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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 37
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Joseph, F.: Die erste deutsche Heimstätte für Arbeitsveteranen der Goldschmiedekunst
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Die erste deutsche Heimstätte für Arbeitsveteranen der Goldschmiedekunst
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Der grosse Einbruchdiebstahl bei Hugo Böhm & Cie. vor Gericht
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0298

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._ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST j. ;V37

haltigen Tannenwaldungen des Hagenschiesses, wird sich das
Altersheim erheben. Mit dem zugehörigen Gartengelände bedeckt
das Gebäude ein Areal von ungefähr 20 Hektar. Der Bauaufwand
dürfte etwa 300000 Mark betragen; und das Heim selbst wird
nach seiner Fertigstellung 90 Personen — das Dienstpersonal mit-
eingerechnet — beherbergen.
Unsere Abbildungen zeigen die nach Norden der Stadt zu-
gewendete Vorderseite, an der rechts die grosse Freitreppe zum
Haupteingang führt, während die nächste Abbildung die nach
Süden (dem Wald) zu gehende Rückansicht mit den in allen

Stockwerken angebrachten Veranden wiedergibt. Das Gebäude
erhält eine Länge von 60 Metern und eine Breite bis zu 19 Meter
und umfasst Souterrain, Erdgeschoss, 1. und 2. Obergeschoss
und ein Dachgeschoss. Im Erdgeschoss führt der Hauptein-
gang auf ein 40 qm grosses Sitzungszimmer, in dem die Ver-
waltungskommission ihre Beratungen abhält; danach folgen die
Räumlichkeiten für den Portier, die Wärter usw., und ein grösseres
Zimmer für den Arzt. Im Mittelbau be-
findet sich der Speisesaal, der nach Bedarf
vergrössert werden kann; in den oberen
Stockwerken liegen die Wohnungen für das
Dienstpersonal. Der übrige Raum des Hauses
ist mit Zimmern verschiedener Grösse aus-
gefüllt, die zur Aufnahme der Pfleglinge be-
stimmt und komfortabel eingerichtet sind. Die
kleineren Zimmer sind 2,50 m breit und 4,50 m
lang; jedoch gibt es auch bedeutend grössere
Zimmer, und auch eine Anzahl Badezellen
sind vorgesehen. In dem Zwischenbau der
Vorderseite werden in allen Stockwerken

herrlichen Überblick über die Stadt Pforzheim und deren Um-
gegend geniessen wird. Im Souterrain endlich sollen sich die
Koch- und Spülräume, eine Gemüseputzerei, eine grosse Dampf-
waschküche und weiter luftige Speisekammern und Spülvorrich-
tungen befinden.
Die Beleuchtung des Altersheims erfolgt durch elektrisches
Licht, die Heizung der gesamten Räume durch Niederdruckdampf-
heizung. Aus den städtischen Wasserreservoirs wird das nötige
Wasser mittels Pumpwerks in die Höhe getrieben und voraus-
sichtlich in einem turmartig angelegten Extrareservoir gesammelt.
Alles in allem ist der Entwurf in seinen
sämtlichen Details meisterhaft zu nennen; und
der fertige Bau wird seinem Schöpfer, Herrn
Architekt Ringer, ein glänzendes Zeugnis
seiner Leistungsfähigkeit ausstellen. Der Ge-
samteindruck des Ganzen ist bei aller von
dem Stifter vorgeschriebenen Schlichtheit ein
würdiger und imposanter.
Da der Stiftungsfonds sich inzwischen
noch vergrössert und nahezu eine Million
Mark erreicht hat, so wird diese Wohltätig-
keitsanstalt ihren Zweck in ausgedehn-
testem Masse erfüllen können. Die Arbeits-
veteranen unserer Pforzheimer Goldindustrie
sind so vor der Zwangslage, den Armenweg
benutzen zu müssen, oder an die Mildtätigkeit anderer zu appel-
lieren, bewahrt.
Dem hochherzigen Stifter sei auch an dieser Stelle für sein
edles Empfinden für die Berufskollegen der Branche herzlicher
Dank ausgesprochen. Möge es ihm noch lange Jahre vergönnt
sein, die segensreichen Wirkungen seiner humanen Schöpfung
selbst zu beobachten. F. Joseph.



Vorderseite der ersten deutschen Heimstätte für Arbeitsveteranen der Goldschmiedekunst in Pforzheim.

Loggias angebracht, von denen aus man einen

Rückseite der ersten deutschen Heimstätte für Arbeitsveteranen der Goldschmiedekunst in Pforzheim.

Der grosse Einbruchsdiebstahl bei Hugo Böhm & Cie. vor Gericht.

Ellwangen, 27. August; In der gestrigen Verhandlung der
Strafkammer fand die Einbruchs- und Diebstahlsaffäre in den
Geschäftsräumen der Goldwaren- und Juwelen-Firma Hugo Böhm
& Co. in Gmünd ihre Sühne. Der Tatbestand ist kurz folgender:
Der Reisende und Kaufmann Friedrich Kaufmann aus Rohrbronn
hatte nach Verbüssung einer Gefängnisstrafe von 14 Monaten in
Hannover, weil er in seiner Geldverlegenheit den Musterkoffer
seiner Firma zu Geld gemacht hatte, in Berlin den Schlosserge-
sellen Langfeld als Helfershelfer gedungen. Mit diesem begab er
sich nach Gmünd. Beide führten nun in der Nacht vom 30. auf
31. Dezember 1907 den Einbruch in die Geschäftsräume der Firma
Böhm & Co., für die Kaufmann früher gereist hatte, aus und ent-
wendeten Juwelen und Goldwaren im Werte von 100000 Mark.
In Berlin benutzten sie den Schlossergesellen Murawsky, um ihre
Beute an den Mann zu bringen. Murawsky und die beiden Berliner
Schankwirte Albert und Wilhelm Guse mussten sich wegen

Hehlerei verantworten. Kaufmann, Langfeld und Murawsky legten
in der Verhandlung ein umfassendes Geständnis ab, dagegen
bestritten die Brüder Guse jede Schuld. Das Gericht beschloss,
die Verhandlung gegen diese bis zum 29. August auszusetzen und
weitere Zeugen zu laden. Das Urteil gegen die übrigen drei
Angeklagten lautete: gegen Kaufmann wegen schweren Einbruchs-
diebstahls 5 Jahre Zuchthaus, abzüglich 5 Monate, welche als
durch die Untersuchungshaft verbüsst anzusehen sind, 6 Jahre
Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht; gegen Langfeld
wegen schweren Diebstahls im Rückfall unter Einrechnung einer
von der Berliner Strafkammer erkannten Strafe auf eine Gesamt-
strafe von 4 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus, abzüglich 4 Monate
Untersuchungshaft, 6 Jahre Ehrverlust und Stellung unter Polizei-
aufsicht; gegen Murawsky wegen Hehlerei unter Einrechnung einer
von der Berliner Strafkammer erkannten Strafe auf eine Gesamt-
strafe von 1 Va Jahren Gefängnis und 3 Jahren Ehrverlust.
 
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