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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 15
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Der praktische Graveur
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0139

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Dsr praktische Graveur

Etwas über die Gravier-' und Goldschmiedekunst

selbst aus-

Autor des Neuen
Monogramm Album

Kunst des Goldschmiedes speziell bildete Jahrhunderte lang in
Deutschland, Österreich, der Schweiz die Regel. Noch bis in die
Zeit der Anfänge des Eisenbahnwesens mussten die Goldschmiede
in kleinen und mittleren Städten ihre Gravierungen
führen. Es konnte dort eben kaum ein Berufsgraveur
existieren. Von den paar Aufträgen eines Gold- und
Silberschmiedes jedenfalls nicht, handelte es sich
doch allenfalls nur um das Gravieren von Trauringen,
Bestecken, Bechern usw. Den hauptsächlichsten Ver-
dienst für den Berufsgraveur bildete in jenen Zeiten
das Stempel- und Siegelgeschäft.
Die eigentliche Gravierarbeit, die feine Handarbeit,
drängt übrigens von selbst zu einer innigen Ver-
schmelzung beider Kleinkünste. Wird nicht dem
Juwelier und Fässer der Stichel beim Fassen der
Edelsteine direkt in die Hand gedrückt? Der Gold-
schmied muss auch heute noch eine gewisse Fertig-
keit und Geschicklichkeit im Gravieren, im Ziselieren
und Damaszieren haben, will er eine gute Gold-

kunst
einen
und nach künstlerische Bedeutung. Begann doch mit der Er-
findung Gutenbergs der Druck nicht nur von Typen, sondern
auch des Kupferstiches, des Holzschnittes, alles Arbeiten, die mit
dem Stichel in der Hand geschaffen wurden und oft Erzeugnisse
von Genies waren, deren Kunstfertigkeit sich von einer Generation
auf die andere übertrug. Mazo Finiquerra von Florenz, welcher
die Goldarbeiterkunst erlernte, war der erste, der im 15. Jahr-
hundert in Kupfer zu stechen anfing.
Das Gravieren wurde in alter Zeit meist von den Goldschmieden
mit ausgeführt, ebenso aber auch von Zinngiessern, Malern und
Bildhauern, Edelsteinschneidern usw. Grosse Maler und Bild-
hauer, wie Albrecht Dürer, Lukas Cranach, Hans Holbein u. a.,
waren nicht nur Maler, sondern meist auch sehr gute Kupfer-
stecher, Holzschneider oder Radierer. In Italien gab es tüchtige
Bildhauer, die sich zugleich auch als höchst leistungsvolle Gold-
schmiede hervortaten. Die Verbindung des Gravierens mit der

Der Goldschmied wechselt beständig bei
vielen Arbeiten bis zur Fertigstellung der betreffenden
Arbeit den Schaber und die Feile mit dem Stichel
und Punzen des Graveurs. Kann der Goldschmied
also solche Gravier- und Ziselierarbeiten nicht selbst
ausführen, so wandert der betreffende Gegenstand
oft zwei- und dreimal von ihm zum Graveur und
umgekehrt. Das ist ebenso zeitraubend wie um-
ständlich und mitunter auch kostspielig. Wie oft
kommt es vor, dass ein Goldschmied ein paar Trauringe per
Post sendet, natürlich unter Wertangabe; das Porto kostet hin
und her mehr, als die Gravierung. Wenn’s zum Treffen kommt,
sind womöglich die Ringe zu weit oder zu eng, oder gar falsch
graviert; durch ein nochmaliges Löten wird die Gravierung mit-
verletzt, und der Goldschmied ist, da er nicht selbst gravieren
kann, gezwungen, die Ringe nochmals zum Nachgravieren an den
Graveur zu senden. Wenn es auch heutzutage bessere Eisen-
bahnverbindungen gibt, so dass man die zu gravierenden Gegen-
stände vielleicht in 2—3 Tagen zurück haben kann, vorausgesetzt,
dass der Graveur die Arbeit gleich in Angriff nimmt, so ist das
Publikum doch schon so verwöhnt und glaubt womöglich, die
Gravierung sei auch gleich vorrätig! Wenigstens wünscht der
Käufer, die Gegenstände „gleich mitztMiehmen“ oder darauf zu
warten. Es ist eben nicht mehr so wie früher, wo man z. B.
eine Brautausstattung erst bei den verschiedensten Handwerkern
bestellen musste. Heute gehen die Brautleute in ein Spezial-
geschäft oder Kaufhaus, kaufen alles fix und fertig bis zum

Untvr vratwtlidirr Leitung von fiob. Nrabert. Drath
und Lvhrerdvr

Wie alt mag die Gravierkunst sein? Man nimmt an, dass es eine
sehr alte Kunst ist, vielleicht ebenso alt, wie die Goldschmiede-
kunst überhaupt. Hingegen der eigentliche Beruf „Graveur“, die
ausschliessliche Tätigkeit des Gravierens dürfte gar nicht so
sehr alt sein. Man versteht in der Regel unter
Gravieren die Kunst, irgend eine Zeichnung auf
Metall oder andere Stoffe aufzutragen, wo sie
dann mittels Meissel, Stichel und Punzen vertieft
oder erhaben gearbeitet wird. Der Ursprung des
Gravierens verliert sich bis in die graue Vorzeit.
Es steht fest, dass viele Völker des Altertums
diese schöne Kleinkunst schon gekannt haben.
Gefundene Überreste von Metallstücken, Schmuck-
gegenstände aus alten Gräbern mit noch sichtbaren
Gravierungen zeugen davon. Man besitzt keine
bestimmten Belege darüber, wie bei jenen Völkern
die Gravierkunst ausgeübt wurde; auch ist es
schwer, den Zeitraum und das Land zu bestimmen,
wo diese Kunst entstanden oder wer ihr Vater ist.
Die schönen Künste waren schon bei den Ägyptern,^Schmiedearbeit ohne weitere Umstände selbst aus-
Chaldäern und Etruskern zu einer Zeit in Blüte,^führen.
als die erwiesenen Tatsachen der Geschichte nur
ein sehr schwaches Licht über den Zustand der
Nationen verbreiteten und wo es noch keine Eisen-
bahn, keinen Telegraph, keine Elektrizität und keine
Zeitungen gab. Um das 16. Jahrhundert, als die
Morgenröte eines besseren Geschmacks aufleuchtete
und die schönen Künste sich von Italien her über
ganz Europa ausbreiteten, erreichte auch die Gravier-
mit den andern schönen Künsten erhabene Höhe und
ehrenvollen Rang, sowie methodische Form und nach

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