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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

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Nr. 281 - 306 (1. Dezember 1898 - 31. Dezember 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0700

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dAki,

Vertrauen
heben. Es
Dm aus der Diskus-
tionalität kämpfenden
daß die Staatsregie-
it, und die dänischen Agitatoren
zu lassen gewillt ist, daß sie in
Dänemark sind. Wie eine gewalt-
same^German'^^ der dänisch redenden Preußen der
Swatsreak^ selbstverständlich ferne liegt und die
dänisch ^<^ude Bevölkerung daher nicht den geringsten
Grund sUr Beunruhigung hat, so ist die Regierung doch
alA «Vertreterin eines deutschen Staates und als Trägerin
Verantwortlichkeit für seine Sicherheit sich ihrer Pflicht
»lar bewußt, auch in Nordschleswig den deutschen Bewoh-
nern einen festen Boden ruhiger und friedlicher Entwiche-

und das Selbstgefühl der Deutsche!
auf die Unterstützung der Regierung
wird in allen Fällen nützlich
sion im Landtage die um
Deutschen die Gewißheit^
rung sich nicht irre mach-
nicht darüber im ZmD
Preußen und u'/A^
fame German'-^ung °er oanncy reoenoen P
Staatsreak^ selbstverständlich ferne liegt
dänisch ^<2ude Bevölkerung daher nicht den

lung und freier Geltendmachung ihres Deutschthums zu
verschaffen.
Anhalt. Dess an, 27. Dec. Der am 10. Februar
1897 geborene Prinz Leopold Friedrich von
Anhalt, Sohn des Prinzen Eduard von Anhalt, zweit-
jüngsten Sohnes des Herzogs, und der Prinzessin Luise,
geborenen Prinzessin von Sachsen-Altenburg, ist, wie der
Anh. Staatsanz. meldet, gestern früh gestorben. Der
Ehe ist im Sommer d. I. ein zweites Kind, eine Tochter,
entsprossen. Prinz Eduard, bezw. seine etwanige männliche
Nachkommenschaft, ist unter Umständen später zur Thron-
folge in Anhalt berufen. Denn der älteste Sohn des
regierenden Herzogs, Erbprinz Leopold, ist 1886 ohne
Männliche Nachkommen gestorben. Der zweite Sohn des
Herzogs, der nunmehrige Erbprinz Friedrich, hat aus
der 1889 geschlossenen Ehe mit Prinzessin Marie von
Baden, der Schwester des Prinzen Max von Baden, bisher

keine Nachkommenschaft.

Aus der Karlsruher Zeitung
— Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben den
Revisor Ambros Boppel beim Ministerium des Innern, den
Revisor Leopold Schmitt bei der Oberdirektion des Wasser -
und Straßenbaues, die Vermessungsrevisoren Wilhelm Schick
und Hermann Mayer, den Zeichner Ernst Wilhelm Berthold,
sowie die Bezirksthierarzte Johann Friedrich Kramer, Josef
Welte, Gnstav Gehri und Max Servatius landesherrlich
ongestellt.
— Mit Entschließung Groß. Generaldirektion der Staats -
risenbahnen wurden die Eisenbahnassistenten Max Grimm in
Bühl, Max Oehmke in Sichern, Friedrich Kocher in Zell i. W.,
Ernst Strobel in Kenzingen, Gustav Schäfer in Steinsfnrth,
Alberth Christophe! in Kehl, Reinhold Freudemann in Müllheim,
Eugen Kleiber in Mannheim, Emil Stritt in Freiburg, Peter
Wörlein in Mannheim, Hermann Waldvogel in Immendingen,
Heinrich Schäffer in Immendingen, Heinrich Matt in Denzlingen,
Wilhelm Söhner in yornberg, Max Feßler in Karlsruhe, Her-
man Beith in Eberbach, August Zürn in Mannheim, Eugen
Schweisser in Schwetzingen, Friedrich Ruzek in Karlsruhe und
Hermann Schneider in Konstanz zu Expeditionsassisteuten
ernannt.
— Erste juristische Staatsprüfung. Auf Grund der
im Spätjahr d. I. abgehaltenen ersten juristischen Staatsprüfung
sind folgende Rechtskandidaten zu Rechtspraktikanten ernannt worden:
Gustav Bechtold aus Weinheim. Hans Bittl aus Schelklingen.
Alfons Blümmel aus Seckenheim. Berthold Blum aus Worms.
Hugo Enge aus Freiburg. Alexander Fischer aus Freiburg. Karl
Götz aus Steinbach. August Grathwohl aus Freiburg. Freiherr
Werner v. Grünau aus Karlsruhe. Franz Hacker aus Winnweiler.
Albert Haefelin aus Bühl. Eugen Heiler aus Kirrlach. Josef
Hemberger aus Mannheim. Georg Herrmann aus Karlsruhe.
Gustav Herth aus Buchen. Dr. Phil. Julius Höwig aus Karls-
ruhe. Rudolf Karlo wa aus H eid elb erg. Karl Lauck aus
Wiesloch. Walter Leser aus Heidelberg. Ludwig Marke
aus Freiburg. Max Mayer aus Freiburg. Rupert Mayer aus
Riedheim. Ferdinand Karl Michel aus Ludwigshafen. Otto
Müller aus Bobstadt. Oskar Nepple aus Schopfheim. Karl
Neumayer aus Eberbach. August Reinmuth aus Karlsruhe. Eugen
Rothschild aus Freiburg. Freiherr Heinrich v. Rüdt aus Karls-
ruhe. Ernst Salzer aus Karlsruhe. Karl Schlimm aus Bruchsal.
Leopold Schmieder aus Rust. Karl Schüßler aus Neckarelz. Josef
Siefert aus Zell a./H. Eugen Stader aus Sasbach. Adalbert
Stehle aus Schramberg. August Straub aus Meßktrch. Friedrich
Walther aus Schillingstadt. Heinrich Weber aus Bödigheim.
— Auf den Stationen Frankfurt a. M., Darmstadt und
Bensheim der Main-Neckarbahu werden von nun ab Kilo-
meter-Hefte der badischen Staatsbahnen verausgabt.
Karlsruhe, 29. Dcc. Die Höchsten Herrschaften
haben die Weihnachtsfeiertage im engsten Familienkreise
begangen, dem sich auch die Prinzessin Amelie zu Fürsten-
berg angeschloffeu hat. Am Christabend hielt Hofdiakonus
Fischer in der Schloßkapelle in Baden eine Andacht und
am Christtage den Predigt-Gottesdienst ab. Am Stephans-
tage fand daselbst ein Gottesdienst statt, welchen Hofvikar
Frommet obhielt. Am 27. nahm der Großherzog während
des ganzen Vormittags den Vortrag des Geheimen Legations-
raths Dr. Freiherrn von Babo entgegen. Gestern früh
hörte Seine Königliche Hoheit einen mehrstündigen Vortrag
des Präsidenten Dr. Nicolai. Vormittags erhielten die
Höchsten Herrschaften den Besuch des Prinzen Hermann von
Sachsen-Weimar, welcher am Abend vorher in Baden-Baden
eingetroffen war. Der Prinz nahm an der Frühstückstafel
theil und reiste Abends wieder ab. Nachmittags 4 Uhr
traf Fürst Max Egon zu Fürstenberg von Karlsruhe in
Baden-Baden ein und stieg im Grobherzoglichen Schlosse
ab. Derselbe verweilte bis halb 7 Uhr bei den Höchsten
Herrschaften und reiste dann nach Karlsruhe zurück. Der
Fürst hielt sich daselbst seit dem 27. December zur Er-
ledigung von Geschäften auf und kehrte heute früh nach
Wien zurück. Seit gestern weilt der Reichskanzler Fürst
zu Hohenlohe mit der Prinzessin Elisabeth und dem Prinzen
Alexander mit Gemahlin in Baden-Baden. Ihre Durch-
lauchten sind im Russischen Hofe abgestiegen. Heute Vor-
mittag besuchte der Großherzog den Fürsten und hielt sich
längere Zeit bei demselben auf. Um Mittag kam Seine
Durchlaucht mit seinen Angehörigen zum Besuch in das
Schloß und nahm mit denselben an der Frühstückstafel
theil, zu welcher auch die Prinzessin Amelie zu Fürstenberg,
sowie einige andere eingeladene Personen erschienen. Der
Reichskanzler reist morgen nach Berlin. Der Großherzog
und die Großherzogin beabsichtigen morgen Vormittag mit
der Kronprinzessin von Schweden und Norwegen nach Karls-
ruhe überzusiedeln. Gleichzeitig begibt sich die Erbgroß-

herzogin nach Luxemburg zu ihren Eltern, während der
Erbgroßherzog nach Koblenz reist. Derselbe fährt von
dort nach Berlin, um als kommandirender General des
8. Armeekorps zum Neujahrstag zu erscheinen.

Ausland.
Frankreich. Paris, 22. Dec. Zu den seltsamsten
Blüthen, die bisher die Dreyfusfrage getrieben, gehört,
nach der Köln. Ztg., erstens die Adventpredigt gegen die
Juden, die am vorvorigen Sonntag der Jesuitenpater
Coubö auf der Kanzel der Madeleinekirche gehalten, und
zweitens die gestrige Bekehrung der christlichen
Frau des jüdischen Dichtrrs Gustave Kahn zum Juden-
thum. Die Bekehrung war gleichsam die Antwort auf
jene Predigt. Der Pater hatte gewiß die beste Absicht,
als er von der Kanzel die Verachtung gegen die Juden
schürte; aber christlich war es gerade nicht, und es ver-
trug sich auch schlecht mit der von Jesus gepredigten
Nächstenliebe. Man kann es daher jener christlichen Gattin
nicht verdenken, wenn sie darob zu ihrem Gatten auch in
Sachen der Religion überging. Dieser Uebertritt ist ein
Ereigniß in der literarischen Welt; Kahn hat als Dichte:
einen guten Namen, und an dem gestrigen Bekehruugsfeste
nahm eine Menge von Künstlern und Schriftstellern theil;
kein geringerer als der Oberrabbiner von Frankreich Zadok
Kahn hielt die Festpredigt. Die Frau nahm — so wird
behauptet — aus freien Stücken die Religion ihres Mannes
an. „Wenn ich auf dem Boulevard am Arme meines Mannes
spaziren ging", so erzählte sie, „so stiegen Worte des
Hasses und der Verachtung gegen die Juden auf; ich
fühle dann, daß ich als Frau, die ihren Mann liebt, auch
die Gefahren theilen muß, die ihn bedrohen." Darauf
setzte sie sich mit dem Pariser Rabbiner Dreyfus und mit
dem Oberrabbiner Zadok Kahn in Verbindung; beide so-
wohl wie ihr Gatte selbst mahnten sie zur Vorsicht und
Ueberlegung; sie aber bestand auf ihrem Willen, und so
kam es denn, daß in dieser Zeit, da tagtäglich das
iirort Iss lluiko!" auf dem Boulevard erlönt, eine arische
Frau das Evangelium zu Gunsten des Talmuds abschwur.
Ihre Aufnahme fand in derselben Weise statt, wie seiner
Zeit die Hebräer sich im Jordan badeten; ganz unbekleidet
ward sie bis über die Haare in's Wasser eingetaucht, nicht
einmal den Kamm zur Zusammenhaltung ihrer Haare
durfte sie behalten. Neun Jahre war sie verheirathet, ehe
sie den Schritt that. Es fragt sich nur noch, ob ihre
Tochter, die in der christlichen Religion aufgewachsen ist,
das Beispiel der Mutter nachahmen wird. Im Allgemeinen
schwärmen die Juden bekanntlich nicht für die Bekehrung
der Christen. Im vorliegenden Falle aber herrscht auf-
richtige Freude unter ihnen; bei dieser Gelegenheit haben
sie den Gatten der Bekehrten selbst nieder für die
Synagoge eingefangen, denn lange rühmte er sich, ein
Freidenker zu sein.
Paris, 29. December. Die Libre Parole schließt
heute ihre Sammlung für die Wittwe Henry mit
einem Ertrag von 125 000 Franken. Wie erinnerlich,
veranstaltete das Blatt diese Sammlung, um der Wittwe
die nothwendigen Geldmittel zu verschaffen, damit sie
Reiuach wegen der „Verleumdung ihres Mannes", daß
dieser, Wie Reinach ausgeführt hatte, wahrscheinlich der
Mitschuldige Esterhazys sei, vor Gericht ziehen könne.
Bisher hat jedoch die Wittwe Henrys ihre Klage noch
nichtange strengt, weil sie sich mit ihrem Advokaten
nicht darüber einigen konnte, ob sie Reinach vor das
Schwurgericht verweisen oder den Prozeß vor dem Zucht-
polizeigericht anhängig machen soll. Dem Gaulois zufolge
wird Frau Henry heute ihre Entscheidung treffen. Das
Blatt versichert zugleich, sie werde den Prozeß vor dem
Schwurgericht anhängig machen.
Spanien. Madrid, 29. Dec. General Weyler
beobachtet strenges Stillschweigen über seine einstündige
Unterredung mit derKönigin-Regentin. Diese
hatte auch längere Unterredungen mit den Marschällen
Martinz Campos, Blanco und Loysez Dominguez, sowie
mit den Generälen Azcarraga und Polavieja. Obgleich die
Blätter diese Unterredungen lebhaft erörtern, geben sich die
Generäle den Anschein, als hätten ihre Besuche keine
politische Bedeutung gehabt.
Afrika. Kapstadt, 5. Dec. Sir Gordon Sprigg,
der bisherige Premierminister der Kapkolonie, unter dessen
Amtsleitung die Ausarbeitung des deutsch-englischen Ueber-
einkommens, soweit die Kapkolonie daran betheiligt ist, er-
folgte, erklärte, wie man der Franks. Ztg. schreibt, vor
einigen Tagen im Unterhause, daß Deutschland außer
der Walfisch bai noch die Erbauung eines weiteren
Hafens in Südafrika plane, jedoch schwerlich Erfolg
haben werde. Darnach scheint festzustehen, daß Walfisch-
bai in deutsche Hände übergehen wird; was den anderen
südafrikanischen Hafen betrifft, so meint man, daß derselbe
wahrscheinlich bei der Delagoabai, in der sogenannten
Eiffe'schen Conces sion zu suchen sei, deren Bewil-
ligung allerdings sehr zweifelhaft erscheint. Interessant
waren auch die Begleitumstände, die zu obiger Erklärung
führten. Wie bekannt, steht Südafrika vor der Lösung
eines sehr schwierigen Problems, der Verhinderung der
Einwanderung sogenannter unliebsamer Elemente aus Indien
und Ost-Asien. Vor einiger Zeit forderte die Kapregierung
die anderen Staaten Südafrikas zu gemeinsamer Abwehr
auf und schlug zu diesem Zweck eine Konferenz vor. Diese
Konferenz kam nicht zu Stande, da der Freistaat erklärte,
sie nur unter der Bedingung beschicken zu wollen, daß
wirklich alle an Südafrika interesstrten Staaten, also auch
Portugal und Deutschland, zur Beschickung aufgefordert
würden. Der Freistaat verlangte die Hinzuziehung Deutsch-
lands im Hinblick auf jene Gerüchte, daß die deutsche Re-
gierung ihre Eisenbahn nach Windhoek mit Hilfe
chinesischer Erdarbeiter auszuführen gedenke. Nun steht
ja aber bekanntlich die Kapregierung auf dem Standpunkte,
daß Deutschland in südafrikanischen Dingen überhaupt nicht

mitzureden habe. Der Antrag des Freistaates rief daher
solche Verblüffung und Verwirrung hervor, daß die Kap-
regierung es vorzog, die Konferenz lieber ganz fallen zu
lassen, als einen Präzedenzfall zu schaffen, auf Grund
dessen Deutschland seine Stimme im Rache der südafrika-
nischen Staaten hätte geltend machen können. Man fürch-
tete eben, Deutschland könne ein Jnterventionsrecht auch
in anderen Fällen verlangen.
Johannesburg, 29. Dec. Nach einer Meldung
des Bureau Reuter ist, abgesehen von einer sehr starken
Zeitungspolemik im Randgebiet, alles ruhig. Das hol-
ländische Blatt Die Post bespricht die Möglichkeit eines
Krieges zwischen England und Transvaal und
schlägt vor, für den Fall des Ausbruches von Feindselig-
keiten die Frauen und Kinder aus der Stadt zu entfernen
und diese selbst dem Erdboden gleichzumachen und mit
Ausnahme des Afrikanderbezirks in einen gewaltigen
Schutthaufen zu verwandeln. _
Aus Stadt und Land.
Heidelberg, 30. December.
ch Kunstverein. Die neulich gebrachte Nachricht, daß die
durch die Freigebigkeit des Herrn Bartholomä dem Kunstverein
geschenkten Kopieen nach altvenezianischen Meistern von unserem
berühmten Landsmann, Professor August Wolf, gemalt
seien, hat sich im Punkt des Autors als irrig erwiesen. Diese
Kopieen sind von einem Maler Namens Vikari gegenüber den
Originalen stark verkleinert und werden demnächst zur Aus-
stellung gelangen. Wird nun also der Kunstverein von dieser
Seite nicht mit der kaiserlichen Schackgallerie in München, welche
die werthvollen Wölfischen Kopieen nach venetianischen Meistern
besitzt, rioalisiren können, so wollen wir doch nicht verfehlen,
aufmerksam zu machen, daß gegenwärtig mehrere verkäuf-
liche Werke von AugustWolf im Kunstverein zur Schau
stehen. Das Hauptstück ist eine Allegorie. Zwei schöne Frauen
sitzen auf einer Bank, die eine blond, weiß gekleidet, Wolle auf-
spulend; sie ist ganz mit sich beschäftigt. Die andere, unbekleidet,
mit der schmeichlerischen Linie ihres schönen Körpers wie eine
brünette Schlange die unbewegliche Nachbarin beschleichend.
Zwischen beiden steht ein kleines Schildpattkästchen auf der Bank,
aus dem Perlenschnüre, Diademe und goldene Zechinen quellen.
Die Allegorie ist durchsichtig und wird es noch mehr durch die
Attribute. Rechts unten Todtenschädel und Feuerlinien, links
weiße, jungfräuliche Rosen. Sehr schön ist auch das Stück blauer
Himmel mit den blühenden Zweigen davor. Zur Seite dieses
Werkes hängen zwei Studien, Kopf einer Venezianerin auf matt-
blauem Grund, und eines schlafenden zpchens auf roihem
Grund. Gegenüber das Bild Waldpoesie. Eine weibliche Gestalt,
lebensgroß, am Rand eines Bächleins durch den Wald schreitend
und aus ihrer Schürze Blumen verstreuend. Die Büste ist nackt;
der Kopf sieht über die rechte Schulter zurück. Die ganze Gestalt
ist durch die Umgebung von grünlichem Reflexlicht übergossen,
wozu das lilagraue Gewand sehr fein im Ton gestimmt ist. Die
Arbeit erinnert etwas an ähnliche des Pariser Malers Colin.
Jedenfalls zeigt sie in ihrer Eleganz und Feinheit, wie sehr der
vortreffliche Künstler neben seiner Domäne, die alte Kunst zu
interpretiren, auch den Regungen moderner Art mit Interesse
und sicherem Können folgt. Wir hoffen, daß kein Kunstfreund
sich die Gelegenheit, diese Werke zu sehen, entgehen läßt.
* Oberstlieutenant v. Egidy ff-. Aus Potsdam kommt die
Nachricht, daß dorrselbst am Donnerstag früh 3*/, Uhr Oberst-
lieutenant a. D. von Egidy gestorben sei. Vor kurzem hatte er
eine Agitationsreise nach Mittel- und Süddeutschland unter-
nommen und bei dieser Gelegenheit auch Heidelberg berührt.
Als er hier am 13 December setueu Vortrag hielt, hat keiner
seiner zahlreichen Zuhörer ahnen können, daß dieser so kräftig
und gesund aussehende Mann schon so bald aus dieser Zeitlich-
keit werde abberufcn werden. Moritz v. Egidy war am 29 Aug.
1847 zu Main, geboren, wurde, nachdem er im Kadettencorps zu
Potsdam und Berlin erzogen worden war, 1865 Secoudelieutenant
im Brandenburgischen Füsilier-Regiment Nr. 85, in dem er den
Feldzug des Jahres 1866 mitmachte. 1868 trat er aus Familien-
rücksichten in den sächsischen Militärdienst über, und zwar in das
Gardereiterregiment, in dem er am Kriege gegen Frankreich
Theil nahm. 1875 wurde er Rittmeister, 1884 Major im
Husarenregtment Nr. 18, 1889 Oberstlieutenant und im Herbst
1890 verabschiedet. Seit Herbst 1891 wohnte er in Potsdam.
Großes Aufsehen erregte seine im October 1890 erschienene
Broschüre „Ernste Gedanken", in der er gegenüber dem ge-
schlossenen Dogmatismus der evangelischen Kirche den un-
dogmatischen Charakter des Christenthums als einer Religion
der Liebe betont wissen wollte und mit lebhaftem Eifer zu einer
Neubelebung der religiösen Gesinnung aufforderte. Die Schrift
rief eine große Anzahl Gegenschriften hervor. In anderen Ver-
öffentlichungen führte er die in seiner Erstltngsschrift entwickelten
Gedanken weiter aus und vereinigte jene in einer Sammlung,
der er den Titel „Das einige Christenthum" gab. Von anderen
Schriften gleicher Richtung abgesehen, trat Egidy später auch in
die politische, insbesondere die sozialpolitische Bewegung ein. So
griff er in den großen Hamburger Arbeiterausstand ein und
kämpfte neuerdings für die volle Coalitionsfreihett der Arbeiter.
Unsere Leser wissen, daß wir die Bestrebungen des Herrn
v- Egidy ihrer gefährlichen Einseitigkeit wegen bekämpft haben.
Das hindert uns aber nicht, dem Charakter des nun Verschiedenen
unsere aufrichtige Anerkennung zu zollen. Ein Mann, der in
schwerem Gedankenkampf sich zu einer bestimmten Idee durch-
gearbeitet hat und der dann sein ganzes Ich für diese Idee ein-
setzt, unbekümmert um die unangenehmen Folgen, die ihm
persönlich daraus erwachsen, ein solcher Mann verdient als
Mann unter allen Umständen unsere Sympathie, zumal wenn
sein Auftreten ein so nobles, ritterliches ist, wie dasjenige
v. Egidys cs war. Herr v. Egidy hinterläßt eine Wittwe und
zehn Kinder. Die Köln. Ztg. urtheilt über Herrn v. Egidy ganz
in unserem Sinne wie folgt: v. Egidy trat mit der Schrift
„Ernste Gedanke" in die Reihen der modernen Volksbeglücker,
an denen das Ende des scheidenden Jahrhunderts so reich ist;
aber auch er erwies sich bald als einer der Manner, die bei
allem ernsten Streben und hohem Idealismus den schweren
Fehler haben, die thatsächlichen Zustände und die wirklichen
Volksbedürfnisse nicht zu kennen. Er verstand es einige Zeit,
einen größern Zuhörerkreis in öffentlichen Versammlungen um
sich zu schaaren, ohne daß indessen die Wirkung seines Auftretens
eine nachhaltige gewesen wäre. Selbst der demokratische Mann-
heimer Anzeiger meint: Die von ihm angeregte Bewegung dürfte
wohl bald im Sande verlaufen.
I Znm Jahreswechsel möchten wir nicht unterlassen, auf die
vielen und wichtigen Dienste hinzuweisen, die die Postboten
das ganze Jahr hindurch unverdrossen und ohne Rücksicht auf
die Witterung Tag für Tag dem Publikum erweisen. Möge sich
dieses dankbar erweisen und ihnen durch eine wohlverdiente,
klingende Anerkennung zeigen, wie sehr es ihre Leistungen zu
schätzen weiß. Gewiß wird auch eine solche Gratifikation dazu
beitragen, die Bcrufsfreudigkeit zu erhöhen und zu fernerer treuer
Diensterfüllung anzuspornen. Möge die Anerkennung für die
wackeren Leute recht reichlich sich gestalten.
** Ueberstchtsplan von Heidelberg. Seit 1886 erscheint
jährlich in neuer Ausgabe im Verlage von Otto Petters hier
ein Ueberstchtsplan der Stadt Heidelberg und Umgebung. Preis
60 Pfg. Der Plan ist im Maßstabe von 1:7500 vom Tief-
bauamt entworfen; die Veränderungen werden bei der jeweiligen
Neuausgabe sorgfältig berücksichtigt. Die neueste Ausgabe ist
soeben erschienen; sie enthält alle Ergänzungen und Nachträge
bis auf die letzte Zeit.
 
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