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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0660

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in dem
ärztliche
ist auf
worden.
Arbeiter

benachbarten
Praxis aus-
dem Po st-
Ans diesem
durch Geld-

Celluloidsplitter dargestellt wird. Wir machen darauf aufmerk- I
sam, daß solche Karten von den Postanstatten offen nicht be- !
fördert werden, weil sie leicht Verletzungen an den Händen des i
Postpersonals verursachen, die u. A. Blutvergiftungen zur Folge !
haben können. <
* Von der Universität. Der Senior der juristischen Fakultät i
der diesigen Universität, Herr Geh. Rath Professor Dr. Immanuel l
Bekker, wird am 17. Februar sein SOjähriges Doktor-
Jubiläum feiern.
** Die Museumsgesellschaft veranstaltete gestern nach längerer
Pause wieder einen Herrenabend, für den sich eine erfreulich
starke Theilnahme ergab, indem sich an SO Mitglieder dazu ein-
fanden. Der sogen, rothe Saal war vollständig besetzt. Die
geistige Würze zu dem von dem neuen Wirth, Herrn Baumann,
vortrefflich zubereiteten Abendessen, dem allseitige Anerkennung zu
Theil wurde, bot eine große Zahl von Tischreden, vielfach
launigen Inhalts. Durch alle Ansprachen zog sich wie ein rother
Faden ein ebenso lebhaftes wie erfreuliches Interesse, das die
Redner dem Bestände und einer gedeihlichen Weiterentwicklung
der Gesellschaft entgegenbrachten, und daß sie damit ganz im
Sinne sämmtlicher Anwesenden handelten, das bewies der freudige
Anklang und der lebhafte Beifall, den sie bet den Zuhörern
fanden. Mit vollstem Rechte wurde darauf hingewiesen, daß
eine Gesellschaft wie das Museum für unsere Stadt ein absolutes
Bedüifniß sei, daß sie ein Band um Professoren- und Bürger-
schaft winde und einen Boden zu genieinsamem Handeln gäbe.
Einer solchen Gesellschaft gegenüber beständen aber auch
Pflichten in den entsprechenden Kreisen der Einwohnerschaft,
auf deren Erfüllung gerechnet werden müsse. Der Thätigkeit
der Direktion sowie der verschiedenen Kommissionen der Gesell-
schaft wurde mit Anerkennung gedacht, darunter besonders der-
jenigen der Weinkommission, die ja auch zu dem schönen Ge-
lingen des gestrigen Abends durch die Leistungen des von ihr
mit ebensoviel Sachkenntniß wie geschäftlicher Regsamkeit unter-
haltenen Weinkellers wesentlich beitrug. Möge die Gesellschaft
auch ferner blühen, wachsen und gedeihen!
chf Verein Alt-Heidelberg. Der Verein Alt-Heidelberg, der
sich die Förderung der Interessen der Altstadt zur Aufgabe ge-
macht hat, hielt gestern eine Sitzung ab. Man beschäftigte sich
in derselben hauptsächlich mit der im Verein schon mehrfach be-
sprochenen Frage der Ausarbeitung und Feststellung eines Orts-
bauplans für die Oststadt. Eine Eingabe an den Stadtrath ist
in Umlauf gesetzt worden und hat ca. 300 Unterschriften erhalten.
Es wurde beschlossen, diese Eingabe nunmehr dem Stadtrath zu
unterbreiten.
Theater im Zwinger. Das Sensationsstück „Kapitain
Dreyfus" erscheint heute Dienstag den 20. Dec. zum ersten
Male in Heidelberg, und wird, wie überall, auch hier seine An-
ziehungskraft ausüben. Das Ensemble unter Leitung des Direk-
tor Kersebaum von Mannheim (Colosseum) brachte dasselbe in
Mannheim bereits über 50 Mal mit großem Erfolge zur Auf-
führung. Wir machen auf diese Vorstellung besonders aufmerksam.
O Eine Geschmacksverirrung. In einem Schaufenster in der
Hauptstraße sieht man eine Photographie, welche ein brennendes
Haus und dazu Feuerwehrleute zeigt, die ihre Retlungsarbeit
unterbrochen haben, um sich sammt dem brennenden Objekt
photographiren zu lassen. Die Aufnahme ist selbstverständlich
nicht nach der Natur erfolgt, sondern künstlich zusammengesetzt.
Sie beleidigt geradezu den guten Geschmack und macht die
Feuerwehr lächerlich, deßbalb sollte das Bild möglichst bald
verschwinden.
«I! Schöffengerichtssttzung vom 19. Decbr. 1) Friedrich
Köhler von Gochsheim erhielt wegen Körperverletzung eine Geld-
strafe von 20 2) Karl Dörr von Petersthal wegen Körper-
verletzung 1t Tage Gefängnis). 3) Die Verhandlung gegen
Jakov Jöst Ehefrau von Handschuhsheim wegen Mundraubs
wurde vertagt, t) Johann Neureicher Ehefrau in Handschuhs-
heim wurde Von der Anklage wegen groben Unfugs freigesprochen.
5) Peter Augustin von Handschuhsheim erhielt wegen groben
Unfugs eine Geldstrafe von 10 6) Georg Münch von Aspach
wegen Uebertretung des Z 367 R.-St.-G.-B. eine Geldstrafe von
10 7) Ludwig Fertig von Dürkheim wurde von der Anklage
wegen groben Unfugs freigesprochen. 8) Wilhelm Spahr von
Bückingen erhielt wegen Uebertretung des Z 36(U R.-St.-G.-B.
eine Geldstrafe von 3 9) Georg Ueberle, Fischer hier, wegen
groben Unfugs 5 Tage Haft. 10) Georg Pfisterer Ehefrau in
Eppelheim, wegen Beleidigung von Anton Wiegand in Eppel-
heim angeklagt, wurde freigesprochen. 11> Leopold Pulkowsky
in Danzig erhielt wegen Beleidigung der F. u. M. Liebhold hier
eine Geldstrafe von 10 12) Die Klage gegen Straßenwart
Valentin Braun in Eppelheim wegen Beleidigung des Philipp
Kramer daselbst wurde verworfeu.
— Polizeibericht. In verflossener Nacht wurde bei der alten
Brücke ein herrenloses Pferd (Schimmel) aufgegriffen und im
Stalle der Wirthschaft zum Großen Faß untergebracht; vier junge
Leute kamen wegen Unfugs zur Anzeige. Ein Schuhmacher aus
Bensheim wurde wegen Uebertretung des Landesverweiscs
verhaftet.
8 Kirchheim, 19. Dec. Der Gedenktag von Nuits
wurde auch hier festlich begangen. Am Vorabend versammelten
sich die hiesigen Feldzugssoldaten in stattlicher Anzahl bei Kame-
rad Körner zum Bad. Hof, um bei Gesang, Ansprachen und
gegenseitigem Austausch der Erlebnisse an jenem schweren Tage
einige gemüthliche Stunden zu verbringen. Am Sonntag Nach-
mittag hielt der Militärvereiu eine Generalversammlung mit da-
rausfolgendem Banket in der Restauration Gugler ab. Der 1. Vor-
stand, Herr Becker, begrüßte die sehr zahlreiche Versammlung und
brachte ein Hoch auf den Großherzog aus, das begeistert ausge-
nommen wurde. Nachdem der Rechner, Herr M. Treiber, Bericht
erstattet hatte über die Einnahmen und Ausgaben beim Verbands-
feste, wurde noch darüber Beschluß gefaßt, daß Kaisers Geburts-
tag mit einem Balle gefeiert werden, und daß die Feldzugssol-
daten künftig mit Musik beerdigt werden sollen. Herr M. Treiber
brachte nun auf die Krieger von 1870,71, Herr Grieser auf den
Kaiser, Herr Rudolf auf das deutsche Heer und Herr Gg. Windisch
auf die deutsche Kameradschaft ein Hoch aus. Die beiden Ge-
sangvereine Männergesangverein und Sängerbund und die Feuer-
wehrmusik, welche abwechselnd ihre Weisen erschallen ließen, ern-
teten reichen Beifall.
Leimen (A. Heidelberg), 16. Dec. Der Bad. Presse wird von
hier geschrieben: Das hiesige Portlandcementwerk baut zur Zeit
einen weiteren großen Ringofen mit einem 100 Meter hohen
Kamin. Die übrigen Ringofenkamine werden um je SO Meter
erhöht, um Rauch uud Brenngase, welche die umliegenden Ort-
schaften, insbesondere Leimen und Rohrbach, in einer Art und
Weise belästigen, daß Leben uud Gesundheit der Einwohner ge-
fährdet erscheinen, einen besseren Abzug zu verschaffen. <Jn
Heidelberg hat man die Belästigung durch den Rauch und be-
sonders dem Staube des Cementwerkes auch empfunden, aber
so arg wie es hier geschildert wird, doch nicht. Die Red.) Es
wird hierdurch auch Abhilfe erhofft gegen den großen Schaden,
den die den Kaminen entströmenden Brenngase den landwirth-
schaftlichen Anlagen in der Umgebung des Cementwerkes zu-
fügen. Große Erregung herrscht nun hier, seit gestern auf höhere
Anordnung der Weiterbau au den Kaminen eingestellt werden
mußte. Wie man hört, geschah dies auf Veranlassung der Gr.
Sternwartedirektion beim Köntgstuhl, da der Rauch des Cement-
werks die astronomischen Beobachtungen störe. Wenn nun die
Kamine nicht feAig gestellt werden dürfen, so müssen naturgemäß
sämmtliche Ringofenfeuer gelöscht werden, wodurch dem Portland-
cementwerk ein enormer Schaden entstehen würde. Doch das
Bedauerlichste würde sein, daß über 1000 Arbeiter entlassen
werden müßten und dadurch ihr Brod verlieren würden. Man ist
hier sehr befremdet, warum bei Anlage des Observatoriums der-
artige Störungen nicht in Betracht gezogen wurden. Der Rauch
des Cementwerks in Leimen zieht schon mehrere Jahre gegen den
Königstuhl^zu und muß man dort schon zu einer Zeit, als der
Bau der Sternwarte noch nicht so weit vorgeschritten war, dies

Kleine Zeitung.
— Leipzig. 19. Dez. Der Simolizissimus-Proz eß
begann heure vor der zweiten Strafkammer des Landgerichts.
Angeklagt sind der Zeichner Heine und die Buchdruckerei-
desiser Hesse und Becker. Auf Antrag des Oberstaatsan-
walls wurde die Oeffentlichkeit für die Dauer der Verhand-
lung ausgeschlossen. Der Gerichtshof erkannte gegen den
Zeichner Heine wegen Majestätsbeleidigung in zwei Füllen
auf sechs Monate: die beiden Buchdcuckereibesitzer wurden
auf Grund des Z 21 des Preßgesetzes wegen Fahrlässigkeit zu
je 300 M. Geldstrafe verurtheilt.
— Rom, 19- Dec. Der Unterrichtsminister Baccelli wurde
gestern -.n Kenntniß gesetzt daß sich am D o g e npa l ast in
Venedig bedrohliche Sprünge und Senkungen
zeigten. Er beauftragte daher den Architekten Gälo in Mai-
land, telearaphischßden Palast zu besichtigen.
— Künstlerpostkarten. Die bekannte Thee-Firma Meßmer
bat neuerdings wieder einige prächtig ausgestattete Ansichts-
postkarten: Abend am Rhein („Niederwalddenkmal") und
„Der Rhein bei Schaffhausen" herausgegeben, welche von
Sammlern sehr gesucht werden dürften. Die Karten sind von
einem hervorragenden Künstler entworfen und werden nicht
verkauft, sondern stehen den Käufern von Meßmer Thee
gratis zur Verfügung.
— Unter der Ueberschrift „Excellenz Kammerfrau erzählt
die Wiener Neue Armeezeitung folgendes Geschichtchen: In einer
vornehmen reichen Familie nahm vor einiger Zeit eine ältere
Kammerfrau Dienste, die ein sehr ruhiges sympathisches Wesen
hatte. Eines Tages gewahrte die Hausfrau bei Eröffnung der
Post, daß ihr ein Brief in die Hand gekommen, der nicht an sie
gerichtet sein konnte. Jetzt erst besah die Dame die früher un-
beachtet gelassene Adresse, die an „Ihre Excellenz Frau X. V-.
k. und k. Feldmarschall-Lieutenants-Wittwe" lautete. Die Dame
des Hauses beschted die Kammerfrau, deren Name auf der
Adresse angegeben war, zu sich und fragte ganz betreten, welche
Bewanvtniß es mit ihr eigentlich habe? Es kam nun zu Tage,
daß die Kammerfrau thatsächlich Wittwe eines Feldmarschall-
Lieutenants war und von ihrer kargen Pension die Kosten der
Ausbildung ihrer Kinder nicht bestreiten konnte. Sie war daher
genöthigt, als Kammerfrau in einem aristokratischen Hause
Dienste zu nehmen, um die fehlenden Msttel in anständiger
Weise aufzubringen. Das Ergebniß dieser Entdeckung war, daß
die Dame des Hauses zwar nach wie vor die rücksichtsvolle und
wohlwollende Frau blieb, aber doch bald eine zarte und schonende
Form suchie, um das Verhältniß der Kammerfrau zu dem Hause
zu lösen.__—
Theater- und Kunstnachrichten
Heidelberg, 20. Dec. (Stadttheater.) Schillers Trauerspiel
„Kabale uud Liebe" wird Mittwoch unter Mitwirkung des Herrn
Direktors Heinrich gegeben werden mit den Damen Mehrer,
Konrad und Sander und den Herren Dankmar, Ehrens, Jensen,
Sigl und Stettner in den Hauptrollen. Die Rollen des „Musikers
Miller" und der „Luise" werden von Herrn und Fräulein
Heinrich gespielt werden. Es ist nur diese einzige Vorstellung
des bedeutenden Werkes geplant, und so ist zu hoffen, daß der
Besuch des Theaters an diesem Abende ein hervorragend guter
sein wird. Der längeren Spielzeit wegen beginnt die Aufführung
präcise um 7 Uhr.

bemerkt haben. Es muß zugegeben werden, daß der Rauch aus
den um SO Meter erhöhten Kaminen das Observatoriumsgebiet
weit leichter erreichen wird als früher, aber man ist hier der
Ansicht, daß zuerst die Existenzmöglichkeit und Gesundheit der
Einwohner eines Landstriches zu berücksichtigen seien und dann
erst die Pflegstätten idealen Wissens, die mit Ernährungsfragen
der Einwohner eines großen Landstriches nichts zu thun haben.
Unsere Arbeiter sagen: „Mit neuentdeckten Planeten können wir
unseren Hunger nicht stillen, wohl aber mit dem Verdienste unserer
Hände!" Man zweifelt nicht daran, daß es den Behörden ge-
lingen wird, einen Ausweg zu finden, der es ermöglicht, den
Arbeitern den lohnenden Verdienst zu erhalten und doch dabei
die ideale Wissenschaft zu unterstützen. Die Aufregung wächst,
denn sämmtliche Orte der Umgebung sind an der Arbeitsgelegen-
heit beim Ccmentwerk betheiligt.
Neckarbischofsheim, 18. Dec. Gegenwärtig wird von
Berlin ans (Verlag von L. Schwarz u. Co.) das Land mit dem
neuen Bürgerlichen Gesetzbuch überschwemmt. Ohne Bestellung
sendet diese Firma an alle möglichen Adressen ein Exemplar be-
sagten Buches mit einem Schreiben, worin die Firma um Rück-
sendung ersucht, sofern der Adressat wider Erwarten
keinen Gebrauch davon machen wollte. Der Betrag von Mk. 1.20 per
Stück wird später eingezogen. Retourmarke liegt nicht
bei. Wir glauben nicht, daß Jemand verpflichtet ist, dieses
nichtverlangle Werk aufzubewahren oder gar zurückzuschicken.
Derartige Zusendungen mehren sich in unangenehmer Weise und
belästigen vielfach das Publikum.
Vom Odenwald, 16. Dec. Höker gelegenen Orten unserer
Gegen» muroe mit früh eintretender Kälte W a ss er in a n gel
gedroht haben. Vor einigen Wochen lieferten viele Brunnen
nur ganz geringe Mengen Wasser. Manche kleinere Müh-
len mußten den Betrieb einstellen und auch d:e Schneid-
mühlen erfühlen Störungen. Die Niederschläge der letzten
Tage haben diese Kalamität etwas beseitigt.
Ladenburg, 18. December. Auf Antrag der Vertreter dec
Niedelstbesteuerten beschloß der Bürgerausschuß mit allen gegen
eine Stimme die Aufhebung des Volksschulgeldes.
Der Gemeinderath har dieses Mal seinen früheren Widerstand
gegen den Antrag aufgegeben.
Mannheim, 19. Dec. (Strafkammer.) Der Beleidi-
gungsprozeß Castritius, in welchem heute weiter verhandelt
werden sollte, konnte durch ein eigenthümliches Hinderniß nicht
zu Ende geführt werden. Die Angeklagte litt nämlich an einem
heillosen Katzenjammer. Sie erschien zur festgesetzten Stunde
nicht. Darauf beschloß das Gericht, wegen der zu befürchtenden
prozeßstörenden Weiterungen die Dame, sofern ärztlicherseits
nichts dagegen eingewendet werde, vorführen zu lassen. Das
geschah denn auch, allein als die Frau Nachmittags 3 Uhr kam,
erklärte die Vertheidigung, dieselbe sei nicht im Stande, der Ver-
handlung zu folgen. Es gab nun ein interessantes Geplänkel
über den besten Weg aus dem Dilemma, von Seiten der Anklage
sowohl wie der Vertheidigung wurde überdies ein neuer Zeuge
vorgeschlagen, sodaß möglicherweise morgen Nachmittag — bis
dahin wurde die Verhandlung abermals ausgesetzt — eine Ver-
tagung bis Freitag erfolgt. Die Angeklagte wurde, damit sie
nicht abermals Katzenjammer bekommt, in Haft behalten.
Mannheim, 19. Dec. Mit der Trambahngesellschaft
hat der Stadtrath eine vorläufige Vereinbarung getroffen, wonach
der Betrieb der hiesigen Pferdebahn gegen Leistung einer Ent-
schädigung für den entgehenden Reingewinn, sowie gegen Zahlung
einer entsprechenden Pachtsumme jederzeit von der Stadt-
gemeinde übernommen werden kann. Die Konzession der Ge-
sellschaft läuft am 26. Mai 1901 ab. Der Stadtrath beabsichtigt,
die Bahn schon vorher zu übernehmen und den Betrieb in einen
elektrischen umzuwandelü.
8. 0. Mannheim, 19. Dec. Die Straßburger Kohlenauf-
bereitungsgesellschaft Hugo Stinnes, deren große Brikettsabrik
im Rheinauhafen bereits im Rohbau vollendet ist, hat von der
Rheinaugesellschaft weitere 6000 Quadratmeter Gelände erworben.
Bruchsal, 18. Dec. Dr. Chrysander, der ehemalige
Sekretär des Fürsten Bismarck, wird sich ' '
Weingarten niederlassen, um dort die
zuüben.
8.0. Karlsruhe, 18. Dec. Gestern
neubau der Rtchtbanm aufgepflanzt
Anlaß wurden die am Bau beschäftigten
geschenke erfreut. Während der zweijährigen Bauzeit sind keine
nennenswerthen Unfälle oder Störungen vorgekommen. Ein
endgiltiges Urtheil über den kolossalen Bau läßt sich erst nach
Vollendung dec architektonischen Arbeiten bezw. nach Entfernung
deS Gerüstes fällen; doch kann man heute schon sagen, daß der
Postneubau sich in künstlerischer Hinsicht mit dem eben fertig
gestellten Bezirksamtsgebäude in keiner Weise messen darf.
8.^, Karlsruhe, 18. Dec. An Ehrenkreuzen an weib-
liche Dienstboten sind in diesem Jahre 38 zur Verleihung ge-
kommen und zwar an Angehörige des Großherzogthums 25,
Württembergs 5, Bayerns 3, Hessen-Nassaus 1, des Groß-
herzogthums Hessen 2, Elsaß-Lothringens 1, Frankreichs 1. Der
Confeision nach sind 28 der Dekorirten katholisch und 10 evan-
gelisch. Die Dienstzeit betrug 25 bis 51 Jahre. Es wurde
verliehen das silberne Kreuz (für mehr als 25 bis 40 Dienst-
jahren) an 32, das stlberoergoldete (für mehr als 40 bis 50
Dienstjahren) an 3 und das stlberoergoldete mit Kranz (für
mehr als 50 Dienstjahre) an 3 Bewerberinnen. Mit Ein-
rechnung dieser neuesten Verleihung stellt sich die Gesammtzahl
der seit dem Jahre 1876 verliehenen Auszeichnungen auf im
Ganzen 1478, worunter 1217 silberne, 205 stlberoergoldete uud
56 mit goldenem Kranze versehene Kreuze und unter den beiden
letzteren Kategorien 144 zweite und 18 dritte Verleihungen.
8 0. Karlsruhe, 18. Dec. Das „Katholische Kasino"
(Cafs Nowack) soll demnächst durch einen gründlichen Umbau,
der Neuzeit entsprechende Räume erhalten. Der Entscheidung
der Generalversammlung wird anheimgestellt, ob für die Folge
das Restaurant als Gasthof zur Fremoenbeherbergung ein-
gerichtet werden soll.
8.6. Karlsruhe, 19. Dec. Behufs rascherer Beförderung der
Exp r e ß g u t st ü ck e hat die hiesige Bahnverwaltung seit heute
einen Daimler'scheu Benzinmotor-Gepäckwagen
eingestellt. Das eigenartige Vehikel, das in seinem Aeußern an
die PrUschenwagen der Güterbestätter erinnert, fuhr mit ziem-
licher Geschwindigkeit durch die Straßen und nahm das einzige
Hinderniß im Karlsruher Straßennetz, die Hirschstraßenbrücke,
glatt und ohne Stockung. Die (höchst zulässige) Tragkraft be-
trägt 3000 Kilogramm. Der Motor hat 12 Pferdekräfte. Das
Benzin wird in cylindrischen Behältern mitgeführt. Die praktische
Neuerung findet beim Publikum großen Beifall.
8. 0. Karlsruhe, 19. Dec. Ein Straßenraub, wie er
sonst nur in Millionenstädten zur Nachtzeit vorzukommen pflegt,
wurde in einer der belebtesten Straßen Karlsruhes am helllichten
Tage ausgeführt. Ein etwa LOjähriger Bursche riß einem
> Spaziergänger in der Kaiserallee, den er nach der Zett gefragt
hatte, die Uhr von der Kette weg und verschwand spurlos unter
- den zahlreichen Passanten. — Im Kolosseum stürzte eine
: Tra p ezkün st l er i n infolge eines Ohnmachtsanfalls vom
i Ruhebrett des fliegenden Trapezes in das Sicherheitsnetz. Zur
Beruhigung des Publikums erschien die junge Dame, die durch
- den Fall glücklicherweise keinen Schaden erlitt und sich in kurzer
: Zeit wieder erholt hatte, noch am gleichen Abend auf der Bühne.
8. 0. Karlsruhe, 19. Dec. Es war bei der großen Kon-
kurrenz der hiesigen Großbrauereien vorauszusehen, daß der Preis
für das Gelände im Rheinhafengebiet, auf dem künftig
die einzige Wirthschaft erstehen soll, ein unverhältnißmäßig
hoher sein werde. Das höchste Gebot mit 65 Mk. 50 Pfg. hat
bei der heutigen Versteigerung des 1300 gm fassenden Platzes
Brauereibesitzer Höpfner eingelegt, dem auch der Zuschlag er-
theilt wurde. Bekanntlich bezahlte Sinn er-Grünwinkel einen
noch höheren Preis (85 Mk. pro Quadratmeter) für das Gelände
-in Bannwald, auf dem heute der „Kühle Krug" steht. Immer-

hin dürfte der Preis von rund 85000 Mk. für einen Bauplatz
zu den Seltenheiten gehören.
Rastatt. 17. Dec. Die hiesigen Friseure und Barbiere haben
eine Facvvereiniaung mit Anschluß an den hiesigen Ge-
werbeverein gegründet.
Pforzheim, 18. Dec. Eine Privatklage seltsamster Art wurde
vor dem Schöffengericht verhandelt. Ein Regierungsbaumeister
von Freiburg klagte gegen einen hiesigen Einwohner wegen Be-
leidigung, die dieser sich am 17. April durch den Zuruf „Sau-
bengel" habe zu Schulden kommen lassen. Vom Amtsgericht wurde
zunächst die Klage abgewicsen, da man den Kläger für geistes-
krank hielt. Auf die sofortige Beschwerde desselben wurde das
Verfahren dann doch eingeleiret, da das Landgericht wohl der
Ansicht war, daß der Kläger geisteskrank sei, daß er aber doch
imstande wäre, eine Willenserklärung abzugeben und eine Be-
leidigung zu empfinden, umsomehr, da er in seinem Dienste noch
keinen Anlaß zu Beschwerden gegehen habe. Der Kläger war mit
dem Angeklagten s. Zt. in Ueberltngen zusammen in Stellung, und
der letztere heirathete später ein Fräulein von dort. Fortgesetzt
verfolgte und belästigte der Kläger die Fran, und als er ihr am
17. April Fensterpromenaden machte, da ließ sich der nun ange-
klagte Ehemann zu dem oben genannten Rufe hinreißen. Im
Juni verübte der Kläger in der Wohnung des Angeklagten einen
Hausfriedensbruch; Hierwegen wurde das Verfahren eingeleitet,
wegen der Unzurechnungsfähigkeit des Baumeisters aber eingestellt.
Im Juli belästigte dieser wiederum die Frau, so daß das Bezirks-
amt seine Ueberführung ins Irrenhaus anordnete. Auf die Er-
klärungen seines Vaters wurde hiervon abgesehen, obwohl sich
das hiesige Amtsgericht zweimal an die Eifenbahnbehörde und
auch an die Staatsanwaltschaft gewandt hatte, in der Angelegenheit
geeignete Schritte zu ergreifen. In der Verhandlung ließ es sich
erkennen, schreibt der Pf. Anz., daß der Kläger im höchsten Grade
von einer fixen Idee befallen ist. Er erzählte selbst, daß er mittels
mlscher Korridorschlinken in die Wohnung des Beklagten einge-
druvgen sei, um die Frau durch Erschrecken zu gefährden; er be-
stritt, daß die Fran diejenige des Beklagten sei u. s. w. Das
Schöffengericht stellt nach kurzer Berathung das Verfahren wegen
Beleidigung ein und legte dem Kläger die Kosten auf. Es war
der Ansicht, daß der Kläger geisteskrank sei und zur Abgabe einer
Willenserklärung nicht fähig erscheine, deshalb auch keine Be-
leidigung empfinde. Er habe nur die Klage erhoben, um seiner
ixen Idee zu genügen. Aber auch im anderen Falle hätte Frei-
sprechung erfolgen müfsen, da der Beklagte nur eine Beleidigung
auf der Stelle erwidert habe. Der Abgewiesene erklärte sofort
Berufung einlegen zu wollen.
Uttenhofen (A. Engen), 16. Dec. Wegen Verdachts des
Dovvetgittmords wurde hier laut Konst- Ztg. die 24-
jährige Auguste Weber nebst ihrem 68jährigen Zuhälter ver-
haftet und ins Gefängniß Engen eingeliefert. Dieselben sind
beschuldigt, 2 Kinder im Alter von 1 und 4 Wochen vergiftet
zu haben. Das eine gehörte der verhafteten Weder und das
andere ibrer ledigen Schwester.
-Aus Vaden. In Thiengen (A. Waldshut) wird von
einer schweizerischen Gesellschaft ein Elektrizitätswerk erstellt.
Das Ministerium begünstigt das Vorhaben.

Hande» und LZerkeyr.
Frankfurt, 19. Dec. Effektensocietät. Abends. 6'/. Uhr.
Oesterr. Creditaktten 3O3'/> b. Diskonto-Kommandit 195.90 B.
80 G. Darmstädter Bank 153.40 b. Lombarden 57°/g b. Spanier
44.60 - 30—40 b. Schlickert Elektr.-Aktien 240 b. G. Laura
213 b. Bochumer 224.40 b. Oberschles. Eisen 152 80 b. Friedr.
Hütte 139 b. G. Gotthard-Aktien 147.10 b. G. Schweizer Central
148.80—149 b. Schweizer Nordost 108.40 b. Schweizer Union
78.10 b. Jura-Simvlon 90 pCt. b., dto. Genußscheine 8.90 b.
SpLt. Italiener 93.20 b. ult.
6V.-6V- Uhr: Harpener 177.20 P. 10 G. Türkische Loose
34.90 ult.
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Veränderung.
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Mannheim, 19. Dec. (Produktenbörse.) Per 100 Kilo.
Weizen Pfälzer 18.— bis —, Norddeutscher 18.— bis —
Azima 18.25 bis 19.25, Theodosia 19.75 bis 20.50, Saxonska
—bis —, Girka 18.— bis 19.—, Taganrog —bis
—.—, rumänische 18.50 bis 19.50, amerikanifche Winter 18.2»
bis —, Amerika». Spring 17.75 bis —, Walla-Walla
 
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