Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0321
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Nr. 41
DOI article:Vom Medaillion
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■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST >
1908
285
Vom Medaillon.
(Mit 3 Illustrationen.)
Neben Ringen und Ketten gehört das Medaillon zu
den begehrtesten Schmuckstücken, und zwar findet es
beim männlichen wie beim weiblichen Geschlecht gleiche
Sympathie, besitzt das Medaillon doch den Vorzug vor
allen sonstigen Schmuckstücken, dass man im Innern des-
selben Andenken an Personen bezw. Vorgänge anbringen
kann, wie Gemälde und Photographien Verstorbener, Sou-
venirs an dieselben in anderer Form u. dergl. mehr. Darum
ist auch das Medaillon ein Allgemeinschmuck geworden,
der vom einfachsten bis zum feinsten ausgeführt wird.
Wie die Charakterart, ist auch die Fabrikationsweise sehr
verschieden: Neben so mancher Massen- und Schablonen-
ware der Industrie schreitet die Einzelarbeit in künst-
lerischer Gestalt rüstig vorwärts, und man kann von
beiden Teilen sagen: die Zeit hat wirklich höchst An-
erkennenswertes darin zu stände gebracht.
Betrachten wir nun einmal den Werdegang eines
Medaillons von der Bestellung beim Goldschmied an.
Aufsägen des Medaillonkastens in zwei gleiche Teile.
Im speziellen wollen wir die Anfertigung eines stumpf-
viereckigen Medaillons in Gold nach den einzelnen Arbeits-
phasen schildern:
Als Erstes ist die äussere Zarge in Form und Grösse
entsprechend zu biegen und, wenn gut gefugt, zu ver-
löten. Die Blechstärke hierzu würde nach der Lehre ge-
messen 0,27 mm, die Höhe etwa 3—4 mm betragen.
Beide Seiten sind gut flach abzuziehen, worauf das Ver-
böden der Zarge erfolgen kann. Die beiden Decken in
Stärke von ca. 0,40 mm halte man vor dem Auflöten (in
Berücksichtigung des Einziehens während des Glühens)
etwas voll. Bevor jedoch die zweite aufgelötet wird,
pflegt man an zwei gegenüberliegenden stumpfen Ecken
in halber Höhe des Ganzen einzusägen. Dies ist not-
wendig, damit bei dem weiteren Löten die sich in dem
Medaillon bildende Luft entweichen kann, da sonst das
Medaillon unter starkem Knall reissen könnte; auch fördert
diese Vorarbeit ein gleichmässiges Durchschiessen des
Lotes. Hierauf zerschneidet man in Fortsetzung des schon
gemachten Sägeschnittes (s. Abb.) die so verbödete Zarge
(Gater) in gleiche Hälften. Diese sind nun an sich selbst
und zueinander in gleiche Höhe zu bringen. Ist das ge-
schehen, so kann zum Ausarbeiten des Bisos geschritten
werden; das ist die innere Verbödung des Medaillons. Zu
diesem Zweck ist eine Goldplatte in Blechstärke der beiden
äussern Decken — jedoch reichlich
erforderlich. Diese Platte wird
gleich einem Armbandschnepper zu-
sammengebogen und zwischen zwei
Glühblechen flach geglüht. Hier-
nach macht sich ein äusserst genaues,
winkelrechtes Zufeilen des Bisos
nötig, worauf der Umriss des Me-
daillons mittels Reissnadel deutlich
anzumerken ist, und zwar so, dass
rings um denselben überall gleich
viel Metall übersteht. Dasselbe Ver-
fahren führe man unter Zuhilfe-
nahme des Zirkels auch auf der
andern Seite aus. Fortan ist nun
schlag immer doppelseitig anzulegen.
doppelte Grösse —
Auf Platte schräg
aufgebundener Gater.
jeder nötige Zirkel-
Dem Grössenumriss
entsprechend, reisst man sich jetzt einen um ca. 2% mm
kleineren an, parallellaufend mit dem ersten. Diesem ent-
lang sägt man das übrige Metall aus, wodurch der so
entstandene leere Raum bestimmend für die noch einzu-
passenden Glasränder ist. Auch kann man, wenn der
äussere Umfang des Bisos passend gefeilt ist, mit einem
Stellzirkel, der Breite des Bisos entsprechend, diesen auf
dem Blech anreissen, indem, wenn man vorsichtig mit der
einen Spitze des Stellzirkels um den Umfang des Bleches
herumfährt, die andere Spitze immer die Parallele angibt.
Zu beachten ist weiter ein sorgfältiges Anmerken für
den Verschluss, der auf verschiedene Art, innen und aussen
angebracht werden kann. Schreiber dieses hält den
Innenverschluss für empfehlenswerter. Auf dem noch
verbliebenen Goldrande bohrt man in 4—5 mm Abstand
und sich mehr der äusseren Kante nähernd (also etwas
ausserhalb der Mitte) zwei feine Löcher. Hierauf ver-
bindet man diese mittels eines der ersteren gleichlaufenden
Sägeschnittes, um die Verschlussritze anzubringen. Mit-
bestimmend ist hierbei, wie das Medaillon getragen werden
soll, ob über Eck oder längsseitig. Nach nochmaligem
Prüfen, betreffs Übereinstimmung auf der Platte, wird diese
abgebeizt, gescheuert. Nun werden beide Medaillon-
hälften mit Bindedraht, ihren Umrissen nach, aufgebunden
und aufgelötet. Durch Aufschneiden des noch geschlossenen
Bisos halbiert man das Ganze abermals und kocht es
wiederum in Beize ab, während vor dem Einlöten des
kleinen Schliessbleches beide Bisos flach abgezogen und
geschmirgelt werden. Dem ersteren gleich, lötet man
noch weitere drei Streif-
ehen Gold an der Ver-
schluss- und den Scharnier-
seiten zwischen Biso und
Decke zur Verstärkung an,
um ein Hochbiegen oder
Niederdrücken des ersteren
zu verhindern.
Nach vorläufig ober-
flächlichem Verschneiden
und Verfeilen des über-
stehenden Goldes sind die
Scharniere anzubringen.
Dies muss im Verhältnis
Medaillon mit eingelassenem Scharnier
(offen).
1908
285
Vom Medaillon.
(Mit 3 Illustrationen.)
Neben Ringen und Ketten gehört das Medaillon zu
den begehrtesten Schmuckstücken, und zwar findet es
beim männlichen wie beim weiblichen Geschlecht gleiche
Sympathie, besitzt das Medaillon doch den Vorzug vor
allen sonstigen Schmuckstücken, dass man im Innern des-
selben Andenken an Personen bezw. Vorgänge anbringen
kann, wie Gemälde und Photographien Verstorbener, Sou-
venirs an dieselben in anderer Form u. dergl. mehr. Darum
ist auch das Medaillon ein Allgemeinschmuck geworden,
der vom einfachsten bis zum feinsten ausgeführt wird.
Wie die Charakterart, ist auch die Fabrikationsweise sehr
verschieden: Neben so mancher Massen- und Schablonen-
ware der Industrie schreitet die Einzelarbeit in künst-
lerischer Gestalt rüstig vorwärts, und man kann von
beiden Teilen sagen: die Zeit hat wirklich höchst An-
erkennenswertes darin zu stände gebracht.
Betrachten wir nun einmal den Werdegang eines
Medaillons von der Bestellung beim Goldschmied an.
Aufsägen des Medaillonkastens in zwei gleiche Teile.
Im speziellen wollen wir die Anfertigung eines stumpf-
viereckigen Medaillons in Gold nach den einzelnen Arbeits-
phasen schildern:
Als Erstes ist die äussere Zarge in Form und Grösse
entsprechend zu biegen und, wenn gut gefugt, zu ver-
löten. Die Blechstärke hierzu würde nach der Lehre ge-
messen 0,27 mm, die Höhe etwa 3—4 mm betragen.
Beide Seiten sind gut flach abzuziehen, worauf das Ver-
böden der Zarge erfolgen kann. Die beiden Decken in
Stärke von ca. 0,40 mm halte man vor dem Auflöten (in
Berücksichtigung des Einziehens während des Glühens)
etwas voll. Bevor jedoch die zweite aufgelötet wird,
pflegt man an zwei gegenüberliegenden stumpfen Ecken
in halber Höhe des Ganzen einzusägen. Dies ist not-
wendig, damit bei dem weiteren Löten die sich in dem
Medaillon bildende Luft entweichen kann, da sonst das
Medaillon unter starkem Knall reissen könnte; auch fördert
diese Vorarbeit ein gleichmässiges Durchschiessen des
Lotes. Hierauf zerschneidet man in Fortsetzung des schon
gemachten Sägeschnittes (s. Abb.) die so verbödete Zarge
(Gater) in gleiche Hälften. Diese sind nun an sich selbst
und zueinander in gleiche Höhe zu bringen. Ist das ge-
schehen, so kann zum Ausarbeiten des Bisos geschritten
werden; das ist die innere Verbödung des Medaillons. Zu
diesem Zweck ist eine Goldplatte in Blechstärke der beiden
äussern Decken — jedoch reichlich
erforderlich. Diese Platte wird
gleich einem Armbandschnepper zu-
sammengebogen und zwischen zwei
Glühblechen flach geglüht. Hier-
nach macht sich ein äusserst genaues,
winkelrechtes Zufeilen des Bisos
nötig, worauf der Umriss des Me-
daillons mittels Reissnadel deutlich
anzumerken ist, und zwar so, dass
rings um denselben überall gleich
viel Metall übersteht. Dasselbe Ver-
fahren führe man unter Zuhilfe-
nahme des Zirkels auch auf der
andern Seite aus. Fortan ist nun
schlag immer doppelseitig anzulegen.
doppelte Grösse —
Auf Platte schräg
aufgebundener Gater.
jeder nötige Zirkel-
Dem Grössenumriss
entsprechend, reisst man sich jetzt einen um ca. 2% mm
kleineren an, parallellaufend mit dem ersten. Diesem ent-
lang sägt man das übrige Metall aus, wodurch der so
entstandene leere Raum bestimmend für die noch einzu-
passenden Glasränder ist. Auch kann man, wenn der
äussere Umfang des Bisos passend gefeilt ist, mit einem
Stellzirkel, der Breite des Bisos entsprechend, diesen auf
dem Blech anreissen, indem, wenn man vorsichtig mit der
einen Spitze des Stellzirkels um den Umfang des Bleches
herumfährt, die andere Spitze immer die Parallele angibt.
Zu beachten ist weiter ein sorgfältiges Anmerken für
den Verschluss, der auf verschiedene Art, innen und aussen
angebracht werden kann. Schreiber dieses hält den
Innenverschluss für empfehlenswerter. Auf dem noch
verbliebenen Goldrande bohrt man in 4—5 mm Abstand
und sich mehr der äusseren Kante nähernd (also etwas
ausserhalb der Mitte) zwei feine Löcher. Hierauf ver-
bindet man diese mittels eines der ersteren gleichlaufenden
Sägeschnittes, um die Verschlussritze anzubringen. Mit-
bestimmend ist hierbei, wie das Medaillon getragen werden
soll, ob über Eck oder längsseitig. Nach nochmaligem
Prüfen, betreffs Übereinstimmung auf der Platte, wird diese
abgebeizt, gescheuert. Nun werden beide Medaillon-
hälften mit Bindedraht, ihren Umrissen nach, aufgebunden
und aufgelötet. Durch Aufschneiden des noch geschlossenen
Bisos halbiert man das Ganze abermals und kocht es
wiederum in Beize ab, während vor dem Einlöten des
kleinen Schliessbleches beide Bisos flach abgezogen und
geschmirgelt werden. Dem ersteren gleich, lötet man
noch weitere drei Streif-
ehen Gold an der Ver-
schluss- und den Scharnier-
seiten zwischen Biso und
Decke zur Verstärkung an,
um ein Hochbiegen oder
Niederdrücken des ersteren
zu verhindern.
Nach vorläufig ober-
flächlichem Verschneiden
und Verfeilen des über-
stehenden Goldes sind die
Scharniere anzubringen.
Dies muss im Verhältnis
Medaillon mit eingelassenem Scharnier
(offen).