Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908
Cite this page
Please cite this page by using the following URL/DOI:
https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0099
DOI issue:
Nr. 11
DOI article:Darf sich nur derjenige "Goldarbeiter" nennen, der eine Lehrzeit als solcher durchgemacht hat?
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0099
Journal der Goldschmiedekunst
Amtliches Organ des Verbandes Deutscher
der Goldschmiede-Innungen zu BERLIN, BRAUNSCHWEIG,
KOLBERG, LEIPZIG, LIEGNITZ und SCHWEIDNITZ, der
der Goldschmiede-Werkgenossenschaft BERLIN (E. G. m. b.H ),
GÖRLITZ u. STETTIN und der Vereine der Juweliere, Gold-u.
und WESTFALEN, KÖLN, MÜNCHEN, WIESBADEN,
HERin. SCHLAG HACH?.,
Ilr.11
Inhaltsverzeichnis u. Bezugsbedingungen
befinden sich am Schlüsse des redakt. Teiles.
Suwelicre, Gold- und Silberschmiede,
CHEMNITZ, GERA-ALTENBURG, GLEIWITZ, GLOGAU,
Innung pfälz.Gold- u. Silberarbeiter (Sitz: NEUSTADT a.H.),
der Freien Vereinigungen der Gold- und Silberschmiede zu
Silberschmiede von BADEN, WÜRTTEMBERG, RHEINLAND
WÜRZBURG und des Regierungsbezirks FRANKFURT a. 0.
LEIPZIG, Reichsstrasse 18-20 ——
:: :: Erscheint jeden Sonnabend :: ::
in zwei sich abwechselnden Ausgaben.
7. März 1908.
29,
Jahrgang.
Nachdruck aller Artikel ohne Genehmigung der Redaktion ist verboten.
Darf sich nur derjenige „Goldarbeiter“ nennen, der eine Lehrzeit
als solcher durchgemacht hat?
Vorstehende Frage hat die Deutsche Uhrmacher-Zeitung
in ihrer Nr. 4 von diesem Jahre aufgestellt und gleich-
zeitig beantwortet. Die Antwort auf diese Frage wird
zweifellos in Uhrmacherkreisen allgemeine Befriedigung
erwecken, leider aber auch dazu führen, dass noch mehr
als bisher die tadelnswerte Gepflogenheit um sich greift,
dass sich Uhrmacher auf Grund oberflächlicher Kenntnisse
untergeordneter Flickarbeiten an Goldsachen „Goldarbeiter“
nennen.
Die in dem betreffenden Artikel ausgesprochene Tendenz
vermögen wir aber, und zwar im Hinblick auf den von
dem betr. Artikelschreiber erwähnten Friedensschluss inner-
halb der Konferenzen der Vertreter der Interessenverbände
nicht gut und taktisch richtig zu finden.
Wir wollen dabei zunächst von der juristischen Seite
der Angelegenheit vollständig absehen und nur an die
Resolution erinnern, die wir gemeinschaftlich auf dem neu-
tralen Boden der erwähnten Konferenzen gefasst haben
und die darin gipfelt, dass die in der Konferenz vertretenen
Verbände und Vereinigungen des Uhrmacher- und Gold-
arbeiter-Gewerbes es für notwendig halten, dass Uhr-
macher sich nicht Goldschmiede bezw. Goldarbeiter, letztere
sich nicht Uhrmacher nennen, wenn sie sich nicht die zur
Ausführung der betreffenden gewerblichen Arbeiten erforder-
liche gründliche Kenntnis angeeignet, das heisst, eine Lehr-
zeit ordnungsmässig in den genannten Gewerben durch-
gemacht haben. Diese Resolution ist nach einer eingehenden
Aussprache gefasst und damit das Versprechen gegeben
worden, dass die Verbandsleitungen mit allen zur Ver-
fügung stehenden Mitteln auf ihre Mitglieder einwirken,
diese von der Benutzung eines Titels abzuhalten, der ihnen
infolge Mangels einer ordnungsmässigen Lehrzeit nicht
zukommt.
Leider hat sich aber die Vorstandsleitung des Deutschen
Uhrmacher-Bundes an das mit Annahme der Resolution
gegebene Versprechen nicht gehalten und nicht auf den
in Frage kommenden Uhrmacher Schulze in Pritzwalk ein-
gewirkt, die Benutzung des Goldarbeiter-Titels zu unter-
lassen; im Gegenteil, sie hat, ihrem eigenen Geständnis
in dem betreffenden Artikel nach, dem Uhrmacher Schulze
sogar noch Mittel der Verteidigung an die Hand gegeben,
die nach verschiedenen Richtungen hin nicht haltbar sind.
Dies bedauern wir gerade um unserer bisher friedlichen
Zusammenarbeit willen, die durch eine derartige Haltung
gewiss nicht gefördert wird. Dass uns von Seiten des Vor-
standes des Goldschmiede-Verbandes in bestimmtester
Form die Erklärung gegeben worden ist, in ähnlichen
Fällen seinen Mitgliedern gegenüber rücksichtslos entgegen-
zutreten und sie bei unberechtigter Führung des Uhr-
macher-Titels eventl. aus dem Verband auszuschliessen,
sei nur nebenher eingeflochten.
Das Gericht hat sich in dem Falle Schulze offenbar
den Anschauungen der Verteidigung angeschlossen, die
wiederum von selten des Deutschen Uhrmacher-Bundes
inspiriert war. Diese Anschauung ist aber eine in ver-
schiedenen Punkten recht eigentümliche und sie möge
daher hier zum Abdruck gelangen:
„Nach Art. 8 des Reichsgesetzes vom 26. Juli 1897
ist derjenige, der bei dem Inkrafttreten dieser Bestim-
mungen persönlich ein Handwerk selbständig ausübt,
befugt, den Meistertitel zu führen, wenn er in diesem
Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen
besitzt. Diese Bestimmung ist nach der Kaiserl. Ver-
ordnung vom 12. März 1900 am 1. Oktober 1901 in
Kraft getreten. Zu dieser Zeit besass aber der Ange-
klagte die Befugnis zur Lehrlingsanleitung in der Gold-
arbeiterei, denn er übte seit dem 1. Oktober 1895,
mithin länger als fünf Jahre, persönlich das Handwerk
Amtliches Organ des Verbandes Deutscher
der Goldschmiede-Innungen zu BERLIN, BRAUNSCHWEIG,
KOLBERG, LEIPZIG, LIEGNITZ und SCHWEIDNITZ, der
der Goldschmiede-Werkgenossenschaft BERLIN (E. G. m. b.H ),
GÖRLITZ u. STETTIN und der Vereine der Juweliere, Gold-u.
und WESTFALEN, KÖLN, MÜNCHEN, WIESBADEN,
HERin. SCHLAG HACH?.,
Ilr.11
Inhaltsverzeichnis u. Bezugsbedingungen
befinden sich am Schlüsse des redakt. Teiles.
Suwelicre, Gold- und Silberschmiede,
CHEMNITZ, GERA-ALTENBURG, GLEIWITZ, GLOGAU,
Innung pfälz.Gold- u. Silberarbeiter (Sitz: NEUSTADT a.H.),
der Freien Vereinigungen der Gold- und Silberschmiede zu
Silberschmiede von BADEN, WÜRTTEMBERG, RHEINLAND
WÜRZBURG und des Regierungsbezirks FRANKFURT a. 0.
LEIPZIG, Reichsstrasse 18-20 ——
:: :: Erscheint jeden Sonnabend :: ::
in zwei sich abwechselnden Ausgaben.
7. März 1908.
29,
Jahrgang.
Nachdruck aller Artikel ohne Genehmigung der Redaktion ist verboten.
Darf sich nur derjenige „Goldarbeiter“ nennen, der eine Lehrzeit
als solcher durchgemacht hat?
Vorstehende Frage hat die Deutsche Uhrmacher-Zeitung
in ihrer Nr. 4 von diesem Jahre aufgestellt und gleich-
zeitig beantwortet. Die Antwort auf diese Frage wird
zweifellos in Uhrmacherkreisen allgemeine Befriedigung
erwecken, leider aber auch dazu führen, dass noch mehr
als bisher die tadelnswerte Gepflogenheit um sich greift,
dass sich Uhrmacher auf Grund oberflächlicher Kenntnisse
untergeordneter Flickarbeiten an Goldsachen „Goldarbeiter“
nennen.
Die in dem betreffenden Artikel ausgesprochene Tendenz
vermögen wir aber, und zwar im Hinblick auf den von
dem betr. Artikelschreiber erwähnten Friedensschluss inner-
halb der Konferenzen der Vertreter der Interessenverbände
nicht gut und taktisch richtig zu finden.
Wir wollen dabei zunächst von der juristischen Seite
der Angelegenheit vollständig absehen und nur an die
Resolution erinnern, die wir gemeinschaftlich auf dem neu-
tralen Boden der erwähnten Konferenzen gefasst haben
und die darin gipfelt, dass die in der Konferenz vertretenen
Verbände und Vereinigungen des Uhrmacher- und Gold-
arbeiter-Gewerbes es für notwendig halten, dass Uhr-
macher sich nicht Goldschmiede bezw. Goldarbeiter, letztere
sich nicht Uhrmacher nennen, wenn sie sich nicht die zur
Ausführung der betreffenden gewerblichen Arbeiten erforder-
liche gründliche Kenntnis angeeignet, das heisst, eine Lehr-
zeit ordnungsmässig in den genannten Gewerben durch-
gemacht haben. Diese Resolution ist nach einer eingehenden
Aussprache gefasst und damit das Versprechen gegeben
worden, dass die Verbandsleitungen mit allen zur Ver-
fügung stehenden Mitteln auf ihre Mitglieder einwirken,
diese von der Benutzung eines Titels abzuhalten, der ihnen
infolge Mangels einer ordnungsmässigen Lehrzeit nicht
zukommt.
Leider hat sich aber die Vorstandsleitung des Deutschen
Uhrmacher-Bundes an das mit Annahme der Resolution
gegebene Versprechen nicht gehalten und nicht auf den
in Frage kommenden Uhrmacher Schulze in Pritzwalk ein-
gewirkt, die Benutzung des Goldarbeiter-Titels zu unter-
lassen; im Gegenteil, sie hat, ihrem eigenen Geständnis
in dem betreffenden Artikel nach, dem Uhrmacher Schulze
sogar noch Mittel der Verteidigung an die Hand gegeben,
die nach verschiedenen Richtungen hin nicht haltbar sind.
Dies bedauern wir gerade um unserer bisher friedlichen
Zusammenarbeit willen, die durch eine derartige Haltung
gewiss nicht gefördert wird. Dass uns von Seiten des Vor-
standes des Goldschmiede-Verbandes in bestimmtester
Form die Erklärung gegeben worden ist, in ähnlichen
Fällen seinen Mitgliedern gegenüber rücksichtslos entgegen-
zutreten und sie bei unberechtigter Führung des Uhr-
macher-Titels eventl. aus dem Verband auszuschliessen,
sei nur nebenher eingeflochten.
Das Gericht hat sich in dem Falle Schulze offenbar
den Anschauungen der Verteidigung angeschlossen, die
wiederum von selten des Deutschen Uhrmacher-Bundes
inspiriert war. Diese Anschauung ist aber eine in ver-
schiedenen Punkten recht eigentümliche und sie möge
daher hier zum Abdruck gelangen:
„Nach Art. 8 des Reichsgesetzes vom 26. Juli 1897
ist derjenige, der bei dem Inkrafttreten dieser Bestim-
mungen persönlich ein Handwerk selbständig ausübt,
befugt, den Meistertitel zu führen, wenn er in diesem
Gewerbe die Befugnis zur Anleitung von Lehrlingen
besitzt. Diese Bestimmung ist nach der Kaiserl. Ver-
ordnung vom 12. März 1900 am 1. Oktober 1901 in
Kraft getreten. Zu dieser Zeit besass aber der Ange-
klagte die Befugnis zur Lehrlingsanleitung in der Gold-
arbeiterei, denn er übte seit dem 1. Oktober 1895,
mithin länger als fünf Jahre, persönlich das Handwerk