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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0656

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Die heutige politische Situation bilde einen großen Triumph '
für die nationalliberale Partei. Wenn Letzlere auch kleiner
an Zahl geworden sei, so sei doch die erfreuliche Thatsache
vorhanden, daß die von der nationalliberalen Partei stets
verfochtenen und hoch gehaltenen nationalliberalen Ziele
von anderen Parteien angenommen worden sind. Was die
nationalliberale Partei seit ihrem Bestehen erstrebt und ver-
fochten, seien heute die leitenden Gesichtspunkte der Majorität.
Das Verständniß für die nationalen Fragen sei in weite
Kreise gedrungen und die großen edlen Ziele der national-
liberalen Partei haben sich glänzend bewährt. Ueber die
negativen Parteien von Richter bis Bebel werde schließlich
die Weltgeschichte Hinwegschreiten.
V. 6. Karlsruhe, 18. Dec. Die Einnahmen der
bad. Staatsbahnen betrugen im Monat November d. I.
nach provisorischer Feststellung 5 483 280 (gegen die Provisor.
Einnahmen im gleichen Monat des vor. Jahres 407 890 mehr).
Die Gesammteinnahmen von Januar d. I. bis mit November be-
ziffern sich nach Prov. Feststellung ans 61226110 (4577 530
mehr als im Vorjahr).
Preußen. Posen, 17. Decbr. Dem Goniec zufolge
kaufte die Ansiedlungs-Commission für fünf Mil-
lionen Mark zehn um Schmiegel gelegene Rittergüter, die
dem Fürsten Biron gehörten.

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Seine Königliche Hoheit der Grobherzog haben dem
Bahnwärter Vincenz Heizmann auf Wartstation 551 der
Hauptbahn die silberne Verdienstmedaille verliehen.

Ausland.
Frankreich. Paris, 17. Tecbr. Wie die Blätter
weiter melden, hat die Wittwe des Obersten Henry den
Advokaten Auf fray gebeten, auf ihre Vertretung gegen
Reinach zu verzichten. (Man hat der beklagenswerthen
Frau mittlerweile wohl reinen Wein eingeschenkt. Die Red.)
Paris, 17. December. Der Untersuchungs-
richter Flory beschäftigt sich gegenwärtig mit der Unter-
suchung einer S p i o n i r a n g e l e g e n h e i t, in die vier
bürgerliche Personen und ein Corporal verwickelt sind. Es
verlautet, daß diese Spionirangelegeuheit mit einer andern
zusammenhängt, die dieser Tage in Reims entdeckt wurde.
Paris, 17. Dec. Die Criminalkammer des
Cassationshofs beschäftigte sich heute wieder bei ver-
schlossenen Thüren mit dem Falle Dreyfus. Außer den
bisher Genannten wird der Cassationshof für nächste Woche
auch noch den ehemaligen Jnstizminister Gusrin vorladen.
Anwalt Mornard hat gestern Abend mit der Durchsicht
der ihm vom Cassationshofe zur Verfügung gestellten
Aktenstücke begonnen.
— Große Anerkennung findet in Paris der
deutsche Aus st e ll ung s p a l a st für die Welt-
ausstellung von 1900. „Der deutsche Architekt", so sagt
das Journal des Debüts, „hat sich als Mann von Ge-
schmack erwiesen, er hat den altdeutschen Stil nicht sklavisch
nachgeahmt". Das Blatt betont den heiter ruhigen Ein-
druck, den der Bau hervorruft, den schlanken Glockenthurm,
die reizende, von Bogenfenstern durchbrochene Fatzade, die
Giebel mit den vergoldeten Wetterfahnen; selbst für den
gedämpften Ton des deutschen Adlers auf der Stirnseite
des Gebäudes hat das Blatt ein gutes Wort und schließt
mit der Bemerkung: „Wenn dieser muntere Bau sich in
der Seine spiegelt, so wird das eine hübsche Wirkung er-
zeugen. Mögen seine Nachbarn seiner würdig sein." Die
Nachbarn des deutschen Baues sind die Paläste der
übrigen Nationen, die sich am linken Seineufer entlang
ziehen werden.
Belgien. Das Befinden der Prinzessin Louise
von Koburg, der Gemahlin des Prinzen Philipp von
Koburg, Tochter des Königs von Belgien und Schwester
der Kronprinzessin Stephanie von Oesterreich, soll ein sehr
ungünstiges sein. Aus Brüssel wird dem Berliner Tage-
blatt gemeldet:
Der Etoile Belge veröffentlicht eine Note, welche zweifellos
direkt von der belgischen Königsfamilie herrührt. Darin wird
der Geisteszustand der Prinzessin Louise von Koburg als sehr
ungünstig htngestellt. Die völlige geistige Umnachtung sei zn
befürchten. Die Prinzessin besise kein Gedächtuiß mehr für ver-
gangene Ereignisse, sie wisse nicht einmal, daß sie eine Familie
besitze. Die Note sagt, man habe Unrecht, das Königspaar zu
beschuldigen, in dieser traurigen Angelegenheit nicht seine Pflicht
gethan zu haben. Trotz dieser Note bleibt die hiesige öffentliche
Meinung dabei, daß bei der Jnternirung der Prinzessin nicht
alles mit richtigen Dingen zuging.

Stadrtheatcr.
O Heidelberg, 19. December.
„Ultimo", Lustspiel in 5 Aufzügen von G. v. Moser.
Das Lustspiel — eines der Erstlingswerke des fruchtbaren
Autors — athmet eine Ursprünglichkeit des Humors und eine
Frische der Erfindung, die es zu einem werthvollen Repertoirestück
unserer Bühnen machen.
Die Darstellung war recht befriedigend. Die am besten ge-
zeichnete Figur des Stückes, der fidele Leichtoogel „Georg Richter",
wurde von Herrn Blank mit frischem Humor gespielt, der be-
sonders den Ton der ehrlichen Offenherzigkeit ausgezeichnet traf.
In komischen Professorenrollen ist Herr Dankmar Spezialität
und so war auch fiin Professor Schlegel von köstlichem Humor.
Frl. Konrad war als „Therese" wieder ganz allerliebst. In
jugendlich-komischen Rollen hat Herr Diener die Neigung zu
chargireu; das beeinträchtigte etwas die Wirkung seines sonst
vortrefflich aufgefaßten „Herrn von Haas". Als „Kommerzien-
rath Schlegel" ließ Herr Rudolph zwar ein wenig die Erinne-
rung an seinen unübertrefflichen „Wulkow" (Sonnenseite) auf-
kommen, brachte aber sonst die Rolle gut zur Wirkung. Fräul.
Frenzel als „Frau Komrnerzienrath Schlegel", war wie immer
recht vornehm, hätte aber die romantische Schwärmerei der von
ihr dargestellten Figur zu stärkerem Ausdruck bringen können.
Frl. Schaab, deren niedliches Persönchen und urjugendliche
Stimme für naive Rollen äußerst werthvoll sind, ließ es diesmal
als „Hedwig" etwas an Lebendigkeit fehlen. Die übrigen Rollen
des Stückes waren durch Frl. Sa nder (Frau Professor Schlegel),
Herrn S igl (Onkel Lange) und endlich Herrn Gö b el (Dr. Berndt)
gut vertreten. Daß Herr Stettner als „Factotum Schönemann"
urkomisch war, braucht kaum berichtet zu werden.
Das zahlreich erschienene Publikum befand sich in der fröh-
lichsten Stimmung. Ein Zuschauer hatte freilich mit einem
bösen Katarrh zu kämpfen; nach unserer Erfahrung ist heißer
Kamillenthee dafür recht gut. ü. L.

England. London, 16. Dec. Zu allgemeiner Ueber-
raschung traf die Pariser Meldung von der Verlänge-
rung der Ratificirungsfrist des Nigerabkom-
mens für weitere sechs Monate in letzter Stunde ein.
Die zwei Hauptpunkte — Gewährung zweier Enclaven am
Niger an Frankreich und Sicherstellung englischer Händler
in zwei französischen Kolonieen Westafrikas — bleiben
einstweilen unausgeführt. Hier gilt die Annahme, daß
die Streichung des letzteren Punktes eines der Zugeständ-
nisse war, die Frankreich für die Räumung Faschodas zu
erlangen hoffte.
Türkei. Konstantinopel, 17. Decbr. Großfürst
Nikolaus traf um Mitternacht in Kilia am Bosporus
ein. Heute früh begrüßten den Großfürsten die Abge-
sandten des Sultans, Marschall Schakir, der Divisions-
general Achmed und Tewfik Pascha in Bujukdere. Darauf
wurde die Fahrt nach Dolmabagdsche fortgesetzt. Auf der
Fahrt durch den Bosporus gaben die Forts Salutschüsse
ab. Mittags findet der Empfang durch den Sultan im
Jildiskiosk statt. Die heutige amtliche Verlautbarung be-
sagt, der Großfürst sei mit der Mission betraut, die zwi-
schen dem Sultan und dem Zaren bestehende aufrichtige
Freundschaft zu kräftigen und dem Sultan die Grüße
des Zaren zu übermitteln. In Wirklichkeit kommt der
Großfürst, um die für die im letzten russisch-türkischen Krieg
gefallenen Russen bei San Stefano errichtete Gedüchtuiß-
kirche einzuweihen.
Australien. Sydney, 11. Dec. Dem Neuseeländer
Uuterhause ist der Entwurf eines Gesetzes zugegangen,
welches die Einwanderung von Ausländern be-
schränken soll. Wie es scheint, ist die Vorlage in erster
Linie nicht etwa gegen Chinesen oder Japaner, sondern
gegen die in den Bezirken, in welchen das Kauriharz ge-
wonnen wird, zahlreich wohnenden Dalmatiner ge-
richtet, von denen sich dermalen „schon" 2000 mit der
Gewinnung dieses Artikels beschäftigen sollen.
Aus Ltadt «nd Land.
Heidelberg, 19. December.
Heidelberger Militär-Verein. Gestern Abend hielt im
großen Saale der Harmonie der Heidelberger Militär-Verein eine
stark besuchte Versammlung ab, zu welcher für die Gedenkfeier
des Tages von Nuits ein Vortrag des Herrn Professor Dr.
Schäfer: „Der Ursprung des deutsch-französischen Krieges",
angekündigt war. Da leider Herr Professor Dr. Schäfer ver-
hindert war, den Vortrag zu halten, so übernahm es in liebens-
würdiger Weise Herr Professor Dr. Lorentz en, einen Vortrag
zu halten. Zuerst wies Redner auf die Bedeutung des 18. jeden
Monats in der deutschen Geschichte hin und ging dann zu dem
eigentlichen Vortrage über, der die Schicksale Heidelbergs im 17.
und 18. Jahrhundert behandelte. Redner schilderte in recht an-
schaulicher Weise das damalige Aussehen und die Befestigungen
Heidelbergs. Aeußerst interessant waren die Schilderungen über
die Kämpfe, welche die Stadt im 17. und 18. Jahrhundert zu
bestehen hatte. Namentlich hob Redner das Jahr 1622 hervor,
in welchem die Stadt nach einjähriger Belagerung von dem bay-
rischen Feldherrn Tilly erobert wurde und die weltberühmte
Universitätsbibliothek, di- „Palatina", ihr verloren ging. Auch
die Uuglücksjahre 1689 und 1693, in welchen die Stadt und das
herrliche Schloß von den Franzosen verwüstet wurden, schilderte
He^r Lorentzen. Herrn Professor Dr. Lorentzen wurde von der
Versammlung für seinen äußerst interessanten Vortrag ein drei-
faches Hoch ausgebracht. Nach dem Vorträge war gemächliches
Beisammensein, bei welchem allgemeine Lieder gesungen wurden
und die Bataillonskapelle concertirte.
88 Die Weihnachtsfeier der Kleinkinderanstalt in Schlier-
bach fand bereits gestern Nachmittag um 3 7s Uhr statt. Zu
derselben hatten sich außer den Damen des Snftungsrathes und
anderen der Anstalt wohlgesinnten Gönnerinnen auch die Herren
Bürgermeister Dr. Walz. Stadtverordneter F. Popp sowie Stadt-
verordneter F. Weller einaefunden. An der schönen, durch mild-
thätige Hände und die fleißige Vorarbeit der Anstaltsschwester
M. Kief ermöglichten Feier nahm, wie üblich, wieder ein großer
Theil der Bevölkerung Schlierbachs theil, die in dem Weihnachts-
feste ihrer Kinderschule gleichsam ihre örtliche Weihnachtsfeier
erblickt. Es war aber auch eine herzerquickende Freude, in die
Hellen Augen der Kleinen blicken zu können, die den Anweisungen
ihrer Lehrerin folgend, die Weihnachtslegende in frischer Weise
vortrugeu, trotz aller Andacht aber immer nach dem herrlichen
Lichtervaum und seinen schönen Gaben schauend. Recht im Sinne
des Festes und der Umgebung war auch dis zu Herzen gehende
Ansprache des erst seit Kurzem in unserer Stadt weilenden Herrn
Kaplans Bieser, der sich damit bei uns gut einführte. Zum
Schluß der Feier, an welche sich sofort die Vertheilung der Gaben
anschloß, gedachte noch Herr Bürgermeister Dr. Walz der treuen
Arbeit des Personals der Anstalt, indem er demselben die ihm
vom Stiftungsrathe zugedachten Geschenke aushändigte.
ff Sterblichkeits-Bericht. Nach den unterm 7. d. Mts.
herausgegebenen Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits-
amtes zu Berlin über die Gesammtsterblichkeit in den 272
deutschen Städten und Orten mit 15000 und mehr Einwohnern
während des Monats Oct ober 1898 hat dieselbe — auf je
1000 Einwohner auf den Zeitraum eines Jahres berechnet —
betragen: s. weniger als 15,0 in 31, b. zwischen 15,0 und 20,0
in 105, o. zwischen 20,1 und 25,0 in 88, ä. zwischen 25,1 und
30,0 in 29, s. zwischen 30,1 und 35,0 in 11 und t. mehr als
35,0 in 8 Orten. Die geringste Sterblichkeitsziffer hatte in dem
gedachten Monate die Stadt Wilhelmshaven in der Provinz
Hannover mit 7,8, dagegen die größte die Stadt Wattenscheid in
der Provinz Westfalen mit 64,5 zu verzeichnen. In den Städten
und Orten des Großherzogthums Baden mit 15000 und
mehr Einwohnern hat die Sterblichkeit während des Berichts-
monats — gleichfalls wie oben auf je 1000 Einwohner auf den
Zeitraum eines Jahres berechnet — betragen: In Baden-Baden
14,8, Konstanz 16,5, Mannheim 18,5, Karlsruhe 18,6 (ohne Orts-
fremde 17,8), Freiburg 19,0 (ohne Ortsfremde 15,7), Pforzheim
22,2 und in Heidelberg einschließlich der verstorbenen Orts-
fremden 23,7 (ohne Ortsfremde 17,6t. Die Säuglingssterblichkeit
war im Monat October 1898 eine beträchtliche, d. h. höher als
ein Drittel der Lebendgeborenen in 21 Orten; dieselbe bliev unter
einem Zehntel derselben in 11 Orten. Als Todesursachen der
während des gedachten Monats in hiesiger Stadt vorgekommenen
73 Sterbefälle — darunter 25 von Kindern im Alter bis zu
einem Jahre — sind angegeben: Scharlach 1. Diphtherie und
Croup 2, Lungenschwindsucht 9, akute Erkrankungen der Athmungs-
organe 7, acute Darmkrankheiten 2, Brechdurchfall 12, darunter
11 von Kindern im Alter bis zu einem Jahre, alle übrigen
Krankheiten 39 und gewaltsamer Tod 1. Im Ganzen scheint sich
der Gesundheitszustand gegenüber dem Monat September d. I.
erheblich gebessert zu haben. Die Zahl der in hiesiger Stadt
während des Monats October 1898 vorgekommenen Geburten
hat — ausschließlich der stattgehabten 4 Todtgeburten — 121 be-
tragen; dieselbe hat mithin die der Sterbefälle (73) um 48
überstiegen.
L. V. Kunstverein. Laut dem Jahresberichte, welcher in der
Generalversammlung des Kunstvereins vom 16. ds. Mts. von
dem I. Vorstand, Hrn. Prof. Dr. Thode, und dem Rechner, Hrn.
Verlagsbuchhändler Weiß, erstattet ward, wurden im Jahre 1898,

bis 15. December, 1832 Kunstwerke (Oelgemälde, Aquarelle,
Handzeichnungen, Originalradirungen, Holzschnitte, Photographieen
und plastische Werke) ausgestellt (1897: 1620). Hiervon waren
eine große Anzahl zu Gruppe» vereint dargeboten, wie Werke
von A. Feuerbach, Baumeister, H. Gude, Kaulbach, A. Kurz,
Pracht, Pfretschner, v. Ratberg, PH. Schmidt, die „Christus-
bilder" und die Holzschnitte. Die Einnahmen des Vereins be-
trugen, laut vorläufigem Bericht, Mk. 10597.47, darunter der
sehr dankenswerthe Zuschuß der Stadt Heidelberg mit Mk. 600-
Die Ausgaben beliefen sich auf Mk. 11152.74, darunter für
Verloosungszwecke Mk. 1300. Das Mehr an Ausgaben, durch
Anschaffen eines Gemäldes von H. Gude zu bleibendem Besitze
veranlaßt, wird durch den Reservefond gedeckt. Ordentliche Mit-
glieder zählte der Verein 389. Das Minus von 3 Mitgliedern
gegenüber dem Jahre 1897 erklärt sich dadurch, daß für die 1898
durch Tod oder Wegzug ausgeschiedeueu Mitglieder nicht ent-
sprechend starker Zugang erfolgte. Dagegen weist der Besuch der
Ausstellungen auch in diesem Jahre wieder eine Steigerung
gegenüber dem Vorjahre auf: 1897: 6296 Personen; 1898, bis
15. December: 7388; recht befriedigend war auch wieder, durch
die vor mehreren Jahren erfolgte Herabsetzung des Einzel-
eintrittspreises auf 20 Pfg., der Besuch von Nicht-Mitgliedern:
er trug bis zum 15. December Mk. 480 ein; erfreulich wäre,
wenn unter diesen „Einzelnbesuchern" sich künftig auch eine
größere Anzahl Studirender befände. Für den Verein und für
Private wurden im Jahre 1898 Gemälde u. s. w. im Gesammt-
werth von Mk. 8812 angekauft (1897: Mk. 7962). Die erfreu-
liche Theilnahme an dem Kunstverein äußerte sich wieder in einer
Anzahl von Schenkungen; wärmsten Dank und dauerndes Ge-
denken verdient der hochherzige Entschluß des Hrn. Privatmanns
Philipp Bartholomae dahier, 25 Kopien italienischer Meister-
werke dem Kunstvereine seiner Vaterstadt zu übermachen, welche
der Heidelberger Maler A. Wolff, derzeit in Venedig, in seinem
Auftrage geschaffen. Dank schuldet der Verein auch Hrn. Bankier
Cnntz für die Bereitwilligkeit, wie seit vielen Jahren, so auch
dieses Mal die Rechnungsführung zu prüfen. Die Geschäfts-
führung des Vereins ruht auf Grund der vollzogenen Wahlen
auch im kommenden Jahre in den Händen der Herren Prof. Dr.
Thode, Prof. Dr. Pfaff, Verlagsbuchhändler Weiß und Ver-
golder Weicker. Auch die übrigen Ausschußmitglieder werden
ihres Amtes weiter walten, mit Ausnahme des Hrn. Dr. Fret-
ter, eures langjährigen, treuen Mitgliedes, in Folge Wegzuges
von hier. Für ihn ward Hr. Buchhändler Koester, ein bewährter
Gönner des Vereins, dem Ausschüsse gewonnen. Möchten Be-
hörden wie Private auch im neuen Jahre dem Kunstoerein reiche
ideelle und materielle Förderung zu Theil werden lassen; möchte
sie sich besonders dann wohlthätig erweisen, wenn der Verein
durch äußere Umstände gezwungen werden sollte, der seit länge-
rem erwogenen Frage betr. Schaffung eines eigenen, zu ebener
Erde gelegenen Heimes ernstlich näher zu treten.
5 Heidelberger Musikschule. Letzten Samstag Nachmittag
fand in der Heidelberger Musikschule (Direklion Herren L-eetig
und Neal) eine wohlgelungcne Schüleraufführung statt,
die von Neuem bewies, wie die an der Anstalt etngeführten Unter-
richtsgruudsätze geeignet sind, bei den angehenden Künstlern schöne
Resultate zu erzielen.
§8 Vermißt Seit 9. December d. I. wird der Privatmann
Philipp Gerberl von Schönau, bisher bei Valentin Bordne
daselbst wohnhaft, vermißt. Gerbert ist an dem genannten
Tage Morgens 7 Uhr 31 in Neckarsteinach mit dem Personen-
zuge in der Richtung nach Mannheim abgereist und in diesem
Zuge letztmals — und zwar in Heidelberg — gesehen worden.
Sachdienliche Mittheilungen über seinen Verbleib wollen an
Großh. Bezirksamt dahier gerichtet werden. Signalement:
Der Vermißte ist 68 Jahre alt, etwa 1,60 Meter groß und von
kräftigem Körperbau; derselbe hat ein volles rundes Gesicht und
einen spärlichen Haarwuchs, insbesondere ist die obere Schädel-
decke völlig haarlos. Bei seinem Weggange von Hause trug er
einen dunkelblauen Anzug, bestehend aus Joppe, Weste und Hose
von gleichem Stoffe, ferner Rohrstiefel und ein weißleinenes
Hemd mit an demselben angenähtem Kragen, schwärze Halsbinde;
außerdem hatte er einen dunklen, älteren Schirm bei sich. Die
Kopfbedeckung bestand aus einem steifen, schwarzen Filzhut.
— Polizeibericht. In der Nacht von Samstag auf Sonntag
kamen zehn Personen wegen Ruhestörung und vier junge Leute
wegen Körperverletzung zur Anzeige; die letzteren hatten den
Wächter am Meßplatz durch Stockschläge mißhandelt. In ver-
flossener Nacht kamen 13 Personen wegen Ruhestörung, einige
wegen Uebertretung der Polizeistunde und einer wegen Schmähung
zur Anzeige; ebenso einige Geschäftsleute wegen Uebertretung der
Sonntagsruhe.
Neckarbischofsheim, 18. Dec. Den veränderten Verhält-
nissen des Geldmarktes tragen die hiesigen öffentlichen Kassen
durch Erhöhung des Zinsfußes für Einlage» Rech-
nung. Sowohl der Vorschubverein als auch die Spar- und
Waisenkasse dahier, haben die betreffenden Zinssätze Von3'/, Proc.
bezw. 3,6 auf 3^ bezw. 3,8 Procent erhöht. Diese Erhöhung
tritt am 1. Januar in Kraft, dürfte aber einer weiteren Erhöhung
auf 4 Proc. demnächst weichen müssen. Die anhaltende Geld-
knappheit wird auf unsere wirthschaftlichen Verhältnisse bald ihre
Wirkung ausüben und zu einer namhaften Erhöhung der Schuld-
zinsen führen.
*ch* Vom Odenwald, 19. Dec. Ein umfangreiches Ge-
ne s u n g s h e i m soll von einigen größeren Korporationen im Oden-
wald errichtet werden. Gemeinden, welche auf Fremdenverkehr
und die damit verbundenen Vortheile reflektiren, werden zur Zeit
aufgefordert, entsprechende Geländccomplcxe gratis oder doch
wenigstens gegen geringe Vergütung zur Verfügung zu stellen.
Offerten sind längstens bis zum 1. Januar bei der Franz'schen
Buchdruckerei in Erbach einzufenden.
8. 0. Pforzheim, 18. December. Hier konstituirt sich eine
„Freie Malerinnung für den Amtsbezirk Pforzheim", der
19 Malermeister beitraten.
6. kl. Donaueschingen, 18. Decbr. Der Fürstliche Kammer-
präsident, Herr Heutig, verließ heute früh halb 6 Uhr unsere
Stadt und reiste nach Berlin. Zu Ehren des scheidenden Präsi-
denten waren am Bahnhof eine ziemliche Anzal Personen er-
schienen, um nochmals Lebewohl zu sagen. Herr Heutig wird
auch in Zukunft noch Fühlung mit - der fürstlichen Verwaltung
behalten und u- A- nächstdem in Berlin mit dem Fürsten Max
Egon zusammentreffen. Auch wird Herr Heutig bis zum März
zur offiziellen Amtsübergabe an den bis jetzt noch nicht be-
kannten Nachfolger hierherkommen. Herr Präsident Heutig,
welcher hier ein Jahreseinkommen von 40000 Mark bezog, nebst
prächtiger Dienstwohnung und Verfügung über 2 Gefährte, wird
eine Pension von 10 000 Mk. beziehen und in Berlin die Praxis
als Rechtsanwalt weiterführen.
Aus Vaden. Das Reallchrerexamen für 1899
(Sprachliche Abtheiluug) haben von sechs Candidaten fünf
bestanden.___
Gingesandt.
Heidelberg, 17. December.
Dem Verfasser des „Eingesandt" vom 16. ds. Mts. in Nr. 295
der Heidelberger Ztg. bezüglich des Mangels an öffentlichen
Uhren auf hiesigem Bahnhofe diene zur Beruhigung, daß von
Seiten der Etsenbahnverwaltnng schon vor einiger Zeit eine
größere Anzahl elektrischer Uhren für den hiesigen Bahn-
hof in Bestellung gegeben wurde, deren Auflieferung aber von
dem betreffenden Lieferanten erst im nächsten Frühjahre erfolgen
kann. Die geübte Kritik im Schlußsätze des „Eingesandt" er-
scheint daher nicht begründet.
Kleine Zeitung.
— Berlin, 15. Dec. Eine wichtige Neuerung soll, wie das
Kl. Journal mittheilt, bei der Berliner Criminalpolizei vor sich
gehen. Es handelt sich um die Einführung von Spür-
» Hunden, deren man sich bei Kapitalverbrechen zur Verfolgung
 
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