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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0648

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Verurthcilung von Dreyfus zu erwirken, ferner um die
öffentliche Meinung zu beeinflussen durch zweckbewnflte
Indiskretionen, die sein Adjutant Pauffin de Saint Maurel
in die Presse brachte, und endlich um einen Druck ans die
Nachfolger Merciers im Kriegsministerium auszuüben, indem
er ihnen von dem angeblichen Staatsgeheimniß sprach, das
die Revision des Drcyfusprocesses unmöglich mache. Die
Thatsache, daß der „Kaiserbrief" angekauft und daun durch
jenen diplomatischen Zwischenfall beseitigt wurde, ist in
einem Protocoll bestätigt, das im Archiv des Quai d'Orsay
aufbewahrt wird, in einem Protocoll, das der Cassations-
hof mit Beschlag belegen kann.
— Nach einer Meldung des Londoner Daily Chro-
nicle aus französischer Quelle wäre Prinz Victor Na-
poleon vom Mittwoch voriger Woche bis Sonntag in
Paris gewesen, hätte mit General Mercier, wahrschein-
lich als dem Vertreter der schon früher nach dieser Seite
verwickelten Generäle, Berathungen gehabt und auch die
Ordonnanzoffiziere zweier namhaften Generäle als Tisch-
gäste in Civil bei sich gesehen, von sonstigen bekannten
Personen aber nur Döcoulöde zu kurzer Unterredung em-
pfangen.
China. Zu welchen Maßregeln die Kaiserin-
Regeutin von China greift, um ihre Machtstellung
gegen etwaige Rache der Reformpartei zu schützen, erhellt
aus folgender Mittheilung, welche der gewöhnlich gut unter-
richteten, in Tientsin erscheinenden chinesischen Zeitung
Kno-wön-pao entnommen ist:
Man erzählt sich unter den Mandschus in Peking (die herr-
schende Kaiserfamilie ist mandschurischen Stammes), daß die Kaiierin-
Regenlin dem Fürsten von Tuan, Tsai Chi (Mandarin 2. Rang-
klasse), und dem Fürsten Tsai Lien (Mandarin 3. Rangklasse) jedem
ein Schwert, genannt das „S Hang-Fang-Schwer t", ver-
liehen habe. Die Verleihung dieses Schwertes giebt dem Inhaber
das Recht, ohne vorgängige Einwilligung des Thrones jede be-
liebige Person ohne Rücksicht auf deren Rang und Wurde ohne
Weiteres zu köpfen.
Diese Maßnahme ist selbstverständlich mit Rücksicht auf etwa
plötzlich auftretende Anzeichen von Verräthereien getroffen.
Die Verleihung dieses Shang-Fang-Schwertes an die genannten
Fürsten wird als ein Beweis der Anerkennung für die der Kaiserin-
Regentin bewiesene Treue angesehen.
Wenngleich die Verleihung des Shaug-Fang-Schwertes und
des damit verbundenen fürchterlichen Rechtes sich bis in die Ur-
anfänge der chinesischen Geschichte verfolgen läßt und somit zu
den ättesten Institutionen des himmlischen Reiches gehört, so ist
während der Dauer der gegenwärtigen Dynastie (seit circa 300
Jahren) die Verleihung doch nur einmal erfolgt und
zwar von Seiten des Vaters des jetzigen Kaisers, Hsien Feng, an
den Mongolengeneral sai-Shang-ü, welcher als Generalissimus
an der Spitze der kaiserlichen Truppen gegen die Taiping-
Rebellen focht. Der gegenwärtige Vorgang ist daher als der
zweite seiner Art seit dem Anfänge des siebzehnten Jahrhunderts
anzusehen.
Kein Kopf eines Zopfträgers in Peking dürfte sicher vor diesen
Schwertern sein und Jeder wird sich hüten, den Haß oder die
Feindschaft eines der Prinzen sich znzuziehen, da das Gesetz ver-
bietet, die Schwertinhaber zur Rechenschaft zu ziehen für irgend
welche Enthauptungen, welche vorzunehmen sie für gut befinden.

Zur zweijährigen Dienstzeit.
Ein Artikel deS Militärwochenblattes beschäftigt sich
mit der Frage, „was unserer Infanterie bei zweijähri-
ger Dienstzeit vor Allem noth thul". Er geht von
der Auffassung aus, daß unbedingter Gehorsam und eiserne
Disziplin bei einer aktiven Dienstzeit von 22 Monaten
nur zu erreichen sind, wenn der Soldat dauernd in der
straffen Zucht des täglichen Dienstes sich befindet. Dieser
find die Kompagniehandwerker, die Hilfsschreiber, die
Burschen u. s. w. nicht unterstellt; sie werden nur zeit-
weise in Reih und Glied eingestellt, und darin liegt eine
Kalamität, zu deren Beseitigung der Verfasser des Artikels
folgende Vorschläge macht:
1) An Stelle der Köche aus der Truppe sollten Kochfrauen
gehalten werden, welche unter Aufsicht etwa eines halbinvalideu
Unteroffiziers für das Bataillon kochten. 2) Grundsätzliche Uever-
Iragung der Bewirthschaftung des Kasernements an die Garmson-
verwaltungen würde zur Verringerung der Ausfälle vom Dienst
ebenso beitragen. 3) Die grundsätzliche Einführung der Verpach-
tung der Kantinen gegenüber der zur Zeit noch gestatteten Selbst-
bewtrthschaftung durch die Truppentheile sollte durchgeführt
werden. 4) Der Empfang des Brods beim Proviantamt und
die Anfuhr desselben in die Kasernen erfordert stets eine Anzahl
Leute, die dem Dienst erhalten werden könnten, wenn diese An-
gelegenheit der Truppe abgenommen und den Proviantämtern
überrragen würde. 5) Dasselbe gilt für den Empfang der Post-
packete. Es sollte eine Milikärpackekpost eingerichtet werden, die
die Soldatenpackete für die ganze Garnison bei der Post
empfängt und in die verschiedenen Kasernen fährt. Eine derartige
Einrichtung besteht seit einigen Jahren z. B. in Metz und hat
sich sehr bewährt. 6) Die Erhaltung der Schießstände in gutem
baulichen Zustand sollte au die Garnisanverwaltung übertragen wer-
den. 7) Es verlohnt sich wohl der Erwägung, ob nicht auch die
kaufenden Arbeiten auf den Bataillons- und Regimentskammern
von Civilarbeitern oder Frauen ausgefllhrt werden könnten.
8) Vielfach nehmen die Kompagnien das Waschen der Leibwäsche
ihrer Mannschaften in Selbstbetrieb. Diese Maßregel müßte all-
gemein untersagt und statt dessen Garnison-Waschanstalten (mit
Zivilarbeitern oder Frauen) eingerichtet werden. 9) Man sollte
der Kompagnie einen gelernten Schneider und einen gelernten
Schuhmacher zum Dienst ohne Waffe (wie die Oekonomiehand-
werker) zutheilen. Mit diesen beiden Handwerkern, die dauernd
bei den Handwerkern bleiben könnten, wäre die Kompagnie wohl
in der Lage, ihre Bekleidung in Ordnung zu halten, ohne ge-
nöthigt zu sein, für diesen Zweck Mannschaften dem Dienst zu
entziehen. 10) Es erscheint die Errichtung eines Gefechtsschteß-
stands bei jeder Garnison als dringendes Bedürfniß, abgesehen
davon, daß die Ausbildung auf einem solchen, das ganze Jahr
über zur Verfügung stehenden Gefechtsschiebstand eine viel gründ-
lichere und gediegenere sein kann. 11) Die zweijährige Dienst-
zeit erfordert einen sehr intensiven Dienstbetrieb und äußerste
Anspannung aller Kräfte. Nun kommt es bei der kurzen Dienst-
zeit doppelt darauf an, die Kranken möglichst schnell gesund zu
machen und ihrem Dienst wieder zuzuführen. Ein Soldaten-
Genesungsheim in jedem Korpsbezirk würde diesen Zweck trefflich
erfüllen können.
Der Artikel schließt mit den Worten: Wir sind uns
wohl bewußt, daß zur Durchführung obiger Vorschläge
erstens Geld, zweitens Geld und drittens nochmals Geld
gehört. Wenn dieses Geld aber bewirkt, daß in Zukunft
alle Leute mit nur ganz wenigen, unvermeidlichen Aus-
nahmen dauernd in der Zucht des täglichen Dienstes
verbleiben, und daß somit die zweijährige Dienstzeit bei-
behalten werden kann, ohne daß ein Rückgang in der Aus-
bildung und Manneszucht zu befürchten ist, so wird Nie-

mand behaupten, daß dieses Geld zum Fenster hinaus-
geworfen wäre.
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 17. December.
* Die linde Witterung macht es schwer, daran zu glauben,
daß wir schon mitten im December stehen. Noch steigt das
Thermometer im Laufe des Tages auf sechs und sieben Grad
Wärme und doch trennt uns nur noch eine Woche von dem
Weihnachtsfest, zu dem nach unserem Empfinden nicht nur
Lichterglanz und Süßigkeiten, sondern auch Schnee und Frost
gehören. Nun, vielleicht kommt der Winter doch noch bis dahin
und bringt allen, die zu Weihnachten Schlittschuhe, Muffe,
Wintermäntel und sonstige auf die kalte Jahreszeit, berechnete
Gegenstände erhalten, Gelegenheit, sich durch Verwendung und
Vorführung dieser Geschenke zu erfreuen. Den Zeitungen bietet
die Weihnachtszeit Anlaß zu einem Appellen das Publikum in
Gestatt einer Abonnements-Einladung. So macht auch die
Heidelberger Zeitung hiermit darauf aufmerksam, daß
das Quartal zu Eude geht und fordert zu recht zahlreichen
NeubeNellungen auf. Die Heidelberger Zeitung gehört
nicht zu den Blättern, die allen politischen Richtungen dienen
wollen, um von allen zu profitiren, sie vertritt vielmehr, wie be-
kannt, einen bestimmten — den gemüßigt liberalen — Stand-
punkt mit Entschiedenheit, aber ohne unnöthige Schärfe und in
durchaus nicht engherziger Weise. Wir ersuchen unsere Gesin-
nungsgenossen, welche die Heidelberger Zeitung noch
nicht halten, sich zum neuen Jahre auf sie zu obonniren uns bit-
ten alle unsere Freunde, die Heidelberger Zeitung —
Jeder in seinem Kreise — empfehlen zn wollen. Die H ei Vel-
ber g er Z<itung kostet durch die Post bezogen vierteljährlich
mit Zustellgebühr Mk.1.65 ohne Zustellgebühr Mk. 125. Abonne-
ments bei unserer Expedition können jederzeit begonnen werden,
wobei ein Preis von 50 Pfg. monattich bet freier Zustellung
hier ins Haus berechnet wird. Neu hinzutretende Abonnenten
erhalten das Blatt auf Wunsch bis Ende dieses Monats gratis.
8 Die Saxo-Borussen veranstalteten gestern, anläßlich ihres
Stiftungsfestes, eine Ausfahrt nach dem Speiererhofe; die
Wagenreihe wurde mit einem Vierspänner eröffnet.
— Polizeibericht. Ein Taglöhner wurde gestern wegen fort-
gesetzter Ruhestörung und Schmähung verhaftet; ein junger Mann
kam wegen Schmähung zur Anzeige, ebenso ein „Künstler", der
sich in Wirthschaften ohne Erlaubnis) producirte.
Eberbach, 16. Dec. Gestern Nacht ist nach der Eberb. Ztg.
der Schiffer Heinrich Kappes, als er in angetrunkenem Zustande
sein Schiff betreten wollte, in den Neckrr gefallen und ertrunken.
Seine Leiche wurde alsbald gefuuden. Kappes hat den Krieg von
1870/71 mttgemacht.
Sinsheim, 15. Dec. Der Landbote berichtet: Gestern Abend
zog bet stark vorgerückter Dämmerung eine ausgedehnte Kette
Schneegänse mit lautem Geschnatter über unsere Stadt in
südwestlicher Richtung. Zwischen 8 und 9 Uhr am gleichen Abend
und dann wieder um die Mitternachtsstunde erfüllte abermals
vielstimmiges Gänsegeschrei, anscheinend aus geringer Höhe über
den Häusern, die Luft. Ob die Züge einem oder mehreren
Schwärmen angehörten, entzieht sich dem Urtheil der Beobachter.
Mannheim, l6. Dec. (Strafkammer.) 1. Der 37
Jahre alte Taglöhner Ludwig Krambs und der 30 Jahre alte
Martin Krambs von Kirchheim singen am 31. October ds. Js.
in der Ochsenwirthschaft daselbst mit dem Zimmermann Jakob
Weber und dem Küfer Georg Weber Streit an und schlugen mit
einer Kohlenschaufel, einem streichholzbüchschen und mit Bier-
gläsern auf ihre Gegner ein. Ludwig Krambs versetzte dem Jakob
Weber einen Stich mit dem Messer in die rechte Brustseite, der
den Verletzten eine Zeit lang in Lebensgefahr brachte. Die beiden
Krambs wurden heute zu je 4 Monaten Gcfängniß verurtheilt.
— 2. Zum vierten Male hatte sich heute die Strafkammer mit
dem Falle Castritius zu beschäftigen. Die Oeffentlichkeit
wurde ausgeschlossen. Die Frau des Zimmermanns Georg Ca-
stritius von Heidelberg hatte im Spätjahre vorigen Jahres den
Polizeisergeanleu Rees in Heidelberg beschuldigt, ihr gelegentlich
einer Erhebung einen unsittlichen Antrag gemacht zu haben. Die
Castritius wurde deßhalb wegen Beleidigung des Sergeanten zn
drei Monaten Gcfängniß verurtheilt. Auf ihre Revision hin
verwies das Reichsgericht die Sache zur nochmaligen Verhand-
lung an die Vorinstanz zurück. Die Strafkammer verurtheilte
die Frau Castritius zum zweiten Male, ermäßigte aber die Strafe
auf 2 Monate Gefängniß. Die Verurtheilte bar nun um Wieder-
aufnahme des Verfahrens, da weitere wichtige Beweise gefunden
worden seien. Das Landgericht wies das Gesuch zurück, allein
das Oberlandesgericht verfügte die Wiederaufnahme. Heute erfolgte
nuu eine außerordentliche gründliche Beweisaufnahme. Nicht weniger
als 20 Zeugen wurden vernommnn. Während zwei als Belastungs-
zeugen geladene Frauen Namens Fischer und Schnell bestritten,
daß Rees ihnen gegenüber dreist geworden sei, wurde Rees, der
auf feinen Eid hin jeden Uebergriff in Abrede gestellt hat,
von den Zeugen Trödler Pantle und den Frauen Staudt, Ger-
lach und Mutschler (einer Schwester der Angeklagten) belastet.
Insbesondere die Aussagen der sehr gnt beleumundeten Frau
Gerlach fiel schwer in die Wagschaale des Gegenbeweises. Am
Schluffe der Beweisaufnahme stellte die Vertheidigung den Antrag
auf Ladung zweier weiterer Zeugen. Die Verhandlung wurde
darauf bis Montag Vormittag 10 Uhr ausgesetzt.
Lahr, 15. Dec. In einer vertraulichen Sitzung des Bürger-
ausschusses erstattete gestern Herr Stadtverordnelenobmann, Geh.
Kommerzienrath Sander, Bericht über die Vorbereitung der
Overbürgermeister-Wahl in unserer Stadt. Der vor-
geschlagene Kandidat, Herr Oberamtmann Altfelix in Stockach,
dessen Vater anfangs der 60er Jahre in Lahr Beamter war, ist
1809 in Durlach geboren, wurde 1882 Nechtsprakttkant, 1886
Refereudär, 1890 Amtmann in Lörrach, 1891 in Pforzheim, 1893
Oberamtmann und Amtsvorstand in Stockach. Der Herr Kandidat
habe in seiner Eigenschaft als Oberamtmann in Stockach und
vorher als zweiter Beamter in Pforzheim an der Spitze wichtiger
Bezirke gewirkt, und namentlich seine ersprießliche Thätigkeit in
der iudustriereichen Stadt Pforzheim habe zu Gunsten auf die
Entschließung des Wahlausschusses gewirkt. Wegen der Gehalts«
Verhältnisse seien die Vorverhandlungen unter dem Gesichtspunkte
erfolgt, daß der neue Oberbürgermeister in die jetzigen Bezüge
des Herrn Schlusser eintrete. Der Vorsitzende führte sodann Herrn
Oberamtmann Dr. Altfelix persönlich ein, der sich mit einer längeren
Ansprache an die Versammlung wandte. Herr Dr. Altfelix, so
berichtet die Lahrer Ztg., erwies sich durch seine nach Form und
Inhalt ganz vortreffliche Ansprache als hervorragend begabter
Redner. Der Eindruck seiner Worte war ein unverkennbar günstiger.
Freiburg, 14. Dec. Die neue außerordentliche Professur für
physikalische Chemie ist dem Professor G. Meyer, bisher
erstem Assistenten am physikalischen Institut, übertragen worden.
Der außerordentliche Professor der Physik Zehnder hat nach
der Landesztg. einen Ruf nach Würzburg als erster Assistent
Röntgens erhalten. Er hat sich u. a. durch seine Arbeiten über
die Herrschen Strahlen, durch die von Röntgen selbst besonders
gewürdigten Verbesserungen der Röntgenapparate bekannt gemacht.
Eingesandt.
Heidelberg, 16. December.
Auf allen größeren Bahnhöfen pflegt eine weithin sichtbare,
bei Nacht hell erleuchtete Uhr das Hauptgebäude zu zieren. Der
Heidelberger Hauptbahnhof entbehrt dieses nothwendigen Attributes
merkwürdigerweise noch immer. Die alte Uhr in dem Thürmchen
auf dem Verwaltungsgebäude des badischen Bahnhofs mit ihrem
schon bei lichtem Tage kaum lesbaren schwarzgoldnen Zifferblatt
ist in der jetzigen Jahreszeit von 4 Uhr Nachm. bis 8 Uhr früh
— also an z r ei Dritteln des Tages! — einfach unsichtbar; die
dem Bah Hofplatz gegenüber am Postgebäude angebrachte Uhr
mit i rem ja sehr „stilvollen", aber bei Tag wie bei Nacht gleich
unleserlichen Zifferblatt kann diesen Mangel nicht ersetzen; auch
geht sie ja die Bahnverwaltung nichts an.

Unseres Erachtens müßte über der Haupteinfahrt zum Bahn'
Hof (über dem alten Verbindungsgang zwischen den früheren 2
Bahnhöfen) eine den modernen Anforderungen — und dem
mangelhaften Sehvermögen so vieler Menschen — entsprechende
Uhr angebracht werden, die des Nachts gut beleuchtet ist.
Schöner und zweckmäßiger noch wäre es wohl, ein hübsche»
Uhrthürmchen, wie man sie in so vielen Städten jetzt sieht, und
das eventuell noch als Zeitungskiosk oder dergl. zu verwertlftN
wäre, auf dem Bahnhofplatz zu errichten; etwa an der Stelle,
wo jetzt der große Kandelaber steht. Vielleicht würden sich die
städtischen Behörden dafür interessiren und sich an der Herstellung
dieses Schmuckes für den Bahnhofplatz betheiligen.
Auf beide Arten würde auch nebenbei die Kenntlichmachung
des Bahnhofs in der Dunkelheit, die bei der mangelhaften Be-
leuchtung des Bahnhofplatzes und des Bahnhofs selbst für Orts'
unkundige notorisch unzureichend ist, herbetzuführeu sein.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir auch darauf aufmerksam
machen, daß die einzige Perronnhr, die sich im hiesigen Bahn-
hof befindet, ebensowohl durch ihren sehr unglücklich gewählten
Platz wie noch mehr durch ihre ganz ungenügende Beleuchtung
bei Nacht ihren Zweck völlig verfehlt. Außerdem wäre es
dringend nothwendig, daß auf den langgestreckten hiesigen Perron»
noch einige große Perronuhren angebracht würden; was dm
Bahnhöfen in Baden-Baden, Karlsruhe, Mannheim rc. recht ist,
dürfte auch für den Heidelberger Bahnhof billig sein.
Es ist einigermaßen befremdlich, daß die Großh. Bahnver-
waltung so wenig Entgegenkommen für derartige Bedürfnisse des
Publikums zu haben scheint, aber wir hoffen, daß es nur dielet
Anregung bedarf, um eine Beseitigung der gerügten Uebelstände
herbeizuführen. — r—
Theater- und Kunstnachrichten
Heidelberg, 17. Dec. (Stadttheater.) Morgen, Sonntag-
gelangt das Moser'sche Lustspiel „Ultimo" neu inscenirt zur Auf'
führung mit den Damen Frenzel, Konrad, Sander, Schaab und
den Herren Blank, Dankmar, Diener, Göbel, Rudolph, Sig-
lind Ltettner in den Hauptrollen. „Ultimo" ist eines der hervor-
ragendsten Werke des oben genannten Autors und bietet den
Darstellern brillante Rollen, so daß die Wiederaufnahme des
äußerst humorvollen Stückes in das Repertoire nur willkommen
geheißen werden kann. Tie Vorstellung findet im laufenden
Abonnement statt, jedoch gültig für die Abonnenten der geraden
Tour.
Mannheim. (Großh. Hof- und Nationaltheater.) Sonntag,
18. Dec., Nachm. Vs3 Uhr: „Im Weißen Röfs'l". Abends'/z7 Uhr:
„Die Hochzeit des Figaro". Montag, 19.: „Krieg im Frieden -
Karlsruhe. (Großh. Hoftheater.) Im Hoftyeater in Karlsruhe:
Sonnlag, 18. Dec.: „Romeo und Julie" (Oper). Montag,
19. Dec : „Die Schmetterlingsschlacht". Dienstag, 20. Dec.:
„Rothkäppchen", Kindermärcheu. „Das Versprechen Hinterm Herd".
Donnerstag, 22. Dccbr.: „Die Puppenfee". „Marte, die Tochter
des Regiments" (Marie: Frl. Anna Sutter vom Kgl. Hoftheater
in Stuttgart als Gast). Freitag, 23. Dec.: „Hänsel u. Gretel".
„Ballctdivertissement". Sonntag, 25. Dec.: „Der Rattenfänger
von Hameln". Montag, 26. Dec.: „Lohengrin", — Im Theater
in Baden-Baden: Mittwoch, 21. Dec.: „Rothkäppchen". „Das
Versprechen Hinterm Herd".
— „Die H er berg s Prinz eß." Aus Brüssel wird
gemeldet: Die Premisre der Oper „krinossss ä'ömborgs"
Musik von Jean Blockx — erzielte am 14. ds. im DbäLtrs äs
In IVIonnnio einen sensationellen Erfolg. Der dritte Akt, der
eine Kirmeß auf einem großen Platz in Brüssel darstellt, er-
weckte stürmischen Beifall. Der Komponist wurde unzählige
Male gerufen. Direktor Albert Carrs, welcher der Vorstellung
beiwohnte, erwarb das Werk sofort für die Pariser Komische
Oper, ebenso Felix Mottl für Karlsruhe.

Oanöel und LZerkehr.
Frankfurt, 16. Dec. Effektensocietät. Abends. 6'/« Uhr.
Oesterr. Creditaktien 302'/, b. Dtskonto-Kommandit 195.70 b.
Darmstädter Bank 153 b. Dresdener Bank 160.80 b. Effekten-
bank 121.80 b. G. Oester.-Ungar. Staatsbahn 305'/. b. Lom-
barden 58"/, b. Northern 77.10 b. Spanier 43 50 b. 6pCt.
Buenos 40pCt. cpt. u. ult. 5pCt. Mexikaner 95 50 B. 40 G-
3pCt. dto. 24.10 b. Gelsenkirchen 190.20—50 b. Harpener
177.20 B. 10 G. Hibernia 200.40 b. Laura 212.60—40 b.
Bochumer 22310—50 b. Oberschles. Eisen 152 70 b. Alpine
Aktien 166.60 B. 50 G. La Veloce 79 b. Lahmeyer 181.S0
b. G. Friedrichshütte 137.50 b. G. Gotthard-Aktien 147.70 b. G-
Schweizer Eenrral 148.50—80 b. Schweizer Nordost 108.80 B.
70 G. Schweizer Union 78.80 b. Jura-Stmplon 90.90 b. 5pCl-
Italiener 93.30 b. ult.
6'/.—6'/, Uhr: —.—.
Bei stillem Verkehr zeigten die Kurse allgemein feste Haltung.
Berlin, 16. Dec. Heidelberger Srraszen- und Bergbahn'
gesellschaft 155.50 b.
Wiesloch, 16. Dec. Der heutige Schweinemarkt war
mit 60 Stück Milchschweinen beschickt. Preis für das Paar
12 bis 16
Eppingen, 16. December. Dem heutigen Schwei ne markt
wurden zugeführt: 462 Milchschweine und 23 Läufer. Dir
Preise beliefen sich für Milchschweine 12 bis 22 Läufer
40 bis 62 das Paar.
Heidelberg, 17. Dec. (Marktpreise.) Heu per Centner
2.20 bis 2.60, Korn-Stroh per Ctr. 2.10 bis 2.30, gem-
1.60 bis 1.80, gelbe Kartoffeln per Centner 3.— bis 3.29,
Salatkartoffeln per Ctr. 4.— bis 4 20, per Pfd. 0 bis 0 A
Butter in Ballen „IL 1.— bis 1.10, in Pfd. Dl5 bis 1.20,
Zwiebeln per Pfund 6 bis 8 Knoblauch 30 bis 35
Gelbrüben 3 bis 4 Rosenkohl 10 bis 15 Schwarzwurzeln
20 bis 40 Kastanien 8 bis 12 Eier per Stück 7 bis
10 per Hundert 6.20 bis 6.80, Nüsse per Hundert 40 bis
60 Mispeln 30 bis 60 Blumenkohl per stück 20 bis
60 Rothkraut 18 bis 22 Weißkraut 5 bis 10 Wirsing
2 bis 5 Kohlrabi 0 bis 0 Boden-Kohlrabi 5 bis 12 -A
Sellerie 1 bis 10 Lauch 1 bis 6 Rettich 1 bis 3 A
Meerrettich 5 bis 25 Weiße Rüben per Stück 1 bis 3
Rothe Rüben 1 bis 3Z, Endivien 1 bis 3 Aepfel per Stück
2 bis 5 per Pfund 12 bis 15 Birnen per Stück 5 bis
15 Gebund Petersilie 1 bis 4 Gebund Froschschenkel
25 — Fische: Aal per Pfund 66 Z bis 1 Barbe 50 bis
60 Weißfische 30 bis 40 Hecht 80 bis 1.20,
Karpfen 1.— bis 1.20.
Wasserstandsnachrichtenf
Neckar. Rhein.
Heidelberg, 17.. 1,34, gcst. 0,04m Lauterburg, 16,3.19. gest. 0,01w
Hellbraun, 16., 0,75, gef. 0,00m Maxau, 16., 3,28, gest. 0,03w
Raunheim, 16,2,84, gef.0,04m Mannheim, 16.,2,78, gef.0,01m
Witterungsbeobachtungen.
Heidelberg, 17. Debcr. Thermometerstand (nach 0.) Morgens
7 Uhr: -ft 5,4". Niederster Stand seit gestern Morgen: -ft 4,3";
höchster:-ft 6,5° Wind: SW. Himmel: bedeckt. Barometer-
stand: Morgens 7 Uhr: 757,9 mm. Niederschlag am 16. Dec.:
12,3 mm Regen.

Rhein.

3,28, gest. 0,03m

Neueste Nachrichten.
Berlin, 16. December. Als erste Doctorin an der
Berliner Universität hat gestern Fräulein Elsa
Neumann oum ianäs promovirt. Ihr Hauptprüfungsfach war
die Physik, während Mathematik und Philosophie die Nebenfächer
bildeten.
Berlin, 17. Dec. Die Morgenblätter melden aus Monte-
Carlo: Hier vergiftete sich ein Deutscher Namens Schmitz
infolge Spielverlust«.
Paris, 16. Dec. Kriegsminister Freycinet setzte eine
Kommission ein, die den Auftrag hat, unter dem Vorsitz
 
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