstellt werden sollen. Die Mit-
glieder des Vereins würden die Häuser ohne Anzahlung durch
jährliche Abgebung von 300 in 28 Jahren zu Eigenthum
erwerben können. Zur Förderung dieses Zieles soll der Versuch
gemacht werden, die Baukosten im Wege 3"/Jger Kapitalanleihen
bei der gut situirten Bürgerschaft der Stadt aufzubringen und

haben der Großherzog und die Großherzogin sich bereit erklärt,
mit einem Betrag von Einhunderttausend Mark an die Spitze
der Zeichnungen zu treten.
A Vom Hanauerland, 13. Dec. Es ist immer interessant,
die Berichte der verschiedenen Gegenden über die Ernte mit-
einander vergleichen zu können; deshalb sei auch hier mitgetheilt,
wie sich die Wiesen und Felder hier rentiren. Das nasse Früh-
ahr war der Grasbildung und dem Wachsthum des Klees sehr
förderlich; daher diese beiden Artikel, Heu und Grünfutter, im
lleberfluß gediehen. Auch Spelz, Hafer, Korn und Gerste lieferten
'eit Jahren ungewohnte Erträgnisse; alle Scheunen sind voll-
gepfropft und ist in dieser Hinsicht kein Mangel. Außerdem gc-
riethen Stoppelrüben und Dickrüben sehr gut, so daß man die
geringere Kartoffelernte mit in den Kauf nehmen kann, da man
der Kartoffeln zu Futterzwecken dieses Jahr entbehren kann.
Die Mostsäffer dagegen sind vielfach leer; denn der befruchtende
Blüthenstaub konnte bei dem anhaltenden Regenwetter nicht an
einen Bestimmungsort gelangen; nur einzelne Birnensorten
machten eine Ausnahme, und wer davon genug Bäume hatte,
kann sich bei gutem Birnenmost über den Mangel an Apfelwein
trösten. Der Nußknacker hat diesen Winier auch Ruhe, da die
uße Frucht fast ganz versagte. Dagegen konnte mancher Land-
wirth aus den überaus reichlich gediehenen Zwetschgen ein gutes
Zwetschgenwasser brennen lassen, und die Hausfrauen betrachten
mit Wohlgefallen ihre wohlgefüllte Truhe von gedörrten Zwetsch-
gen. So haben die Bauern hier allen Anlaß, dem Himmel für
das Jahr 1898 dankbar zu sein, und wenn der qualitativ vor-
züglich, quantitativ dagegen nur gut mittelmäßig gerathene
Tabak zu guten Preisen abgesetzt werden wird, so werden die
Leute nur wünschen, daß auch das nächste Jahr wieder sv
gut ausfallen möge.
Kehl, 15. Dec. Einen schweren Unfall hatte vor einigen
Tagen ein Rekrut des Pionierbataillons Nr. 14. Derselbe hatte
Besuch von einem Verwandten erhalten und wollte demselben ein
Stück Kommisbrod mit nach Hause geben. Beim Abschneiden des
Brodes glitt ihm das Messer aus und drang ihm tief in die linke
Brustseite, daß die Lunge noch verletzt wurde. Er mußte, wie die
Mb. Nchr. mittheilen, 4 Tage im Revier liegen, bis er, ohne
weitere Gefahr für sein Leben, ins Garnisonslazareth nach Straß-
burg verbracht werden konnte. Der Vater des Rekruten, welcher
in der Gegend von Bühl zu Haus sein soll, wurde noch am Abend
des gleichen Tages telegraphisch au das Krankenlager seines Sohnes
gerufen.
L. 6. Lahr. 15. Dec. Oberamtmann Dr. Altfelix rn
Stockach wurde vom Lüadtrath als Kandidat für den hiesigen
Oberbnrgermeisterposten empfohlen und hat sich bereits
dem Stadtoerordnetencollegium vorgestellt. Die Wahl wird vor-
aussichtlich am 21. d- M. stattfinden. Angesichts des günstigen
Eindrucks, den die Programmrede des Kandidaten auf die Stadt-
verordneten gemacht hat, zweifelt selbst der Bad. Landesbote nicht
daran, daß Dr. Altfelix einstimmig gewählt wird.
8. 0. Stockach, 15. Dec. Am 1. Januar erscheint hier neben
dem Amtsverkündiger Nellenburger Bote ein zweites Blatt, der
Stockacher Anzeiger im Verlag von D. Leschle. In dst'
Probenummer versichert der Verleger, er treibe keine Parteipolitw
L.O. Villingen, 15. Decbr. Der ledige, 22jährige Reserve-
heizer Franz Julius Brunner von Freiburg versuchte letzten
Montag, Nachmittags, am hiesigen Bahnhof auf eine im Gang
befindliche Lokomotive aufzuspringen, kam dabei zu Fall »nb
wurde unter den Cylinder und die äugeren beweglichen Thesit
der Maschine gedrückt. Der Unglückliche erlitt lt. Schw. dabet
Brüche beider Beine, sowie schwere Quetschungen im Rücken und
an den Hüften und innere Verletzungen. Er wurde nach dein
Spital gebracht und verstarb dort nach etwa 3 Stunden.
Aus Baden. Außer dem kürzlich verschwundenen Jungen
der Wittwe Bissinger in Neckarau wird dort noch ein weiterer
Knabe vermißt, der 13 Jahre alte Jakob Ludwig. Der junge
Bissinger dürfte sich ein Leid angethan haben. — Universalerbe
des nicht allzu großen Nachlasses des Geistl. Rath Benz sis
Karlsruhe ist bekanntlich der Frauenvinzentiusverein. Diu
kleinen Legaten ist der geistliche Bruder und die Dienerschaft be-
dacht. Im Testament soll sich folgender Passus finden: „Tue
Kirche dahier erhält nichts, da mich der Stiftungsrath oft genug
geärgert hat!"

Kleins Zeitung.
L. bl. Ludwigshafen, 14. Dec. Tie Kirchenverwaltung h^
bei der zweiten Lotterie zu Gunsten der Erbauung der hiesigen
Dreifaltigkeitskirche ungefähr ein Drittel ihrer Loose nicht ver-
kauft und diesem Umstand hat sie es zu danken, daß ihr die
Hauptnummer mit 30 000 und zwei weitere große Gewinne von
5000 Mk. und 1000 Mk. zufielen.
— Berlin, 14. Decbr. Ein Krieger von 1870/71, der
weiteren Kreisen Berlins bekannte Gerichtsdiener Ed. Kettner,
Landsbergerstraße 83 wohnhaft, ist am Sonntag gestorben.
Er hat den deutsch-französischen Krieg als Landwehrmann benN
24. Infanterieregiment mitgemacht und erlitt in der Schlach-
von Vionville drei Verwundungen; eine Kugel traf die rechst
Schulter, eine zweite Kugel durchbohrte beide Wangen, und die
dritte Kugel verletzte den rechten Oberschenkel, wo sie sitzen blieb,
schwer. Der Verwundete kam ins Lazareth von Karlsruhe-
wo die Großherzogin von Baden häufiger an seines
Krankenbett erschien. Diese veranlaßte auch, daß ihm die alst
dem Oberschenkel herausgezogene Chassepotkugel später, ast
Berloque in Silber gefaßt, überreicht wurde. Kettncr war eu>
geborener Spandauer. <
- Köln, 12. Dec. Vor der hiesigen Strafkammer hatte Ust
Weinhändler Josef Schildmann von hier und sein Küfer Pest,
Schmitz wegen Nahrungsmittelfälschung zu verant-
worten. Der Wernhändler stellte, wie sich aus den Verhand-
lungen ergab, in seinem Keller nicht nur „edle" Rhein-, Bordeaux
und Portweine her, sondern erzeugte auch Cognac. Außerdem
fabrizirte er noch Vermouthweine und verkaufte Samos ast
Tokayer. Deidesheimer wurde u. a. hergestellt aus I89bst
Engelstadter Nahewein, der mit etwas Cognac „mündiger" bst
macht wurde und daun durch einen Zusatz von 2 pCt. WeiusPst
seine „Vollendung" erhielt. Dieses prächtige Weiuchen ging aUst
als Graacher und Zeltinger in den Handel. Ein Verschnitt vast
italienischem Rothwein verwandelte sich unter den kundigen Hast
den in den edlen Bordeauxwein „Chateau Margaux", und
italienischer Rothwein, mit Samos verschnitten, wurde Portive'st
Das Gericht bestrafte den Weinhündler wegen Vergehen gegstst
das Nahrungsmittelgesetz mit 150 Mk. Geldbuße. Der KUst
kam mit 10 Mk. Strafe davon. Das Gericht nahm die ange-
führten Fälschungen als erwiesen an, doch war wegen des.Pstst
mouthweines eine Anklage nicht erhoben worden und bezügum
des Tokayers erfolgte Freisprechung. 129 Flaschen „Deidst
Heimer" und 19 Kisten „Cognac", die beschlagnahmt worbe»
waren, zog das Gericht ein.
— Aus der Schweiz, 12. Dec. Die Bohrungen auf st,
Südseite des A l b u l a t u n n e l s sind, wie die Basler Rast'
richten ans Samaden melden, bis auf 45 Meter fortgeschritten
ohne daß man auf Felsgestein gestoßen wäre. Die früher g
äußerten Bedenken gegen die Möglichkeit dieses Tunnelbaue
werden dadurch verstärkt.
— Loudou, 15. Dec. Die englischen Gesellschaftsblätter Vst
öffentlichen sensationelle Heirathsnachrichten. Trust
meldet, der Kaiser von Oe st erreich wolle die PrinzesUst
Maria Isabella von Orleans heirathen, der Herzog "st
Sachsen-Altenburg die Prinzessin Marie von Haust,
ver. Die Nachricht wird als aus Paris stammend bezeichn '
(Der Kaiser von Oesterreich ist 1830 geboren
Maria Isabella von Paris 1878. Sie ist die dr
ff Grafen von Paris. Der Herzog Ernst von Sachsen-Alteuvust
ist 1826 geboren, heirathete 1853 die Prinzessin Agnes von Ast
halt und wurde 1897 Wittwer. Seine Tochter Marte, die Ist
mahlin des Prinzen Albrecht von Preußen, ist am 8. Octbr. d. >

; oie
ttte Tochter dst
 
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