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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 23
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Ungarische Schwindelfirmen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0187

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1908 «>.- JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST b -isi

Ungarische Schwindelfirmen.

Mehrfach schon haben wir im Laufe der Jahre Veranlassung
gehabt, an dieser Stelle vor der Anknüpfung von Beziehungen
mit gewissen exotischen, namentlich halborientalischen — Buda-
pester — Firmen und „Fabriken“ zu warnen, die an die Detailleure,
ja selbst direkt an das kaufende Publikum mit verlockenden An-
geboten herantreten, und dann die Auftraggeber böse enttäuschen.
Ausnahmslos sind diese Geschäfte, die oft eine sehr umfassende
Reklame in schreiend amerikanischem Stile machen, oberfaul —
sie leisten noch nicht den 10. Teil dessen, was sie pomphaft
versprechen. Und wenn man sie zu stellen, zur Verantwortung zu
ziehen sucht, so sind sie nicht zu fassen, handelsgerichtlich nicht
eingetragen, haben überhaupt gar kein ständiges Geschäftslokal,
ja vielleicht nicht einmal eine reguläre Wohnung! Es sind eben
„Schlittenfahrer“ der schlimmsten Art, die direkt auf Schwindel
und Gaunerei ausgehen und sich nachher ins Fäustchen lachen,
wenn sie den „dummen Deutschen“ mit ihrem wertlosen Kram
hineingelegt haben.
Im gemeinnützigen
Interesse sollten vor
allem die deutschen
Tageszeitungen die
Aufnahme all jener
aus Ungarn usw.
stammenden Inse-
rate und Reklamen
unbedingt ablehnen,
denen der Kundige
auf den ersten Blick
ansieht, dass sie
nicht auf reeller
Grundlage beruhen
können. Selbst im
Lande Mikoschs, des
Edeln, in der Heimat
des Gulyas und des
Paprikas, kann eben
nicht so produziert
werden, dass dabei,
allen Regeln der
Volkswirtschaft zum
Trotz, dem Konsu-
menten die Waren
mit 40 bis 50 Prozent unter den Herstellungskosten abgegeben
werden. Dann müssten die Produzenten das Material geradezu
stehlen! Ob allerdings letzteres nicht in den Fällen vielleicht zutrifft,
die wir im Auge haben, wollen wir dahingestellt sein lassen.
Bestohlen geradezu, auf das Empfindlichste geschädigt aber wird
zweifellos derjenige, der auch nur das Geringste von jenen
dunklen Ehrenmännern aus dem Ungarland bezieht, die nicht müde
werden, ihre unlauteren Offerten, ihre fabelhaft billigen und ver-
lockenden Anpreisungen nach Deutschland hereinzusenden, ja,
die sich nicht scheuen, durch eigene „Reisende“ und Agenten
bei den Detailleuren der Goldschmiedebranche, namentlich in
kleineren Städten, Spezialangebote zu machen.
So treibt seit einiger Zeit wieder ein Vertreter der Budapester
Semi-Emaille Fabrik „Hungaria“ sein Unwesen in Deutschland.
Der betreffende „Vertreter“, der sich Joseph Scheiber nennt,
bietet den Juwelieren und Uhrmachern ein Checkbuch mit 100 Bons
an, zum Preise von „nur“ Mk. 20.— , welche, wie sich das bei
solchen Schwindelfirmen von selbst versteht, „pränumerando“
entrichtet werden müssen.
Wir geben vorstehend die genaue Nachbildung eines solchen
„Bons“ zu allgemeiner Warnung wieder.
Gleichzeitig bekommt der Juwelier einen Bogen mit den
schönsten Skizzen von Fassungen.

Jetzt aber kommt der Hauptschwindel!
Jede Fassung, ob einfach oder reich verziert, kostet laut
Offerte Mk. —.80 in amerikanischem Double, Mk. 1.50 in Silber
oder Silber vergoldet und Mk. 7.— in 14 kt. Gold.
Das klingt so verlockend, dass hierauf schon unzählige Ge-
schäftsleute eingegangen und — hineingefallen sind, denn erstens
kosten die Fassungen mindestens so viel wie bei einer reellen
Firma, und zweitens ist man auch in Bezug auf die Portokosten
betrogen.
Obschon der Vertreter 4 malige Frankosendung verspricht, bei
jeweiliger monatlicher Abrechnung für bezogene Fassungen, sendet
die Firma nur gegen Nachnahme. Einer der Geschädigten teilt
uns mit, er habe 4mal an die famose Budapester Firma ge-
schrieben, einmal sogar per „Einschreiben“; es kamen jedoch alle
Briefe mit dem Vermerk „Nem Fogadta el. Refuse“ zurück.

Um dem Schwindel die Krone aufzusetzen, bekommt man
auch noch ein Reklameschild fürs Schaufenster; dieses Schild lautet
folgendermassen:
„Gratis — Gratis“
erhält jeder Kunde in Emaillemanier sein eigenes
Porträt nach jeder Photographie; für künstlerische
Ausführung wird volle Garantie geleistet.
Beanspruchen nun die Kunden diese Vergünstigung und be-
stellen sie eine Fassung nach ihrer Wahl dazu, so muss der
betrogene Geschäftsmann Geld zulegen, wenn er sich seinen
Kunden gegenüber nicht schmählich blamieren will, da die
Fassungen bedeutend teurer sind, als offeriert.
Wie von verschiedenen Seiten bestätigt wird, macht der
würdige Vertreter dieser Schwindelfirma schon seit einem Jahre
gute Geschäfte in Deutschland, betreibt einen schwunghaften
Handel mit seinen wertlosen Checkbüchern, von denen er min-
destens 3 Stück pro Tag anbringt; das macht 60 Mark, gewiss
ein feiner Verdienst!


= Photographie-Bon. =
Gratis erhält Inhaber dieser Karte ein künstlerisches Portrait in Emaillemanier
Phototon angefertigt, wenn dieser mit der zu reproduzierenden Photographie an
meine nachstehende Adresse eingesendet wird.
A. Albert, Semi-Emaille-Fabrik ..Hungaria"
Budapest, VIII., Nepszinhäz-utcza 16.

Name
Ort
Gegenstand
Das Porto hat der Besteller zu tragen.
Bilder, die in Fassung bestellt werden, wird für
das Colorieren nichts aufgerechnet.

ANMERKUNG: Die zum Bild passenden Fas-
sungen, u. zw. Uhranhängsel, Medaillon, Broche
od. Krawatten-Nadel in Metall vergoldet 80 Pf.,
echt Silber oder Silber vergoldet amtlich
punziert Mk.1.50. Dieselben Fassungen in echt
14kar. Gold amtlich punziert pr. Stück Mk. 7.—
Die Preise verstehen sich für glatte Rahmen, für
fassonierte Rahmen siehe Preiscourant.
Für das Kolorieren wird per Stck. 50 Pf. gerechnet.
Für künstlerische Ausführung wird volle Garantie
geleistet.
 
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