Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 29.1908

DOI issue:
Nr. 13
DOI article:
Unser Altmeister "Wenzel Jamnitzer" in der Dramatik
DOI article:
Offener Sprechsaal
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.55854#0123

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
1908 —— JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST „■ -99
Unser Altmeister „Wenzel Jamnitzer“ in der Dramatik.
Zum 400jährigen Geburtstag 1908.

Der Altmeister der Goldschmiedekunst in Nürnberg, Wenzel
Jamnitzer, wurde bekanntlich im Jahre 1508 zu Wien geboren,
und schon schicken sich unsere deutschen Kollegen und nicht
minder unsere österreichischen Mitbrüder an, den Tag der
400jährigen Wiederkehr des Geburtstages dieses Künstlers zu
feiern.
Geradezu als Festspiel kommt da ein Drama, welches sich
„Der Brautke'ch“ tituliert und von dem früheren Kunstgewerbe-
lehrer Ferdinand Hardt (dem jetzigen Mitinhaber der Firma
Emil Hettler in Pforzheim) verfasst wurde. Dem Dichter war
es in seinem Vierakter darum zu tun, den Heros der deutschen
Goldschmiedekunst zu feiern und darum ist auch Nürnberg, der
Wirkungskreis dieses Meisters der Renaissancezeit, der Schauplatz
der Handlung. Das Theaterstück schildert nicht den historischen
Jamnitzer, sondern hat mit dichterischer Bewegungsfreiheit um
dessen Person ein Rankenwerk romantischer Jugendliebe geflochten,
die in ihren interessanten Verwickelungen und der darauffolgenden
glücklichen Lösung der einzelnen Rätsel den Zuschauer bis zum
letzten Augenblick in angenehmer Spannung hält.
Soweit sich aus dem Inhalt des Stückes ergibt, war Hans Jamnitzer
in Wien mit einem Jugendfreunde Fritz Ruding als Goldschmied
beschäftigt und hier machten beide im jugendlichen Übermut die
tollsten Streiche, und Liebschaften waren denselben auch nicht
verpönt. Die Unruhen der damaligen Zeit liessen jedoch Jamnitzer
bald nach Nürnberg übersiedeln, während sein Kollege Ruding
sich später in Augsburg ansässig machte. Hans Jamnitzer hat nun in
Nürnberg durch seine Geschicklichkeit sich einen guten Ruf erworben
und wird vielfach von den Patriziern und der hohen Geistlichkeit
besucht und mit Aufträgen bedacht. Als wohlwollender Geist
nimmt er einen bettelnden, den Zigeunern entlaufenen Jungen
zu sich in die Lehre, nachdem dieser durch selbstgezeichnete
Tierfiguren ein besonderes künstlerisches Talent verriet. Als Sohn
adoptiert, macht sich der Junge, Wenzel mit Namen, des Ver-
trauens würdig, welches Hans Jamnitzer in ihn setzt, und fertigt
tadellose Kunstwerke, die indessen bald die Eifersucht seiner
Mitkollegen und auch die des Altmeisters erwecken. ' Als aber
gar der Jung-Goldschmied mit den Lutheranern bezw. Albrecht
Dürer verkehrt, da entstehen ernste Differenzen zwischen

beiden. Wenzel und das Töchterchen Ännchen des Alt-
meisters haben aber gegenseitige Liebesneigung, obwohl der
alte Jamnitzer bereits im Sinne hatte, sein Töchterchen an den
Sohn des „Augsburger Goldschmieds Ruding“, seines Jugend-
kollegen, zu verheiraten. Dieser Rudolf Ruding, der ebenfalls
bei Jamnitzer dem Älteren als Goldschmied in Diensten war,
möchte nun den jungen Wenzel durch allerlei Schliche und Ränke
unschädlich machen, um sich die Gunst des Meistertöchterleins
zu erwerben. Er vernichtet ihm heimlich Kunstwerke, bezichtigt
ihn der Ketzerei und des Golddiebstahls und da auch Wenzel
einer armen Frau das Leben gerettet hatte und diese im Hospital
stets mit Geld unterstützt, so erregt dessen Verhalten beim
Meister Verdacht. Nachdem er noch hinter dem Rücken seines
Meisters eine von einem Fürsten gestellte Aufgabe, die Anfertigung
eines Brautkelches, vollführt, wächst diese Erbitterung zum
offenen Konflikt und endigt mit Wenzels Verstossung. Später
stellt sich Wenzels Unschuld heraus und die von ihm unterhaltene
Frau entpuppt sich als dessen Mutter, durch die er wiederum
erfährt, dass Hans Jamnitzer sein natürlicher Vater ist. Nun wäre
aber Ännchen seine leibhaftige Schwester gewesen und ein
Ehehindernis bestände. Doch da bekennt endlich Jamnitzer der
Ältere, dass Ännchen das von seiner verstorbenen Frau mit in
die Ehe gebrachte Kind ist und so wird Wenzel und Ännchen
doch noch ein Liebespaar, nachdem Jamnitzer der Ältere zum
Innungsmeister und Hofgoldschmied ernannt wurde, und als
Hochzeitsgeschenk übergab er Wenzel sein Geschäft.
Auch der dramatische Aufbau des Stückes ist ein sehr guter
zu nennen. Der Verfasser schildert mit tiefem Verständnis die
damaligen schweren Jahre innerer Gährung der Völker und man
hört hier von Hans Sachsens „Wittenberger Nachtigall“, von
Zwinglis Auftreten, dem Türkenkrieg usw. und so wurde dem
Stück auch ein netter historischer Hintergrund verliehen.
Wir können dem Verfasser nur unsere herzlichste Gratulation
zu seinem Werke darbringen und für manche Goldschmiedestadt
und manche festliche Veranstaltung wird die Aufführung des
„Brautkelches“ ein willkommenes Festspiel sein, um so mehr,
als es gerade am 400. Geburtstage dieses Helden der Gold-
schmiedekunst auf der Bildfläche erscheint. Fr. Joseph.



... ~= P n
OFFENER SFRECFISAAL. D yo
' ■' -

In dieser Rubrik räumen wir unseren geschätzten Abonnenten das Recht einer freien Meinungsäusserung ein, das wir so lange nicht einzuschränken
beabsichtigen, als die Auslassungen nicht gegen das Gesetz und die gute Sitte verstossen. Auf der andern Seite lehnen wir aber auch ein für allemal
die Verantwortung für den Inhaber der Einsendung ab. Die Redaktion.
Arbeitsgeschäfte!

Im Anschluss an meine Ausführungen unter obigem Titel in
der Nummer 10 dieses Jahrganges des „Journal der Goldschmiede-
kunst“ möchte ich heute über einen weiteren Übelstand in unserer
Branche sprechen.
Es ist eine erwiesene Tatsache, dass den Arbeitsgeschäften
von Seiten ihrer Kundschaft oft recht grosses Misstrauen ent-
gegengebracht wird. Jahrelang habe ich dem Grunde dieses
Misstrauens nachgespürt und glaube jetzt einen von den vielen
Gründen zur Sprache bringen zu können.
Sehr oft erwächst aus der Unkenntnis des Kunden eine
Zurückhaltung. Diese aber wird sofort zum Misstrauen, sobald
sich der Goldschmied eine ihm bewusste oder unbewusste
Nachlässigkeit oder noch Schlimmeres zu Schulden kommen
lässt. Ferner ist leider auch manchmal das Misstrauen eigene
Schuld des betr. Goldschmiedes, indem er sich eine gröbliche
Pflichtverletzung zu Schulden kommen lässt.

Mir sind z. B. Fälle bekannt, dass Kollegen es betr. des
gestempelten Feingehaltes nicht so genau nahmen; ob hier Ab-
sichtlichkeit oder Nachlässigkeit vorlag, habe ich leider nicht
konstatieren können. Auf alle Fälle gebiert solches aber be-
greiflicherweise Misstrauen. Vor einiger Zeit wurde mir von
einem meiner Kunden aus Uhrmacherkreisen erzählt, dass in
einem Uhrmacherfachblatte in versteckter Weise aus oben an-
geführtem Grunde vor den sogen. Arbeitsgeschäften der Gold-
schmiede gewarnt wurde, und ich sage mir, ein solches Blatt
wird nicht ohne Grund resp. Belege solches behaupten.
Es muss also von Seiten der Herren Kollegen unbedingt genau
darauf gesehen werden, dass die hier geschilderten Ungehörigkeiten
nicht einreissen, damit das Vertrauen nicht nur nicht noch mehr
geschädigt wird, sondern auch wieder zu einem festen und guten
emporblüht und das können wir dadurch erzielen, dass wir in
jeder Beziehung nur reelle und gute Arbeit liefern. M. in M.
 
Annotationen