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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 9
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Zur Versorgung unserer Industrie mit Schmelzgold
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Für oder wider das Mousseux
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0090

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■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■ -

Zur Versorgung unserer Industrie mit Schmelzgold.

* Seit Monaten mehren sich die Klagen unserer Fabri-
kanten über die zunehmende Schwierigkeit, Schmelzgold
in genügenden Mengen zu beschaffen. Insbesondere ist es
den Banken nicht mehr möglich, entsprechende Quantitäten
von Doppelkronen zu erlangen, da die Reichsbank solche
nicht mehr abgeben will, im Gegensatz zu ihrer früheren
Politik. Seither stand die Reichsbank auf dem Standpunkt,
der Industrie soviel gemünztes Gold zu geben, als sie nur
verlangte, sie gab sogar gegen Diskonto ganz neue Stücke
ab und verwöhnte dadurch die Konsumenten. Nun wird
mit einem Male von Berlin aus die Weisung gegeben, nach
Pforzheim überhaupt kein Gold mehr zu liefern, selbst auf
die Gefahr hin, auf die bedeutenden Beträge, die die Reichs-
bank hier verdiente, verzichten zu müssen. Geht man näher
auf die Gründe ein, welche die Reichsbank zu diesem ver-
änderten Standpunkt brachten, so wird man finden, dass
verschiedene Gesichtspunkte in Betracht kommen. Zunächst
hängt diese Entschliessung des Reichsbankdirektoriums mit
der allgemeinen Goldknappheit und mit dem Bestreben der
Reichsbank zusammen, ihren Goldstock zu stärken und so
grösseren Ansprüchen gegenüber, wie sie letztes Jahr an die
Bank gestellt wurden, besser gerüstet zu sein. Sodann ist
zu berücksichtigen, dass der gestiegene Goldpreis am
Weltmarkt es für die Reichsbank als schlechtes Ge-
schäft erscheinen lassen muss, der Industrie gemünztes
Gold abzugeben; denn sie bekommt für dasselbe
als Doppelkrone pro Kilo 2790 Mark, während es
sie selbst unter Berücksichtigung der Prägekosten und
der Zutaten in letzter Zeit sicherlich mehr gekostet hat.
Man kann also der Reichsbank ihre veränderte Politik
schliesslich nicht verargen, denn erstens ist sie ein Erwerbs-
institut und zweitens mag es ihr als Unding erschienen
sein, Gold ausprägen zu lassen, das gleich darauf hier
wieder in den Schmelztiegel wandert. Und damit kommen

wir zu einem Punkt, der beiden Teilen gerecht erscheinen
müsste, wir meinen zur Abgabe von 900 feinem unge-
münzten Gold in Barren oder Zainen durch die Reichs-
bank. Die Fabrikanten ziehen Reichsgold äusser seiner
Billigkeit wegen deshalb vor, weil es sich leichter schmelzen
und verarbeiten lässt; gibt nun die Reichsbank 900 feines
Gold ab, so ist der Industrie geholfen und andererseits
ist durch Wegfall des Ausprägens etc. die Sache für die
Reichsbank billiger und einfacher. Der Preis für derartiges
Gold wäre natürlich nicht so stabil, wie der des gemünzten
Goldes, weil er vom Goldpreis am Weltmarkt abhängt.
Unsere Industriellen müssten sich daran gewöhnen, für
ihr Gold in Zukunft etwas mehr bezahlen zu müssen; der
Preis für 900 feines Gold würde pro Kilo fein vielleicht
auf 2810 Mark anziehen, was indes ganz unbedeutend ist,
denn bei 14 Karat würde dann das Gramm ungefähr um
0,62 Pfennig, bei 18 Karat um 3/4 Pfennig höher kommen.
Diese Differenz erscheint unbedeutend gegenüber den
vielen Vorteilen, die diese Regelung unseres Goldbezuges
bringen würde. Sache der Beteiligten, insbesondere der
Handelskammer, wäre es, diesen Anlass zu benutzen,
um eine Konvention über eine einheitliche Festlegung
der Verkaufspreise für die verschiedenen Feingehalte
herbeizuführen.
Wie wir hören, will man mit dem erwähnten Ansinnen
von neuem an die Reichsbank herantreten und ebenso
wäre die Unterstützung des Vorschlags seitens der Regierung
erbeten. In der Budgetkommission des Reichstags brachte
ein Abgeordneter die Sache selbst zur Sprache und fand
mit seinem Verlangen beim Reichsbankdirektor auch Sympa-
thie. Sollte es trotzdem nicht zu einer Einigung kommen,
so bleibt nur der Bezug fremder Münzen durch die Pforz-
heimer Banken übrig; das daraus gewonnene Gold wird
sich aber auch über 2800 Mark stellen.

Für oder wider das Mousseux.

Mancher Sekttrinker hat die Gepflogenheit, die in dem
Champagner enthaltene Kohlensäure (das Mousseux) durch
Umrühren mit irgend einem Stäbchen auszutreiben. Er
ist der Meinung, dass der Genuss des mit einem prickelnden
Mousseux behafteten kohlensäurehaltigen Getränkes schäd-
lich sein könnte. Mit Recht hat sich diese Gepflogenheit
ein Juwelier zu Nutze gemacht und zum Ersätze für die
nicht immer einwandfreien Zahnstocher und ähnlichen zu
diesem Zweck verwendeten Instrumente silberne und goldene
Sektrührer in den Handel gebracht. Nun lässt sich aber
doch über die Tatsache der Schädlichkeit des Mousseux
streiten, und zwar vom Standpunkt des Wohlgeschmacks
und auch vom medizinischen Standpunkt aus. Manche
Arzte, und es sind deren nicht wenige, halten die Kohlen-
säure des Sektes in dem hier vorhandenen Quantum nicht

allein für unschädlich, sondern sogar für anregend und
gesund. Sie verordnen sogar den Genuss von Sekt bei
Herzschwäche und sind der Meinung, dass das Mousseux
auch die Magentätigkeit günstig beeinflusse. Sei dem aber
wie ihm wolle! Es ist jedenfalls nicht zu bestreiten, dass
das Mousseux von einer grossen Anzahl der Sekttrinker zu
den wesentlichsten Bestandteilen des Sektes gerechnet
wird. Der deutsche Name Schaumwein charakterisiert im
übrigen nur zu klar die Eigenschaft des Getränkes.
Dem Bedürfnisse der nicht geringen Partei der Mousseux-
Freunde kommt eine kleine Erfindung zu Hilfe, welche
das gegenteilige Prinzip des Sektrührers verfolgt und
darauf hinausläuft, dem Champagner das Mousseux bis
zum letzten Tropfen zu erhalten. Es ist dies ein an jede
Flasche anzubringender silberner Verschluss, welcher mit
 
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