iiS JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST ■-— m 17
Die Schmelzpunkte der Gold- und
Silberlegierungen und das neueste Preisausschreiben des „Journals“.
Die souveräne Beherrschung der Technik, und als
ein Mittel zu diesem Zwecke die Zusammenfassung
tausendfältiger, im Laufe der Jahre gemachter prak-
tischer Beobachtungen und Erfahrungen nicht nur aus
der eigenen Werkstatt, sondern aus allen Arbeitsplätzen,
in denen gelötet, legiert und geschmolzen wird — diese
beiden Momente sind zum Gedeihen des Goldschmiede-
gewerbes unerlässlich. Damit ist natürlich nicht gemeint,
dass notorischeFabrikationsgeheimnisse, wertvolleKunst-
griffe und spezielle Vorteile bei der Herstellung des
einen oder des anderen Gegenstandes, die der einzelne
selten durch ein glückliches Ungefähr, meist durch grosse
Opfer an Zeit und Kosten sich erworben, dass solche
Vorzüge nun für vogelfrei erklärt werden sollen. Wohl
aber gibt es noch heute auch im Goldschmiedeberuf
ganze grosse Gebiete, an deren möglichster Durch-
arbeitung das gesamte Gewerbe das lebhafteste Inte-
resse hat, und wobei die gewonnenen Resultate von
der grössten Bedeutung für die Praxis eines jeden in
der Branche Tätigen sein müssen.
Viel Geld- und Zeitverlust, viele sonstige Enttäu-
schungen blieben dem Goldschmiedsgewerbe zweifellos
erspart, wenn es endlich gelänge, sozusagen die Voraus-
setzungen, es ganzen Berufes, die wissenschaftlich-tech-
nischen Hilfsmittel, mit denen er beinahe täglich zu arbeiten
gezwungen ist, auf eine sichere, einwandfreie, ein für
allemal von sorgfältigen Experimenten bestätigte Art
festzulegen. Hieran besteht ein allgemeines Interesse
im Fach, und in dieser Beziehung hapert es leider auch
in der Gegenwart immer noch sehr.
Wer in der Geschichte des Goldschmiedsgewerbes
beschlagen ist, weiss, welche Mühe, welche An-
strengungen selbst ein so hohes künstlerisches Genie
wie Benvenuto Cellini aufwenden musste, um durch
Tag und Nacht fortgesetzte Versuche am Tiegel und
Schmelzofen die für die verschiedenen Zwecke in Frage
kommenden Schmelzpunkte der Gold- und Silber-
legierungen herauszufinden; wie er zu tappen und zu pro-
bieren und immer neue Versuche anzustellen hatte, wie
der künstlerische Engrosbetrieb, dem er vorstand, dabei
Unsummen zusetzte, und andererseits dafür allerdings
auch wieder sehr bedeutende Ergebnisse erzielte. Und
so liessen sich aus der Vergangenheit unseres Gewerbes
noch so manche ähnliche Beispiele heranziehen, die
zeigen, dass man den Wert der Herstellung vorzüg-
licher Gold- und Silberlegierungen für Ausführung der
tausendfach verschiedenen Arbeiten des Gewerbes von
jeher wohl zu schätzen gewusst hat. Schade, dass
viele der alten bewährten Meister ihre in einem langen
Leben gewonnenen Erfahrungen auf diesem Spezial-
gebiete nicht zum Allgemeingut gemacht haben, dass
nur verhältnismässig wenige hierüber Aufzeichnungen
hinterliessen — mit ins Grab haben die meisten ihre
Kenntnisse nach dieser Richtung genommen.
So musste denn jede neue Generation sozusagen
von vorn anfangen, und wenn in neuerer Zeit auch ein
gewisser Fortschritt vor allem hinsichtlich der Kenntnis
der Schmelzpunkte von Gold- und Silberlegierungen
vorhanden ist und praktisch verwertet wird*) — herrscht
immer noch viel Unklarheit, viel Tasten und Pro-
bieren, und dieselben vielleicht resultatlosen Versuche,
die anderwärts schon längst als solche erkannt sind,
werden in Werkstätten, wo man von diesem negativen
Ergebnis noch keine Wissenschaft besitzt, immer wieder
— natürlich ebenfalls ohne Erfolg — unternommen.
Hier also gilt es nach der übereinstimmenden An-
sicht aller Fachleute endlich eine Besserung herbeizu-
führen, den Verlust bereits von einzelnen gemachter,
häufig wertvoller Erfahrungen zu verhindern und
durch Bekanntgabe der bisher gewonnenen Skala der
Schmelzpunkte eine sichere Basis zu schaffen, auf der
dann weitergearbeitet und weitergestrebt werden kann.
Aus diesem Grunde, um vor allem der Praxis zu
dienen, nimmt unser neuestes Preisausschreiben direkt
die Aufstellung einer solchen Skala von Schmelzpunkten
zum Thema, in der Voraussetzung, dass hierüber bei-
nahe jeder Goldschmied bereits Erfahrungen gesammelt
hat, dass jeder aus seiner Werkstätten- und Arbeits-
praxis darüber etwas zu sagen vermag. Zum Messen
der Schmelzpunkte benutzt man verschiedene Mittel:
Gleichartige Gebilde, deren Schmelzpunkte man kennt
und die man somit zum Vergleiche heranziehen kann,
die sogenannten Galvanometer oder Pyrometer, und
endlich eine ganz einfache Art von Probierobjekten, die
sogenannten Seger-Kegel, die nebst Gebrauchsanweisung
um einige Pfennige vom Chemischen Laboratorium für
Tonindustrie, Prof. Dr. H. Seger & E. Cramer, G. m.
b. H., Berlin NW. 21, Dreysestr. 4, bezogen werden können.
Die technische Seite des Preisausschreibens, was
die Hilfsmittel zu den Versuchen anbelangt, ist also
ohne grosse Mühe und ohne erhebliche Kosten zu be-
wältigen. Nun kommt es darauf an, dass Thema selbst
in recht sorgfältiger, klarer, überzeugenderWeise zu lösen.
Alles Nähere über das Preisausschreiben selbst, über
dessen Wert für das gesamte Goldschmiedegewerbe
wohl kein Zweifel bestehen kann, finden unsere Leser
unmittelbar nach dem redaktionellen Teil dieser Nummer.
Wir laden alle Kollegen, Gold- und Silberschmiede,
jung und alt, ob selbständig oder in Stellung, jeden
Praktiker, zu einer recht regen Beteiligung an unserem
Preisausschreiben ein. Dr. D.
*) Wir verweisen da vornehmlich auf die Legierungstabellen von Dr. Adolf
Richter in Pforzheim und auf die beiden, im Verlage des „Journal der Gold-
schmiedekunst“ erschienenen Werke: „Das Klammerbuch“ von Richard Garten
und „Der Goldschmied“ von Johannes Pritzlaff (Fachbibliothek des Edelmetall-
gewerbes;.
Die Schmelzpunkte der Gold- und
Silberlegierungen und das neueste Preisausschreiben des „Journals“.
Die souveräne Beherrschung der Technik, und als
ein Mittel zu diesem Zwecke die Zusammenfassung
tausendfältiger, im Laufe der Jahre gemachter prak-
tischer Beobachtungen und Erfahrungen nicht nur aus
der eigenen Werkstatt, sondern aus allen Arbeitsplätzen,
in denen gelötet, legiert und geschmolzen wird — diese
beiden Momente sind zum Gedeihen des Goldschmiede-
gewerbes unerlässlich. Damit ist natürlich nicht gemeint,
dass notorischeFabrikationsgeheimnisse, wertvolleKunst-
griffe und spezielle Vorteile bei der Herstellung des
einen oder des anderen Gegenstandes, die der einzelne
selten durch ein glückliches Ungefähr, meist durch grosse
Opfer an Zeit und Kosten sich erworben, dass solche
Vorzüge nun für vogelfrei erklärt werden sollen. Wohl
aber gibt es noch heute auch im Goldschmiedeberuf
ganze grosse Gebiete, an deren möglichster Durch-
arbeitung das gesamte Gewerbe das lebhafteste Inte-
resse hat, und wobei die gewonnenen Resultate von
der grössten Bedeutung für die Praxis eines jeden in
der Branche Tätigen sein müssen.
Viel Geld- und Zeitverlust, viele sonstige Enttäu-
schungen blieben dem Goldschmiedsgewerbe zweifellos
erspart, wenn es endlich gelänge, sozusagen die Voraus-
setzungen, es ganzen Berufes, die wissenschaftlich-tech-
nischen Hilfsmittel, mit denen er beinahe täglich zu arbeiten
gezwungen ist, auf eine sichere, einwandfreie, ein für
allemal von sorgfältigen Experimenten bestätigte Art
festzulegen. Hieran besteht ein allgemeines Interesse
im Fach, und in dieser Beziehung hapert es leider auch
in der Gegenwart immer noch sehr.
Wer in der Geschichte des Goldschmiedsgewerbes
beschlagen ist, weiss, welche Mühe, welche An-
strengungen selbst ein so hohes künstlerisches Genie
wie Benvenuto Cellini aufwenden musste, um durch
Tag und Nacht fortgesetzte Versuche am Tiegel und
Schmelzofen die für die verschiedenen Zwecke in Frage
kommenden Schmelzpunkte der Gold- und Silber-
legierungen herauszufinden; wie er zu tappen und zu pro-
bieren und immer neue Versuche anzustellen hatte, wie
der künstlerische Engrosbetrieb, dem er vorstand, dabei
Unsummen zusetzte, und andererseits dafür allerdings
auch wieder sehr bedeutende Ergebnisse erzielte. Und
so liessen sich aus der Vergangenheit unseres Gewerbes
noch so manche ähnliche Beispiele heranziehen, die
zeigen, dass man den Wert der Herstellung vorzüg-
licher Gold- und Silberlegierungen für Ausführung der
tausendfach verschiedenen Arbeiten des Gewerbes von
jeher wohl zu schätzen gewusst hat. Schade, dass
viele der alten bewährten Meister ihre in einem langen
Leben gewonnenen Erfahrungen auf diesem Spezial-
gebiete nicht zum Allgemeingut gemacht haben, dass
nur verhältnismässig wenige hierüber Aufzeichnungen
hinterliessen — mit ins Grab haben die meisten ihre
Kenntnisse nach dieser Richtung genommen.
So musste denn jede neue Generation sozusagen
von vorn anfangen, und wenn in neuerer Zeit auch ein
gewisser Fortschritt vor allem hinsichtlich der Kenntnis
der Schmelzpunkte von Gold- und Silberlegierungen
vorhanden ist und praktisch verwertet wird*) — herrscht
immer noch viel Unklarheit, viel Tasten und Pro-
bieren, und dieselben vielleicht resultatlosen Versuche,
die anderwärts schon längst als solche erkannt sind,
werden in Werkstätten, wo man von diesem negativen
Ergebnis noch keine Wissenschaft besitzt, immer wieder
— natürlich ebenfalls ohne Erfolg — unternommen.
Hier also gilt es nach der übereinstimmenden An-
sicht aller Fachleute endlich eine Besserung herbeizu-
führen, den Verlust bereits von einzelnen gemachter,
häufig wertvoller Erfahrungen zu verhindern und
durch Bekanntgabe der bisher gewonnenen Skala der
Schmelzpunkte eine sichere Basis zu schaffen, auf der
dann weitergearbeitet und weitergestrebt werden kann.
Aus diesem Grunde, um vor allem der Praxis zu
dienen, nimmt unser neuestes Preisausschreiben direkt
die Aufstellung einer solchen Skala von Schmelzpunkten
zum Thema, in der Voraussetzung, dass hierüber bei-
nahe jeder Goldschmied bereits Erfahrungen gesammelt
hat, dass jeder aus seiner Werkstätten- und Arbeits-
praxis darüber etwas zu sagen vermag. Zum Messen
der Schmelzpunkte benutzt man verschiedene Mittel:
Gleichartige Gebilde, deren Schmelzpunkte man kennt
und die man somit zum Vergleiche heranziehen kann,
die sogenannten Galvanometer oder Pyrometer, und
endlich eine ganz einfache Art von Probierobjekten, die
sogenannten Seger-Kegel, die nebst Gebrauchsanweisung
um einige Pfennige vom Chemischen Laboratorium für
Tonindustrie, Prof. Dr. H. Seger & E. Cramer, G. m.
b. H., Berlin NW. 21, Dreysestr. 4, bezogen werden können.
Die technische Seite des Preisausschreibens, was
die Hilfsmittel zu den Versuchen anbelangt, ist also
ohne grosse Mühe und ohne erhebliche Kosten zu be-
wältigen. Nun kommt es darauf an, dass Thema selbst
in recht sorgfältiger, klarer, überzeugenderWeise zu lösen.
Alles Nähere über das Preisausschreiben selbst, über
dessen Wert für das gesamte Goldschmiedegewerbe
wohl kein Zweifel bestehen kann, finden unsere Leser
unmittelbar nach dem redaktionellen Teil dieser Nummer.
Wir laden alle Kollegen, Gold- und Silberschmiede,
jung und alt, ob selbständig oder in Stellung, jeden
Praktiker, zu einer recht regen Beteiligung an unserem
Preisausschreiben ein. Dr. D.
*) Wir verweisen da vornehmlich auf die Legierungstabellen von Dr. Adolf
Richter in Pforzheim und auf die beiden, im Verlage des „Journal der Gold-
schmiedekunst“ erschienenen Werke: „Das Klammerbuch“ von Richard Garten
und „Der Goldschmied“ von Johannes Pritzlaff (Fachbibliothek des Edelmetall-
gewerbes;.