1908 oo- ■ JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST j
267
Das Probeengagement.
Von Karl Eichler.
(Nachdruck verboten
Nach dem alten Handelsgesetzbuch war das En-
gagement des Handelspersonals auf Probe mit der
Möglichkeit täglicher Aufhebung zulässig. Trotzdem § 67
des H. G. B. hierin eine Wandlung geschaffen hat, glaubt
man noch vielfach, dass bei einem Probe-
engagement dem Arbeitgeber jederzeit
das Recht der Entlassung des Angestellten
zusteht. Allerdings kennt das H. G. B.
ein Engagement zur vorübergehenden
Aushülfe, wo die Vorschriften des § 67
keine Anwendung finden; aber diese
Vorschriften beziehen sich nicht auf das
Probeengagement. Bei einem solchen auf
unbestimmte Zeit muss eine bestimmte,
mindestens monatliche Kündigung verein-
bart werden. Geschieht das nicht, dann
muss die Einstellung des Handlungsge-
hülfen auf eine bestimmte Zeit — die
Probezeit — erfolgen. Nach Ablauf dieser
vereinbarten Zeit gilt das Dienstverhältnis
als gelöst, wenn es von keiner Seite
fortgesetzt wird. Erfolgt jedoch die Fort-
setzung des Dienstverhältnisses über die
vereinbarte Frist, dann tritt die gesetz-
liche Kündigung in Kraft, falls andere
Vereinbarungen nicht getroffen werden.
Tägliche, wöchentliche und 14 tägige Kün-
digung innerhalb der Probezeit ist also
ausgeschlossen, da die Mindestkündigungsfrist des Handels-
gesetzbuches 1 Monat beträgt, falls nicht ein Engagement
auf bestimmte Zeit erfolgte.
Die Gerichte haben sich wiederholt mit der Anstellung
auf Probe beschäftigt. Entschieden ist, dass ein auf be-
stimmte Zeit abgeschlossenes Probeengagement nach Ab-
lauf der Frist ohne weiteres von selbst endigt. Weiter
liegen Entscheidungen vor, dass ein erneutes Engagement
auf bestimmte Zeit möglich ist. Dagegen ist ein Probe-
engagement unzulässig, wenn das Engagement unter dem
Vorbehalt jederzeitigen Widerrufes geschlossen ist. Viel-
mehr muss die Probezeit für die vereinbarte Dauer ein-
gehalten werden, da auch bei Probeengagements nur die
gesetzlichen Entlassungsgründe zur vorzeitigen Lösung be-
rechtigen. Handelt es sich aber um ein Probeengagement
auf unbestimmte Zeit ohne besondere Vereinbarung über
die Kündigungsfrist, dann
kann hier nur gemäss § 66
des H. G. B. mit der ge-
setzlichen Frist, also sechs
Wochen vor Schluss eines
Quartals, gekündigt werden.
Aehnlich liegen die Ver-
hältnisse bei den Betriebs-
beamten, technischen An-
gestellten, Zeichnern usw.
Hier muss das Probeen-
gagement ebenfalls auf be-
stimmte Zeit erfolgen. Eine
tägliche Kündigung ist aus-
geschlossen. Die Gewerbe-
ordnung kennt allerdings
auch bei den Betriebsbe-
amten eine Anstellung zur
vorübergehenden Aushülfe.
Ist das Probeengagement
auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, dann tritt die gesetz-
liche Kündigung ein. Es müssen also Probeengagements
auf bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Nach Ablauf
dieser Zeit steht beiden Parteien das Recht zu, den Dienst-
vertrag unter Beobachtung der gesetz-
lichen Vorschriften zu verlängern. Bei
Probeengagements auf unbestimmte Zeit
greift also ohne weiteres die 6 wöchent-
liche Kündigung vor Quartalsschluss Platz,
falls nicht andere oder die Mindestkün-
digungsfrist von einem Monat vereinbart
wurden.
Anders liegt dagegen die Sache bei
gewöhnlichen Arbeitern, Gesellen usw.
Hier schliesst die Annahme auf Probe das
Recht der jederzeitigen Auflösung des
Arbeitsverhältnisses in sich, ohne dass die
Parteien eine Vereinbarung zu treffen
brauchen, dass die Aufkündigung beider-
seits jeder Zeit erfolgen kann. Allerdings
sind auch hier Meinungsverschiedenheiten
möglich. Ein Arbeiter wurde mit der
Bemerkung eingestellt: „Fangen Sie nur
an, dann werden wir die Sache schon
versuchen“. Der Arbeitgeber war der
Meinung, dass ein Probeengagement in
Frage komme, ihm also die tägliche Ent-
lassung möglich sei. Der Lohnanspruch
des Arbeiters wurde indes gerichtlich anerkannt, weil das
Gericht annahm, dass der Arbeitgeber dem Kläger nicht
zu verstehen gegeben habe, dass nur ein Probeengage-
ment geplant gewesen sei.
Das Landgericht Berlin I hat allerdings auch einmal
in einem Falle entschieden, dass einem Gewerbegehülfen
die 14tägige Kündigung zustand, wo von einem Zeugen
glaubhaft bekundet wurde, dass der Gehülfe aushülfsweise
und versuchsweise engagiert wurde, ohne dass dabei jeder-
zeitige Entlassung vereinbart war. Das Gewerbegericht
Berlin hat aber kurz darauf einen anderen Standpunkt
eingenommen und entschieden, dass Annahme auf Probe
begrifflich die jederzeitige Auflösung des Verhältnisses in
sich schliesse. Deshalb ist es zweckmässig, wenn bei
einem Probeengagement beide Teile nicht in Zweifel da-
rüber sind, dass beiderseits eine tägliche Kündigung des
Arbeitsvertrags möglich ist.
In einem anderen Falle
wurde ein Kutscher zur
Probe auf die Dauer von
14 Tagen engagiert und ihm
bedeutet, dass er jederzeit
entlassen werden könnte,
wenn er den Ansprüchen
nicht genüge. Das Arbeits-
verhältnis wurde aber fünf
Tage über die vereinbarte
Zeit verlängert und dann
der Kutscher plötzlich ent-
lassen. Der Anspruch des
Kutschers auf 14 tägige
Kündigung wurde als be-
rechtigt anerkannt, da nach
dem Ablauf der Probezeit
die gesetzliche Kündigungs-
frist ohne weiteres eintrat,
Juwelenschmuck,
entworfen von Fritz Friedländer,
ausgeführt von den Hofjuwelieren
Gebr. Friedländer, Berlin.
Juwelenbesetzte Gürtelschnalle,
entworfen von Fritz Friedländer, ausgeführt von den Hofjuwelieren
Gebr. Friedländer, Berlin.
267
Das Probeengagement.
Von Karl Eichler.
(Nachdruck verboten
Nach dem alten Handelsgesetzbuch war das En-
gagement des Handelspersonals auf Probe mit der
Möglichkeit täglicher Aufhebung zulässig. Trotzdem § 67
des H. G. B. hierin eine Wandlung geschaffen hat, glaubt
man noch vielfach, dass bei einem Probe-
engagement dem Arbeitgeber jederzeit
das Recht der Entlassung des Angestellten
zusteht. Allerdings kennt das H. G. B.
ein Engagement zur vorübergehenden
Aushülfe, wo die Vorschriften des § 67
keine Anwendung finden; aber diese
Vorschriften beziehen sich nicht auf das
Probeengagement. Bei einem solchen auf
unbestimmte Zeit muss eine bestimmte,
mindestens monatliche Kündigung verein-
bart werden. Geschieht das nicht, dann
muss die Einstellung des Handlungsge-
hülfen auf eine bestimmte Zeit — die
Probezeit — erfolgen. Nach Ablauf dieser
vereinbarten Zeit gilt das Dienstverhältnis
als gelöst, wenn es von keiner Seite
fortgesetzt wird. Erfolgt jedoch die Fort-
setzung des Dienstverhältnisses über die
vereinbarte Frist, dann tritt die gesetz-
liche Kündigung in Kraft, falls andere
Vereinbarungen nicht getroffen werden.
Tägliche, wöchentliche und 14 tägige Kün-
digung innerhalb der Probezeit ist also
ausgeschlossen, da die Mindestkündigungsfrist des Handels-
gesetzbuches 1 Monat beträgt, falls nicht ein Engagement
auf bestimmte Zeit erfolgte.
Die Gerichte haben sich wiederholt mit der Anstellung
auf Probe beschäftigt. Entschieden ist, dass ein auf be-
stimmte Zeit abgeschlossenes Probeengagement nach Ab-
lauf der Frist ohne weiteres von selbst endigt. Weiter
liegen Entscheidungen vor, dass ein erneutes Engagement
auf bestimmte Zeit möglich ist. Dagegen ist ein Probe-
engagement unzulässig, wenn das Engagement unter dem
Vorbehalt jederzeitigen Widerrufes geschlossen ist. Viel-
mehr muss die Probezeit für die vereinbarte Dauer ein-
gehalten werden, da auch bei Probeengagements nur die
gesetzlichen Entlassungsgründe zur vorzeitigen Lösung be-
rechtigen. Handelt es sich aber um ein Probeengagement
auf unbestimmte Zeit ohne besondere Vereinbarung über
die Kündigungsfrist, dann
kann hier nur gemäss § 66
des H. G. B. mit der ge-
setzlichen Frist, also sechs
Wochen vor Schluss eines
Quartals, gekündigt werden.
Aehnlich liegen die Ver-
hältnisse bei den Betriebs-
beamten, technischen An-
gestellten, Zeichnern usw.
Hier muss das Probeen-
gagement ebenfalls auf be-
stimmte Zeit erfolgen. Eine
tägliche Kündigung ist aus-
geschlossen. Die Gewerbe-
ordnung kennt allerdings
auch bei den Betriebsbe-
amten eine Anstellung zur
vorübergehenden Aushülfe.
Ist das Probeengagement
auf unbestimmte Zeit abgeschlossen, dann tritt die gesetz-
liche Kündigung ein. Es müssen also Probeengagements
auf bestimmte Zeit abgeschlossen werden. Nach Ablauf
dieser Zeit steht beiden Parteien das Recht zu, den Dienst-
vertrag unter Beobachtung der gesetz-
lichen Vorschriften zu verlängern. Bei
Probeengagements auf unbestimmte Zeit
greift also ohne weiteres die 6 wöchent-
liche Kündigung vor Quartalsschluss Platz,
falls nicht andere oder die Mindestkün-
digungsfrist von einem Monat vereinbart
wurden.
Anders liegt dagegen die Sache bei
gewöhnlichen Arbeitern, Gesellen usw.
Hier schliesst die Annahme auf Probe das
Recht der jederzeitigen Auflösung des
Arbeitsverhältnisses in sich, ohne dass die
Parteien eine Vereinbarung zu treffen
brauchen, dass die Aufkündigung beider-
seits jeder Zeit erfolgen kann. Allerdings
sind auch hier Meinungsverschiedenheiten
möglich. Ein Arbeiter wurde mit der
Bemerkung eingestellt: „Fangen Sie nur
an, dann werden wir die Sache schon
versuchen“. Der Arbeitgeber war der
Meinung, dass ein Probeengagement in
Frage komme, ihm also die tägliche Ent-
lassung möglich sei. Der Lohnanspruch
des Arbeiters wurde indes gerichtlich anerkannt, weil das
Gericht annahm, dass der Arbeitgeber dem Kläger nicht
zu verstehen gegeben habe, dass nur ein Probeengage-
ment geplant gewesen sei.
Das Landgericht Berlin I hat allerdings auch einmal
in einem Falle entschieden, dass einem Gewerbegehülfen
die 14tägige Kündigung zustand, wo von einem Zeugen
glaubhaft bekundet wurde, dass der Gehülfe aushülfsweise
und versuchsweise engagiert wurde, ohne dass dabei jeder-
zeitige Entlassung vereinbart war. Das Gewerbegericht
Berlin hat aber kurz darauf einen anderen Standpunkt
eingenommen und entschieden, dass Annahme auf Probe
begrifflich die jederzeitige Auflösung des Verhältnisses in
sich schliesse. Deshalb ist es zweckmässig, wenn bei
einem Probeengagement beide Teile nicht in Zweifel da-
rüber sind, dass beiderseits eine tägliche Kündigung des
Arbeitsvertrags möglich ist.
In einem anderen Falle
wurde ein Kutscher zur
Probe auf die Dauer von
14 Tagen engagiert und ihm
bedeutet, dass er jederzeit
entlassen werden könnte,
wenn er den Ansprüchen
nicht genüge. Das Arbeits-
verhältnis wurde aber fünf
Tage über die vereinbarte
Zeit verlängert und dann
der Kutscher plötzlich ent-
lassen. Der Anspruch des
Kutschers auf 14 tägige
Kündigung wurde als be-
rechtigt anerkannt, da nach
dem Ablauf der Probezeit
die gesetzliche Kündigungs-
frist ohne weiteres eintrat,
Juwelenschmuck,
entworfen von Fritz Friedländer,
ausgeführt von den Hofjuwelieren
Gebr. Friedländer, Berlin.
Juwelenbesetzte Gürtelschnalle,
entworfen von Fritz Friedländer, ausgeführt von den Hofjuwelieren
Gebr. Friedländer, Berlin.