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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

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Nr. 35
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Der Verbandstag in Heidelberg, 8. - 12. August 1908
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https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0281

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1908 .x- ■■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST - -- 245

Der Verbandstag in Heidelberg, 8—12. August 1908.

(Fortsetzung der Beratungen des 1. Tages.)
Alsdann wurden die seitherigen Vorstandsmitglieder,
die Herren Fischer, Menzel, Müller, Schmidt und Teige,
auf Vorschlag des Herrn Carl Becker-Köln, durch Akkla-
mation wiedergewählt, und Herr Leonhard (in Fa.: Leon-
hard & Fiesel) in Berlin neugewählt.
In den Ausschuss wurden die Herren Carl Becker-Kö\n,
Bete-Hannover, Schlund-Frankfurt a. M., ]. Steinheuer-
Hanau und Stein-Kie\ wieder- und Herr /. P. [ahr-Gera
neugewählt; für Süddeutschland soll noch ein Mitglied ge-
wählt werden. — Die Rechnungsprüfer, die Herren Stein-
heuer und Becker, und ihre Stellvertreter, die Herren Schlund
und Foehr, wurden erneut — und zwar ebenfalls durch
Zuruf — gewählt.
Danach trat eine Frühstückspause ein.
Nach Wiederaufnahme der Verhandlungen ergriff Herr
Paul Löwenthal-Frankhirt das Wort zu längeren Aus-
führungen gegen die Schädigung der Juwelenbranche
durch die Fachpresse. Es herrschten in letzterer Zu-
stände, die nicht länger geduldet werden könnten. „Bis
hierher und nicht weiter!“ müsse es darum heissen. Sein
Ziel sei speziell die Bekämpfung des Unfachmännischen
in der Fachpresse. Es seien im Laufe der Jahre eine
ganze Anzahl Artikel und Mitteilungen, die keinerlei oder
nur wenige Sachkenntnis an sich trugen, in die Fach-
presse gelangt, meist kritiklos aus der Tagespresse über-
nommen. Redner erinnerte an einen Aufsatz: „Können
Perlen sterben?“, der vor Jahren seine Runde durch die
Tageszeitungen machte, und in dem behauptet wurde, selbst
die schönsten und grössten Perlen, wie die der Kaiserin
Augusta, verlören ihren Glanz, wenn sie jahrelang nicht
getragen würden, wenn sie in Glasschränken in Museen
etc. ständen. Auch im Louvre in Paris habe man nach
dieser Richtung hin recht trübe Erfahrungen gemacht. Dann
wurde angeraten, die betr. Perlen eine Zeitlang wieder in
Meereswasser zu bringen, damit sie ihren alten Glanz
wiederbekämen u. dergl. mehr. Auf Veranlassung des
Frankfurter Vereins sei damals seitens des Verbandsvor-
standes sowohl beim Kaiserlichen Hofmarschallamt in Berlin,
als bei der Leitung des Louvre in Paris wegen des Tat-
bestandes angefragt worden, auf den sich angeblich jene
Mitteilungen stützten, und es habe sich die völlige Grund-
losigkeit der betr. Behauptungen ergeben. Sache der Fach-
presse aber wäre es gewesen, sofort beim Auftauchen jener
sensationellen Angaben, durch die dem Perlengeschäft ein
schwerer Schaden entstehen musste, nach Erkundigung bei
Fachleuten energisch Protest einzulegen, die Oeffentlichkeit
schnellstens aufzuklären, nicht aber ebenfalls jene Phantasien
zu bringen. Die Berichtigungen seien ja, wenigstens zum
Teil, von der Fachpresse dann veröffentlicht worden —
aber da sei es eben zu spät gewesen; der Schaden war
nicht mehr gut zu machen. Das sei hur ein Beispiel, aller-
dings ein besonders drastisches. Uebrigens halte er es
nicht für so gefährlich, wenn sich in einem speziell fach-
lichen Bericht etwaige Unrichtigkeiten fänden. Der Fach-
mann lache da nur oder zucke die Achseln — viel schlimmer
aber sei es, wenn falsche Berichterstattung oder Nachlässig-
keit, ja, eine gewisse Leichtfertigkeit in der Behandlung
bedeutsamer, die ganze Branche angehender Fragen in der
Fachpresse konstatiert werden müsse. Er habe als Beleg
hierfür eine Anzahl Vorfälle aus jüngster Zeit im Auge,
und zwar äusser Schädigungen des Perlen- auch solche des
Diamantenhandels. Als seinerzeit unzutreffende Angaben über

die Perlenpreise in der Fachpresse veröffentlicht wurden,
sei beschlossen worden, alle die Perlenbranche angehenden
Mitteilungen und Aufsätze erst die Kontrolle eines Fach-
mannes passieren zu lassen. Der Betreffende sei indes
nur einmal zu solcher Tätigkeit herangezogen worden —
seitdem nicht wieder. Schlimmer noch, als seinerzeit das
Perlengeschäft, habe die unrichtige Haltung der Fachpresse
das Diamantengeschäft beeinträchtigt. Redner ging davon
aus, dass eine Geldkrise die ganze Welt getroffen habe,
und speziell die Juwelenbranche von der Diamantenkrise
im letzten Jahre schwer heimgesucht worden sei. Da habe
nun die Fachpresse es versäumt, rechtzeitig aufklärend zu
wirken. Im November vorigen Jahres wäre es der richtige
Zeitpunkt gewesen, von dem durch die Trennung der De
Beers-Company von der Premier-Mine möglichen Fallen
der Diamantenpreise zu sprechen. Der erste der von ihm
ins Auge gefassten schädigenden Artikel sei aber in der
Fachpresse erst im April dieses Jahres erschienen, zu einer
Zeit, wo die Verhältnisse bereits geklärt waren, wo die
Sachlage bezüglich der beiden grossen Diamantengesell-
schaften in ihrem Verhältnis zueinander nicht mehr zweifel-
haft sein konnte, und zu einem Nachlassen der Preise auf
dem Diamantenmarkte und zu all jenen Befürchtungen, von
denen der Aufsatz aus der Feder des Herrn Dr. Diesel-
dorff sprach, kein Grund mehr vorlag. Redner suchte dann
aus einer und derselben Nummer einer Fachzeitung, die
mehrere Mitteilungen über die Lage des Diamantenmarktes
gebracht hatte, Widersprüche nachzuweisen, und verur-
teilte in sehr scharfen Ausdrücken diese unfachmännische,
der Situation nicht gewachsene Haltung jenes Fachblattes.
Die betr. Artikel, die offensichtlich den Stempel finanztech-
nischer Manöver für jeden mit den Verhältnissen auf dem
Diamantenmarkt nur einigermassen Vertrauten an sich trugen,
seien ihrer wahren Beschaffenheit nach von der Redaktion
nicht erkannt worden, und Beunruhigung, Schädigung der
Juwelenbranche, besonders des Steinhandels seien die Folge
gewesen. Namentlich auch infolgedessen, dass die Tages-
presse jene Mitteilungen aus der Fachpresse übernommen
und dadurch noch das Publikum ungünstig beeinflusst habe.
Im Einverständnis mit seinen Frankfurter Kollegen habe er
sich alsbald nach Erscheinen des ersten unrichtigen bezw.
verspäteten und tendenziösen Artikels an das betr. Fach-
blatt gewendet, und dieses habe darauf seine Absicht, eine
ganze Serie solcher Aufsätze zu veröffentlichen, fallen ge-
lassen. Die von jenem Blatt gebrachte Prophezeihung eines
Preissturzes sei übrigens bis heute noch nicht in Erfüllung
gegangen. Auch ein weiteres Fachblatt habe in der Frage
gesündigt; ferner habe ein neu erschienenes Fachblatt eben-
falls durchaus unzutreffend die Behauptung aufgestellt, es
seien gewisse Berliner Insolvenzen auf einen Preissturz
der Rohdiamanten zurückzuführen. Alle solche Mitteilungen
seien nur zu sehr geeignet, die Branche zu schädigen.
Selbstverständlich könne man von der Redaktion einer
Fachzeitung nicht verlangen, nun alles zu kennen und zu
wissen, auf allen Gebieten zu Hause zu sein. Wohl aber
müsse man fordern, dass sie es sich erst dreimal über-
lege, ehe sie Artikel und Mitteilungen von ökonomischer
Folgenschwere, von verhängnisvoller Tragweite in die
Welt setzt. Da sollte unbedingt und in jedem einzelnen
Falle vorher das Urteil eines gut informierten Fachmannes
gehört werden. Ist einmal eine schwerwiegende Unrichtig-
keit namentlich wirtschaftlicher Natur in der Fachpresse
veröffentlicht worden — eben wie auf dem Perlen- und
Diamantenmarkte — so sei es dann mit dem Bringen einer
 
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